Livereview: Sabaton - Grave Digger - Powerwolf - Skull Fist
13. September 2011, Zürich – Volkshaus
By Roger W. (rog) & Kissi (kis) – Pics by Kissi & Roger (Pic Grave Digger by Rockslave)

Das Konzertbusiness ist hart umkämpft. Beinahe täglich hat man als Freund verzerrter Gitarrenmusik die Möglichkeit, grössere und kleinere Bands live zu erleben. Damit die Qual der Wahl zu ihren Gunsten ausfällt, entscheiden sich Labels, Veranstalter und Bands wieder vermehrt dazu, gemeinsam mit einem ganzen Reigen anderer passender Musikgruppen unter aussagekräftigem Banner auf Tour zu gehen.


„Power of Metal“, so nennt sich das jüngste solcher Tournee-Gespanne und nicht nur der Name, sondern auch das Billing versprach beim Halt im ziemlich vollen Zürcher Volkshaus eine ordentliche Portion klassischen Metals. Angeführt von den Helden der Stunde, den Schweden Sabaton und sekundiert vom alteingesessenen German-Metal-Clan Grave Digger bekam der Traditionalist was er erwartete: kräftige Metal-Riffs ohne Kinker-litzchen. Mit Powerwolf und Skull Fist bewies dabei auch die Vorhut einiges an Durchschlagskraft. (kis)

Skull Fist
Wenn eine Band auf den Namen Skull Fist hört, auf Fotos in Lederhosen posiert und den Titel ihres Debüt-Albums „Head Öf The Pack“, also mit „evil Umlaut“, schreibt, dann darf man sich auf traditionelle Hausmannskost freuen, trotzdem die Jungs gerade mal um die zwanzig sind. Oder auch weil das Quartett um Shouter und Gitarrist Jackie Slaughter noch so jung ist, ist Retro doch das Gebot der Stunde. So oder so, die Amis bewiesen sich als perfekte Opener, zockten eingängige Nummern irgendwo zwischen NWoBHM und US Metal wie etwa „Heavier than Metal“, „Ride the Beast“ oder „Commit to Rock“. Und wenn sie auch Geschmackssache ist, die hohe, etwas dünne Kopfstimme von Slaughter, so kann man ihm nicht absprechen, ein energie-geladener Fronter zu sein, der, genauso wie sein neuer Klampfenpartner Jonny Nesta, nicht nur auf dem Griffbrett herum zu turnen weiss. Posen über Posen = ganz klassisch. Soli über Soli = ganz klassisch. Skull Fist = ganz klassisch und ganz, ganz gut! (kis)


Powerwolf
Powerwolf überzeugten nach Skull Fist mit einem Headliner-würdigen Auftritt. Wie auf den Bandfotos düster gekleidet und kreidebleich geschminkt, stürmte das Quartett die Bühne. „Die, Die Dynamite“ vom neuen Album „Blood Of The Saints“ gab schon mal die Richtung vor: Klassischer Heavymetal mit augenzwinkernden Texten und einer Wahnsinns-energie. Dazu passte, dass Keyboarder Falk immer dann an die Bühnenkante stürmte, wenn er gerade nichts zu tun hatte. Hier animierte er das Publikum zum Mitmachen. Eine Aufgabe, die auch Sänger Attila Dorn in bester Manier erledigte. Der Rumäne proste mit dem Kelch, segnete das Volkshaus und bedankte sich immer wieder mit seinem typischen „Vieles Dankeschön“. Zusammen mit dem Back- und den beiden Sidedrops entstand so ein kompaktes Bild, welches von den herumwirbelnden Gitarren-Brüder Greywolf effizient ergänzt wurde. Das Publikum nahm das Gebote gerne an und feierte zu „Ressurrection by Errection, „Lupus Dei“ und „Dead Boy’s Don’t Cry“. Powerwolf bewiesen damit eindrücklich ihr Anspruch auf eine spätere Positionen im Billing. Die Show überzeugt, auch wenn mit überschwänglichen Chören ab Band für den ein oder anderen vielleicht etwas übertrieben wurde. (rog)

