Das «Rock The Ring»-Festival fand zum zweiten Mal statt. Mit
illustren Gästen wie Nightwish, Limp Bizkit, Papa Roach, Eluveitie
und The Three Sum am Freitag, sowie Billy Idol, Toto, Roger Hodgson,
The Hooters, Florian Ast und FM am Samstag wurde der Event gebührend
eröffnet. Am Sonntag standen dann für den Schreiberling zwei seiner
Jugendidole auf der Bühne, flankiert von drei weiteren Truppen. Das
Gelände scheint wie gemacht zu sein für ein Openair, hat man doch
von allen Standorten einen hervorragenden Blick auf die Bühne. Die
beiden grossen TV-Screens links und rechts von der Bühne liessen
einen freien Blick für alle Besucher zu und nur der gelegentlich
einsetzende Regen trübte die an sonst gute Stimmung etwas.
Mit genügend Essens-, Getränke-, Merch,- und anderen Ständen war
das Rahmenprogramm mehr als abwechslungsreich gestaltet. Was vielen
Besuchern aber mehr als sauer aufstiess, abgesehen denjenigen der
Hot Place- und VIP-Besuchern, dass man auf dem 10 Minuten entfernten
Parkplatz gleich mal 15.- Fränkli berappen und im vorderen Teil des
Geländes die Dixies pro Gang mit 2.- bezahlen musste. Die dafür zu
erwartende, regelmässige Leerung der Klos blieb aber aus. Hier
scheint es ratsam für den Veranstalter, sich für 2016 Gedanken zu
machen. Das Unwort des Events, «das teuerste Festival der Schweiz»
wurde unter den Besuchern immer wieder heftigst diskutiert.
Crown Of Glory Wenden wir aber den Blick den
auftreten Truppen zu. Der Zeitplan wurde an allen drei Tagen fast
minutiös eingehalten. So starteten die Hoffnungsträger aus der
Schweiz, Crown Of Glory, pünktlich um 14 Uhr mit einem kleinen
Missgeschick. Der Bass von Jonas quittierte kurz vor dem Beginn des
Konzerts seinen Dienst. Ob dies an fehlenden Streicheleinheiten
liegt entzieht sich dem Wissen des Schreiberlings. Die nicht
vorhandenen Bassspuren fielen aber kaum auf, denn wer einen
Keyboarder in den eigenen Reihen hat, braucht auch keinen Bassisten…
Der, auf einen Fünfer reduzierte Bestand an Musiker, genoss aber
sichtlich seinen Auftritt. Die Jungs um Sänger Hene grinsten sich
den Wolf und hinterliessen sehr gute Werbung in eigener Sache. Dabei
gefielen die tollen Gitarrenparts ebenso, wie auch die hohen
Backingvocals von Philipp. Speziell Hungi poste mit seiner Gitarre
und suchte immer wieder den Blickkontakt zu den Fans. Der
Mittelpunkt von Crown Of Glory bleibt aber Hene, der mit seiner
agilen Art kaum stehen bleibt und dank seiner Mimik den Lacher auf
seiner Seite hat. Es machte Spass den Jungs zu zusehen und ich bin
mir sicher, dass die Helvetier mit diesem Gig, den einen oder
anderen Fan für sich gewinnen konnten.
Five Finger Death Punch Gespannt war ich
auf Five Finger Death Punch, die bevor sie überhaupt die Bühne
betraten mit lauten Sprechchören empfangen wurden. Angeführt von
Sänger Ivan L. Moody wurde der Sound um einiges härter. Der Shouter
peitschte das Publikum souverän an und die hasserfüllten Schreie des
Publikums, beim Mitsingspielchen «Burn motherfucker burn»,
wiederspiegelten dies. Jason Hooks, drückt mit seinem farbigen Kamm
und seiner Art Gitarren zu spielen der Truppe klar seinen Stempel
auf. Bassist Chris Kael erinnert mit seinem Zottelbart an eine Figur
aus dem Kultstreifen «Pirates Of The Caribbean». Mit seinem
provokanten und wilden Gebären, die aber immer mit einem süffisanten
Lächeln begleitet werden, ist er ein echter Hingucker und somit im
positiven Sinn gemeint, ein Provokateur. Zu guter Letzt haut Jeremy
Spencer mit wuchtiger Art sein Schlagzeug in Grund und Boden. Für
viele Besucher, und das belegten die euphorischen Reaktionen, war
Five Finger Death Punch der erste Höhepunkt an diesem Tag.
