Livereview: Saga - Ticket To The Moon

16. November 2012, Pratteln - Z7
By Rockslave
Vor beinahe auch schon wieder fünf Jahren fand das vermeintlich letzte Konzert von Saga (mit Sänger Michael Sadler) auf Schweizer Boden statt. Nach dem 30-Jahr Jubiläum war die Luft beim Ur-Frontmann der Kanadier vor allem familienbedingt draussen. So befand man sich 2007 als Fan der Neo-Progger in einem veritablen Wechselband der Gefühle und es war schwer, sich mit diesem Gedanken anzufreunden, respektive abzufinden. 2012 sieht das Ganze freilich und erfreulich zugleich wieder anders aus, und meine damalige Prognose von wegen "never say never" hat sich in diesem Fall bewahrheitet: Saga are back! Somit fand die kurze Ära mit Sadler-Ersatz Rob Moratti nach nur einem gemeinsamen Album («The Human Condition», 2009) ein relativ schnelles Ende. Obwohl der Ex-Final Frontier Sänger zweifellos einen guten Job ablieferte und letztlich auch von den Fans akzeptiert wurde, fehlte fortan das gewisse Etwas. So ging ein Raunen durch die Musikwelt der Progger, als Michael Sadler Ende Januar 2011 die überraschende wie erlösende Nachricht seiner Rückkehr verkündete. Um diesem Ansinnen die nötige Ernsthaftigkeit zu verleihen, folgte als Antwort hierzu das neue und erfreulich gute Studio-Album «20/20», das wieder vermehrt die alten Vibes aufgreift.

Ticket To The Moon

Um ehrlich zu sein, interessierte mich an diesem Abend die Support-Band nicht die Bohne. Das hatte aber primär damit zu tun, dass ich bisher keinerlei Anhaltspunkte zu Ticket To The Moon, die 2003 gegründet wurden, hatte. Nach einem Demo vor ein paar Jahren erschien dieses Jahr, respektive vor rund zwei Wochen, das Debüt «Dilemma On Earth». Die guten Reaktionen auf die Gruppe aus der Region führten darauf umgehend zur Verpflichtung als Support für den heutigen Abend im Z7. Die gut halb gefüllte Halle lauschte somit ab 20.30 Uhr den ersten Klängen, wo im Schmelztiegel von Dream Theater und Queensrÿche, bei ruhigeren Passagen, auch etwas Pink Floyd geboten wurde. Mit eben diesen Laut/Leise-Parts entstand ein insgesamt differenziertes Klangbild, bei dem mir der Bass sehr gut gefiel und die dezent eingesetzten Keyboard-Töne. Die Stimmung im Publikum profitierte sicher noch etwas vom Heim-Bonus der Band und entwickelte sich laufend. Etwas speziell an Ticket To The Moon war der Umstand, dass Schlagzeuger Danny Gosteli nicht nur sein Arbeitsgerät filigran zu bedienen wusste, sondern, nebst Gitarrist Andrea Portapia, zeitweilen als zweiter Leadsänger in Aktion trat. Einmal erhob er sich dazu gar von seinem Sessel und platzierte sich vorne am Bühnenrand. Die Überlänge der Stücke führte dann allerdings dazu, dass das Konzerterlebnis mehr über das Zuhören als dem aktiven Mitmachen bestand. Dennoch konnten die Fans mal zum Mitklatschen animiert werden. Gegen den Schluss hin wurde die Sache bei «Dilemma» aber ziemlich zäh, weil der Faden mehrfach mit schier endlos aneinander gereihten Parts immer wieder aufgenommen wurde. Weniger wäre da mehr gewesen. Unter dem Strich blitzte das Talent dieser Combo aber spürbar auf, wobei ein Prog-Festival wohl der bessere Anlass für das Quartett zu sein schien.

Setliste: «Earth» - «A Black & White Picture Of A Rainbow» - «Down In You» - «Perfect Day» - «Dilemma».


