Die Geschichte von
wegen “Rock Meets Classic” wurde im Sinne der Verschmelzung von zwei
ziemlich unterschiedlichen Klangwelten bekanntlich schon 1969 mit dem
„Concerto For Group And Orchstra“ von Deep Purple geschrieben.
Eigentlich ist das Ganze Jon Lord (R.I.P.) zu verdanken, der diese Idee
damals entwickelte und einen Weg des musikalischen Miteinandergehens
umzusetzen vermochte. Jahrzehnte später hat sich das Ganze nach
diversen Projekten von grossen Bands wie Metallica oder den Scorpions
mittlerweile in den noch massentauglicheren Mainstream verlagert.
Allerdings bringen die Macher, vorab Mat Sinner (Sinner, Primal Fear,
Voodoo Circle) und weitere Mitstreiter, das heisst eigentlich fast die
ganze Primal Fear-Crew plus das «Bohemian Symphony Orchestra Prague»,
genug Glaubwürdigkeit mit. Die Idee, dass eine Reihe bekannter
Original-Gesangsstimmen ein Potpourri ihrer grossen bis grössten Hits
mit orchestraler Begleitung plus Bandunterstützung darbieten, konnte
nebst älteren Fans sicher auch eine ansehnliche Menge Publikum
generieren, denen die Originale sonst eher zu laut sind. Der grosse
Zuspruch zu den bisher vier Tourneen seit 2010 spricht hierbei für sich.
In Zürich fand das Abschlusskonzert der Tour 2013 statt und obwohl, wie
vorhin gerade erwähnt, diese Konzertreihe vor allem nördlich der
Schweiz wirklich auf gute Resonanzen stiess und auch der letzte Besuch
bei uns in Sursee im vergangenen Jahr ein voller Erfolg war, mutete die
heutige Kulisse im hierfür ziemlich gestutzten Hallenstadion
vergleichs-weise mickrig an. Da ich knapp auf den Beginn hin in der
Halle war, ging ich den gewohnten Weg über den Portiereingang in die
Halle seitlich vorne rein und stand urplötzlich in einem schwarzen
Nichts. An den richtigen Ort geleitet, stellte ich dann zudem fest,
dass auch die Sitzplätze nur im untersten Bereich besetzt waren und der
Rest der Halle natürlich ganz bestuhlt war. Hinten weg deuteten
schliesslich einige zusätzliche Lücken an, dass man hier weit von „Sold
Out“ weg war. Das ganze Szenario wirkte irgendwie wie eine
überdimensionierte Stube, was bezüglich der Soundverhältnisse mein
Interesse gleich zu Beginn weckte. Der Sound war, um es gleich
anzusprechen, gut, aber stellenweise und durch mehrere zustimmende
Voten bestätigt, eher zu leise, aber das sahen sicher nicht alle
Besucher so.
Den Auftakt beim
Tour-Schlusskonzert machte das «Bohemian Symphony Orchestra Prague»
unter der Leitung von Bernhard Wünsch mit dem Stück «Child’s Anthem»,
das von der Mat Sinner Band sogleich begleitet wurde. Kaum war hier der
letzte Ton verklungen, kündete der Zeremonien-Meister, also Mat Sinner
himself, den ersten Stargast an: Chris Thompson! Der ehemalige
Leadsänger der Manfred Mann’s Earth Band war unter anderem 1986 schon
an gleicher Stelle, damals jubelten ihm aber über 12‘000 Leute zu.
Tja…, die Zeiten ändern sich und man wird älter. Keine Ahnung, ob Chris
generell eine etwas beschlagene Stimme hatte, aber der Opener «For You»
war erstens nicht gerade glücklich gewählt und auch so ein Klassiker
wie « Davy’s On The Road Again», bei MMEB eher am Schluss des Sets
platziert, kam viel zu früh und verpuffte so zu sagen. «Questions» (vom
76er Album «The Roaring Silence») entpuppte sich dafür als noch nie
zuvor gehörte Live-Rarität. Danach war die Runde an Journey mit Steve
Augeri, der deren Bandgeschichte zwischen 1998 und 2006 mitschrieb.
Aktuell ist es Arnel Pineda, der die Rolle des anderen, noch
bekannteren Steve, mit Nachnamen Perry (1977-1987 und 1996/1997)
inzwischen felsenfest eingenommen hat. Diese drei Sänger prägten den
Journey-Sound wesentlich, wovon heute Abend vier Songs dargeboten
wurden. Der
bekannteste davon war sicher «Wheel In The Sky», der, man mag es fast
nicht glauben, heuer 35 Jahre auf dem Buckel hat. Interessanterweise
interpretierte Steve Augeri keine musikalischen Vertreter aus seiner
aktiven Zeit und vor allem bei «Faithfully» hatte er zumindest etwas
Mühe, die oberen Regionen sauber zu singen. Dennoch schlug er sich
insgesamt wacker und erntete dafür den verdienten Applaus. Bevor das
Highlight des Abend bevor stand, übernahm das Orchester wiederum das
Zepter und gab, ausgestattet mit den entsprechenden Accessoires, die
bestens bekannte Melodie von dem Piraten-Film schlechthin zum Besten,
der den ohnehin vielseitigen Johnny Depp als Schauspieler unsterblich
gemacht hat: «Fluch der Karibik». Primal Fear und RMC-Drummer Randy
Black setzte sich dabei mit einem entsprechenden Hut und dem passenden
schwarzen T-Shirt besonders gut in Szene. Dass sich das Orchester
hierbei natürlich auch keine Blösse gab, versteht sich von selber und
das Gleiche galt anschliessend für Eric Bazilian! Wer? Der
Sänger/Gitarrist von den Hooters natürlich. Ich muss gestehen, dass mir
die Songs weitaus geläufiger waren als der Mann, der ihnen seine
unvergleichliche Stimme lieh. Mit «All You Zombies» war dann schon von
Anfang wirklich was los in der zurecht gestutzten Halle. Die Leute vor
der Bühne erhoben sich geschlossen von ihren Sitzen, klatschten,
tanzten und freuten sich ebenso auf «500 Miles» und die wunderschöne
Ballade «One Of Us». Nicht fehlen durfte vor der knapp halbstündigen
Pause der Überhit «Johnny B.», der unterstrich, wie zeitlos die Songs
der Hooters nach wie vor sind.
