Wenn ein charismatischer und beliebter Sänger nach drei Dekaden
Karriere den freiwilligen Entschluss fasst, es fortan (aus privaten
Gründen) deutlich ruhiger angehen zu lassen, würde das eigentlich
das sichere Ende der davon betroffenen Band einläuten. So eigentlich
geschehen bei Saga Ende 2007, aber weil die verbliebenen Musiker
weiter machen wollten, musste ein neuer Sänger her. Dieser wurde
mittels einem öffentlichen Casting über die offizielle Homepage
gesucht. Am Schluss blieb, nicht ganz unerwartet, ein Kanadier übrig
und der hört auf den Namen Rob Moratti. In der Szene ein ziemlich
unbeschriebenes Blatt, konnte sich der neue Frontmann klar gegen
seine zahlreichen Konkurrenten durchsetzen, ziert bereits das neue
Saga-Album mit dem Titel «The Human Condition» und öffnet(e) so
quasi ein neues Kapitel der Bandgeschichte. Als Support waren Abarax
(ehemals Taste Of Timeless) aus Deutschland zu Gast, die deutlich
wie gekonnt den Altmeistern Pink Floyd frönten und dabei erstaunlich
überzeugen konnten.
Abarax
Nicht weniger als sechs Musiker kamen auf die Bühne und zelebrierten
von Anfang an schwer an Pink Floyd angelehnten Prog-Sound.
Sänger/Gitarrist André Bläute besitzt aber eine helle und klare
Stimme, was schon mal einen gewichtigen Unterschied zum Ur-Gespann
Gilmour/Waters ausmacht. Kopf der Band ist Keyboarder Udo Grasekamp,
begleitet von nicht weniger als drei Söhnen (!), wie sich nachher
heraus stellte. Damit stand also viermal der Familienname Grasekamp
auf den Brettern, die die Welt bedeuten. Dennis spielte Leadgitarre,
Michael Drum und André Bass. Da Howard Hanks, der letzte im Bunde,
auch eine Klampfe umgehängt hatte, standen somit echt drei 6-Saiter
im Einsatz, was aber kaum wirklich spürbar war. Hanks spielte
sowieso in einer eigenen Sphäre, da sich dieser vor allem zu Beginn
mehr in Richtung Amp statt Publikum aufhielt. Überhaupt bewegte sich
das Sextett kaum bis gar nicht, aber das war für diese Art Musik
auch gar nicht nötig. Die ersten fünf dargebotenen Songs werden alle
auf dem kommenden Album «Blue Room» zu hören sein. «Red Roses»
überzeugte dabei als Halbballade besonders und zeigte die Fähigkeit
von Abarax auf, ihre Mentoren nicht nur zu kopieren, sondern dem
Ganzen einen eigenen Stempel auf zu drücken. «Crying Of The Whales
Part1» und «Journeys End» stammten schliesslich vom 2005er Debüt «Crying
Of The Whales» (seit Winter 2006 auf dem Markt) und fügten sich gut
zum anderen Material an. Das Publikum honorierte zwar die
unbestrittene
Musikalität
mit entsprechendem Applaus, doch sowas Ähnliches wie Stimmung war
nicht auszu-machen. Das Z7-Licht wurde dezent wie dienlich eingesetzt
und hüllte die Band vortrefflich ein. Ebenso gute Arbeit verrichtete
der Mischer, denn der brachte einen respektablen Sound hin. Nach
etwas über 50 Minuten war der zweite Auftritt im Z7 (Premiere war im
Oktober '08) von Abarax vorbei und führte mich danach umgehend zum
Merchandise Stand, wo ich mir die Debüt-CD krallte. Es gibt beileibe
einen ganzen Haufen Bands, die den britischen Psychedelic Prog
Vätern nacheifern, aber in Sachen eigene Identität gehören die
Deuschten klar in die Medallien-Ränge.
Setlist: «Arena» - «Life» - «Sermons & Lies» - «Natures Voice» -
«Red Roses» - «Crying Of The Whales Part 1» - «Journeys End».
