Vor beinahe
auch schon wieder fünf Jahren fand das vermeintlich letzte Konzert von
Saga (mit Sänger Michael Sadler) auf Schweizer Boden statt. Nach dem
30-Jahr Jubiläum war die Luft beim Ur-Frontmann der Kanadier vor allem
familienbedingt draussen. So befand man sich 2007 als Fan der
Neo-Progger in einem veritablen Wechselband der Gefühle und es war
schwer, sich mit diesem Gedanken anzufreunden, respektive abzufinden.
2012 sieht das Ganze freilich und erfreulich zugleich wieder anders
aus, und meine damalige Prognose von wegen "never say never" hat sich
in diesem Fall bewahrheitet: Saga are back! Somit fand die kurze Ära
mit Sadler-Ersatz Rob Moratti nach nur einem gemeinsamen Album («The
Human Condition», 2009) ein relativ schnelles Ende. Obwohl der Ex-Final
Frontier Sänger zweifellos einen guten Job ablieferte und letztlich
auch von den Fans akzeptiert wurde, fehlte fortan das gewisse Etwas. So
ging ein Raunen durch die Musikwelt der Progger, als Michael Sadler
Ende Januar 2011 die überraschende wie erlösende Nachricht seiner
Rückkehr verkündete. Um diesem Ansinnen die nötige Ernsthaftigkeit zu
verleihen, folgte als Antwort hierzu das neue und erfreulich gute
Studio-Album «20/20», das wieder vermehrt die alten Vibes aufgreift.
Ticket To The Moon
Um ehrlich zu sein, interessierte mich an diesem Abend die Support-Band
nicht die Bohne. Das hatte aber primär damit zu tun, dass ich bisher
keinerlei Anhaltspunkte zu Ticket To The Moon, die 2003 gegründet
wurden, hatte. Nach einem Demo vor ein paar Jahren erschien dieses
Jahr, respektive vor rund zwei Wochen, das Debüt «Dilemma On Earth».
Die guten Reaktionen auf die Gruppe aus der Region führten darauf
umgehend zur Verpflichtung als Support für den heutigen Abend im Z7.
Die gut halb gefüllte Halle lauschte somit ab 20.30 Uhr den ersten
Klängen, wo im Schmelztiegel von Dream Theater und Queensrÿche, bei
ruhigeren Passagen, auch etwas Pink Floyd geboten wurde. Mit eben
diesen Laut/Leise-Parts entstand ein insgesamt differenziertes
Klangbild, bei dem mir der Bass sehr gut gefiel und die dezent
eingesetzten Keyboard-Töne. Die Stimmung im Publikum profitierte sicher
noch etwas vom Heim-Bonus der Band und entwickelte sich laufend. Etwas
speziell an Ticket To The Moon war der Umstand, dass Schlagzeuger Danny
Gosteli nicht nur sein Arbeitsgerät filigran zu bedienen wusste,
sondern, nebst Gitarrist Andrea Portapia, zeitweilen als zweiter Leadsänger in
Aktion trat. Einmal erhob er sich dazu gar von seinem Sessel und
platzierte sich vorne am Bühnenrand. Die Überlänge der Stücke führte
dann allerdings dazu, dass das Konzerterlebnis mehr über das Zuhören
als dem aktiven Mitmachen bestand. Dennoch konnten die Fans mal zum
Mitklatschen animiert werden. Gegen den Schluss hin wurde die Sache bei
«Dilemma» aber ziemlich zäh, weil der Faden mehrfach mit schier endlos
aneinander gereihten Parts immer wieder aufgenommen wurde. Weniger wäre
da mehr gewesen. Unter dem Strich blitzte das Talent dieser Combo aber
spürbar auf, wobei ein Prog-Festival wohl der bessere Anlass für das
Quartett zu sein schien.
Setliste: «Earth» - «A Black & White Picture Of A Rainbow» -
«Down In You» - «Perfect Day» - «Dilemma».
