Livereview: Sabaton - Apocalyptica - Amaranthe

17. Januar 2020, Zürich – Hallenstadion
By Monika M. - Pics by Kaufi

Der grosse Erfolg des Konzeptalbums «The Great War» liess in mir einige Erwartungen an die dazugehörende Tour aufsteigen. Die Swedish War Machine Sabaton, welche ich noch in kleineren Clubs erleben durfte, hat es ins Hallenstadion geschafft. Das ist eine Leistung! Mit im Gepäck eine neue Show, die Überraschungen verspricht und zwei grosse Namen als Mitreisende. Der Start der "Great Tour" findet also bei uns in der Schweiz statt. Als wäre dies nicht ein weiterer Grund, nach Zürich zu pilgern. Bereits um acht Uhr Morgens ist schon die erste Person am Anstehen (ich war nicht so früh, auch wenn man es kaum glaubt). Sabaton haben eine gigantische Grösse erreicht, war im Jahr 2019 auch sichtbar bei den Festival-Headlinern. Doch das ist "The Great Tour", ich bin also voller Hoffnungen und Erwartungen an die Setliste und das Bühnendesign. Diesmal bin ich auch nicht als Fotografin / Journalistin mit dabei, sondern ganz normal im Publikum, um die volle Show wie ein Fan geniessen zu können.

Amaranthe

Wie üblich, beginnt der Abend mit einer Support-Band. Leider ist es für mich persönlich ein Fehlgriff. Die zwar erfolgreiche Band aus Göteborg ist ganz und gar nicht mein Fall, und so leid es mir tut, es freut mich zu sehen, dass ich nicht die einzige in meiner Gruppe bin, die sich nicht über diesen Opener freut. Amaranthe vermischen gekonnt Metal mit Pop und elektronischer Musik. So weit, so gut. Die Mischung ist interessant, und da ich zugegebenermassen gewisse Richtungen der elektronischen Musik gerne höre, müsste mir die Band eigentlich gefallen. Wie bereits in meiner Greenfield-Review erwähnt, kann ich mich aber leider nicht mit der Bühnenpräsenz der Band und ganz besonders der des Frontmädchens Elize Ryd anfreunden. Ganz in Popstarmanier tänzelnd und zu sexy für ihr Können gekleidet, hinterlässt auch diese Show bei mir einen etwas faden Beigeschmack. Die musikalische Ausbildung Elizes kommt bei der Amaranthe-Show leider nicht zur Geltung, und teils dünkt es mich, dass sie die Töne nicht trifft. Hingegen überzeugen die beiden männlichen Sänger Henrik Englund Wilhelmsson und Nils Molin, sodass das Gesamterlebnis ein Wenig gerettet werden kann. Rein musikalisch habe ich nichts auszusetzen, wobei die starke Vermischung mit Pop und Elektro durchaus ermüden kann. Fairerweise möchte ich aber sagen, dass mir die Show im Hallenstadion jetzt schon um Einiges besser gefallen hat als die am Greenfield, was doch schon ein Fortschritt ist. Nichtsdestotrotz bleibe ich bei meiner Meinung, dass Elizes Popstargehabe die Band für mich persönlich ruiniert. Mit einer weniger prinzessinenhaften Frontfrau könnte sich meine Meinung durchaus ändern. Wenn ich ein Popkonzert sehen will, schaue ich mir lieber etwas Anderes an. Für mich ist die Show daher leider durchgefallen. Leicht irritierend ist zudem die Bühnendeko, welche bereits für Sabaton aufgestellt ist. Der Schützengraben, welcher seit der Festivaltour 2019 fester Bestandteil der Sabaton-Show ist, passt irgendwie nicht. Es macht aber aus logistischen Gründen Sinn, diesen schon bereit zu halten.


Apocalyptica
Die finnischen Cellorocker, welche erst vor ein paar Tagen ein fantastisches Instrumentalalbum raus gebracht haben (siehe Januar-Ausgabe der Musik-Reviews), eröffnen ihre Show mit gleich zwei Songs, welche mich sofort verzaubern. Zu meinem grossen Erstaunen hält sich die Begeisterung des Publikums in Grenzen. Während bei Amaranthe, die sich scheinbar der grösseren Beliebtheit erfreuen, die Köpfe geschüttelt wurden (wieso auch immer) und die Laune des Publikums doch recht gut war, scheint die Apocalyptica-Darbietung für viele ein Dämpfer zu sein. Für mich völlig unverständlich, scheint die Crowd ja geradezu gelangweilt zu sein. Ein wenig Hoffnung liegt in der Front Row, die etwas mitklatscht und wenn nicht aus Interesse, zumindest aus Anstand jubelt. Der wohl bekannteste Song der Finnen ist «I Don't Care», und für diesen gibts einen Spezialgast: Elize Ryd. Für mich persönlich ist dies wiederum ein Dämpfer, doch ich werde überrascht, wie gut sie ihre gesanglichen Fähigkeiten nun ausschöpft. Würde sie bei Amaranthe solche Gesangstechniken anwenden, hätte ich eine viel positivere Meinung über die Band. Nun gut, kannst nichts tun. Das Publikum freut sich (wobei es wohl an den Männern liegen dürfte, die sie hübsch finden - wenigstens geben es viele ehrlich zu). Als Nächstes gibts ein Rammstein-Cover auf Cello. Leider aber ein sehr langweiliges Lied und wieder zusammen mit Elize Ryd. Positiv überrascht bin ich aber von ihrer guten Aussprache in Deutsch, und wieder zeigt sie, dass sie eigentlich singen könnte. Amaranthe sind wohl ein Missverständnis, denn mit den von ihr präsentierten Fertigkeiten bei dieser Performance beweist sie, dass Symphonic Metal eher ihre Schiene wäre. Elize singt sehr hoch und an Oper angelehnt, so klingt selbst der für mich sonst zu überspringende Song «Seemann» sehr interessant. Ich muss Amaranthe wohl eine Teil-Entschuldigung zusprechen. Die Finnen fahren die Show fort mit etwas Klassik, Metallica und sogar AC/DC, alles auf dem akustischen Cello. Ist wohl gewöhnungsbedürftig für Einige. Die Herren genossen ihre musikalische Ausbildung am Konservatorium, die Verbindung des klassischen Instruments mit Metal ist daher speziell - normalerweise sieht man höchstens Geigen oder ein paar Ausnahmen. Auch bei Apocalyptica irritiert der Sabaton-Schützengraben etwas. Die Zeit verfliegt schnell, denn die Show macht Spass und ist etwas Besonderes. Als krönenden Abschluss gibts Metallicas «Nothing Else Matters» zu hören. Dann geht der Banner wieder hoch und es wird für Sabaton umgebaut.


