Livereview: Royal Hunt - Godiva
13. Mai 2008, Pratteln Z7
By Rockslave
Das letzte Schweizer Konzert von Royal Hunt fand bekanntlich am 5. Oktober 2005 im Rock-City in Uster statt und ist somit schon eine ganze Weile her. In der Zwischenzeit bis heute ist, nebst dem neuen Album «Collision Course», natürlich der schmerzliche Abgang von Sänger John West ebenso erwähnenswert. Damit verlor nämlich die «André Andersen Band» ein wichtiges und über mehrere Jahre prägendes Mitglied, das den unvergesslichen D.C. Cooper (Silent Force) effektiv best möglich ersetzen konnte. Sein Nachfolger Mark Boals (Ring Of Fire) schien mir (und vielen anderen auch) nicht unbedingt die richtige Antwort auf diese Vakanz zu sein. Doch man sollte nie voreilige Schlüsse ziehen und darum war es legitim, ihm mindestens eine faire Chance zu geben. Allerdings hinterliess der aktuelle Tonträger zur Tour bereits erste Fragezeichen. Als Support waren die Schweizer Power Metaller Godiva mit dabei, wo mit Aushilfsdrummer Stefan Schwarzmann (zuletzt bei Krokus hinter den Kesseln) ein neues wie bekanntes Gesicht die Arbeit des etatmässigen Schlagwerkers Peter Gander verrichtete, der aufgrund von familiären Verpflichtungen die Tour nicht bestreiten konnte. Wenig Lust auf dieses ansich interessante Package hatte offensichtlich die Mehrheit des Z7-Publikums, denn mit etwa 100 Nasen fiel der Zuspruch an diesem Abend kläglich, ja einmal mehr enttäuschend aus.

Godiva
Die Schweizer Power Metaller mit Ex-Victory Sänger Fernando Garcia am Mikro kamen deshalb wohl bewusst erst um 20.30 Uhr auf die Bühne, aber das änderte nix daran, dass das Bild von der Bühne runter wohl nicht wirklich Freude bereitete. Profis sollte das aber grundsätzlich nicht kümmern und daran hielten sich auch Godiva, die gleich wie ein D-Zug auf's Pedal («Pedal To The Metal» um es zu präzisieren) drückten und agil los legten. In bester Primal Fear Manier eröffnete mit «Destruction» gleich ein neuer Song den Konzertabend, gefolgt vom eben genannten «Pedal To The Metal». Spätestens bei «Proud To Be A Beast» war Schlagzeuger Stefan Schwarzmann bereits pitschnass, da dieser die Felle (wie Pesche Gander sonst ja auch) in seiner unnachahmlichen Art heftigst bearbeitete. Die Saitenfraktion mit Sammy Lasagni (g), Steve Papacharitos (g) und Mitch Koonz (b) legte sich derweil auch voll rein und poste ohne Unterlass. Seltsam bedächtig und geradezu gelangweilt präsentierte sich aber Fernando Garcia, der zeitweilig wie gedankenverloren auf der Bühne rum stapfte, manchmal sich bloss nur gerade wie auf einer Linie nach hinten und vorne bewegend. Die Reaktionen der Fans fielen meist ähnlich verhalten aus. Obwohl die Musiker während ihren 40 Support-Minuten instrumental unentwegt powerten, verpuffte die Wirkung aufgrund der bloss ein paar Dutzend Nasen vor der Bühne halt leider. Trotzdem bangten sich wenigstens eine Handvoll unentwegter Metalheads ordentlich ihre Rüben ab, was ja auch Sinn der Sache ist. Nichtsdestotrotz wurde die ursprüngliche Setliste verkürzt, denn «My Fate» und «Bloody Sky» wurden ausgelassen sowie der Schlusssong «Crawl In The Night» vorversetzt. Unter dem Strich bestimmt keine schlechte Show, aber die Schweizer gaben sich im Gesamten (bei mehr Publikum) schon frischer und das Bon Jovi mässige Abklatschen der ersten Reihe à la 80er und die überschwengliche Verabschiedung hinterliessen (zumindest bei mir) einen eher schalen Nachgeschmack.

