Das Konzertbusiness ist hart umkämpft. Beinahe täglich hat man
als Freund verzerrter Gitarrenmusik die Möglichkeit, grössere und
kleinere Bands live zu erleben. Damit die Qual der Wahl zu ihren
Gunsten ausfällt, entscheiden sich Labels, Veranstalter und Bands
wieder vermehrt dazu, gemeinsam mit einem ganzen Reigen anderer
passender Musikgruppen unter aussagekräftigem Banner auf Tour zu
gehen.
„Power of Metal“, so nennt sich das jüngste solcher Tournee-Gespanne
und nicht nur der Name, sondern auch das Billing versprach beim Halt
im ziemlich vollen Zürcher Volkshaus eine ordentliche Portion
klassischen Metals. Angeführt von den Helden der Stunde, den
Schweden Sabaton und sekundiert vom alteingesessenen
German-Metal-Clan Grave Digger bekam der Traditionalist was er
erwartete: kräftige Metal-Riffs ohne Kinker-litzchen. Mit Powerwolf
und Skull Fist bewies dabei auch die Vorhut einiges an
Durchschlagskraft. (kis)
Skull Fist
Wenn eine Band auf den Namen Skull Fist hört, auf Fotos in
Lederhosen posiert und den Titel ihres Debüt-Albums „Head Öf The
Pack“, also mit „evil Umlaut“, schreibt, dann darf man sich auf
traditionelle Hausmannskost freuen, trotzdem die Jungs gerade mal um
die zwanzig sind. Oder auch weil das Quartett um Shouter und
Gitarrist Jackie
Slaughter noch so jung ist, ist Retro doch das
Gebot der Stunde. So oder so, die Amis bewiesen sich als perfekte
Opener, zockten eingängige Nummern irgendwo zwischen NWoBHM und US
Metal wie etwa „Heavier than Metal“, „Ride the Beast“ oder „Commit
to Rock“. Und wenn sie auch Geschmackssache ist, die hohe, etwas
dünne Kopfstimme von Slaughter, so kann man ihm nicht absprechen,
ein energie-geladener Fronter zu sein, der, genauso wie sein neuer
Klampfenpartner Jonny Nesta, nicht nur auf dem Griffbrett herum zu
turnen weiss. Posen über Posen = ganz klassisch. Soli über Soli =
ganz klassisch. Skull Fist = ganz klassisch und ganz, ganz gut!
(kis)
Powerwolf
Powerwolf überzeugten nach Skull Fist mit einem Headliner-würdigen
Auftritt. Wie auf den Bandfotos düster gekleidet und kreidebleich
geschminkt, stürmte das Quartett die Bühne. „Die, Die Dynamite“ vom
neuen Album „Blood Of The Saints“ gab schon mal die Richtung vor:
Klassischer Heavymetal mit augenzwinkernden Texten und einer
Wahnsinns-energie. Dazu passte, dass Keyboarder Falk immer dann an
die Bühnenkante stürmte, wenn er gerade nichts zu tun hatte. Hier
animierte er das Publikum zum Mitmachen. Eine Aufgabe, die auch
Sänger Attila Dorn in bester Manier erledigte. Der Rumäne proste mit
dem Kelch, segnete das Volkshaus und bedankte sich immer wieder mit
seinem typischen „Vieles Dankeschön“. Zusammen mit dem Back- und den
beiden Sidedrops entstand so ein kompaktes Bild, welches von den
herumwirbelnden Gitarren-Brüder Greywolf effizient ergänzt wurde.
Das Publikum nahm das Gebote gerne an und feierte zu „Ressurrection
by Errection, „Lupus Dei“ und „Dead Boy’s Don’t Cry“. Powerwolf
bewiesen damit eindrücklich ihr Anspruch auf eine spätere Positionen
im Billing. Die Show überzeugt, auch wenn mit überschwänglichen
Chören ab Band für den ein oder anderen vielleicht etwas übertrieben
wurde. (rog)
Grave Digger
Die Vorbands legen die Lattenhöhe vor, die Hauptbands sollten sie
danach überspringen. Auch Grave Digger setzten nach der
theatralischen Powerwolf-Messe auf Spektakel und begannen ihre Show
im proppenvollen Volkshaus und vor eindrücklichem Backdrop mit
Dudelsack-Klängen, gespielt von Keyboarder H.P. Katzenberg,
natürlich im obligaten Reaper-Kostüm. Die Marschrichtung war damit
vorgegeben: Kern der nicht ganz 60-minütigen Show bildeten Songs des
Kult-Albums „Tunes Of War“ (1996) und seiner impliziten Fortsetzung
„The
Clans Will Rise Again“ (2011). So stieg man mit dessen Opener „Paid
in Blood“ beherzt in die Metal-Schlacht, um mit „The Dark of the
Sun“ gleich nachzuhauen. Dabei liess es das Quintett heftig rasseln,
leider nicht nur im positiven Sinne. Vom Keyboard war nichts zu
hören, dafür umso mehr von der verdammt stark verzerrten Gitarre.