Saga
Nun war ich irgendwie sehr gespannt, was folgen würde. Einerseits wie das gute neue Album präsentiert und eingeflochten wird und andererseits wie die anwesenden gut 800 Fans darauf reagieren werden. Nicht unerwartet stiegen Saga gleich mit einem neuen Song in den Set ein, nämlich «Anywhere You Wanna Go», der bereits eine schöne Hookline auffuhr und mich spontan irgendwie an (frühe) Arena oder Pendragon erinnerte. Das nachfolgende «Mouse In A Maze» setzte darauf zum zeitmässig grösstmöglichen Spagat an und führte zum 79er Album «Images At Twilight» und spätestens bei «Careful Where You Step» hätte das Konzert dann so richtig los gehen sollen. Komischer-
weise brachten die Kanadier die Chose mit einer gewissen Blutleere, die sich bis zum Schluss nicht auflösen sollte. Obwohl der drahtig und blendend aussehende Michael Sadler eigentlich in bestechender Form war, versprühte das Ensemble eine spürbare Routine, die auf Kosten der Lebendigkeit ging. So wurde ein Song nach dem anderen runter gespult und das einmal mehr viel zu träge Publikum trug auch seinen Teil dazu bei, dass der Funke zumindest für mein Empfinden nicht, nein nie wirklich übersprang. Selbst ein Klassiker wie «You're Not Alone» verpuffte fast wirkungslos. Dass Gitarrist Ian Chrichton normalerweise mit meist mürrischer Miene über sein Griffbrett flitzt, ist ja an sich nichts Neues, zog die Stimmung heute Abend jedoch zusätzlich ein wenig runter. Sein Bruder Jim wirkte derweil agiler, aber auch von ihm kam weniger als sonst rüber. Dass man dann mit «Corkentellis» (von «10'000 Days», 2007) ein siebenminütiges jazzig angehauchtes Instrumental brachte, verstärkte den Eindruck eines verkorksten Konzert-abends zusätzlich. Höhepunkt im negativen Sinne war schliesslich «The Flyer», eigentlich ein absoluter Killer-Track, der wie eine Seifenblase platzte und sich in Nichts auflöste. Von da an war die Sache für mich gelaufen und ich sollte Recht behalten. Die neuen Songs, wie das relativ harte «Spin It Again» und der tolle Album-Opener «Six Feet Under» brauchen halt noch etwas mehr Zeit, bis sie greifen. Immerhin vermochten diese kompositorisch zu überzeugen, wurden aber von den Fans jedoch mit deutlich weniger Applaus belohnt. Wer nun dachte, dass spätestens der Alt-Hit «Humble Stance» die Kohlen noch aus dem Feuer zu holen vermag, wurde, wenn man da an vergangene, viel bessere Gigs zurück denkt, erneut enttäuscht. Mag sein, dass einige Besucher des Z7 am Ende nicht so schwarz wie ich malten, aber gemessen an dem, was diese Band normalerweise locker zu leisten vermag, kam heute Abend nur ein Bruchteil davon zum Vorschein. Und wie gesagt..., an Michael Sadler lag es eigentlich nicht, da dieser sich letztlich dem tieferen Niveau seiner Kollegen anglich. Hoffen wir mal für die Zukunft, dass dies eine Ausnahme war und ich appelliere hiermit an die Saga-Fans, dass diese das nächste Mal deutlich mehr Begeisterung zeigen. So macht das einfach keinen Spass mehr!

Setliste: «Anywhere You Wanna Go» - «Mouse In A Maze» - «Careful Where You Step» - «The Perfectionist» - «You're Not Alone» - «Spin It Again» - «Corkentellis» - «The Flyer» - «Drum Solo Mike Thorne» - «Six Feet Under» - «The Cross» - «Time's Up» - «Scratching The Surface» - «Tired World (Chapter 6)» - «Humble Stance» - «On The Loose» - «Wind Him Up» -- «Don't Be Late (Chapter 2)».