Livereview: Sabaton - Wisdom

18. September 2012, Pratteln - Z7
By Roger W.
Es ist schon spannend, welche Entwicklung Sabaton in den letzten Jahren durchgemacht haben. Nicht was die Songs betrifft, die waren schon immer auf hohem Niveau, sondern vor allem vom Publikum her, welches immer zahlreicher wurde. Ebenfalls erstaunt es, dass sie den aktuellen Besetzungswechsel (minus 4, plus 3, das Keyboard wurde nicht mehr besetzt) unbeschadet überlebt haben. Sabaton sind so stark wie eh und je! Das beweist auch das neue Album «Carolus Rex». Die dazu gehörende Tour tingelt unter dem Banner der «Swedish Empire Tour» durch Europa und so nun auch ins Z7. Dabei musste das heimische Publikum einen kleinen Abstrich bei den Vorbands machen, denn Eluveitie, welche die Tournee ansonsten begleiten, waren im Z7 nicht vorgesehen. Eine zwiespältige Sache, die bei den einen Freude, bei anderen Ärger hervor rief. Mit Wisdom fand aber die andere Supportband den Weg ins Z7 und schien, ausser bei den Fotografen, auf allgemeine Zustimmung zu stossen.

Wisdom

Seit rund zehn Jahren rocken die ungarischen Power Metaller Wisdom. Schade, dass ihnen in dieser Zeit niemand erzählt hat, dass rotes Licht auf der Bühne zwar eine tolle böse Stimmung erzeugt, Fotokameras aber mühe damit haben und die Musiker deshalb in den Magazinen, Zeitungen und anderen werbewirksamen Kanälen unscharf erscheinen. Der Wisdomsche‘ Lichtmensch jedenfalls tauchte die Band während der ersten drei Liedern in duftes Rot. Also genau während den Songs, während denen die Fotoknipser in den Fotograben dürfen. Ob diesem negativen Eindruck reicher, war es danach ziemlich schwierig, Wisdom gut zu finden. Zumal sich ihre Lieder sehr rasch als filigraner, sehr melodienreicher Kindergarten Power Metal heraus stellten. Dieser klang irgendwie zwischen Durch-schnitt und gut, aber auf jeden Fall extrem austauschbar. Am Offensichtlichsten wurde dieses Manko im Songwriting, als der Sänger mit "Scream For Me Pratteln" das Iron Maiden-Cover «Wasted Years» einleitete. Zwischen Cover und eigenem Songwriting stehen Galaxien. Dafür überzeugten Wisdom mit einer tollen Bühnenpräsenz, welche den Abstand zur Eisernen Jungfrau wieder deutlich verringerte. Das Z7 schien allerdings meine Bedenken nicht zu teilen und feierte Wisdom kräftig ab. Einzelne nickten zwar «nur» freudig mit, aber immerhin. Wisdom punkteten an diesem Album, und ja, ich habe auch schon schlechtere Vorbands erleben müssen. Ein Kommentar eines Bekannten, der ebenfalls Freude an Wisdom hatte, brachte die Sache schliesslich auf den Punkt: «Die Band ist nett.» Noch Fragen?

Sabaton
Hatte ich nach Wisdom bereits Angst, langsam Heavy Metal-Müde zu werden, verwarf ich diesen Gedanken bei Sabaton schnell wieder, denn die Schweden spielen mindestens drei Liegen höher als die Ungarn. Hier stimmt das Songwriting, die Bühnenpräsenz, die Ansagen und auch die Songauswahl. Nach dem obligatorischen Intro ab Band von «The Final Countdown» legten Sabaton mit «Ghost Division» gleich druckvoll los. Die Band schien fast hyperaktiv vor Motivation und strahlte um die Wette. «Gott mit uns» schloss sich Stimmungsmässig nahtlos an und verwandelte das Z7 in einen grossen Tanzpalast. Doch bevor es weiter ging, verlangte Sänger Joakim Broden vom Publikum mit ihm den Refrain von «YMCA» zu singen. Die hart gesottenen Metalheads verstanden den Spass und machten bereitwillig mit. Ebenso verhielt es sich, als Broden zwei Songs zur Auswahl gab. "Wir haben viele E-Mails erhalten, die uns baten, auch einige Songs in Schwedisch zu singen", erklärte Broden, in Anspielung auf die Sonderversion vom neuen Album, welches passend zum Thema der Schwedischen Eroberungszüge zusätzlich zur englischen Version komplett mit Bezug zur Heimat eingesungen wurde. Heute gab es also «Carolean's Prayer» in der Muttersprache der Band. Das gefiel und könnte künftig durchaus ausgebaut werden! Ebenfalls spannend war, dass zum Smasher «40:1» plötzlich gepogt wurde. Ich warte jetzt gespannt auf das erste Sabaton-Konzert mit einer Wall Of Death und Circle Pits. Eher martialisch ging es auch während der Ansage zu, als Frontmann Joakim die Fans zum gemeinsamen Saufwettbewerb aufforderte. Den 3 dl-Becher mit Bier schaffte dann ein wackerer Metaller im Publikum in etwa 4.5 Sekunden - und musste sich damit aber um fast eine Sekunde dem schwedischen Sänger geschlagen geben. Als weiteres "Special" hatten Sabaton diesmal den etwas an Savatage (Achtung: Verwechslungsgefahr!) angelehnten Song «Next To You» dabei. Dabei betätigte sich der Sänger an den Keyboard-Tasten. Ohne bemerkbaren Zugabeblock gingen die 90 Minuten ziemlich rasant vorbei. «The Art Of War», «Primo Victoria» und «Metal Crüe» schlossen schliesslich ein Konzert, welches ruhig noch etwas länger hätte dauern können. Wir sehen uns wieder! Bestimmt!