Man wähnte sich glatt in den 80ern bei diesem hammergeilen
Billing, obwohl die Schweizer Emerald natürlich erst einige Zeit
später (1995) gegründet wurden. Musikalisch haben sich diese aber
ebenso dieser Ära verschrieben und passten deshalb bestens dazu.
Ältere Metaller hingegen dürften schon nur ob Omen beinahe feuchte
Äuglein gekriegt haben und dass man hierzu auch noch Savage Grace
als Headliner verpflichten konnte, trug historische Züge. Dass die
ganze Sache bezüglich der Hauptband noch beinahe aus dem Ruder lief,
konnte niemand voraus ahnen, aber eine total verkorkste Anreise mit
gleichzeitigem Unwohlsein eines Bandmembers zog arg an den Nerven
des Veranstalters. Emerald legten erstmal einen recht langen
Support-Gig hin (knapp eine Stunde!) und auch Omen standen hier (zum
Glück!) nicht hinten an. Bis zu dem Zeitpunkt war von Savage Grace
noch nichts (!) zu sehen im Dynamo und plötzlich hiess es gar, dass
der Headliner nicht mehr antreten werde! Diejenigen Fans, die darauf
bereits gegangen waren, verpassten dann allerdings einen mehr als
denkwürdigen Auftritt! (rsl)
Emerald
Oftmals kriegt eine Band bei einem Hörer nur eine Chance. Ein
schlechtes Album, ein schlechter Auftritt und man kann sich den
erhofften neuen Fan ans Bein streichen. Ähnlich verhielt es sich bei
mir und Emerald: zu statisch, zu verkrampft und kraftlos wirkten sie
bei einem Gig in Wohlen vor beinahe zwei Jahren auf mich und trotz
ihrer kultigen Scheibe «Hymns To Steel» von 2007 hakte ich die Band
als höchstens durchschnittlich ab. Dass dies die falsche Reaktion
war, davon wurde ich an diesem Abend, als Emerald die Ehre kriegten,
für Omen und Savage Grace zu eröffnen, eindeutig überzeugt. Was hat
sich in den beiden letzten Jahren verändert? Am auffälligsten ist
sicher der neue Mann am Mikro. Mit dem charismatischen und
energie-geladenen Thomas Winkler hat man nämlich endlich einen
Fronter in den Reihen, der den epischen Schlachtenhymnen der Sorte «Hymn
To Steel», «Empire Of Lies» oder «Revenge» die nötige Power verleiht
und gleichzeitig noch posen kann, wie frisch aus den 80ern
entsprungen (auch wenn das übliche Rüschchenhemd nicht unbedingt sein
müsste). Zwar sang der dynamische Jungspund hin und wieder über die
Melodie hinaus, doch dass er ein variables und starkes Stimmorgan
hat, dies konnte an diesem Abend keiner überhören. Da verhielt sich
die Sache mit dem Keyboard schon anders. Durch den etwas dröhnenden
Bass-Sound und die allgemein hohe Lautstärke gingen nämlich
praktisch alle Tastenklänge verloren, etwas, das dem emerald'schen
Sound ehrlich gesagt aber gar nicht so schlecht stand, wirkte der
Sechser so doch einiges härter und kultiger, d.h. mehr nach Omen
eben als Stratovarius und Co. Daran beteiligt ist sicherlich auch
das neue, noch unveröffentlichte Material, von welchem es an diesem
Abend schon eine Kostprobe gab. Nummern wie «The Secret Agenda», «Where's
Your God» punkteten dabei mit erdigen Riffs und mehr Wumms als die
bisherigen Stücke aus dem Hause Emerald. Klar, an die nachfolgenden
Darbietungen von Omen und Savage Grace reichten die Jungspunde noch
nicht wirklich heran, sowohl in Sachen Songwriting als auch
Live-Performance kann man sicher noch etwas lernen. Doch wenn jemand
wie Omen-Bassist Andy Haas mit Emerald auf der Bühne feiert, dann
kann man seine Sache so schlecht nicht machen. Old-School und true
sind Emerald auf jeden Fall, obwohl man eine Hit-Nummer wie Iron
Maiden's «Two Minutes To Midnight» einfach nicht covern sollte. (kis)
Setliste: «Hymn To Steel» - «Empire Of Lies» - «Revenge» - «Witches
Tower» - «The Secret Agenda» - «Mutiny» - «2 Minutes To Midnight» -
«Where's Your God» - «Emerald Knights».
