Livereview: Rival Sons - Rag Dolls
05. Dezember 2011, Solothurn - Kulturfabrik Kofmehl
By Rockslave (rsl) & Kissi (kis)  -  All Pics by Rockslave
Mittlerweile dürften es auch die grössten Schnarchnasen bemerkt haben, dass sich die Retrowelle unaufhaltsam ausbreitet! Es gibt immer mehr junge und/oder frische Bands wie Graveyard, The Parlor Mob, The Sword, The Answer, Ghost, The Devil's Blood und eben auch Rival Sons, die mit saugeiler Mucke daher kommen. Das Rad wird dabei freilich nicht neu erfunden, aber selten traf das altbekannte Sprichwort "alter Wein in neuen Schläuchen" besser zu als in der jüngeren Vergangenheit. Die Amis mit Wurzeln in Süd-Kalifornien gaben im Frühsommer ihr erstes Konzert auf Schweizer Boden im Zürcher Plaza und vor dem heutigen Auftritt in Solothurn, stand das Retro-Quartett drei Tage zuvor auf der Bühne der Schüür in Luzern. Da aller guten Dinge bekanntlich drei sind, war der Termin in Solothurn für mich Pflicht, zumal mit der Oltner Indie-Rock Hoffnung The Rag Dolls ein weiterer Grund gegeben war, auf keinen Fall im Kofmehl fehlen zu dürfen! Dabei zeigte das Trio eine spritzige und mehr als ansprechende Performance, die aufzeigte, wie gut der einheimische Nachwuchs inzwischen geworden ist. (rsl)
 
Rag Dolls

Die Anfrage kam kurzfristig rein, doch die Youngsters aus der Region Olten packten die Gelegenheit beim Schopf und liessen sich nicht zweimal bitten. Zehn Tage bevor man im Rahmen des vom Fernsehen begleiteten Events «8x15» von SF, Virus, MX3 und Backstageradio wieder auf dieser Bühne stehen wird, bekamen Rag Dolls die Möglichkeit, sich quasi "warm zu spielen". Allerdings ist die Routine bei Gitarrist/Sänger Elias von Arx, Bassist Läli Spring und Schlagzeuger Simon Moll inzwischen weit gediehen, denn die zwei erst genannten Jungmusiker haben seit dem ersten, öffentlichen Auftritt im April 2007 schon über hundert Gigs (!) runter gezockt, darunter zahlreiche Band-Contests mit den entsprech-enden, karrierefördernden Resultaten. So spielte das Trio auch vor dem heutigen Publikum mit der nötigen Coolness und Gelassenheit auf. Obwohl man stilistisch, respektive härtegradmässig nicht der lauten Fraktion zugerechnet werden kann, enthält der durchwegs tanzbare Indie-Blues Rock-Sound, der bandintern übrigens "Disco-Blues" genannt wird, dennoch genug Pepp, der vor allem auf dem hochstehenden Gitarrenspiel von Eli von Arx aufbaut. Meine Wenigkeit bemerkte das offensichtliche Talent des smarten Jung-Gitarreros schon früh und meine Einschätzungen bewahrheiteten sich dahin gehend, dass der Erfolg mit konsequent nach vorne gerichtetem Blick nicht lange auch sich warten lassen würde. Das Niveau nach fünf Jahren Aufbauarbeit ist erfreulich hoch und mit dem Schwenk weg von nur "lärmiger Musk" hin zu massentauglicheren Elementen machten Rag Dolls bisher alles richtig. Auch ohne hart rockende Ausrichtung groovt die Mucke jedoch überwiegend, atmet zeitweilen auch etwas Funk und wenn es soweit ist, kann der 19-jährige Bandleader nebst seinen stets töften wie flinken Soli auch den klassischen Blues umwerfend gut zelebrieren. Das bewies er auch heute Abend in Solothurn und ein anständiger Applaus des Publikums war der gerechte Lohn dafür. Dabei wird natürlich die ganze Band angesprochen, denn ohne die taff agierende Rhythm-Section würde das Endresultat nicht so überzeugend wirken. Während etwas mehr als vierzig Minuten wurden zehn Songs gespielt, wovon einer ganz neu und eigentlich noch namenlos war. Etwas Metaller-Attitüde gab es dann ganz zum Schluss doch noch, nämlich beim mittlerweile traditionellen Aufeinan-dertreffen, respektive Aneinanderreiben der Gitarren-hälse mit dem entsprechenden Effekt. Der ab-schliessende Blick in die Glaskugel offenbart zumindest ein sehr grosses Potenzial für die Zukunft! Darum überwiegt beim Rezensenten die Zuversicht, dass es Rag Dolls noch weit bringen könnten..., nein..., werden..., wetten?!! (rsl)
 
Setliste: «Another Lovesong» - «Kiss» - «Do You» - «Cruel» - «Honestly» - «Baby's» - «Nöie Lied» - «Das wo Mollo emmer versout» - «Yeah Yeah» - «Something To You».
 
