Duplizität der Ereignisse! Eigentlich könnte ich an dieser
Stelle einfach einen Link zur Livereview vom 13.06.2018 platzieren,
noch ein paar aktuelle Fotos heraus suchen und das Ganze wäre
bereits erledigt. Wäre, denn obwohl das Billing heute Abend in der
Tat identisch aufläuft, gibt es innerhalb eines Jahres ein paar
Unterschiede zu verzeichnen. Zum einen spielten die "Tatts" heuer
nicht unmittelbar wieder am "Sweden Rock" Festival, dafür die
Support-Band The Wild! – Tja, so kanns gehen…, echt verrückt! Und
genau so kamen mir die Kanadier im Vorjahr rein…, völlig überdreht
und verrückt eben. Dieses negative Bild, das auch die Live-Rezi vom
Z7 runter zog, wandelte sich erfreulicherweise im hohen Norden oben.
Das ungestüme Element wurde zwar nach wie vor zelebriert, aber
deutlich kompakter auf die Bühnenbretter gelegt. Bei Rose Tattoo
entsteht jeweils auch eine ganze Menge Schweiss, doch ohne
vergleichsweise extreme physische Anstrengungen. Frontmann und
Band-Ikone Angry Anderson braucht für seine Show jeweils nur sein
Mikrophon und die obligate Pulle Gingerwein, die bereits beim
Betreten der Bühne nur noch etwa einen Viertel Inhalt vermittelte.
The Wild!
Wie im Vorwort bereits erwähnt, mussten sich die Canucks aus Kelowna
(British Columbia) meine Anerkennung hart erkämpfen. Der Knopf löste
sich für mein Empfinden am diesjährigen "Sweden Rock" Festival, wo
man von der Ausgangslage eines Freiluft-Events her die insgesamt
besseren Bedingungen vorfand, wie dem auch sei. Für heute Abend
wurden die Karten aber nochmals neu gemischt, und aufgrund der
Vorgeschichte vor Ort liess ich mich einfach mal überraschen. Die
wilde Attitüde, die allein schon der Bandname mit sich bringt,
obliegt vor allem Leadsänger Dylan Villain, der nebst seiner
überschäumenden Energie eh die geborene Rampensau verkörpert.
Flankiert wird er von The Kid an der Rhythmus-Gitarre, der für das
tägliche Herrichten seines schön gezwirbelten Schnauzes wohl länger
im Badzimmer steht als meine Wenigkeit. Auf der anderen Seite steht
mit Bassist Lucas 'Boozus' eine weitere coole Socke, dessen langer
Bart allerdings nicht ganz zur Gesamtoptik passt. Vervollständigt
wird das Quartett durch Drummer Crash Anderson, der dem wilden
Rock'n'Roll geschuldet mächtig Dampf hinter seinen Kesseln und
Cymbals
erzeugte.
Zusammen legten die Jungs einen wiederum beherzten Set hin und
spielten Songs aus ihren beiden bisherigen full length Alben
«GxDxWxB» (2015) und «Wild At Heart» (2017). Interessanterweise
wurde dem älteren Material im Verhältnis zwei zu eins mehr
Aufmerksamkeit geschenkt . Wie üblich, wenn einem etwas gefällt,
steht spätestens nach dem Konzert jeweils der Gang hin zum
Merchstand an, und da ich mir gleich beide Silberlinge zulegte, ist
das Fazit klar. The Wild! haben die Kohlen sprichwörtlich aus dem
Feuer geholt und mich doch noch überzeugt. Als Zückerchen oben drauf
feierte Drummer Crash am heutigen Abend noch seinen Geburtstag, zu
dem es hinter der Bühne wohl noch ein Stück Kuchen oder eher eine
zusätzliche Büchse Bier gab. Nach rund fünfzig Minuten
verabschiedeten sich die kanadischen Rock'n'Roller vom gut
aufgeheizten Publikum (etwa 300 Leute, vielleicht auch ein paar
mehr) und empfahlen sich für weitere Grosstaten.
