Das letzte Schweizer Konzert von Royal Hunt fand bekanntlich am
5. Oktober 2005 im Rock-City in Uster statt und ist somit schon eine
ganze Weile her. In der Zwischenzeit bis heute ist, nebst dem neuen
Album «Collision Course», natürlich der schmerzliche Abgang von
Sänger John West ebenso erwähnenswert. Damit verlor nämlich die
«André Andersen Band» ein wichtiges und über mehrere Jahre prägendes
Mitglied, das den unvergesslichen D.C. Cooper (Silent Force)
effektiv best möglich ersetzen konnte. Sein Nachfolger Mark Boals
(Ring Of Fire) schien mir (und vielen anderen auch) nicht unbedingt
die richtige Antwort auf diese Vakanz zu sein. Doch man sollte nie
voreilige Schlüsse ziehen und darum war es legitim, ihm mindestens
eine faire Chance zu geben. Allerdings hinterliess der aktuelle
Tonträger zur Tour bereits erste Fragezeichen. Als Support waren die
Schweizer Power Metaller Godiva mit dabei, wo mit Aushilfsdrummer
Stefan Schwarzmann (zuletzt bei Krokus hinter den Kesseln) ein neues
wie bekanntes Gesicht die Arbeit des etatmässigen Schlagwerkers
Peter Gander verrichtete, der aufgrund von familiären
Verpflichtungen die Tour nicht bestreiten konnte. Wenig Lust auf
dieses ansich interessante Package hatte offensichtlich die Mehrheit
des Z7-Publikums, denn mit etwa 100 Nasen fiel der Zuspruch an
diesem Abend kläglich, ja einmal mehr enttäuschend aus.
Godiva
Die Schweizer Power Metaller mit Ex-Victory Sänger Fernando Garcia
am Mikro kamen deshalb wohl bewusst erst um 20.30 Uhr auf die Bühne,
aber das änderte nix daran, dass das Bild von der Bühne runter wohl
nicht wirklich Freude bereitete. Profis sollte das aber
grundsätzlich nicht kümmern und daran hielten sich auch Godiva, die
gleich wie ein D-Zug auf's Pedal («Pedal To The Metal» um es zu
präzisieren) drückten und agil los legten. In bester Primal Fear
Manier eröffnete mit «Destruction» gleich ein neuer Song den
Konzertabend, gefolgt vom eben genannten «Pedal To The Metal».
Spätestens bei «Proud To Be A Beast» war Schlagzeuger Stefan
Schwarzmann bereits pitschnass, da dieser die Felle (wie Pesche
Gander sonst ja auch) in seiner unnachahmlichen Art heftigst
bearbeitete. Die Saitenfraktion mit Sammy Lasagni (g), Steve
Papacharitos (g) und Mitch Koonz (b) legte sich derweil auch voll
rein und poste ohne Unterlass. Seltsam bedächtig und geradezu
gelangweilt präsentierte sich aber Fernando Garcia, der zeitweilig
wie gedankenverloren auf der Bühne rum stapfte, manchmal sich bloss
nur gerade wie auf einer Linie nach hinten und vorne bewegend. Die
Reaktionen der Fans fielen meist ähnlich verhalten aus. Obwohl die Musiker
während ihren 40 Support-Minuten instrumental unentwegt
powerten, verpuffte die Wirkung aufgrund der bloss ein paar Dutzend
Nasen vor der Bühne halt leider. Trotzdem bangten sich wenigstens
eine Handvoll unentwegter Metalheads ordentlich ihre Rüben ab, was
ja auch Sinn der Sache ist. Nichtsdestotrotz wurde die ursprüngliche
Setliste verkürzt, denn «My Fate» und «Bloody Sky» wurden
ausgelassen sowie der Schlusssong «Crawl In The Night» vorversetzt.
Unter dem Strich bestimmt keine schlechte Show, aber die Schweizer
gaben sich im Gesamten (bei mehr Publikum) schon frischer und das
Bon Jovi mässige Abklatschen der ersten Reihe à la 80er und die
überschwengliche Verabschiedung hinterliessen (zumindest bei mir)
einen eher schalen Nachgeschmack.