Omen
Man stelle sich folgende Situation vor: Eine Band mit nie
stillstehendem Besetzungs-karussell, mit 80er-Jahre-Kult-Status,
deren Gitarrist sich wenige Tage zuvor den kleinen Finger der linken
Hand angebrochen hat, spielt früher als geplant vor gerade mal 30
Leuten. Unter diesen alles andere als glücklichen Bedingungen
stiegen Omen auf die Bühne und kaum jemand wäre wohl überrascht
gewesen, hätten sich die Umstände spürbar auf die Stimmung der
Truppe, die mit ihrem Debüt «Battle Cry» von 1984 Metal-Geschichte
schrieben, ausgewirkt. «The show must go on» schienen sich jedoch
Axtmann Kenny Powell und seine Mannen auf die Fahnen geschrieben zu
haben, denn schon mit dem eröffnenden «Termination» zerstreute man
alle skeptischen Befürchtungen. Voller Energie wurde den wenigen
Anwesenden nämlich genau eines geboten: urwüchsiger US-Power Metal!
Nahtlos ging's in den treibenden Klassiker «Death Rider» über und ab
dann gab es schlicht kein Halten mehr und die handvoll Fans feierte
mit Mitsingen, Bangen und jede Menge Applaus frenetisch ihre Helden,
wobei doch einige der Zuschauer Omen altersbedingt kaum schon mal
live gesehen haben dürften. Dass die alten Schlachtenhymnen nichts
von ihrem Glanz verloren haben, zeigten das epische «Dragon's Breath»
vom 87er-Album «Nightmares» genauso wie «Ruby Eyes (Of The Serpent)».
Doch nicht nur am Material lag es, dass Omen wohl jeden Einzelnen
der Metalheads mit Traditions-verständnis für sich gewinnen konnten.
Mit dem aktuellen Line-Up scheint der mit Irokesen-Schnitt versehene
Kenny Powell, welcher trotz schon erwähntem kaputtem Finger
klingenscharfe Soli en masse zockte und dabei pausenlos das Gesicht
zu Grimassen verzog, die perfekte Wahl getroffen zu haben. Allen
voran war es der neue Front-Krieger George Call, welcher mit seiner
im Vergleich zu früheren Sängern wie JD Kimball oder Coburn Pharr (Ex-Annihilator)
eine vollere, wärmere Stimme besitzt, gleichzeitig aber auch Schauer
verbreitende Schreie zu seinem Repertoire zählen kann. Dazu ging das
Stimmwunder auch souverän mit der Situation um, scherzte zwischen
den Songs und wurde nicht müde, immer und immer wieder zu beteuern,
wie dankbar er dem übrigens äusserst textsicheren Publikum doch sei.
Eine mitreissende Nummer folgte so in zwar nicht glasklarer aber
durchaus ordentlicher und druckvoller Klangqualität auf die nächste
und ohne Frage würde so manche traditionelle Metal-Band auch heute
noch viel dafür geben, zumindest einen Song vom Schlage «The Axeman»,
«Into The Arena» oder «The Teeth Of The Hydra» ihr Eigen nennen zu
können. Lautstark wurde so nach Zugaben gefordert, ein Wunsch, der
in Form des grandiosen «Battle Cry», gefolgt von «Warning Of Danger»,
so zufriedenstellend erfüllt wurde, dass sich unter den Zuschauern
gar noch jemand dazu berufen fühlte, sich als Crowdsurfer zu
versuchen. Dass sich Omen 2010 und allen Widrigkeiten zum Trotz in
einem solch energetischen Zustand präsentieren würden, hatte
zumindest ich nicht erwartet und man kann nur hoffen, dass die
angekündigte neue Scheibe bald Wirklichkeit werden wird und auch das
Line-Up im Gegensatz zu den letzten Jahren endlich konstant bleibt.
(kis)
Setliste: «Termination» - «Death Rider» - «Dragon's Breath» - «Ruby
Eyes (Of The Serpent)» - «Die By The Blade» - «Blood On The Water» -
«The Axeman» - «Into The Arena» - «The Teeth Of The Hydra» - «The
Curse» -- «Battle Cry» - «Warning Of Danger».