Bedient wird diese seit 2009 von Ex-Domain-Klampfer Axel Ritt und
auch im Volkshaus wurde schnell klar, dass man seinem Vorgänger
Manni Schmidt keine Träne nachzuweinen braucht, so spontan, locker
und trotzdem tight kamen Riffs und Soli. Nur schade, dass Kopf und
Herz der Grabschaufler, Chris Boltendahl, da weniger überzeugte.
Zwar führte er wie gewohnt souverän und sympathisch durch Songs wie
„Wedding Day“ oder „Hammer of the Scots“, erinnerte gesanglich aber
eher an eine Schleifmaschine, denn an die Stimme, die teutonische
Hymnen wie die zu einem Medley verbratenen „Twilight of the Gods“, „The
Grave Dancer“ und „Circle of Witches“ eingesungen hatte. Vielleicht
deswegen und wegen der immer noch steigerungsfähigen Agilität der
Truppe brauchte es eine Weile, bis das Publikum dann zum glorreichen
„Excalibur“ und dem starken neuen „Highland Farewell“ doch noch in
wirkliche Feierlaune fand. So brauchte der Rittertrupp Grave Digger
ein Weilchen bis zum vollen Galopp, doch den finalen Waffengang
konnten Boltendahl und Co. mit „Rebellion (The Clans Are Marching)“
und dem immer funktionierenden „Heavy Metal Breakdown“ treffsicher
für sich gewinnen. (kis)
Sabaton
Respekt vor den Schweden, die sich in den letzten Jahren
kontinuierlich nach oben gespielt haben. Respekt aber auch vor
dieser Band, welche nach wie vor sehr authentisch und ehrlich wirkt.
Dies kommt vor allem dann zur Geltung, wenn sich Sänger Joakim
Broden überschwänglich beim Publikum bedankt, oder seine Augen und
Ohren nicht getrauen zu scheint, was da abgeht. Entweder ist der
Mann ein verdammt guter Schauspieler, oder wirklich jedes Mal
überwältigt. Bereits nach dem zweiten Song, beteuerte er, so früh i
m Set noch nie so viele Hände oben gesehen zu haben. Das mächtige „The
Wicked Dead“ wurde in die Meute geschmettert. „Screaming Eagle“
setzte einen drauf und die Band rastete zusammen mit dem Publikum
aus. „Das ist unser zwölftes Konzert in der Schweiz!“, rief Broden
und bereits das vierte innerhalb der letzten 12 Monate!“ Zu „Final
Solution“ wurden die Feuerzeugen gezuckt, das dem sehr ernsten Lied
eine gewisse Traurigkeit verpasste. Ganz anders dagegen „Swedish
Pagan“ und „40/1“, die heroisch und mit „Ohoho“-Chören stoisch vor
sich hin stampften. Wie immer war die Band topmotiviert, hatte aber
diesmal an Stelle des kleinen Sabaton-Back-Dorps eine grosse
Leinwand mit dem Coat Of Arms-Cover drauf. Den Titelsong des
besagten Albums spielten die Schweden als erste Zugabe. „Primo
Victorio“ holte schliesslich nochmals aus dem Publikum alles raus,
worauf das spassige „Metal Reaper“ den Abend würdig abschlossen.
Sabaton wurden ihrem Headliner-Status gerecht. Die Luft zu den
andern Bands war allerdings dünn, zumindest was die Bühnenqualität
und Spielfreude betrifft. Der Publikumszuspruch hingegen dürfte an
diesem Abend bei sämtlichen Bands zugenommen haben. (rog)
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