Wieder machte sich der musikalische Direktor Mat Sinner,
zusammen mit seiner Band und dem Bohemian Symphony Orchestra Prague
auf, um mit den Besuchern eine weitere grandiose «Rock Meets
Classic»-Tour zu bestreiten. Wurden beim letzten Mal sechs Künstler
eingeladen, plus ein Special Guest, waren es dieses Mal wieder deren
vier plus der Spezialgast. Bedeutet, dass 2017 neben Rick
Springfield, erneut Steve Lukather von Toto und die beiden Uriah
Heep-Recken Mick Box (Gitarre) und Bernie Shaw (Gesang) dabei waren.
Zum ersten Mal stand Don Felder (Eagles) und die Jungs von Magnum,
Bob Catley (Gesang) und Tony Clarkin (Gitarre) mit dem Orchester auf
der Bühne.
Der Sound war an diesen Abend sehr gut,
wie auch die optische Untermalung mit den Videoleinwänden oder den
Pyro-Effekten. Dass es trotzdem Besucher gab, die sich beim Mischer
in der Pause beschwerten, war in meinen Augen nichts anderes als
ein unwissendes, überhebliches Auftreten von Miesepetern, denen man
eh nichts recht machen kann: «Bei Black Sabbath war der Sound aber
besser», meinte einer der unterbewerteten Soundengi-neers. Lass dir
eines sagen du Supermischer, der es leider nie bis ans Mischpult
geschafft hat. Bei Black Sabbath stehen vier Personen auf der Bühne. Bei
"Rock Meets Classic" ein Vielfaches mehr und dass dies um einiges
schwieriger ist zu mischen, sollte auch dir Klugscheisser klar sein.
Aus diesem Grund will ich hier Mischer Ernst ein grosses Lob
aussprechen, denn der Sound war wirklich verdammt gut und ein
Orchester mit einer Band, mehreren Gitarren und Sängern abzumischen
schüttelt man nicht einfach so aus dem Ärmel heraus…
Wenden wir uns
aber vom Miesepeter ab und besser dem Konzert zu. Gestartet wurde pünktlich
um 20.00 Uhr mit «Rockin' All Over The World» von Status Quo zu Ehren
von Rick Parfitt, der 2015 beim RMC seinen Auftritt hatte und letzten
Dezember verstarb. Eine wunderbare Verneigung vor dem
Quo-Gitarristen und auch ein Beweis dafür, dass das Unternehmen "Rock
Meets Classic" mittlerweile auch durch dicke
Freundschaft zwischen
den auftretenden Künstlern von sich reden macht. Mit englischen
Gentleman-Charme und «Just Like An Arrow» starteten dann
Magnum ihren Set. Es war die charmante, freundliche und
packende Art von Bob, der das Publikum von Beginn weg auf seine
Seite zog. Der melodische Rock harmonierte perfekt mit den
klassischen Parts des Orchesters und Mister Catley bedankte sich
immer wieder beim Publikum und "Rock Meets Classic" für die an diesem
Abend zu Ende gehende Tour. Mit «On A Storyteller's Night» und
speziell «Vigilante» begeisterten die beiden Engländer. Es war die
perfekte Symbiose aus zwei Klangwelten, welche in der Realität in
der Regel eigenständig funktionieren, aber im Zusammenspiel eine
neue Dimension und Dynamik entwickeln. Speziell «Vigilante» ist
hervorragend dazu geeignet, den schon leicht bombastischen Sound des
Liedes noch mit Streichern und Bläsern zu versehen. Mit der Ballade
«When The World Comes Down On You» verabschiedeten sich die beiden
70-jährigen von der Bühne. Es war ein ergreifender Moment. Speziell
Bob sang erneut wie ein kleiner Gott, traf jeden Ton und bewegte
sich viel auf der Bühne. Das Alter schien völlig spurlos an ihm
vorbei gegangen zu sein. Auch Tony hinterliess einen hervorragenden
Eindruck. Sicher etwas introvertierter als sein Sänger, aber auf dem
gleich hohen Level wie Bob. Magnum dürfen durchaus wieder mit RMC auf
Tour gehen, denn es gäbe hier noch einiges an Material, das wie
geschaffen ist für die Kombination Rock und Klassik.
