Ganz nach dem Motto „noch grösser und noch spektakulärer“ kam eines
der Gründungsmitglieder der legendären Art Rock Formation Pink Floyd
zurück nach Zürich, um den Auftritt im Hallenstation von 2011 zu
toppen. Roger Waters marschierte (im wahrsten Sinne des Wortes!)
gleich mal mit einer gut doppelt so gross aufgebauten Mauer im
Letzigrund Stadion ein und lockte knapp 40‘000 Besucher an.
Ich konnte das Spektakel bereits im August diesen Jahres in
Frankfurt bestaunen und das aus der zweiten Reihe, direkt vor der Bühne.
Dort war der Innenraum der Commerzbank Arena bestuhlt, was für diese
Art von Veranstaltung für mich einen absoluten Mehrwert bot. Auch
kann diese Arena für jede Wetterlage angepasst werden. Es hätte
Katzen regnen können – kein Problem! Das hat das Letzi leider nicht
zu bieten. Bei Nieselregen, unangenehmer Kälte und eingeschränkter
Sicht im Innenraum, da nicht bestuhlt, war für mich das Erlebnis in
Zürich mit dem in Frankfurt nicht zu vergleichen. Aber ich würde mal
sagen, das sind Neuzeit Luxus Probleme! Blickt man ins Jahr 1979
zurück, da wurde das Album „The Wall“ ursprünglich veröffentlicht,
konnte damals die Liveshow nur an ausgewählten Orten wie zum
Beispiel London aufgeführt werden, da die Show viel zu gigantisch
gewesen ist. „The Wall“ ist unglaublich komplex und geht über die
reine Musik hinaus. Ein Gesamtkunstwerk mit einer tiefgründigen
Message. Der mittlerweile 70jährige Roger Waters hatte damals die
Idee, eine überdimensionale Mauer zu errichten, um seine Entfremdung
zu Gott und der Welt zum Ausdruck zu bringen. Was man hier anhand
von Surround-Sound, Musik und Bildern umgesetzt hat, sucht
Seinesgleichen. Auch über 30 Jahre später kommt mir nichts in den
Sinn, wer oder was der Inszenierung dieses musikalischen Hörspiels
das Wasser reichen könnte. Und ja Ihr werdet staunen, dass Liane das
sagt: Auch nicht ein Steven Wilson! (lia)
Unverhofft kommt oft besagt ein Sprichwort und das sollte sich heute
Abend auch bewahrheiten. Ein paar Stunden zuvor erhielten wir von
Metal Factory nämlich eine zweite Akkreditierung, da sich ein
Kollege kurzfristig abgemeldet hatte. Das hiess also Liane in Front
mit der Kamera und meine Wenigkeit konnte sich zu einem gedeckten
Sitzplatz begeben. Das war, in Anbetracht der eher schlechten
Wettervorhersage, natürlich absolut chefmässig. Für ein anderes
Konzert mit deutlich kleinerer Bühne als der von heute Abend, wäre
der Platz, hoch oben rechts im Sektor „A“, nicht wirklich ideal
gewesen. Für die Monster-Bühne von «The Wall» hingegen schon, denn
so war die Sicht von der Seite her komplett frei! Die Show, die vor
zwei Jahren im Hallenstadion stattfand, war schon grandios und ich
als mitunter grosser Fan von Pink Floyd schwelgte in anderen
Sphären, da es lange Zeit nicht danach aussah, das wohl bekannteste
Konzeptalbum jemals live zu sehen. 1980 war es mir nicht möglich…,
zu weit weg und viel zu teuer. Gleiches galt für Berlin im Sommer
1990. Dass «The Wall» nun nochmals und mit grosser
Wahrscheinlichkeit das letzte Mal überhaupt aufgeführt werden würde,
liess ein Fernbleiben keinesfalls zu. Dass es dann in Zürich gerade
noch der 11. September, also genau zwölf Jahre nach dem Anschlag in
New York war, hinterliess jedoch keine entsprechende Reaktion
darauf. Etwa zwanzig Minuten später als angekündigt, also erst gegen
20.20 Uhr ging es los. Dies wohl auch, dass möglichst viele der
Zuschauer im Stadion drin waren. Nach einem kurzen Intro «Outside
The Wall» ging es dann natürlich mit dem Opener «In The Flesh»,
dicht gefolgt von «The Thin Ice» und «Another Brick In The Wall
(Part I)» los. Mit den grossflächigen Projektionen auf die Wand, die
von Anfang
an Stück für Stück durch Helfert weiter hoch gezogen wurde, bekam
man bald einmal mit, wie gigantisch dieser Aufbau war! Breitenmässig
wurde alles ausgenutzt, was das Letzi hergab und dürfte mit
Sicherheit die grösste Produktion gewesen sein, die je in der
Schweiz unter freiem Himmel aufgebaut worden war. Roger Waters, der
fünf Tage zuvor in Düsseldorf seinen 70. Geburtstag feiern konnte,
wirkte drahtig und fit. Unterstützt durch eine grosse Begleitband,
wurde das Kultalbum von 1979 in seiner ganzen Länge gespielt.