Setliste:
«Roadhouse» - «Best In The West» - «Banger» - «Slow Burn» - «666» -
«What About You?» - «Straight To Hell» - «Ready To Roll» - «Party
Til You’re Dead».
Rose Tattoo Eigentlich
ist es ja schon ein Wunder, dass diese Band immer noch unterwegs
ist. Sie wird es hingegen unvermittelt nicht mehr sein, wenn
Frontmann Gary "Angry" Anderson, der übrigens um Mitternacht auf
seinen 72. Geburtstag anstossen konnte, dereinst mal den Löffel
abgibt. Das klingt jetzt womöglich etwas unflätig, aber es ist
anzunehmen, dass gewisse innere Organe des Australiers, namentlich
die Leber, das Leibgetränk in Form des Ginger Weins der Marke
"Stone's" nicht so lieben wie der
kleine Mann mit seiner unnachahmlichen Reibeisenstimme.
Nichtsdestotrotz kann die Rock-Ikone aus Down Under, sobald er auf
der Bühne steht, locker auf Betriebsmodus umstellen. Wo andere
kläglich scheitern würden, liefert Angry nach wie vor hochkarätig
ab. Begleitet von seinen aktuellen Bandmates, bestehend aus Dai
Pritchart (g), Bob Spencer (rhythm g), Mark Evans (b, Ex-AC/DC!) und
Jackie James Barnes (d), wurde der immer noch urwüchsige Sound nach
allen Regeln der Kunst zelebriert. Im Zentrum der erweiterten "40
Years Anniversary" Tour stand auch heuer das legendäre
selbstbetitelte Debüt von 1978. Nicht weniger als sieben von total
zehn Songs standen deshalb auch auf dieser Tour noch auf dem
Menüzettel. Das fing an mit dem Opener «Bad Boy For Love» und endete
mit dem Album Raus-schmeisser «Astra Wally» als letzte Zugabe.
Dazwischen performte die routinierte Live-Band praktisch nur
Hits und der Ginger Wein verdunstete dabei ziemlich rasch. Dass sich
dieser in reichlicher Form angesammelt hatte, führte wohl auch dazu,
dass Angry kaum bis gar nicht darauf reagierte, als er sich mit dem
Mic, nach einem unbeabsichtigten Schlag, eine sichtbar blutende
Wunde an seinem kahlen Kopf einfing. Mehrere
Blutrinnsale
liefen ihm quer über das Gesicht und sorgten für eine bizarre
Szenerie. Musikalisch litt nichts darunter, im Gegenteil. Während
der Leadsänger einmal mehr wieder alles gab, schwelgten die Fans auf
"Wolke Sieben" und genossen "pure Tatts" eben, rau, bluesy und
unverfälscht wie eh und je. Der Althit «Rock 'n' Roll Outlaw» liess
mich dann einmal mehr an die kultige Radio-Sendung «Musik aus
London» mit François "FM" Mürner erinnern, der diesen Ohrwurm vom
Debüt im Release-Jahr 1978 spielte, was auch schon eine ganze Weile
her ist. Nach dem obligaten Must-Track «Nice Boys (Don't Play Rock
'n' Roll)», zu dem das Z7-Publikum echt steil abging, war gemäss
Setliste Ende Gelände. Da die Zugaberufe aber nicht abebbten, gab es
mit dem zusätzlichen Klassiker «Astra Wally» nochmals ein letztes
fettes Pfund auf die Lauschklappen. Nach knappen 85 Minuten ging die
kultige Aussie-Sause viel zu schnell zu Ende und schrie schon nach
dem Ausklingen der letzten Töne nach einer möglichst baldigen
Wiederholung!
Setliste: «Bad Boy For Love» - «Scarred For
Life» - «One Of The Boys» - «Assault & Battery» - «Tramp» - «Rock
'n' Roll Outlaw» - «The Butcher And Fast Eddy» - «Once In A
Lifetime» - «Rock 'n' Roll Is King» - «Sweet Love» - «1854» - «Snow
Queen» - «We Can't Be Beaten» - «Nice Boys (Don't Play Rock 'n'
Roll)» - «Astra Wally (stand nicht auf der Setliste!).
|
|