Als
nächstes standen Uriah Heep in Form von Gitarrist
Mick Box und Wirbelwind Bernie Shaw auf der Bühne. Der fast
70-jährige Box spielte erneut mit einer unglaublichen Leichtigkeit
und liess dabei seine Finger filigran über die Saiten fliegen. Mit
weissem Hemd, seinen magischen Handbewegungen, die einem imaginären
Zauberspruch gleichkamen und seinem breiten Grinsen hatte er sofort
alle auf seiner Seite. War Bob Catley eher die Vaterfigur auf der
Bühne, rockte der knapp zehn Jahre jüngere Bernie wie ein Derwisch
über die Bühne. Er stachelte das Publikum an, von den Sitzen
aufzustehen, und liess es, nicht nur beim abschliessenden «Lady In
Black», mitsingen. Mister Shaw ist der perfekte Entertainer und einer,
der mit einem spitzbübischen Grinsen alle um den Finger wickelt und
bei «Sunrise» mit einem langgezogenen Schrei nachhaltig festhielt,
wer der Chef im Ring ist. Waren es bei Magnum eher die melodischen
Stimmungsbögen, waren es bei Uriah Heep die verspielten
Hammondsounds und Gitarrenparts, die sich mit Streichern und Bläsern
duellierten. So erklangen die vier Nummern bedeutend schwerer und
wütender, als der Hardrock von Magnum. Zugleich ein schönes Indiz dafür,
dass Rock sehr facettenreich ist und ein breites Spektrum abdeckt.
Zum ersten Mal schossen an diesem Abend auch Feuerfontänen in die
Hohe und liessen «Easy Livin'» zu einer noch heisseren Nummer
werden. Sie kamen, sahen und siegten auf der ganzen Linie, denn
«Lady In Black» liess alle Besucher aufstehen, in die Hände
klatschen und singen… «She came to me one morning…» Neben den
Heep-Mitgliedern boten die Lieder auch viel Spielraum für die beiden
Gitarristen Alex Beyrodt und Tom Nauman, denen immer wieder die
Möglichkeit geboten wurde, ihr Können unter Beweis zu stellen.
Mittendrin stand Bassist und musikalischer Direktor in Personalunion
Mat Sinner, der den letzten Gig dieser Tour sichtlich genoss.
Bevor Specialguest Rick Springfield die Bühne betrat, lag es am
Symphonie Orchester von Prag, die Adele Nummer «Skyfall» zu spielen.
Mit kleinen Soloausflügen und den Solostimmen der
Backgroundsängerinnen entfaltete sich «Skyfall» wie ein
Schmetterling in einem neuen wunderschönen Gewand. Der Ami
Rick Springfield bot dann eine sehr energische Show, bei
der er es sich nicht nehmen liess, in den Zuschauerraum zu hüpfen
und die Besucherinnen zu umarmen. Dies schien speziell einer Lady
ein wolliges Gefühl zu geben, da sie kurz vorher dem Sänger ein
altes Bravo-Poster hinhielt. Vorher zerschlug der singende
Gitarrist einen Rosenstrauss auf seiner Gitarre bei der
Cover-Version von Sammy Hagars «I've Done Everything For You». Wer
Rick nicht kannte, kannte zumindest seine Hits wie «Celebrate
Youth», der auch den ersten Teil der Show beendete. Mister
Springfield war immer in Bewegung, flirtete mit den Frauen, riss die
Show an sich (sogar mit einem nicht geplanten Gitarrensolo,
zumindest schauten alle ziemlich verdutzt, als Rick solierte) und
bedankte sich bei allen für diese tolle Tour. Nach einer Pause von
knapp zwanzig Minuten kam das Orchester zurück und spielte zusammen mit
der Mat Sinner-Band zwei Bon Jovi Songs, bevor Rick nochmals auf die
Bühne zurück kam und mit «Love Somebody» aus dem Film «Hard To Hold»
(Zitat Rick: «Wer kennt den Film? Eins, zwei, drei, vier, fünf und
ich… Niemand aus dem Publikum?»), den harten Rocker mimte. Mit
«Jessie's Girl» beendete der Wirbelwind seinen Auftritt und
hinterliess nicht nur feuchte Frauenträume, sondern auch einen
verdammt guten Eindruck. Der 67-jährige präsentierte eine
mitreissende Show, die ihn ab und zu ein bisschen neben dem Song
singen liess. Aber hey, spielt zuerst mal eine solche Show in diesem
Alter, dann reden wir nochmals darüber!