Während sich der Sound laufend verbesserte, konnte das Wetter nicht
ganz dagegen halten. Der insgesamt zum Glück nur dezent einsetzende
Nieselregen tat der Stimmung allerdings keinen Abbruch.
Von mir aus hätte es die Pause eigentlich gar nicht gebraucht, aber
das Catering rings herum war sicher nicht unglücklich darüber. Da
der von mir mit Mass getrunkene Gerstensaft nicht übermässig auf die
Harnblase schlug, respektive drückte, blieb ich schön ruhig auf
meinem Plätzchen sitzen und beobachtete völlig relaxed das Gewusel
um mich herum. Nach etwa gut 25 Minuten gingen die Lichter im
Stadion wieder aus und es folgte der zweite Teil der Monster-Show,
die nun wandmässig voll aufgebaut darauf wartete, dass sich etwas
tut. Nach dem genialen «Hey You» folgte die nicht minder geile
Überleitung «Is There Anybody Out There?» hin zu «Nobody Home», wo
sich die Mauer wieder öffnete und Roger Waters in der berühmten
kleinen Stube auf einem Sofa sitzt, während im Hintergrund der
Fernseher läuft. Überhaupt folgten nun die eigentlich besten Songs
von «The Wall», allen voran das grandiose wie unerreichbare «Comfortably
Numb», wo Tourgitarrist Dave Kilminster beim Solo erstaunlich nahe
auf den Spuren von Ur-Gitarrist David Gilmour wandelte. Nebst der
Gänsehaut, die dieser Übersong immer wieder auslöst, fehlten mir
hier aber die bombastischen Showelemente, die Pink Floyd zum
Beispiel auf der Tour von 1988/1989 zeigten. Nichtsdestotrotz war
dies der unbestrittene Höhepunkt, der schliesslich nur noch von «Run
Like Hell» aufgewogen wurde. Insgesamt wurde optisch abermals das
volle Brett aufgefahren und ich möchte gar nicht wissen, wie viel
Strom dieses Konzert letztlich verbraucht hat. Zum Schluss stürzte
die Mauer showgerecht ein und gab das Bild auf die ganze Band frei,
die sich, akustisch spielend, vom begeisterten Publikum nach rund
110 bis 115 Minuten reiner Spielzeit verabschiedete. Klar wäre das
Ganze, zelebriert von der originalen Band noch reizvoller gewesen,
aber mit dem Tod von Keyboarder Richard Wright starb 2008
gleichzeitig auch das Ur-Lineup von Pink Floyd und der jahrelange
Zwist zwischen den Alphatieren Waters und Gilmour hält leider für
die Ewigkeit. Schön war es dennoch und ohne Zweifel
geschichtsträchtig. Etwas Vergleichbares wird es so eh nie mehr
geben und wer heute Abend dabei war, wird die Erinnerung daran
ewiglich behalten und bestimmt nicht in Vergessenheit geraten
lassen. (rsl)
Setliste:
Set 1 - «Outside The Wall (Intro)» - «In The Flesh?» - «The
Thin Ice» - «Another Brick In The Wall (Part I)» - «The Happiest
Days Of Our Lives» - «Another Brick In The Wall (Part II) » - «The
Ballad Of Jean Charles de Menezes ("Another Brick in the Wall - Part
2, Reprise")» - «Mother» - «Goodbye Blue Sky» - «Empty Spaces» - «What
Shall We Do Now? » - «Young Lust» - «One Of My Turns» - «Don't Leave
Me Now» - «Another Brick In The Wall (Part III)» - «The Last Few
Bricks» - «Goodbye Cruel World».
Pause: Circa 25 Minuten
Set 2 - «Hey You» - «Is There Anybody Out There?» - «Nobody Home» -
«Vera» - «Bring The Boys Back Home» - «Comfortably Numb» - «The Show
Must Go On» - «In The Flesh» - «Run Like Hell» - «Waiting For The
Worms» - «Stop» - «The Trial» - «Outside the Wall».
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