Musikalisch irgendwo zwischen den fetten Black Sabbath-Grooves und
den Härtegraden von Machine Head rüppelte sich der Fünfer
musikalisch variabel durch ihre Spielzeit und verteilten dabei
Plektren wie blöde. Der akustische Part mit Jason (mit einem sehr
grossen Sombrero) und Ivan begeisterte die Massen und leitete die
Schlussphase der Jungs ein. 5FDP gehörten zu den grossen Momenten an
diesem Tag, das belegte die Stimmung während ihres Auftritts und
dafür bedankte sich Ivan immer wieder.
The Boss Hoss The Boss stieg auf die
Bühne. Damit ist nicht Bruce Springsteen gemeint, sondern The Boss
Hoss, die nicht nur bekannt wurden durch die Castingshow «The Voice
Of Germany», als sie in der Jury sassen. Dass die beiden Leader,
Alec Völkel und Sascha Vollmer, mehr zu bieten haben, als
aufstrebende und gleich wieder in der Versenkung untergehende Sänger
zu beurteilen, wurde schnell klar. Interessanterweise passte der
Country-Rock von The Boss Hoss recht gut zu den anderen Rock- und
Metalbands. Das lag einerseits an der lockeren und sehr
sympathischen Art von Sascha, der immer mit einem grossen Schalk das
Publikum zwischen den Liedern unterhielt. Und andererseits an der
sehr Metal mässigen Performance von Alec. An ihm ist ein wahrer
Metal-Shouter verloren gegangen. Seine aggressive Bühnenpräsentation
und sein mehreres Minuten dauerndes Crowdsurfing hatten schon fast
was Thrash artiges! Zitat Alec: «Vielen Dank für das Tragen, auch
wenn manche nur Fotos machen wollten. Aber! Egal!!!» Die
Mundharmonika störte bei diesem Auftritt ebenso wenig, wie der
Kontrabass, oder die Bläsersektionen, die einem mexikanischen
Ensemble entsprungen sind. Als einziges Konzert dieses Jahr, wurde
der Auftritt am «Rock The Ring» angepriesen. Dieser wurde nach dem
Intonieren ihres wohl grössten Hits «Don't Gimme That» vorerst
beendet. Die Truppe wurde zu einer Zugabe auf die Bühne zurückgeholt
und mit der Cameo Coverversion von «Word Up», auch bekannt als
geniale Version von Gun, beendeten The Boss Hoss das Konzert. Fazit:
«Es isch huere geil gsi», wie Alec sich mit astreinem Schwyzerdütsch
beim Publikum bedankte.
Alice Cooper Der alte Meister lud dann
zu einer kuscheligen Horrorshow ein, bei der weder die Guillotine,
noch der Elektrostuhl, oder die Schlange fehlten. Unterstützt wurde
Alice von einer extrem agilen, spiel- und präsentierfreudigen
Truppe. Dabei trumpfte Schlagzeuger Glen Sobel (Impellitteri) gross
auf! Was der Gute alles an technischen Kabinettstücken zauberte,
nicht nur bei seinem Solo, war allererste Sahne! Zusammen mit dem
langjährigen Bassisten Chuck Garric (seit 2002) hämmerte er einen
mehr als nur soliden Rhythmusteppich, auf dem sich das Gitarren-Trio
(!!!) Ryan Roxie, Tommy Henriksen und Nita Strauss nach Lust und
Laune austoben konnten. Die drei und Chuck waren die perfekte
Ergänzung zur Show von Mister Cooper. Dabei zankten sich das
Quartett mit dem Meister, posten alleine oder in Gruppen und waren
im Vergleich zu den vorherigen Bandkonstellationen um ein
vielfaches aktiver. Tommy, der in der Region von Uster lebt, hatte
ein kleines Heimspiel, was anhand des Applauses, als Alice seine
Bandmitglieder vorstellte, nicht zu überhören war. Ein Hingucker war
Nita, die ihre Vorgängerin Orianthi Panagaris, nicht nur optisch,
sondern auch spielerisch in den Schatten stellte. Wurde Orianthi von
vielen, als das neue Gitarrenwunder tituliert, wirkte sie für mich
auf der Bühne immer sehr blass. Eher ein Stage technischer
Rohrkrepierer. Nita ist aus einem ganz anderen Holz geschnitzt und
legte sich spielerisch und von der Performance her mächtig ins Zeug!