Die grosse
Überraschung für mich war jedoch Steve Lukather, der sich als
wahrer Gitarrenkünstler präsentierte. Nicht nur, weil er mit dem
Toto-Hit «Rosanna», dem unverwüstlichen «Africa» und dem Überhit
«Hold The Line» einen Hitalarm vom Stapel liess, sondern auch, weil er mit
seinen Eltern mit ergreifenden Worten gedachte und die Jimi
Hendrix-Nummer «Little Wing» allen widmete, die heute Abend vom
Himmel auf uns runter schauten. Solche Aussagen machen Steve zu einem
harten Rocker mit einem sehr weichen Herz. Passend zu den
emotionalen Gitarrenparts erstrahlten hinten auf den Leinwänden kleine
Flügel, und bei «Africa» geschnitzte afrikanische Köpfe. Wie Mat im
Metal Factory Interview erzählte, präsentierte sich Steve als das, was
er ist. Nämlich ein begnadeter Künstler, der dankbar ist und die Leute mit
seiner Musik begeistern will. Und ja, er bot eine Show, die ich
nicht erwartete. Dabei teilte er sich Gesang, wie auch Gitarrensolo
mit den Musikern der Mat Sinner Band. Das Publikum stand nun auch
wieder vermehrt auf und sass nicht mehr so gehemmt auf den Stühlen.
Bei einigen Zuschauern hatte man das Gefühl, dass sie von einer
klassischen Aufführung ausgingen und mit der rockigen Ausrichtung
der Show schon fast überfordert waren. Aber wie jedes Jahr, fand
auch 2017 ein Spektakel statt, das vom Sound, über das Licht, bis zu den
visuellen Elementen und den Pyros hin mit einer homogenen musikalischen
Darbietung alles bot, was sich das Herz wünscht. Jedem wurde den
Platz eingeräumt, der ihm zustand. War es den auftretenden Künstlern,
den Sängern und Sängerinnen der Mat Sinner Band oder den
Instrumentalisten. So durfte das Bohemian Symphony Orchestra Prague
noch Mozarts «Eine kleine Nachtmusik» zum Besten geben, bevor es dem
Schlusspunkt entgegen ging.
Mister
Don Felder, der
Gitarrist der legendären Eagles betrat die Bühne unter grossem
Beifall. Mit «Already Gone», «One Of These Nights», dem härteren
«Heartache Tonight» und «Life In The Fast Lane» bot Don eine tolle
Leistung. Wie auch bei seinen Vorgängern schienen die Jahre spurlos
an Don verbei geflogen zu sein. Zumindest sah man dem 69-Jährigen die
fast sieben Jahrzehnte kaum an. Er sang sehr gut, was man auch
Steve, Rick, Bob und Bernie neidlos zugestehen musste. Sieht man
heute weitaus jüngere Shouter, die kaum mehr einen Ton treffen, muss
man den Hut vor den Leistung der Sänger an diesem Abend ziehen. Auch
auf der Gitarre bot Don eine Meisterleistung, als er mit seiner
Doppel-Hals-Gitarre «Hotel California» verzauberte, bei dem nun
wirklich jeder von seinem Stuhl aufstand und zumindest den Refrain
mitsang. Unter grossen Beifall verliessen Don und die Mat Sinner
Band die Bühne, um zum letzten Mal auf dieser Tour die Bühne zu
rocken. Alle Gäste versammelten sich auf der Stage, um sich mit «Take
It Easy», einer letzten Eagles-Nummer, vom Publikum zu verabschieden.
"Rock Meets Classic" wird 2018 in Basel gastieren, und darum sollte
sich schon jetzt jeder den 13. April fett im Kalender anstreichen.
Wer als Gäste dabei sein wird, ist noch nicht bekannt, aber eines
ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Es wird wieder ein Fest
sondergleichen sein, bei dem sich jeder in den Arsch beissen muss,
der nicht dabei sein wird, oder sich über angeblich mangelnde
Soundqualitäten beschwert…
Setliste RMC: Bohemian
Symphony Orchestra Prague «Rockin' All Over The World» (Status Quo)
Bob Catley & Tony Clarkin «Just Like An Arrow», «On A Storyteller's
Night», «Vigilante», «When The World Comes Down On You» Mick Box
& Bernie Shaw «Easy Livin'», «Sunrise», «July Morning», «Lady In
Black» Bohemian Symphony Orchestra Prague «Skyfall» (Adele)
Rick Springfield «I've Done Everything For You» (Sammy Hagar),
«Don't Talk To Strangers», «Celebrate Youth» Break Bohemian
Symphony Orchestra Prague «Living On A Prayer» (Bon Jovi), «It's My
Life» (Bon Jovi) Rick Springfield «Human Touch», «Love Somebody»,
«Jessie's Girl» Steve Lukather «Child's Anthem», «Don't Chain My
Heart», «Rosanna», «Little Wing» (Jimi Hendrix), «Africa», «Hold The
Line» Bohemian Symphony Orchestra Prague: «Eine kleine
Nachtmusik» Don Felder «Already Gone», «One Of These Nights»,
«Heartache Tonight», «Life In The Fast Lane», «Hotel California»
All Together: «Take It Easy» (Eagles)
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