Sabaton
Orchestral arrangierte Versionen von Sabaton-Songs werden dezent im Hintergrund abgespielt und steigern die Erwartung. Ich kenne es zwar schon von den Festival Shows her, als letztes Instrumental gibts die orchestrale Version von «Ghost Division», welche immer noch der ultimative Opening-Song zu sein scheint. Die Band ist voller Energie und höllisch gut gelaunt, von der ersten Sekunde an scheint die Atmosphäre zu explodieren. Alles singt mit und die Party steigt, bevor sie überhaupt entwickelt ist. Joakim Brodén macht wie gewohnt ein paar Bemerkungen, und es scheint sehr ehrlich wenn er darüber spricht, wie sehr er sich freut, wieder in der Schweiz zu sein. Gleich drei Songs nacheinander sind vom neuen Album: «Great War», «The Attack Of The Dead Men» (mit fabelhafter, giftgrüner Beleuchtung und Joakim in Gasmaske und Mantel, wie es scheint mit eingebautem Mikro und Band Kollegen an den Vocals) und «Seven Pillars Of Wisdom», wohl einem der meist abgefeiertsten Songs des letzten Longplayers. Ein kurzer Abstecher zurück zum Vorgängeralbum, um dann mit einer Hammondorgel auf der Bühne, natürlich als rotes Propellerflugzeug designt und passend zu «The Red Baron», gespielt zu werden. Der Pianist ist mir aber leider nicht bekannt, da er Pilotenmütze wie Brille trug und sein Gesicht von meinem Winkel aus nicht gross zu erkennen war. Wie zu erwarten war, haben Sabaton jemand auf die Bühne eingeladen. Apocalyptica veröffentlichten letztes Jahr ja ihre eigene Version von «Field Of Verdun», noch bevor die Sabaton-Single raus war und erst relativ vor Kurzem gabs ein neues Arrangement von «Angels Calling» (Attero Dominatus Album). Dieses hört sich live einfach majestätisch an und gefolgt von einem Arrangement von «Fields Of Verdun» geben die Finnen zusammen mit den Schweden auch bei drei weiteren Songs ordentlich Gas.

Es ist unglaublich, dies live mitzuerleben und für mich persönlich gesprochen,könnte ich mich daran gewöhnen. Die zwei Bands präsentieren sich einfach nur geil, wenn sie zusammen auf der Bühne spielen und sie passen perfekt zusammen, als wären sie schon seit Jahren dieselbe Band. Selbstver-ständlich erhoffe ich mir daher noch mehr Kooperationen und Arrange-ments. Beim Encore gehts zurück zu zwei alten Klassikern und «Bismarck». Für mich fühlt sich die Setliste mehrheitlich wie die der Festival-saison an, und die Show wirkt ebenso durchgetaktet. Nur noch wenig Herumblödeln auf der Bühne, was der Band natürlich mehr Zeit zum Spielen lässt, aber für mich, die Sabaton eigentlich am liebsten in Club-Grösse hatte, fehlen die dämlichen Witze. Diese waren schon immer ein Teil der Sabaton-Gigs für mich. Obschon ich den Jungs den Erfolg von Herzen gönnen mag, so finde ich, sind sie einen Tacken zu gross geworden. Eine richtige Konzertmaschine. Nichtsdestotrotz spüre ich, dass sie so weit es geht auf dem Boden geblieben sind (die gestiegenen Merchandise-Preise dürften dem zwar etwas widersprechen). Generell sind mir aber der grosse Verbrauch an Pyrotechnik und auch die stylisch eingerichtete Bühne aufgefallen, die bereits seit letztem Jahr so aufgestellt wird. Das Schlagzeug-Bühne links, Crew in Kostümen und grosser Aufwand bei der Gestaltung der kleinen Details. Den Fans gefällts, der Band scheinbar auch. Der Tourstart scheint mehr als erfolgreich. Die Massstäbe sind aber enorm hoch angesetzt, und für folgende Tourneen müsste sich die Band ja wieder etwas komplett Neues einfallen lassen. Nun, sehen wir mal. Ich bin begeistert, und dem Jubeln der Menge nach zu urteilen, diese ebenfalls.

Setliste: Ghost Division Instrumental Intro (Audio) - Ghost Division - Great War - The Attack Of The Dead Men - Seven Pillars Of Wisdom - Diary Of An Unknown Soldier (Audio) - The Lost Battalion - The Red Baron - The Last Stand - 82nd All The Way - Night Witches

With Apocalyptica: Angels Calling - Fields Of Verdun - The Price Of A Mile - The Lion From The North (mit Intro) - Carolus Rex

Encores: Primo Victoria - Bismarck - Swedish Pagans - To Hell And Back - Dead Soldier's Waltz - Masters Of The World