Saga
Nun war ich irgendwie sehr gespannt, was folgen würde. Einerseits wie
das gute neue Album präsentiert und eingeflochten wird und andererseits
wie die anwesenden gut 800 Fans darauf reagieren werden. Nicht
unerwartet stiegen Saga gleich mit einem neuen Song in den Set ein,
nämlich «Anywhere You Wanna Go», der bereits eine schöne Hookline
auffuhr und mich spontan irgendwie an (frühe) Arena oder Pendragon
erinnerte. Das nachfolgende «Mouse In A Maze» setzte darauf zum
zeitmässig grösstmöglichen Spagat an und führte zum 79er Album «Images
At Twilight» und spätestens bei «Careful Where You Step» hätte das
Konzert dann so richtig los gehen sollen. Komischer-
weise brachten die
Kanadier die Chose mit einer gewissen Blutleere, die sich bis zum
Schluss nicht auflösen sollte. Obwohl der drahtig und blendend
aussehende Michael Sadler eigentlich in bestechender Form war,
versprühte
das Ensemble eine spürbare Routine, die auf Kosten der Lebendigkeit
ging. So wurde ein Song nach dem anderen runter gespult und das einmal
mehr viel zu träge Publikum trug auch seinen Teil dazu bei, dass der
Funke zumindest für mein Empfinden nicht, nein nie wirklich übersprang. Selbst ein
Klassiker wie «You're Not Alone» verpuffte fast wirkungslos. Dass
Gitarrist Ian Chrichton normalerweise mit meist mürrischer Miene über
sein Griffbrett flitzt, ist ja an sich nichts Neues, zog die Stimmung
heute Abend jedoch zusätzlich ein wenig runter. Sein Bruder Jim wirkte
derweil agiler, aber auch von ihm kam weniger als sonst rüber. Dass man
dann mit «Corkentellis» (von «10'000 Days», 2007) ein siebenminütiges
jazzig angehauchtes Instrumental brachte, verstärkte den Eindruck eines
verkorksten Konzert-abends zusätzlich. Höhepunkt im negativen Sinne war
schliesslich «The Flyer», eigentlich ein absoluter Killer-Track, der
wie eine Seifenblase platzte und sich in Nichts auflöste. Von da an war
die Sache für mich gelaufen und ich sollte Recht behalten. Die neuen
Songs, wie das relativ harte «Spin It Again» und der tolle Album-Opener
«Six Feet Under» brauchen halt noch etwas mehr Zeit, bis sie greifen.
Immerhin vermochten diese kompositorisch zu überzeugen, wurden aber von
den Fans jedoch mit deutlich weniger Applaus belohnt. Wer nun dachte,
dass spätestens der Alt-Hit «Humble Stance» die Kohlen noch aus dem Feuer zu holen vermag,
wurde, wenn man da an vergangene, viel bessere Gigs zurück denkt,
erneut enttäuscht. Mag sein, dass einige Besucher des Z7 am Ende nicht
so schwarz wie ich malten, aber gemessen an dem, was diese Band
normalerweise locker zu leisten vermag, kam heute Abend nur ein
Bruchteil davon zum Vorschein. Und wie gesagt..., an Michael Sadler lag
es eigentlich nicht, da dieser sich letztlich dem tieferen Niveau seiner
Kollegen anglich. Hoffen wir mal für die Zukunft, dass dies eine
Ausnahme war und ich appelliere hiermit an die Saga-Fans, dass diese
das nächste Mal deutlich mehr Begeisterung zeigen. So macht das einfach
keinen Spass mehr!
Setliste: «Anywhere You Wanna Go» - «Mouse In A Maze» - «Careful Where
You Step» - «The Perfectionist» - «You're Not Alone» - «Spin It Again»
- «Corkentellis» - «The Flyer» - «Drum Solo Mike Thorne» - «Six Feet
Under» - «The Cross» - «Time's Up» - «Scratching The Surface» - «Tired
World (Chapter 6)» - «Humble Stance» - «On The Loose» - «Wind Him Up»
-- «Don't Be Late (Chapter 2)».
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