Savage Grace
Was muss das für ein Wechselbad der Gefühle für den Veranstalter von
«Heavy Shit Productions» gewesen sein, als plötzlich die überaus
schlechte Nachricht die Runde machte, dass der Headliner an diesem
Abend tatsächlich nicht mehr auftauchen würde! Ansich der Supergau
schlechthin, doch die Gottheit aller Metaller (und die scheint es
wirklich zu geben!) hatte jedoch ein Einsehen und so marschierte die
heiss ersehnte Truppe kurz nach 23.00 Uhr dennoch und ziemlich
gehetzt ein. Das Hauptproblem war jetzt aber, dass das Konzert um
allerspätestestens Mitternacht beendet sein musste. Das setzte die
Band vermeintlich unter Zugzwang, doch es kam erfreulicherweise
anders heraus. Savage Grace anno 2010 bestehen in Sachen Line-Up von
früher nur noch aus Sänger Chris Logue. Der Rest der Truppe hat die
gleiche, weitere aktive wie gemeinsame Wirkungsstätte namens
Roxxcalibur. Trotz diesem Umstand und den vergangenen, zahlreichen
Besetzungswechseln will man überzeugt als wiedervereinigte Band
auftreten und es ist gar von neuen Songs die Rede! Diese waren heute
Abend jedoch eher weniger gefragt und angesichts der möglichen
Netto-Spielzeit von bloss etwas über 50 Headliner-Minuten (!!)
musste eh was geschehen. Und nun sind wir an dem Punkt angelangt, wo
sich all diejenigen kurz zuvor noch anwesenden und sich vom Acker
gemachten Fans für immer und ewig in den Arsch beissen werden! Was
Chris Logue und seine Hintermannschaft nämlich von der ersten bis
zur letzten Sekunde an, beginnend mit «Bound To Be Free», über «Into
The Fire» und «Betrayer», sowie weiteren sechs innert der Zeit
angesprochenen wie spielbaren Dampframmen ihrer kultigen Frühwerke
abfeuerten, war schlicht von einem anderen Stern! Zwischen den
einzelnen Songs gönnte sich die völlig locker aufspielende Band
keine einzige Sekunde Pause und ballerte jeweils gleich unvermindert
weiter. Der überaus schmächtige Chris Logue (mit Kopftuch) sah zwar
irgendwie wie ein schwer gezeichnetes Drogenwrack aus, verzog sein
Gesicht kaum bis gar nicht und sang dafür umso besser! Die hohen
Screams bei «Into The Fire» waren einfach weltklasse erinnerten
nicht selten an Jag Panzer Sanges-Gott Harry "The Tyrant" Conklin.
Die aktuelle Hintermannschaft von Roxxcalibur mit den Gitarristen
Eric "Kalli" Kaldschmid und Roger Dequis, sowie der
Rhythmus-Fraktion um Mario Lang (b) und Neudi (d) bildet zusammen
mit Herrn Logue die gegenwärtige Ausgabe von Savage Grace, also
einer vollwertigen Band gemäss ihrem Statement. Und eben diese Jungs
legten in dem "modrigen Loch" des Dynamo einen hypergenialen
Soundteppich hin, der mich von der Intensität her regelrecht
umhaute! Das war einfach nicht zu glauben, mit welcher Leichtigkeit
diesen alten Speed- und Thrash-Schoten neues Leben eingehaucht
wurde. Auch der Sound erreichte den Umständen entsprechend eine
recht gute Note und die zwei bis drei verbliebenen Dutzendschaften
liessen ihre Matten wild kreisen und bangten was das Zeug hielt.
Gemeinsam erlebten wir sowas wie die livehaftige Wiederauferstehung
einer Legende! Durch das Weglassen der instrumentalen Soli von Drum
und Gitarre brachte man es immerhin fertig, den regulär geplanten
Teil der Setliste durch zu spielen. Leider mussten dann am Schluss
doch noch zwei Songs («Burn» und «Live To Burn») über die Klinge
springen! Ersterer wäre übrigens tatsächlich die mittlerweile
sattsam bekannte Version des populären Whitesnake-Smashers gewesen,
den die Meute noch liebend gerne gehört hätte. Die CD-Version knallt
auf jeden Fall wie Sau, genau so wie der etwas gemächlichere Groover
«Live To Burn». Den sprichwörtlichen Vogel schossen Savage Grace
dann aber ganz am Schluss ab, als sie noch Judas Priest's «Exciter»
mit voller Wucht ins altehrwürdige Gemäuer rein bliesen. Du meine
Fresse war das ein Brett und leider um Punkt, nein fast Schlag
Mitternacht viel zu früh zu Ende. Nur Candlemass anno 2003 waren
noch besser am gleichen Ort, aber das ist eine andere Geschichte.
Der Amerikaner und seine deutschen Kumpels werden unter anderem
mitte Juli auch auf dem Jubiläums-BYH!!! 2010 in Balingen (D) auf
der Bühne stehen und auf das freue ich mich ohne Ende! (rsl)
Setliste: «Intro/Bound To Be Free» - «Into The Fire» - «Betrayer» -
«After The Fall From Grace» - «Master Of Disguise» - «We Came, We
Saw, We Conquered» - «The Dominatress» - «Sins Of The Damned» -- «Exciter».
|
|