Setlist: «Intro/Destruction» - «Pedal To The Metal» - «Proud To Be A
Beast» - «Heavy Metal Thunder» - «Crawl In The Night» - «Call Me
Under 666» - «Let The Tanks Roll» - «Vicious Blade».
Royal Hunt
Auf diesen Auftritt war ich jetzt echt gespannt, denn meine Meinung
zu Mark Boals als Sänger bei Royal Hunt war aufgrund des neuen
Albums «Collision Course» vorerst mal gesetzt. Zudem sass nicht mehr
Kenneth Olson hinter dem Schlagzeug, sondern (wieder) Allan Sorensen.
Auch mit dabei war natürlich die bezaubernde Maria McTurk, die nicht
nur eine Augenweide ist, sondern wiederum auch für töfte Backing
Vocals sorgte. Den Anfang machte nach dem Intro der Opener «River Of
Pain», um gleich mal das «Paradox» Thema (der ersten Scheibe)
einzuführen. Ein auf der CD ansich total raumfüllender Song mit dem
typischen Keyboard-Bombast, der heute Abend jedoch nicht wirklich
greifbar war. Dazu eben die Stimme von Mark Boals, der, seiner
einstigen Haarpracht entledigt und mit Kopftuch sowie Sonnenbrille
bestückt auch optisch etwas neben den Schuhen stand. Was ich
befürchtet hatte, nahm darauf seinen Fortgang. Die Band spielte
viele ihrer alten Hits wie «Message To God», «Long Way Home» oder
«Time Will Tell». Bei keinem dieser
Classics kam wirklich Freude
auf, da der Sound für meine Begriffe, vor allem auf der Key-Seite
erstaunlicherweise viel zu dünn daher kam und Boals einige Male dazu
überging, markerschütternde Schreie einzubauen, die überhaupt nicht
passten. Die neuen Songs wie zum Beispiel «The First Rock», «Hostile
Breed» oder «Chaos A.C.» schnitten da aufgrund der selber
eingesungenen Gesangslinien zwar besser ab, aber man wurde
zwischendurch eher an Ripper Owens denn D.C. Cooper oder John West
erinnert. Maria McTurk trug derweil ihre Vocal-Parts sinnlich wie
dienlich, aber leider immer nur von der gleichen Stelle aus, neben
dem Chef (Andersen) stehend, vor. Gelegentliches Bewegen in Richtung
Bühnenrand hätte da nicht geschadet, wie dem auch sei. Über weite
Strecken tadellos präsentierten sich Gitarrist Marcus Jidell und die
Rhythm-Section mit Bassist Per Schelander und Drummer Allan Sorensen.
Tasten-Flitzer André Andersen war oft in diffuses, schwaches Licht
eingehüllt und kam deshalb nicht richtig zur Geltung. Insgesamt
gesehen war der Auftritt, inklusive ein paar Solo-Einlagen soweit
ganz in Ordnung, aber die Magie die diese Band einst mal
ausgestrahlt hat, ist spätestens mit dem Abgang von John West
einfach dahin. Im Vergleich mit dem Rock-City Gig vor etwa der
gleichen Anzahl Leute, konnte der heutige Auftritt jedoch eindeutig
nicht Schritt halten und zum Glück gibt es mit den beiden Live-Alben
«1996» (mit Cooper) und «2006» (mit West) zwei überzeugende
Tonträger-Alternativen für die kollektive Frustbewältigung.
Setlist: «Intro» - «River Of Pain» - «The First Rock» - «Message To
God» - «The Clan» - «Long Way Home» - «Hostile Breed» - «Time Will
Tell» - «Tears of The Sun» - «It's Over» - «Chaos A.C.» - «Game Of
Fear» - «The Mission» - «Never Give Up» - «Can't Let Go» - «Flight»
- «Cold City Lights» -- «Third Stage & Solos» - «Last Goodbye».
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