Saga gehörten klar auch zu den Bands, die ein fester Bestandteil
meiner Jugendzeit in Sachen Musik waren. Unvergessen zum Beispiel
der Auftritt im Zürcher Hallenstadion im Jahre 1986. Damals
vermochte man die Bude noch locker zu füllen, was in den späteren
Jahren so nicht mehr gelang. Dennoch blieb immer eine treue Fanbase
übrig und die dürfte ob der Ankündigung von Sänger Michael Sadler,
dass er nach 30 Jahren im Musik-Zirkus aufhört und bei Saga
freiwillig aussteigt, ziemlich betrübt sein. Auf der einen Seite
kann man das jedoch gut verstehen, denn etlichen gealterten Musikern
ist vielfach die ewige, aber zwangläufig notwendige Reiserei ein
Gräuel geworden. Darum war der heutige Abend für Schweizer (und
einige aus dem Ausland angereiste) Saga Fans nicht einfach ein
normales Konzert, sondern das Abschiednehmen von ihren Idolen, die
sie so wahrscheinlich nie wieder sehen werden. Wirklich nicht?
Nun..., bei Led Zeppelin hiess es 1980 ja auch, dass es niemals mehr
eine Reunion geben wird! Tja..., heute sind wir bekanntlich etwas
gescheiter. Trotzdem dürfte sich der charismatische Frontmann der
kanadischen Kult-Truppe vorerst sicher mal aus dem Rampenlicht
zurück ziehen. Bevor es jedoch soweit war, fand am späteren
Nachmittag im dafür extra geöffneten Mediamarkt in der Nähe vom Z7
erstmal eine Autogramm-Stunde mit der ganzen Band statt. Eine letzte
Gelegenheit also, mit seinen Helden nochmals auf Tuchfühlung gehen
zu können. Gleiches galt für das Konzert am Abend, das natürlich mit
Spannung erwartet wurde, weil es nicht so klar war, wie die Setliste
aussehen würde. Nebst ein paar neuen Songs des guten Studio-Albums
"10'000 Days", würde der Set aber mit Sicherheit aus mehreren
Classics bestehen. Bevor Saga in der jetzigen Formation unweigerlich
ihrem letzten Auftritt auf Schweizer Boden entgegen sahen, kam mit
The Urge zuerst eine junge, britische Band zu ihrem allerersten
Gastspiel bei uns!
The Urge
Wenn man hier zu Lande ein noch völlig unbeschriebenes Blatt ist,
weiss man als Zuschauer nicht, ob jetzt schon Musiker auf der Bühne
stehen, oder noch die Roadies Hand anlegen. Dabei war wohl keinem
(nicht mal mir!) bewusst, dass bei The Urge dennoch ein berühmter
Name im Lineup steht/stand: Nämlich Gitarrist John Miles Jr.! Na?
klingelts schon? Bei den jüngeren Besuchern
sicher nicht, aber es gibt wohl kaum jemand, der nicht schon mal den
Jahrhundert-Song "Music" im Radio gehört hat! Und wer ist da nun der
Interpret? Richtig..., ein gewisser John Miles, der nichts anderes
als der Daddy seines gleichnamigen Sprösslings ist und schon 1966
eine Band namens The Urge ins Leben gerufen hatte. Nun trat also der
Sohn inklusive Bandname in die Fussstapfen seines Vaters. Die
Youngsters stammen aus Newcastle und auf der offiziellen Homepage
steht folgendes Statement von Mr. Miles Jr.: "Wir lieben Rock-Musik!
Wir wollen nicht einfach nur Krach machen, sondern auch gute Songs
mit starken Melodien schreiben." Und das bekam man dann auch
entsprechend vorgeführt. Sänger/Gitarrist Jonathan "Jonny" Boyle
hörte sich dabei zeitweilen mit seiner etwas rauen Stimme wie
Altmeister Rod Stewart an. Musikalisch sind die Wurzeln von The Urge
gemäss eigener Definition jedoch bei Led Zeppelin, den Rolling
Stones und AC/DC angesiedelt! Mit Letzteren, genauer Sänger Brian
Johnson, der, wie könnte es auch anders sein, auch aus dieser Ecke,
das heisst Dunston/Newcastle stammt, besteht ein regelmässiger
Kontakt, der zur Zusammenarbeit beim Song "Blue Steel" geführt hat.
Davon hört man heute Abend grundsätzlich aber nicht so viel, obwohl
die Songs soweit gut grooven und technisch ohne jeden Makel gespielt
werden. Das anwesende Publikum taute während den obligaten 45
Support-Minuten immer mehr auf und spendete Applaus mit
Aufwärtstrend. Meine Ohren hörten dann und wann auch purple'sche
Fragmente heraus, sowie UFO oder die alten Whitesnake. Alles very "british"
halt..., aber trotz den stimmlichen Qualitäten von Mr. Boyle fehlten
einfach die Killer-Songs, die übrigens alle auf "Lunch At The Lady
Garden" (2007) zu finden sind. Mit der Zeit klang Vieles irgendwie
gleich..., das heisst durchaus gutes Songwriting, aber keine Hits.
Vielleicht wird einer auf dem kommenden Album des nächsten Jahres
stehen! Das Potenzial ist auf jeden Fall da..., ob mit oder ohne
"Music" von John Miles Senior!
Setlist: "Come Back To You" - "Better Off Without" - "Where Do We Go
From?" - "She Made Me Do It" - "Forever And A Day" - "Revolution" -
"Lonely Road" - "Blue Steel".
