Da Live-Auftritte von Rose Tattoo in der Schweiz eher
Mangelware sind, stand es ausser Diskussion, dieses Konzert im Z7,
unmittelbar nach der Aufwartung beim Sweden Rock Festival in
Sölvesborg (S) am 07.06.2018, in der Heimat ebenso zu besuchen!
Somit lag zwischen diesen beiden Gigs keine Woche dazwischen. War im
hohen Norden die altersmässige Durchmischung des Publikums
festivalbedingt querbeet, setzten sich die heutigen wie zahlreich
erschienenen Besucher aus einem deutlich engeren, sprich älteren
Range zusammen. Will heissen, dass die australische Rock-Legende
heute Abend vor ihren wahren Fans aufspielen konnte. Da die letzte
offizielle Studio-Langrille «Blood Brothers» von 2007 stammt, stand
die laufende Tour unter dem Motto «Rock'n'Roll Outlaw 40th
Anniversary Tour». Gefeiert wurde somit das legendäre gleichnamige
Debüt-Werk von 1978, wo sich, wie bei einigen anderen Bands auch,
die Gelegenheit geboten hätte, das Album komplett durch zu spielen.
Von den ursprünglich zehn Songs wurden dann aber immerhin deren
sechs gespielt. Als Support für diese Tour wurden The Wild! aus
British Columbia verpflichtet, und die waren fast zu „wild“.
The Wild!
Nicht selten kann man sich weitgehend auf das äussere
Erscheinungsbild von MusikernInnen verlassen, um abschätzen können,
was sich einem bei einer Premiere wie dieser bieten wird. Dylan
Villain (lead guitar & vocals), The Kid (rhythm guitar), Lucas
'Boozus' (bass & vocals) und Reese Lightning (drums) vermittelten
beim Betreten der Bühne im Z7 optisch zumindest weigehend das, was
danach zelebriert wurde: „Rock’n’Roll“ in seiner Ur-Form! Die mit
dazu gehörende Biker-Attitüde liess dann ebenso nicht lange auf sich
warten, und so befanden sich The Wild! zumindest thematisch am genau
richtigen Ort. Was sich bei ihren Videos auf YouTube noch durchaus
vernünftig anhört, wurde auf der Bühne jedoch total überambitioniert
wiedergegeben. Frontmann Dylan Villain, grundsätzlich mit einer
coolen Reibeisenstimme ausgestattet, gab sich, zusammen mit seinen
drei Kumpels, mehr als „Wild!“, und das lief sich in der Folge
ziemlich rasch tot, sprich wirkte zumindest für meinen Geschmack zu
aufgesetzt. Das Freisetzen von Energie, wie man das zum Beispiel von
Airbourne her kennt, setzt schon am richtigen Ort an, aber bei The
Wild! sah wie hörte sich dies einfach unnatürlich an, respektive
aus. Darum verpuffte der zweifellos vorhandene Groove zu dieser
Mucke in Windeseile und liess mich total gelangweilt zurück. Der
direkte Gang hin zur Bar war die direkte Folge davon und meine
Wenigkeit verspürte wenig bis gar keine Lust mehr, sich dem
Geschehen auf der Bühne zu widmen. Die Akzeptanz beim Publikum
schien offensichtlich höher, wenn auch klar nicht ekstatisch zu
sein. Unter dem Strich schien ich jedoch nicht der Einzige zu sein,
der sich das Ende dieses insgesamt durchwachsenen Auftrittes
sehnlichst herbei sehnte.
Rose
Tattoo Der Headliner liess sich anschliessend nicht
lumpen und setzte zu einem erneuten Triumpf-Zug an. Damit ist
gemeint, dass das, was bereits am Sweden Rock auf der grossen
Festival Stage keine Schwächen demonstrierte, auch in der Halle
bestens funktionierte, wenn nicht noch besser. Angeführt durch
Frontmann Angry Anderson, das einzige noch verbliebene Ur-Mitglied
der australischen Rock-Ikonen, gab es eine Reise zurück zu den
Anfängen bis hin zum aktuellen Longplayer «Blood Brothers». Diese
beiden Alben und «Scarred For Live» (1982) bildeten die Essenz des
heutigen Konzertes. Der Opener «One Of The Boys», zu finden auf der
Debüt-Scheibe, setzte dann gleich mal die Duftmarke in Sachen
40-jährigem Jubiläum. Und sowas muss man zuerst einfach mal setzen
lassen! Hätte man Angry damals gesagt, dass er vier Dekaden später
mit „seiner Band“ immer noch Kult-Songs wie «Rock 'n' Roll Outlaw»
oder auch «Bad Boy For Love» vor ehrfürchtig geniessenden Fans
singen wird, hätte er wohl nur abschätzig gelacht. Obwohl zahlreiche
Weggefährten wie Peter Wells, Mick Cocks oder Ian Rilen leider schon
verstorben sind, ist der kleine glatzköpfige und üppig tätowierte
Mann mit seiner unverkennbaren Gesangsstimme immer noch auf zack.
Und dies, obwohl Angry während dem Auftritt eine ganze Pulle Rotwein
oder was in die Richtung (!) weg haute, und dabei, obwohl ordentlich
betankt, keinen Moment nicht Herr der Lage gewesen ist.
Vielmehr verinnerlichte er die Songs wie kaum ein anderer und legte
ein Maximum an Emotionen und Leidenschaft rein. Das begeisterte
Publikum frass ihm dabei locker aus der Hand. Die gegenseitige und
ansteckende Freude war deutlich spürbar und beflügelte auch die
Band, die seit 2017 gleich drei neue Mitstreiter in ihrer Mitte
aufweist. Das sind einmal Gitarrist Bob Spencer (The Angels) und
Drummer John "Watto" Watson. Der dritte Mann im Bunde heisst Mark
Evans, spielt Bass und gehörte bis 1977 zum Line-Up von…, richtig…,
AC/DC! Das bedeutete mitunter den Mann spielen zu sehen, der unter
anderem auch den Meilenstein «Let The Be Rock» eingespielt hat. So
gesehen mag man dies dem mittlerweile 62-jährigen Musiker
uneingeschränkt gönnen. Die Band Rose Tattoo, Ausgabe 2018, feierte
auf dieser Tour vor allem die glorreichen Momente einer
beispiellosen Karriere. Diese mag zwar und leider muss man sagen,
nicht von millionenschwerem Erfolg gekrönt worden sein, aber wer
nach so langer Zeit seine treuen alten wie neue Fans immer noch
bestens unterhalten kann, verdient vorbehaltlos grossen Respekt. Die
schweisstreibende Show musste, respektive wurde standesgemäss mit
dem Smasher «Nice Boys» beendet, und es bleibt schwer zu hoffen,
dass dies nicht der letzte Gig auf Schweizer Boden gewesen ist! Der
direkte Vergleich zur ohne Zweifel töften Show in Schweden fällt
jedoch eindeutig zugunsten der Schweiz aus! Tatts forever – forever
Tatts!!
Setliste: «One Of The Boys» - «Juice On The Loose» -
«Man About Town» - «Assault & Battery» - «Tramp» - «Rock 'n' Roll
Outlaw» - «The Butcher And Fast Eddy» - «Standover Man» - «Branded»
- «Black Eyed Bruiser» - «Once In A Lifetime» - «1854» - «Rock 'n'
Roll Is King» - «Scarred For Life» - «Bad Boy For Love» - «Astra
Wally» - «We Can't Be Beaten» - «Nice Boys».
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