Setlist: «Intro/Destruction» - «Pedal To The Metal» - «Proud To Be A Beast» - «Heavy Metal Thunder» - «Crawl In The Night» - «Call Me Under 666» - «Let The Tanks Roll» - «Vicious Blade».

Royal Hunt
Auf diesen Auftritt war ich jetzt echt gespannt, denn meine Meinung zu Mark Boals als Sänger bei Royal Hunt war aufgrund des neuen Albums «Collision Course» vorerst mal gesetzt. Zudem sass nicht mehr Kenneth Olson hinter dem Schlagzeug, sondern (wieder) Allan Sorensen. Auch mit dabei war natürlich die bezaubernde Maria McTurk, die nicht nur eine Augenweide ist, sondern wiederum auch für töfte Backing Vocals sorgte. Den Anfang machte nach dem Intro der Opener «River Of Pain», um gleich mal das «Paradox» Thema (der ersten Scheibe) einzuführen. Ein auf der CD ansich total raumfüllender Song mit dem typischen Keyboard-Bombast, der heute Abend jedoch nicht wirklich greifbar war. Dazu eben die Stimme von Mark Boals, der, seiner einstigen Haarpracht entledigt und mit Kopftuch sowie Sonnenbrille bestückt auch optisch etwas neben den Schuhen stand. Was ich befürchtet hatte, nahm darauf seinen Fortgang. Die Band spielte viele ihrer alten Hits wie «Message To God», «Long Way Home» oder «Time Will Tell». Bei keinem dieser Classics kam wirklich Freude auf, da der Sound für meine Begriffe, vor allem auf der Key-Seite erstaunlicherweise viel zu dünn daher kam und Boals einige Male dazu überging, markerschütternde Schreie einzubauen, die überhaupt nicht passten. Die neuen Songs wie zum Beispiel «The First Rock», «Hostile Breed» oder «Chaos A.C.» schnitten da aufgrund der selber eingesungenen Gesangslinien zwar besser ab, aber man wurde zwischendurch eher an Ripper Owens denn D.C. Cooper oder John West erinnert. Maria McTurk trug derweil ihre Vocal-Parts sinnlich wie dienlich, aber leider immer nur von der gleichen Stelle aus, neben dem Chef (Andersen) stehend, vor. Gelegentliches Bewegen in Richtung Bühnenrand hätte da nicht geschadet, wie dem auch sei. Über weite Strecken tadellos präsentierten sich Gitarrist Marcus Jidell und die Rhythm-Section mit Bassist Per Schelander und Drummer Allan Sorensen. Tasten-Flitzer André Andersen war oft in diffuses, schwaches Licht eingehüllt und kam deshalb nicht richtig zur Geltung. Insgesamt gesehen war der Auftritt, inklusive ein paar Solo-Einlagen soweit ganz in Ordnung, aber die Magie die diese Band einst mal ausgestrahlt hat, ist spätestens mit dem Abgang von John West einfach dahin. Im Vergleich mit dem Rock-City Gig vor etwa der gleichen Anzahl Leute, konnte der heutige Auftritt jedoch eindeutig nicht Schritt halten und zum Glück gibt es mit den beiden Live-Alben «1996» (mit Cooper) und «2006» (mit West) zwei überzeugende Tonträger-Alternativen für die kollektive Frustbewältigung.

Setlist: «Intro» - «River Of Pain» - «The First Rock» - «Message To God» - «The Clan» - «Long Way Home» - «Hostile Breed» - «Time Will Tell» - «Tears of The Sun» - «It's Over» - «Chaos A.C.» - «Game Of Fear» - «The Mission» - «Never Give Up» - «Can't Let Go» - «Flight» - «Cold City Lights» -- «Third Stage & Solos» - «Last Goodbye».