Mittlerweile
dürften es auch die grössten Schnarchnasen bemerkt haben, dass sich
die Retrowelle unaufhaltsam ausbreitet! Es gibt immer mehr junge
und/oder frische Bands wie Graveyard, The Parlor Mob, The Sword, The
Answer, Ghost, The Devil's Blood und eben auch Rival Sons, die mit
saugeiler Mucke daher kommen. Das Rad wird dabei freilich nicht neu
erfunden, aber selten traf das altbekannte Sprichwort "alter Wein in
neuen Schläuchen" besser zu als in der jüngeren Vergangenheit. Die
Amis mit Wurzeln in Süd-Kalifornien gaben im Frühsommer ihr erstes
Konzert auf Schweizer Boden im Zürcher Plaza und vor dem heutigen
Auftritt in Solothurn, stand das Retro-Quartett drei Tage zuvor auf
der Bühne der Schüür in Luzern. Da aller guten Dinge bekanntlich
drei sind, war der Termin in Solothurn für mich Pflicht, zumal mit
der Oltner Indie-Rock Hoffnung The Rag Dolls ein weiterer Grund
gegeben war, auf keinen Fall im Kofmehl fehlen zu dürfen! Dabei
zeigte das Trio eine spritzige und mehr als ansprechende
Performance, die aufzeigte, wie gut der einheimische Nachwuchs
inzwischen geworden ist. (rsl)
Rag Dolls
Die Anfrage kam kurzfristig rein, doch die Youngsters aus der Region
Olten packten die Gelegenheit beim Schopf und liessen sich nicht
zweimal bitten. Zehn Tage bevor man im Rahmen des vom Fernsehen
begleiteten Events «8x15» von SF, Virus, MX3 und Backstageradio
wieder auf dieser Bühne stehen wird, bekamen Rag Dolls die
Möglichkeit, sich quasi "warm zu spielen". Allerdings ist die
Routine bei Gitarrist/Sänger Elias von Arx, Bassist Läli Spring und
Schlagzeuger Simon Moll inzwischen weit gediehen, denn die zwei erst
genannten Jungmusiker haben seit dem ersten, öffentlichen Auftritt
im April 2007 schon über hundert Gigs (!) runter gezockt, darunter
zahlreiche Band-Contests mit den entsprech-enden, karrierefördernden
Resultaten. So spielte das Trio auch vor dem heutigen Publikum mit
der nötigen Coolness und Gelassenheit auf. Obwohl man stilistisch,
respektive härtegradmässig nicht der lauten Fraktion zugerechnet
werden kann, enthält der durchwegs tanzbare Indie-Blues Rock-Sound,
der bandintern übrigens "Disco-Blues" genannt wird, dennoch genug
Pepp, der vor allem auf dem hochstehenden Gitarrenspiel von Eli von
Arx aufbaut. Meine Wenigkeit bemerkte das offensichtliche Talent des
smarten Jung-Gitarreros schon früh und meine Einschätzungen
bewahrheiteten sich dahin
gehend, dass der Erfolg mit konsequent
nach vorne gerichtetem Blick nicht lange auch sich warten lassen
würde. Das Niveau nach fünf Jahren Aufbauarbeit ist erfreulich hoch
und mit dem Schwenk weg von nur "lärmiger Musk" hin zu
massentauglicheren Elementen machten Rag Dolls bisher alles richtig.
Auch ohne hart rockende Ausrichtung groovt die Mucke jedoch
überwiegend, atmet zeitweilen auch etwas Funk und wenn es soweit
ist, kann der 19-jährige Bandleader nebst seinen stets töften wie
flinken Soli auch den klassischen Blues umwerfend gut zelebrieren.
Das bewies er auch heute Abend in Solothurn und ein anständiger
Applaus des Publikums war der gerechte Lohn dafür. Dabei wird
natürlich die ganze Band angesprochen, denn ohne die taff agierende
Rhythm-Section würde das Endresultat nicht so überzeugend wirken.
Während etwas mehr als vierzig Minuten wurden zehn Songs gespielt,
wovon einer ganz neu und eigentlich noch namenlos war. Etwas
Metaller-Attitüde gab es dann ganz zum Schluss doch noch, nämlich
beim mittlerweile traditionellen Aufeinan-dertreffen, respektive
Aneinanderreiben der Gitarren-hälse mit dem entsprechenden Effekt.