Alice selber war fit wie ein Turnschuh. Da könnten sich
Lemmy oder Iggy Pop eine grosse Scheibe abschneiden! Mister Coopers
Alkoholeskapaden gehören schon lange der Vergangenheit an, und seit
seinem Entzug in der Betty Ford-Klinik (1978) entwickelte sich
Mister Vincent Furnier wie ein Wein. Je älter, desto besser! Seine
Show bestehend aus dem Säbel und dem Verteilen von Dollarnoten
(«Billion Dollar Babies»), der Peitsche («Go To Hell»), der
General-Kluft («Wicked Young Man»), dem blutverschmierten Doktoren
Mantel und dem elektrischen Stuhl («Feed My Frankenstein»), der
Schlange («Welcome To My Nightmare»), der Zwangsjacke, der
Riesenspritze und dem anschliessenden köpfen («Ballad Of Dwight
Fry»), dem Krückstock («I'm Eighteen») und den integrierten
Konfetiregen, Seifenblasen sowie den grossen Ballons («School's
Out») war einfach grossartig! Alice bot was fürs Geld und überzeugte
auf der ganzen Linie. Wenn der elektrische Stuhl funkelt, brummt,
knistert und leuchtet, und anstelle von Alice, der mit einer
Gasmaske in die Rolle von Doktor Frankensteins schlüpft, plötzlich
ein Untier in Form von Iron Maidens Eddie auf der Bühne steht und
die letzten Strophen von «Feed My Frankenstein» mit tiefem Gesang
rausbrüllt, hat dies was magisches. Da sind die Böller beim Beginn
der Show und bei «Poison» eine lockere Zugabe.
Musikalisch
bot Alice einen guten Querschnitt aus seiner Frühphase, seinen
achtziger Highlights und der Neuzeit. «Poison» bekam dabei
sicherlich den lautesten Applaus und wurde aus jeder anwesenden
Kehle mitgesungen. Alice kam, sah und siegte und hob die Latte für
den Headliner extrem hoch. «Switzerland rocks!» Ja, dank dir Alice!
Setliste Alice Cooper: «The Underture», «Department Of Youth»,
«No More Mr. Nice Guy», «I'll Bite Your Face Off», «Under My
Wheels», «Billion Dollar Babies», «Lost In America», «Hey Stoopid»,
«Dirty Diamonds», «Welcome To My Nightmare», «Go To Hell», «Wicked
Young Man», «Feed My Frankenstein», «Ballad Of Dwight Fry», «I Love
The Dead», «I'm Eighteen», «Poison» - «School's Out (with snips
«Another Brick In The Wall»)»
Judas Priest Gespannt war ich auf Judas
Priest, überzeugten mich die Engländer bei den beiden letzten beiden
Shows restlos. Wird Rob erneut stimmlich auf der Höhe sein? Wird
Neugitarrist Richie noch mehr aus sich rausgehen? Wird Judas Priest
nach dem grandiosen Gig von Alice Cooper nochmals einen drauflegen
können? Nehmen wir das Fazit vorne weg. Judas Priest waren Alice
absolut ebenbürtig. Das lag insbesondere an Rob, der einmal mehr
bewies, dass er der, wenn auch gealtert, Metal God ist. Seine
Bewegungsabläufe waren aktiv, aber auch gemässigter. Dafür sang und
schrie sich der 64-jährige gekonnt durch den Set. Hervorragend die
gesangliche Leistung bei «Victims Of Changes», «Beyond The Realms Of
Death» und «Jawbreaker». Die hohen und teils sehr langgezogenen
Screams sind nach wie vor etwas ganz Spezielles im metallischen
Universum. Rob bedankte sich immer wieder für die jahrelange
Unterstützung bei den Fans und sein «thank you» war alles andere als
ein Lippenbekenntnis. Fast bei jedem Song wechselte Mister Halford
seinen Mandel, der mal glitzerte («Beyond The Realms Of Death»), aus
puren Leder und mit Fransen behangen («Hell Bent For Leather»),
silbrig («Turbo Lover») oder aus Jeansstoff («Metal Gods») war.
