Livereview: Sabaton - Delain - Battle Beast

15. Januar 2015, Pratteln – Z7
By Rockslave
 
Das einzig Positive an diesem Billing war (für mich) die Tatsache, dass bereits die beiden Support-Bands vor fast gefüllten Rängen aufspielen konnten! Sprich der Headliner interessierte mich nicht die Bohne, obwohl die Popularität von Sabaton auf einem sehr hohen Niveau ist. Das Package war insgesamt aber zu verlockend und Delain gehören ja seit einiger Zeit zu meinen erklärten Faves. Zudem wollte ich mir die erste Vorgruppe Battle Beast mit ihrer neuen Frontfrau Noora Louhimon nicht entgehen lassen. Ihre Vorgängerin Nitte Valo hatte ich 2012 live im Hallenstadion gesehen, wo Battle Beast als Support von Nightwish unterwegs und schlicht der Hammer waren! Nach dem Konzert gab es schon bald keine Tonträger mehr, sämtliche sich vor Ort befindenden CDs und LPs (wovon ich Glückspilz gerade noch eine abstauben konnte) waren nämlich ausverkauft! Der Wechsel von Nitte zu Noora hat die Finnen aber glücklicherweise nicht geschwächt, sondern eher noch gestärkt. Das ist gut so, denn sonst wäre diese tolle Truppe mit Sicherheit bald wieder von der Bildfläche verschwunden. Sabaton hingegen sind ein echtes Phänomen geworden, die ohne Zweifel präsenter denn je sind.


Battle Beast

Im Wissen darum, dass die erste Band bei Dreier-Packages in der Regel gerade mal eine halbe Stunde auf der Bühne stehen darf, trübte die Freude schon etwas auf den bevorstehenden Auftritt. Doch so sind nun mal die Regeln und dies führt gleichzeitig dazu, dass die meisten Gruppen das Beste daraus machen sowie versuchen, sich in der knapp bemessenen Zeit möglichst gut zu präsentieren. Battle Beast nahmen sich das offensichtlich zu Herzen und legten von der ersten Sekunde an voll los. Unterstützt durch die Optik, da Noora wie eine Amazone aussah und sich auch so gebärdete, entfaltete bereits der Opener «Far Far Away» vom neuen Album «Unholy Saviour» seine volle Wirkung. Ein echt geiler Kracher, der da losgetreten wurde und beim Refrain bereits mit Mitsingqualitäten glänzte, die aber leider zu früh kamen. Noch im Fotograben stehend dachte ich, wie hammergeil es jetzt wäre, wenn der Midtempo-Groover «Black Ninja» vom zweiten selbstbetitelten Album ebenfalls gespielt würde. Ehe ich meinen Gedanken fertig gesponnen hatte, kam er doch tatsächlich! Ein toller Song, der einem sofort im Ohr hängen bleibt und hierbei trotz der zwischenzeitlichen Manowar-Rhythmik keine Abstriche zu machen sind. Nach dem ziemlich rockigen Beginn folgte mit «Touch In The Night» die Disco-Nummer von «Unholy Saviour», die mit dem ausgeprägten 80er-Synthiesound bestimmt nicht allen Metalheads mundete. Mir dafür umso mehr und wenn sowas nicht Überhand nimmt, dann kann man das durchaus bringen, wobei ob das für eine halbstündige Show die richtige Entscheidung war? Das harte und schnelle «Madness» bügelte allfälligen Unmut darüber jedoch ziemlich schnell wieder aus. Mit «Iron Hand» wurde schliesslich auch noch das Debüt-Album «Steel» (2011) berücksichtigt. Wie erwartet, gingen die 30 Minütchen wie im Fluge vorbei und gemessen am Schlussapplaus hätten Battle Beast locker einen Headliner-Set hinlegen können. Interessant ist zudem, dass die Musik der Finnen teilweise genau wie die von Sabaton daher kommt, aber bei Letzteren ist einfach die ungenügende Gesangsstimme das grosse Problem, das ich nicht abschütteln kann.

Setliste: «Far Far Away» - «Black Ninja» - «Touch In The Night» - «Madness» - «Iron Hand» - «Out Of Control».