Der ab-schliessende Blick in die Glaskugel offenbart zumindest ein
sehr grosses Potenzial für die Zukunft! Darum überwiegt beim
Rezensenten die Zuversicht, dass es Rag Dolls noch weit bringen
könnten..., nein..., werden..., wetten?!! (rsl)
Setliste: «Another Lovesong» - «Kiss» - «Do You» - «Cruel» - «Honestly»
- «Baby's» - «Nöie Lied» - «Das wo Mollo emmer versout» - «Yeah Yeah»
- «Something To You».
Rival Sons
Man konnte sie beinahe mit den Händen greifen, die Vorfreude, welche
nun im gut gefüllten aber nicht ganz ausverkauften Kofmehl in der
Luft schwebte. Auch meine Erwartungen waren denkbar hoch, lieferten
die Rival Sons mit «Pressure And Time» neben «Hisingen Blues» von
Graveyard doch eine der besten Retro-Rock-Scheiben des Jahres ab.
Und um es kurz zu machen: Sie wurden vollends erfüllt. Nur schon der
Anfang: Zu AC/DC's «Shoot To Thrill» schlenderten die vier Amis
voller Gelassenheit, voller Coolness auf die Bühne und stiegen mit
der tonnenschwer stampfenden Groove-Walze «Sleepwalker», gefolgt vom treibenden «Get
What's Coming» gleich furios ins Set ein. Kein Schnickschnack,
sondern Rock'n'Roll, pur und sexy, wie ein guter Drink, so die
Devise des Abends. Im Zentrum davon: Sänger Jay Buchanan. Robert
Plant von Led Zeppelin war und ist der Inbegriff des Frontman und
Buchanan sein über dreissig Jahre jüngerer Doppelgänger und zwar
nicht nur gesanglich. Der Typ sieht auch so aus wie Plant, bewegt
sich wie er, besitzt dasselbe Charisma und das dies immer noch
zieht, bewies das Publikum, welches nicht nur aus nostalgischen
Althippies, sondern auch aus über-raschend vielen jungen Gesichtern
zusammengesetzt war. Doch nicht nur Buchanan, sondern auch Scott
Holiday, sein klassisch sonnenbebrillter Partner an der Gitarre, zog
Blicke und Ohren auf sich, packte bei «Tell Me Something» die
Slideklampfe aus, liess sein Instrument in seinen zahlreichen
Soloparts schreien, kreischen und auch mal säuseln. Und ob nun in «Torture»,
dem stramm nach vorne marschierenden «Burn Down Los Angeles» oder
der schunkelingen Ballade «On My Way», jede Note, jeder Beat wurde
vom Publikum begeistert gefeiert, auch wenn im Kofmehl nicht die
verdrogte
Ekstase der 70er, sondern eine etwas gemütlichere
Ausgelassenheit herrschte. Auf der Bühne jedoch wurde diese goldene
Dekade voller Authentizität wiederbelebt, kein Deut von Ver-stellung
strahlten Buchanan und seine Mannen aus, hier erlebte man eine
Truppe, die liebt, was sie macht, dabei aber auf allzu lange, allzu
selbstverliebte Jam-Ausflüge wie langes Gelaber verzichtete und
Nummern wie «Young Love» oder das grossartige «Pressure And Time»
ziemlich konsequent durchzockte und erst beim das reguläre Set
beschliessende, klassisch rollenden «I Want More» vom Debütalbum
kurzerhand «Save Me» einschob, um erst danach den angefangenen Song
zu beschliessen. Gross war danach das Verlangen nach einer Zugabe,
waren doch erst gerade mal 70 Minuten vergangen. Denkbar gut passte
da «White Noise», um die Spielzeit noch ein bisschen zu verlängern.
Die psychedelisch lärmige Nummer wurde dann von den Kaliforniern
zwar etwas gar in die Länge gezogen, doch schien das niemanden zu
stören, zu Recht, wie ich sagen muss, hatte man doch gerade eines
der besten und ehrlichsten Retro-Rock-Konzerte des Jahres gesehen,
neben den Shows von Graveyard versteht sich. Rock'n'Roll, pur und
sexy, mehr braucht es nicht und genau den lieferten Rival Sons an
diesem Abend auch in Solothurn ab. (kis)
Setliste (ohne Gewähr): «Sleepwalker» - «Get What's Coming» - «Tell
Me Something» - «Torture» - «Burn Down Los Angeles» - «On My Way» -
«All Over the Road» - «Young Love» - «Pressure and Time» - «Soul» -
«I Want More»/«Save Me»/«I Want More» -- White Noise».
|
|