Nach der Pippi-, Glacé-, Wurst-, Bier- oder was weiss ich für eine
Pause oblag es dem «Bohemian Symphony Orchestra Prague» schliesslich
ein letztes Mal, den Anfang des zweiten Teils des Konzert-Abends mit
einem instrumentalen Stück, nämlich «Brahms Hungarian Dance», zu
bestreiten, ehe uns Chris Thompson nochmals beehrte und mit «You’re The
Voice» daran erinnerte, dass 1986 zwar ein gewisser John Farnham damit zuerst in seiner
Heimat Australien einen Nummer- 1 Hit landete und im Jahr darauf auch
in Deutschland den Thron eroberte. «Mighty Quinn» bildete dann den
erwarteten Schluss des ehemaligen Leadsängers der Manfred Mann’s Earth
Band. Insgesamt war seine Performance ok, aber umgehauen hat er mich
diesmal nicht, weil seine Stimme mehr als nur einmal eher kratzte als
brillierte. Bleibt zu hoffen, dass die anstehende Solo-Tour im Mai ein
besseres Fazit abwerfen wird. Und nun kam eine Legende wie mittlerweile
Diva zugleich: Bonnie Tyler! Für ihre 61 Jahre sah sie trotz ein paar
sichtbaren Zusatz-Pfunden blendend aus und hatte eine
Mega-Ausstrahlung. Wer der Meinung war, dass dies egal sei und nur die
Stimme zähle, kam bereits beim ehemaligen Chart-Smasher «Total Eclipse
Of The Heart» voll auf seine Kosten und musste neidlos anerkennen, dass
Bonnies Stimme immer noch klar und kräftig rüber kommt. Müssig zu
erwähnen, dass sie das Zürcher Publikum mit ihrer ansteckenden
Sympathie und Fröhlichkeit gleich in den Sack steckte. «Believe In Me»,
der zweite Beitrag der blonden Power-Frau war der Titel, mit dem sie
ihre Heimat am kommenden ESC („European Song Contest“) vertreten wird.
Klang nicht mal schlecht würde ich meinen. Bei
«The Best» wiederholte sich die Geschichte von «You’re The Voice» dahin
gehend, dass es Tina Turner war, die dieses Lied erhielt und
entsprechend gross raus gebracht hatte. Die Version von Frau Tyler
verfügte allerdings über nicht weniger Pepp als die von Frau Turner,
seis drum. Der krönende Abschluss gehörte schliesslich dem lautstark
abgefeierten «Holding Out For A Hero», bestens bekannt aus dem
Film-Soundtrack des Tanzfilms «Footloose» von 1984. Mitgeschrieben hat
den Song neben Dean Pitchford übrigens ein gewisser Jim Steinman, der
ja Meat Loaf, vor allem mit dem Opus «Bat Out Of Hell», zum Weltstar
gemacht hat. Und so ein Weltstar, also eigentlich der heutige
Headliner, kam in der Person von Paul Rodgers auf die Bühne. Free, Bad
Company und das in meinen Augen trostlose wie total abtörnende
Mitwirken bei Queen & Paul Rodgers waren mitunter die Stationen des
gebürtigen Briten (63) aus Middlesbrough. Obwohl er beim Singen meist
die Augen schloss, kamen seine Hits wie «Can’t Get Enough» oder der
Jahrhundert-Song «All Right Now» astrein daher. Zu Letzterem kamen
nochmals alle Gäste auf die Bühne und feierten sich selber. Unter dem
Strich fiel meine persönliche Bilanz beim vierten Besuch weniger
euphorisch aus, aber «Rock Meets Classic» Ausgabe 2013 war dennoch ganz
in Ordnung, wobei es nun stark von der Qualität der künftigen Gäste
abhängen wird, ob dieses Projekt in diesem Rahmen weiter geführt werden
kann.
Setliste: «Child’s Anthem (Orchestra & Band)» - «Chris Thompson:
For You - Davy’s On The Road Again - Questions» - «Steve Augeri:
Separate Ways - Wheel In The Sky - Faithfully - Don’t Stop Believin’» -
«He’s A Pirate (Orchestra & Band)» - «Eric Bazilian: All You
Zombies - 500 Miles - One Of Us - Johnny B.» --«PAUSE 30 Min.»--
«Brahms Hungarian Dance (Orchestra) » - «Chris Thompson: You’re The
Voice - Mighty Quinn» - «Bonnie Tyler: Total Eclipse Of The Heart -
Believe In Me - The Best - Holding Out For A Hero» - «Paul Rodgers:
Can’t Get Enough - Feel Like Makin’ Love - Rock’N'Roll Fantasy - All
Right Now - Wishing Well».
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