Glenn Tipton und Richie Faulkner lieferten die grandiosen
Gitarrenriffs und duellierten sich immer wieder («Halls Of
Valhalla»). Es war ein Ohrenschmaus den Beiden zu zuhören, die sich
in einen wahren Rausch spielten. Richie trat dabei weitaus offener
auf, als noch bei den letzten Konzerten und entpuppte sich zu einem
richtigen Sympathikus. Einer, der den direkten Weg zu den Fans
sucht, sich seinen Platz in der Band erkämpft hat und nicht mehr von
Judas Priest wegzudenken ist. Und vielleicht schon mehr Platz
einnimmt, als Glenn… Ian Hill steht nach wie vor an seinem Platz.
Keinen Schritt vor, keinen zurück, aber immer in Bewegung. Das muss
ihm mal einer nachmachen. Hinter ihm zertrümmerte mit einer
unglaublichen Präzision Scott Travis sein Arbeitswerkzeug. Was der
Trommler immer wieder an kleinen Dingen einbaut ist eine Klasse für
sich. Die Band spielte extrem tight und marschierte ohne Wenn und
Aber durch den Set, der leider um zwei Songs gekürzt wurde. Somit
fielen «Love Bites» und «March Of The Damned» der Zeit zum Opfer.
Speziell «Love Bites» wäre eine zusätzlich Herausforderung geworden,
die ich mir
gerne
von Rob um die Ohren gehauen hätte. So blieben es drei Songs vom
neuen Werk «Redeemer Of Souls» und ein vorzüglicher Querschnitt aus
der Schaffensperiode der Engländer. Auf den seitlichen Screens und
dem grossen Bildschirm hinter Scott erschienen, passend zu den
Songs, immer wieder kleine Filme. Somit bekam die Bühne, dank der
Einspielungen, einen dreidimensionalen Touch, was der Show ein
zusätzlicher Punkt verlieh. Eine, die mit dem obligaten Motorrad bei
«Hell Bent For Leather» einen weiteren Höhepunkt hatte.
Man
kann sicherlich darüber diskutieren, dass Rob nicht mehr die
gesangliche Leistung wie in den achtziger Jahren bietet. Bei einer
Gitarre kann man die Saiten wechseln. Bei einem Sänger leider nicht
die Stimmbänder… Erinnern wir uns zehn Jahre zurück. Die damalige
Vorstellung des Sängers bei den Reunion-Shows war eher erbärmlich
und leitete schon fast den Niedergang von Judas Priest ein, da Rob
kaum mehr die gesanglichen Höhen erreichte. Ganz abgesehen davon,
dass er sich kaum vom Teleprompter wegbewegte. Rob ist seit einiger
Zeit stimmlich wie die Phoenix aus der Asche auferstanden, bewegt
sich viel mehr (wie oben erwähnt) und macht aus einem Judas
Priest-Gig wieder was Fantastisches, Einzigartiges und Magisches.
Und genau das war dieser Gig auch! Eine absolute tolle Vorstellungen
einer Truppe, die heute eine lebende Legende ist, die Metal-Welt
nachhaltig beeinflusste und heute noch Akzente setzen kann. Es macht
einfach Spass die Priester noch immer auf der Bühne zu sehen und ich
wünsche mir, dass dies nicht das letzte Mal war!
Setliste
Judas Priest: «War Pigs (Intro Black Sabbath)», «Battle Cry»,
«Dragonaut», «Metal Gods», «Devil's Child», «Victim Of Changes»,
«Halls Of Valhalla», «Turbo Lover», «Redeemer Of Souls», «Beyond The
Realms Of Death», «Jawbreaker», «Breaking The Law», «Hell Bent For
Leather» - «The Hellion/Electric Eye», «You've Got Another Thing
Comin'» - «Painkiller», «Living After Midnight»
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