Saga
Die Daten der letzten Konzerte mit Ur-Sänger Michael Sänger waren
bereits im Sommer bekannt. Darum musste man flugs den Rotstift
bereit halten und sich dieses Datum fett im Kalender anstreichen.
Das zeigte Wirkung, denn ein Blick in die heute Abend anwesende
Besuchermasse liess unschwer erkennen, dass das Z7 mehr oder weniger
ausverkauft war. Etwa 1300 Tickets im
Vorverkauf
sprechen da eine deutliche Sprache. Interessanterweise hatte es
nebst den älteren Semestern auch auffallend viele jüngere Fans im
Publikum. Da konnte auch der vor dem Konzert wütende Sturm draussen
nichts dagegen ausrichten. Ein weiteres gutes Zeichen also,
mindestens was den künftigen Absatz von Saga-Tonträgern angeht...,
vielleicht! Als Michael Sadler und seine Kollegen mit tosendem
Applaus auf der Bühne empfangen wurden, folgte nach dem Intro mit "The
Interview" gleich ein Relikt aus den seligen 80ern und katapultierte
einen mit nostalgischer Wehmut zurück in die erfolgreiche Zeit der
kanadischen Neo-Progger. Michael Sadler sah man seine mittlerweile
53 Jahre kaum bis gar nicht an. Schlank, rank und drahtig wie ein
Adonis stand er da und sang wie der Herrgott, motiviert bis in die
Fingerspitzen. Einzig die nun ganz fehlenden Haare vermittelten ein
etwas anderes Bild als früher, aber man sollte es wirklich nicht für
möglich halten, ihn so nie (?) mehr erleben zu können. Darauf folgte
"That's As Far As I'll Go" vom letztjährigen Album "Trust", ehe "You're
Not Alone" die Zeitmaschine mit fettem Sound und stimmigem Licht
wieder in Betrieb setzte. Dabei kam, wie überhaupt zum Ausdruck, wie
hart eigentlich Gitarrist Ian Crichton sein Instrument mitunter
erklingen lässt. Warum dieser aber während des ganzen Konzertes über
mehr oder weniger nur ein mürrisches Gesicht aufsetzte, weiss ich
nicht genau..., Ihr vielleicht? Guter Dinge waren jedoch die Fans,
die mit dem geilen Mitsing-Part am Schluss (von "You're Not Alone")
das Z7 erstmals so richtig zum Beben brachten - genial und Gänsehaut
pur! Bei den vielen Alben, die Saga seit 1978 heraus gebracht haben,
dürfte es klar sein, dass unmöglich jeder Release berücksichtigt
werden konnte. Zudem gab es in der Diskographie auch ein paar Hänger
(zwischen Ende der 80er bis
etwa Mitte der 90er), die heute Abend bis auf "We've Been Here
Before" (1987) nicht zu Zug kamen. Ein weitere Ausnahme war 1993,
als mit "The Security Of Illusion" ein eher Melodic Rock (statt
Prog-) lastiges (und völlig unterbewertetes) Album erschien, von
dem, nebst dem (jedoch ruhigen und sphärischen) Titeltrack auch das
obergeile "Mind Over Matter" berücksichtigt wurde. Die Fans der
ersten Stunde dürsteten aber nach mehr altem Material, das dann ab
etwa der Mitte des Konzertes das Zepter des Ablaufs zunehmend
übernahm. Müssig zu erwähnen, welche Stimmung unsterbliche Klassiker
der Marke "I'm The Flyer", "Time's Up" oder "Scratching The Surface"
auslösten. Selbstverständlich fehlten natürlich auch das
unverwüstliche "On The Loose" und "Wind Him Up" nicht. Das galt
schliesslich auch für..., nun..., schaut doch einfach die Setlist an
und schwärmt zusammen mit mir! Der finale Aufruf, nicht zu spät zu
sein ("Don't Be Late") galt zuletzt allen, die sich zum ersten
Advent nach Pratteln aufgemacht hatten und Zeuge dieses denkwürdigen
Konzertes wurden. Diese Zeilen schreibend und mit den Klängen von "The
Security Of Illusion" (ab CD im Hintergrund) sage ich mit einer
verdrückten Träne im Auge: Danke Michael Sadler für 30 Jahre Saga!
Dein Nachfolger, der jetzt über die Website gesucht wird, tritt ein
sehr schweres Erbe an. Mal sehen, was daraus wird..., immerhin wird
der Saga-Sound offensichtlich nicht ad acta gelegt, aber drei
Dekaden mit einem der Gründer und als Ur-Sänger lassen sich nicht
einfach so abhaken und beiseite schieben. Die Fans werden die
Antwort geben und falls es schief geht, wäre es erstens nicht das
erste Mal und zweitens gibt es genug Bild- und Tonmaterial, um sich
immer wieder auf eine musikalische Zeitreise begeben zu können.
Setlist: "Intro" - "The Interview" - "That's As Far As I'll Go" - "You're
Not Alone" - "I'm OK" - "Can't You See Me Now?" - "Book Of Lies" - "Perfectionist"
- "I'm The Flyer" - "Mind Over Over Matter" - "The Security Of
Illusion" - "Time's Up" - "Scratching The Surface" - "We've Been
Here Before" - "On The Air" - "On The Loose" - "Careful Where You
Step" - "10'000 Days" - "Wind Him Up" -- "Humble Stance" - "Dont' Be
Late" - "Gonna Be? (Outro)".
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