Delain
Als es mit Nightwish nach dem Trennungs-Debakel mit ihrer ehemaligen ersten Sängerin Tarja Turunen eine zeitlang eher bachab ging, sprangen mitunter Delain aus Holland in diese Lücke und überraschten mit sehr griffigem, melodischem Symphonic Gothic Metal. Aushängeschild ist bekanntlich die adrette, talentierte wie schön anzuschauende Frontfrau Charlotte Wessels, die nicht nur eine Hammerstimme hat, sondern sich, wie die ganze Band, stets fannah und bodenständig präsentiert. Kompositorisch durch den ehemaligen Within Temptation Keyboarder Martijn Westerholt gesegnet und durch die immer wieder mal unterstützende Hand von Nightwish Bassist Marco Hietala verstärkt, konnte sich die Band kontinuierlich weiter entwickeln. Selbst ein paar Wechsel des Line-Ups brachten Delain nicht vom Kurs ab und mit jedem weiteren Album seit dem starken Debüt «Lucidity» von 2006 wurde die Position in der Szene gestärkt. Da der etatmässige Gitarrist Timo Somers anfangs Jahr projektbedingt abkömmlich war, sprang für ihn die Gitarristin Merel Bechtold (aktuell bei The Gentle Storm) ein. Und diese schmächtige junge Lady, von der ich zuvor noch nie was gehört hatte, brachte sich heute Abend mit ihrem posenreichen Spiel weit mehr als nur blosser Ersatz für Timo ein!

Das war dann wieder der Moment, wo ich vorbehaltlos wie generell den Hut vor Profimusikern wie Merel ziehe und einfach nur Bauklötze staune, wie man sich innert so kurzer Zeit in das Material einer sonst „fremden Band“ einarbeiten kann. Der zweiten Support-Band des Abends stand eine Dreiviertelstunde zur Verfügung, die mit dem Opener «Mother Machine» vom Vorgänger-Album «We Are The Others» ihren Auftakt nahm. Charlotte Wessels zeigte sich dabei kleidungsmässig ordentlich sexy und trug ihr wallendes Haar offen, was ihr natürlich perfekt zu Gesicht stand. Auch der zweite Song «Get The Devil Out Of Me» war noch kein Neuer, der folgte erst danach mit «Army Of Dolls» und reihte sich als weiterer Earcatcher der Extraklasse in den Backkatalog ein. Vieles erinnert von der Härte her (wieder) an die (aktuellen) Nightwish, dezente aber stets songdienliche Synthie- wie Pianosounds bereichern das melodische Klangbild, das von der wunderbaren Gesangsstimme Charlotte Wessels optimal getragen wird. Within Temptation, Epica oder Edenbridge…, sie alle beherrschen ihr Handwerk, aber von der Qualität der Songs her stehen Delain der Szenegrösse Nightwish klar am nächsten und man darf gespannt sein, was die Niederländer in den kommenden Jahren noch veröffentlichen werden. Im Herbst steht auf jeden Fall noch eine Headliner-Tour (zusammen mit The Gentle Storm) an, wo man die heutige Aushilfe in der Person der echt überzeugenden Merel Bechtold ebenso wieder antreffen wird. Als letzter Song zeigte «We Are The Others» nochmals unmissverständlich auf, wie sich ein Ohrwurm anhört, der einem sofort in Erinnerung bleibt, sobald man ihn einmal gehört hat.

Setliste: «Mother Machine» - «Get The Devil Out Of Me» - «Army Of Dolls» - «Go Away» - «Pristine» - «Not Enough» - «The Gathering» - «Tell Me» - «Mechanist» - «We Are The Others».