Grave Digger
Die Vorbands legen die Lattenhöhe vor, die Hauptbands sollten sie danach überspringen. Auch Grave Digger setzten nach der theatralischen Powerwolf-Messe auf Spektakel und begannen ihre Show im proppenvollen Volkshaus und vor eindrücklichem Backdrop mit Dudelsack-Klängen, gespielt von Keyboarder H.P. Katzenberg, natürlich im obligaten Reaper-Kostüm. Die Marschrichtung war damit vorgegeben: Kern der nicht ganz 60-minütigen Show bildeten Songs des Kult-Albums „Tunes Of War“ (1996) und seiner impliziten Fortsetzung „The Clans Will Rise Again“ (2011). So stieg man mit dessen Opener „Paid in Blood“ beherzt in die Metal-Schlacht, um mit „The Dark of the Sun“ gleich nachzuhauen. Dabei liess es das Quintett heftig rasseln, leider nicht nur im positiven Sinne. Vom Keyboard war nichts zu hören, dafür umso mehr von der verdammt stark verzerrten Gitarre. Bedient wird diese seit 2009 von Ex-Domain-Klampfer Axel Ritt und auch im Volkshaus wurde schnell klar, dass man seinem Vorgänger Manni Schmidt keine Träne nachzuweinen braucht, so spontan, locker und trotzdem tight kamen Riffs und Soli. Nur schade, dass Kopf und Herz der Grabschaufler, Chris Boltendahl, da weniger überzeugte. Zwar führte er wie gewohnt souverän und sympathisch durch Songs wie „Wedding Day“ oder „Hammer of the Scots“, erinnerte gesanglich aber eher an eine Schleifmaschine, denn an die Stimme, die teutonische Hymnen wie die zu einem Medley verbratenen „Twilight of the Gods“, „The Grave Dancer“ und „Circle of Witches“ eingesungen hatte. Vielleicht deswegen und wegen der immer noch steigerungsfähigen Agilität der Truppe brauchte es eine Weile, bis das Publikum dann zum glorreichen „Excalibur“ und dem starken neuen „Highland Farewell“ doch noch in wirkliche Feierlaune fand. So brauchte der Rittertrupp Grave Digger ein Weilchen bis zum vollen Galopp, doch den finalen Waffengang konnten Boltendahl und Co. mit „Rebellion (The Clans Are Marching)“ und dem immer funktionierenden „Heavy Metal Breakdown“ treffsicher für sich gewinnen. (kis)

Sabaton
Respekt vor den Schweden, die sich in den letzten Jahren kontinuierlich nach oben gespielt haben. Respekt aber auch vor dieser Band, welche nach wie vor sehr authentisch und ehrlich wirkt. Dies kommt vor allem dann zur Geltung, wenn sich Sänger Joakim Broden überschwänglich beim Publikum bedankt, oder seine Augen und Ohren nicht getrauen zu scheint, was da abgeht. Entweder ist der Mann ein verdammt guter Schauspieler, oder wirklich jedes Mal überwältigt. Bereits nach dem zweiten Song, beteuerte er, so früh i m Set noch nie so viele Hände oben gesehen zu haben. Das mächtige „The Wicked Dead“ wurde in die Meute geschmettert. „Screaming Eagle“ setzte einen drauf und die Band rastete zusammen mit dem Publikum aus. „Das ist unser zwölftes Konzert in der Schweiz!“, rief Broden und bereits das vierte innerhalb der letzten 12 Monate!“ Zu „Final Solution“ wurden die Feuerzeugen gezuckt, das dem sehr ernsten Lied eine gewisse Traurigkeit verpasste. Ganz anders dagegen „Swedish Pagan“ und „40/1“, die heroisch und mit „Ohoho“-Chören stoisch vor sich hin stampften. Wie immer war die Band topmotiviert, hatte aber diesmal an Stelle des kleinen Sabaton-Back-Dorps eine grosse Leinwand mit dem Coat Of Arms-Cover drauf. Den Titelsong des besagten Albums spielten die Schweden als erste Zugabe. „Primo Victorio“ holte schliesslich nochmals aus dem Publikum alles raus, worauf das spassige „Metal Reaper“ den Abend würdig abschlossen. Sabaton wurden ihrem Headliner-Status gerecht. Die Luft zu den andern Bands war allerdings dünn, zumindest was die Bühnenqualität und Spielfreude betrifft. Der Publikumszuspruch hingegen dürfte an diesem Abend bei sämtlichen Bands zugenommen haben. (rog)