Saga
Ich muss zugeben, dass ich mit etwas gemischten Gefühlen nach
Pratteln fuhr, obwohl ich die Songs des neuen Albums «The Human
Condition» vorher schon antesten konnte und gar nicht mal schlecht
fand. Doch wie oft, liegt es meist nicht am aktuellen Material,
sondern dass neue Musiker mitunter Mühe bekunden, das Feeling der
alten Songs entsprechend rüber zu bringen.
Beispiele dafür gibt es genug, doch manchmal kommt die ganze Sache
trotzdem gut, halt einfach mit anderen Einflüssen. Das trifft die
Situation bei Saga ziemlich genau, obwohl es sich die verbliebenen
Bandmitglieder sicher nicht leicht gemacht haben, den eigentlich
unersetzbaren Posten von Michael Sadler wieder zu vergeben. Einige
dieser Zweifel waren jedoch bereits bei den ersten Minuten des
Konzertes verflogen. Rob Moratti setzte sich beim Opener und
Titeltrack der neuen Scheibe gleich überzeugend in Szene und wurde
von den im Vergleich zum letzten Besuch seiner Kollegen im Z7
deutlich weniger Fans mehr als wohlwollend angenommen. Der erste
Prüfstein folgte darauf beim Oldie «The Flyer», der auch ganz
ordentlich geriet. Das lag auch daran, dass sich die Band ziemlich
ins Zeug legte, allen voran Gitarrist Ian Chrichton, der sowas von
agil bis zuweilen gar aggressiv im positiven Sinne spielte. Dies
widerspiegelte sich abermals in dessen Mimik, die meist grimmig
ausfiel. Schönling Moratti meisterte derweil «Wind Him Up» oder auch
«Book Of Lies» vom letzten Sadler-Album «10.000
Days»
mit Bravour. Seine Stimme verfügte auch in den oberen Regionen über
genügend Kraft, wo sein Vorgänger nicht so zu Hause war. Dennoch,
und da sind die Saga-Fans der alten Tage angesprochen (zu denen auch
meine Wenigkeit gehört), machte sich etwas Wehmut breit, denn drei
Jahrzehnte lang typischen Saga-Sound kann man nicht einfach
ausblenden. Trotzdem glaube ich, dass die Band eine gute Wahl
getroffen und damit bekräftigt hat, dass zwar die Ära mit Michael
Sadler definitiv zu Ende gegangen ist, man aber das musikalische
Erbe würdig in die Zukunft trägt. Foreigner oder Journey sind diesen
Weg ebenfalls gegangen und dies scheint den Kanadiern auch zu
gelingen. Dass aller Anfang schwer ist, konnte Rob Moratti jedoch
nicht ganz verheimlichen, denn ein paar Songtexte mussten
offensichtlich abgelesen werden. Neben dem heute Abend beinahe
quirligen Ian Chrichton kam auch Bassist und Bruder Jim (jetzt
wieder mit langen Haaren) auf Touren. Die Stimmung entwickelte sich
zunehmend, blieb jedoch klar hinter dem, was das Ur-Lineup
auszulösen vermochte. Wie Michael, spielte auch Rob neben
Keyboarder/Sänger Jim Gilmour ein paar Takte mit, wobei dieser dann
die Vocal-Leads bei «Humble Stance» übernahm. Insgesamt das sah das
Ganze (inkl. Sound und Licht) sehr positiv aus,
einzig dass Mr. Moratti es mit seinem Dauer-Smilen und den "Gute
Freunde Posen" etwas übertrieb und manch-mal weniger mehr gewesen
wäre. Gesanglich gab es jedoch nichts auszusetzen, wovon die
abgefeierten Klassiker «Don't Be Late», «You're Not Alone» und das
finale «On The Loose» nach guten 90 Minuten zeugten. Die Zeit wird
es zeigen, wohin die Reise geht, denn beim Songwriting sind vermehrt
progmetallische Elemente aufgetaucht, die nicht allen Fans der
Canucks gleich munden.
Setlist: «Human Condition» - «The Flyer» - «Wind Him Up» - «You Were
Right» - «On The Air» - «Book Of Lies» - «Careful Where You Step» -
«Step Inside» - «Humble Stance» - «Scratching The Surface» - «Crown
Of Thorns» - «You Look Good» - «Don't Be Late» - «You're Not Alone»
-- «It Never Ends» - «On The Loose».
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