Livereview: Saga
14. April 2010, Dietikon - Sounddock 14
By Rockslave
Es wird sicher ein paar Fans (eher der früheren Zeiten) geben, für die Saga ohne ihren langjährigen Frontmann Michael Sadler undenkbar und seit seinem Abgang Ende 2007 nicht mehr gleichwertig sind. Sein Nachfolger Rob Moratti hat aber auf ersten Tour im letzten Jahr, damals im Z7 in Pratteln gezeigt, dass es durchaus eine Alternative für die Zukunft gibt, die zumindest den musikalischen Spirit klar aufrecht erhält. Moratti klingt zwar etwas anders als Sadler, verfügt jedoch auch über eine eigenständige, starke Stimme und besitzt zudem das nötige Mass an Ausstrahlung. Er hat sich auch von Anfang an als Teamplayer gegeben und rasch den Draht zum Publikum gefunden. Die nötigen Voraussetzungen für ein Fortführen der musikalischen Geschichte der kanadischen Neo-Progger waren somit gegeben. Das aktuelle Album ist immer noch «The Human Condition» (2009) und deshalb durfte man gespannt sein, inwiefern sich die Setliste unterscheiden wird. Warum man allerdings keine Support-Band verpflichten konnte (wollte?), finde ich persönlich für das zahlende Publikum grenzwertig.

Saga

Da es mein erster Besuch im Dietikoner Sounddock 14 überhaupt war, musste ich zuerst mal einen genauen Augenschein des multifunktionalen Gebäudes nehmen. Was sich nämlich zu den entsprechenden Anlässen in eine hippe Location verwandelt, wird tagsüber ganz normal als Firma genutzt, die mit ihrer Ware geschäftet, die jeweils hinter den grossen, schwarzen Tüchern verschwin-det. Davon dürften Saga kaum Notiz genommen, geschweige es denn bemerkt haben. Die Bühne ist von der Grösse her nicht üppig, aber alle Musiker hatten genug Bewegungsfreiheit und legten auf Punkt 21.00 Uhr los. Nach den Intro kam mit «You're Not Alone» gleich einer der zahlreichen Smasher, die Saga im Verlauf ihrer langen Karriere geschrieben haben. Es folgten «Book Of Lies» und «Careful Where You Step». Spätestens jetzt musste es auch der letzte Besucher festgestellt haben, wie überraschend gut der Sound daher kam! Das hätte ich so nicht zwingend erwartet und wurde deshalb angenehm überrascht. Die Band schien soweit gut drauf zu sein und sogar der meist eher grimmig drein blickende Gitarrist Ian Chrichton taute je länger je mehr auf und man konnte tatsächlich mal sowas wie ein Lächeln auf seinem Gesicht entdecken. Wer aber alleine schon das Eintrittsgeld wert gewesen wäre, heisst Brian Doerner, spielt Schlagzeug und ist seit 2005 an Bord. Was der Kerl da an filigranem wie fettem Spiel auspackte, war schlicht sensationell und erinnerte zwischendurch an Dream Theater Recke Mike Portnoy. Dieser Drive übertrug sich auf den gesamten Sound, obwohl hier natürlich der raumfüllende Bombast der frühen Tage schmerz-lich vermisst wurde. Die aktuelle Tour, die mit «Now Is Now» (übrigens einem Song der neuen CD) benamst ist, trug von der Setliste her sehr wohl eine Änderung zum letzten Besuch in sich! Was schon einige andere Bands bei ansteh-enden Jubiläen gemacht haben, nämlich ein Album komplett durch zu spielen, stand auch heute Abend auf dem Menüplan! Saga wählten dazu das hammerstarke «Heads Or Tales» Album von 1983 aus, das ja mit dem Hit «The Flyer» beginnt und (original) durch «Cat Walk» als "Extended Version" beendet wird. So bekam man nun erstmalig Live-Versionen zu Gehör, die zuvor noch auf keinem Tonträger erhältlich waren. Der catchy Opener zeigte den Puristen jedoch die Grenzen von Rob Moratti auf, wenn es um die Authentizität solcher Klassiker geht. Auch mir fehlte hier und bei noch ein paar anderen Tracks das letzte Bisschen "Etwas", was eben der Verdienst des Ur-Sängers war. So schnell kriegt man das nicht mehr aus dem Schädel raus, vor allem als älteres Semester. Das Publikum zeigte sich auf jeden Fall beeindruckt und spendete lauten Applaus. Dass der Altersdurchschnitt dabei eher höher lag, war augenscheinlich, obwohl auch einige, jüngere Fans gesichtet wurden.

Nach der «Heads Or Tales» Scheibe, die übrigens in der üblich richtigen Reihenfolge gespielt wurde, war der Höhepunkt der Show noch nicht ganz erreicht. Mit fortwährender Dauer des Konzertes wusste oder erwartete der geneigte Fan schliesslich noch zwei drei "Musts", die als Erstes mal mit dem unverwüstlichen «Humble Stance» befriedigt wurde(n). Ein genialer Song, der (zu dem Rob noch bei Jim Gilmour in die Tasten haute), hat man ihn auch nur einmal gehört, nicht mehr aus den Gehör geht. Gleiches war natürlich «On The Loose» beschert, wo aber wiederum der Bombast fehlte, der einst jede grosse Konzerthalle erzittern liess. Zu ihren Glanzzeiten in den 80ern spielten Saga bei uns in der Schweiz im ausverkauften Hallenstadion Leute! Diese Höhenflüge sind leider schon lange vorbei, aber wenn man sah, mit welcher Freude die ganze Band agierte, konnte man getrost darüber hinweg sehen. Selbst ausgedehntere, längere Instrumental-Parts hatten ihren Reiz und wurden nie langweilig. Wenn dann wieder Text gefragt war, so liessen einige am Boden vor Rob liegende Blätter vermuten, dass immer noch gewisse Parts offenbar nicht fehlerfrei beherrscht werden. Doch das nahm dem auch heute Abend sympatisch wirkenden Sänger bestimmt niemand übel. Die etwa 250 Leute erlebten im Sounddock 14 auf jeden Fall ein intensives Konzert und die erste Reihe war, da es keine Absperrung zur Bühne hin gab, ganz nahe dran an ihren Lieblingen. Zu «Don't Be Late» wurden noch "die letzten Reserven" freigesetzt und nach guten 110 Minuten war ein sehr guter Auftritt abermals Geschichte. Im Gegensatz zu der am Bühnenrand gekrallten Setliste stand auf der vom Drum hinten noch «Trust» als letzte Zugabe drauf! Hätte man sicher auch noch spielen können, aber nicht zwingend müssen..., oder doch, da keine Vorgruppe spielte? Diese Frage kann sich jetzt jeder selbst noch stellen. Wenn Saga künftig ihren bewährten Stil beibehalten, wird es wohl noch manches Konzert in diesem Rahmen geben. Hoffen wir's!

Setliste: «Intro/You're Not Alone» - «Book Of Lies» - «Careful Where You Step» - «Wind Him Up» - Step Inside» - «Corkentellis (Instrumental)» - «The Flyer» - «Cat Walk» - «The Sound Of Strangers» - «The Writing» - «Intermission» - «Social Orphan» - «The Vendetta (Still Helpless)» - «Scratching The Surface» - «The Pitchman» - «No Regrets (Chapter IV)» - «Humble Stance» - «On The Loose» -- «It Never Ends» - «Don't Be Late».