Sabaton
Eigentlich war ich ja nahe dran, meine Zelte für heute Abend vorzeitig abzubrechen und umgehend den Heimweg anzutreten, bevor der heutige Headliner auf die Bühne stieg. Im Sinne einer vollständigen Berichterstattung und der wirklich echten Neugier, was heute Abend im ausverkauften Z7 abgehen wird, blieb ich trotzdem in der Halle. Ich gebe es unumwunden zu und stehe auch dazu: Ich mag Sabaton nicht, basta! Allerdings konnte auch ich mich der drückenden Präsenz der Schweden nicht entziehen, die zum Beispiel das mit Abstand grösste Merchandising-Angebot einer einzelnen Band aufgefahren haben, das meines Wissens je im Z7 feilgeboten wurde. Das wirkte nicht nur optisch, sondern das ist wirklich beeindruckend! Nicht minder gewaltig fahren Bilder des Woodstock-Festivals in Polen von 2012 ein, wo Sabaton je nach Einschätzung vor 400‘000 bis 600‘000 Fans für unglaubliche Reaktionen sorgten. Alles gut und recht sowie fest mit der Absicht verbunden, niemandem in irgendeiner Form vor den Kopf stossen zu wollen. Der Bühnenaufbau von heute Abend sah zusammen mit der Panzerattrappe als Drumriser für Schlagzeuger Hannes Van Dahl auf jeden Fall hammermässig aus und passte perfekt zur Grundthematik der Sabaton-Songs.

Ein paar Minuten vor 21.30 Uhr war es dann soweit! Das mittlerweile etablierte «The Final Countdown» der Landeskollegen von Europe startete so zu sagen als „Vor-Intro“ und die Halle stand jetzt schon fast Kopf! Die Spannung stieg während dem richtigen Intro «The March To War» selbst im Fotograben stehend spürbar an und gelangte mit dem Smasher «Ghost Division» von Null auf Hundert innert weniger Sekunden! Sänger Joakim Brodén, natürlich wieder in seiner „Rüstung“ steckend, machte von Anfang Dampf und feuerte die Fans an, die sogleich darauf einstiegen und mit der Humppa-Nummer «To Hell And Back» umgehend in den Jump-Modus wechselten. Dazu wurde (leider nur ab Band) ziemlich nölender Synthie-Sound unter den sonst mehrheitlich ordentlichen Sound gepresst. Und so nahm das Metal-Fest seinen voraussehbaren Gang mit einer Kriegshymne nach der anderen. Vielen Sabaton-Fans dürften die Texte aber ziemlich am Arsch vorbei gehen und erfreuen sich stattdessen am kollektiven Erlebnis eines ausverkauften Konzertes. Schon bald fingen dann auch die mittlerweile ausgelutschten „Noch ein Bier!“-Rufe an, die, wenn sie einmal losgetreten waren, kaum mehr abebbten. Joakim bewies dabei seine offensichtliche Trinkfertigkeit, als er mit einem Fan um die Wette trank und prompt gewann. Na ja…, wenn es denn sein muss. «The Art Of War» als Midtempo-Song war ganz ok, aber mit Brodéns Gesang kann ich einfach nichts anfangen und darum verschob ich mich bald einmal in Richtung Bar, um das Geschehen aus der „sicheren Distanz“ weiter zu verfolgen. Die total ergebenen Fans hatten derweil eine ziemlich gute Zeit und zusammen mit ihren Helden gaben sie alles. Was bei der ganzen Fröhlichkeit und lyrischen Kriegshelden-Verehrung, wie zum Beispiel bei «Soldier Of 3 Armies» und angesichts des aktuellen Weltgeschehens halt schon etwas hinterfragungswürdig ist, scheint überhaupt niemand zu interessieren. Fakt ist, dass die Schweden im Moment schwer angesagt sind und dem Z7 darum im Sommer nochmals mit einem eigenen Festival ihre Aufwartung machen werden. Ich werde an diesem Tag mit absoluter Sicherheit nicht zugegen sein und wünsche jedoch allen Sabaton-Fans jetzt schon einen weiteren begeisternden Konzertabend mit ihren Lieblingen!

Setliste: «The Final Countdown (Europe Song)» - «The March To War (Intro)» - «Ghost Division» - «To Hell And Back» - «Carolus Rex» - «40:1» - «Gott mit uns» - «The Art Of War» - «7734» - «Soldier Of 3 Armies» - «Resist And Bite» - «White Death» - «Far From The Fame» - «Swedish Pagans» - «The Lion From The North» -- «Night Witches» - «Primo Victoria» - «Metal Crüe» - «Dead Soldier's Waltz / Masters Of The World (Outro)».