Rival Sons
Man konnte sie beinahe mit den Händen greifen, die Vorfreude, welche nun im gut gefüllten aber nicht ganz ausverkauften Kofmehl in der Luft schwebte. Auch meine Erwartungen waren denkbar hoch, lieferten die Rival Sons mit «Pressure And Time» neben «Hisingen Blues» von Graveyard doch eine der besten Retro-Rock-Scheiben des Jahres ab. Und um es kurz zu machen: Sie wurden vollends erfüllt. Nur schon der Anfang: Zu AC/DC's «Shoot To Thrill» schlenderten die vier Amis voller Gelassenheit, voller Coolness auf die Bühne und stiegen mit der tonnenschwer stampfenden Groove-Walze «Sleepwalker», gefolgt vom treibenden «Get What's Coming» gleich furios ins Set ein. Kein Schnickschnack, sondern Rock'n'Roll, pur und sexy, wie ein guter Drink, so die Devise des Abends. Im Zentrum davon: Sänger Jay Buchanan. Robert Plant von Led Zeppelin war und ist der Inbegriff des Frontman und Buchanan sein über dreissig Jahre jüngerer Doppelgänger und zwar nicht nur gesanglich. Der Typ sieht auch so aus wie Plant, bewegt sich wie er, besitzt dasselbe Charisma und das dies immer noch zieht, bewies das Publikum, welches nicht nur aus nostalgischen Althippies, sondern auch aus über-raschend vielen jungen Gesichtern zusammengesetzt war. Doch nicht nur Buchanan, sondern auch Scott Holiday, sein klassisch sonnenbebrillter Partner an der Gitarre, zog Blicke und Ohren auf sich, packte bei «Tell Me Something» die Slideklampfe aus, liess sein Instrument in seinen zahlreichen Soloparts schreien, kreischen und auch mal säuseln. Und ob nun in «Torture», dem stramm nach vorne marschierenden «Burn Down Los Angeles» oder der schunkelingen Ballade «On My Way», jede Note, jeder Beat wurde vom Publikum begeistert gefeiert, auch wenn im Kofmehl nicht die verdrogte Ekstase der 70er, sondern eine etwas gemütlichere Ausgelassenheit herrschte. Auf der Bühne jedoch wurde diese goldene Dekade voller Authentizität wiederbelebt, kein Deut von Ver-stellung strahlten Buchanan und seine Mannen aus, hier erlebte man eine Truppe, die liebt, was sie macht, dabei aber auf allzu lange, allzu selbstverliebte Jam-Ausflüge wie langes Gelaber verzichtete und Nummern wie «Young Love» oder das grossartige «Pressure And Time» ziemlich konsequent durchzockte und erst beim das reguläre Set beschliessende, klassisch rollenden «I Want More» vom Debütalbum kurzerhand «Save Me» einschob, um erst danach den angefangenen Song zu beschliessen. Gross war danach das Verlangen nach einer Zugabe, waren doch erst gerade mal 70 Minuten vergangen. Denkbar gut passte da «White Noise», um die Spielzeit noch ein bisschen zu verlängern. Die psychedelisch lärmige Nummer wurde dann von den Kaliforniern zwar etwas gar in die Länge gezogen, doch schien das niemanden zu stören, zu Recht, wie ich sagen muss, hatte man doch gerade eines der besten und ehrlichsten Retro-Rock-Konzerte des Jahres gesehen, neben den Shows von Graveyard versteht sich. Rock'n'Roll, pur und sexy, mehr braucht es nicht und genau den lieferten Rival Sons an diesem Abend auch in Solothurn ab. (kis)
 
Setliste (ohne Gewähr): «Sleepwalker» - «Get What's Coming» - «Tell Me Something» - «Torture» - «Burn Down Los Angeles» - «On My Way» - «All Over the Road» - «Young Love» - «Pressure and Time» - «Soul» - «I Want More»/«Save Me»/«I Want More» -- White Noise».