MetalFactory.ch betreibt Feldforschung, Teil 215: Das
mexikanische Flamenco-Duo Rodrigo Y Gabriela schaffte den Sprung ins
internationale Rampenlicht nicht zuletzt dank ihren spektakulären
Cover-Versionen von Thrash-Klassikern wie etwa 'Battery' und 'Master
Of Puppets' von Metallica - Grund genug für Metal Factory, den
beiden unter Konzertbedingungen mal auf den Zahn zu fühlen, und dem
legendären Fri-son einen Besuch abzustatten.
Der Gig wurde im Vorfeld aufgrund eines Passproblems von Anfang
November auf Anfang Dezember verschoben, doch das Fri-Son konnte
trotz dieser Situation und dem für Konzerte eher unpassenden
Wochentag auf ein volles Haus zählen… Interessanterweise war der
Metallergehalt nahe an der Null-Grenze, dafür lockte das
Virtuosen-Gespann allerhand verwunderte Konzertgänger an - Diverse
Festival-Auftritte (Wie etwa beim familiären Palèo in Nyon diesen
Sommer) hatten ihre Wirkung nicht verfehlt, plus der aktuelle Buzz
um die Formation schien nach wie vor anzuhalten…
Als Vorband stieg knapp nach 20 Uhr dann die hübsche, aber
musikalisch etwas gesichtslose Frederika Stahl aus Schweden auf die
Bühne. Begleitet von einem Zupf-Gitarristen schmetterte sie
Schmachtballade an Schmachtballade ins Publikum, konnte aber nicht
viel mehr als etwas höflichen Applaus einfahren. Ihre etwas gar
eindimensionalen, und nur von E-Piano und Gitarre getragenen
Pop-Nummern entpuppten sich äusserst schnell als eine Spur zu
stromlinienförmig, da hätte man definitiv Spannenderes rausholen
können - Die dreissig technisch zwar soliden, aber inhaltlich
platten Minuten verbrachte ich dann grösstenteils auch in der
Schlange zur Garderobe, so ein volles Fri-Son dampft halt auch bei
lauwarmer Berieselung.
Rodrigo Y Gabriela rissen das Steuer glücklicherweise von Beginn weg
herum - Das Duo betrat die Bühne, während Tool's 'Vicarious' noch
aus den Boxen dröhnte (Pluspunkte!), und begann dafür direkt mit
einem ruhigen Song… Als Vorbote auf das Kommende begann ein Teil des
Publikums bereits bei der ersten rythmischen Passage mitzuklatschen
– Hier wollte offensichtlich gefeiert werden. Die beiden
Ausnahmetalente machten dann auch keinen Hehl daraus, dass sie es
heftig mögen, und schmetterten bereits kurz darauf die ersten aus
dem Flamenco geliehenen Elemente in den Saal. Während Gabriela sich
dabei auf ihre aussergewöhnliche Klopf- und Reiss-Technik
konzentrierte, und dazu oftmals in Ekstase quer über die Bühne
hüpfte, riss Rodrigo wie ein normaler Stromgitarren-Quäler Fratzen,
posierte am vorderen Bühnenrand, malträtierte die Saiten mit
geschmackvoller Lead-Arbeit, und schmiss gerne auch mal den
Verzerrer an. Das Publikum quittierte dies bei jeder Gelegenheit mit
Applaus, und unterstützte die beiden Saitenhexer mit Klatschen. Dank
der eigenwilligen Performance, dem offensichtlichen Optimismus der
beiden Musiker (Gabriela stolperte bei den aufgeteilten Ansprachen
oftmals über ihre eigene Euphorie), und der netten Mixtur aus
wohldosierter Klang- und Licht-/Video-Qualität, überzeugte das Duo
sogar mich bis zu einem gewissen Grad.
Ob all der überschäumenden Euphorie auf der Bühne und im Saal wurde
der Fokus aber klar auf die Showelemente verlagert, denn richtig
gute Songkost konnten Rodrigo und Gabriela nicht all zu oft bieten.
Genau wie Apocalyptica und Konsorten es bereits berwergstelligt
haben, reitet das mexikanische Duo aktuell auf einer auf ihrer
Fingerfertigkeit basierten Erfolgswelle – Aber bald muss Essenz
nachgereicht werden. Bleibt zu hoffen, dass die beiden
Ausnahmetalente nicht wie ihre finnischen Cellovorgänger den Weg des
leichteren Wiederstandes und der leichten Teenagerunterhaltung
wählen, und endlich etwas solides aus dem Boden stampfen.
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