Livereview: Savage Grace - Omen - Emerald
05. April 2010, Zürich - Dynamo Werk 21
By Rockslave (rsl) & Kissi (kis) - All Pics by Rockslave
Man wähnte sich glatt in den 80ern bei diesem hammergeilen Billing, obwohl die Schweizer Emerald natürlich erst einige Zeit später (1995) gegründet wurden. Musikalisch haben sich diese aber ebenso dieser Ära verschrieben und passten deshalb bestens dazu. Ältere Metaller hingegen dürften schon nur ob Omen beinahe feuchte Äuglein gekriegt haben und dass man hierzu auch noch Savage Grace als Headliner verpflichten konnte, trug historische Züge. Dass die ganze Sache bezüglich der Hauptband noch beinahe aus dem Ruder lief, konnte niemand voraus ahnen, aber eine total verkorkste Anreise mit gleichzeitigem Unwohlsein eines Bandmembers zog arg an den Nerven des Veranstalters. Emerald legten erstmal einen recht langen Support-Gig hin (knapp eine Stunde!) und auch Omen standen hier (zum Glück!) nicht hinten an. Bis zu dem Zeitpunkt war von Savage Grace noch nichts (!) zu sehen im Dynamo und plötzlich hiess es gar, dass der Headliner nicht mehr antreten werde! Diejenigen Fans, die darauf bereits gegangen waren, verpassten dann allerdings einen mehr als denkwürdigen Auftritt! (rsl)

Emerald

Oftmals kriegt eine Band bei einem Hörer nur eine Chance. Ein schlechtes Album, ein schlechter Auftritt und man kann sich den erhofften neuen Fan ans Bein streichen. Ähnlich verhielt es sich bei mir und Emerald: zu statisch, zu verkrampft und kraftlos wirkten sie bei einem Gig in Wohlen vor beinahe zwei Jahren auf mich und trotz ihrer kultigen Scheibe «Hymns To Steel» von 2007 hakte ich die Band als höchstens durchschnittlich ab. Dass dies die falsche Reaktion war, davon wurde ich an diesem Abend, als Emerald die Ehre kriegten, für Omen und Savage Grace zu eröffnen, eindeutig überzeugt. Was hat sich in den beiden letzten Jahren verändert? Am auffälligsten ist sicher der neue Mann am Mikro. Mit dem charismatischen und energie-geladenen Thomas Winkler hat man nämlich endlich einen Fronter in den Reihen, der den epischen Schlachtenhymnen der Sorte «Hymn To Steel», «Empire Of Lies» oder «Revenge» die nötige Power verleiht und gleichzeitig noch posen kann, wie frisch aus den 80ern entsprungen (auch wenn das übliche Rüschchenhemd nicht unbedingt sein müsste). Zwar sang der dynamische Jungspund hin und wieder über die Melodie hinaus, doch dass er ein variables und starkes Stimmorgan hat, dies konnte an diesem Abend keiner überhören. Da verhielt sich die Sache mit dem Keyboard schon anders. Durch den etwas dröhnenden Bass-Sound und die allgemein hohe Lautstärke gingen nämlich praktisch alle Tastenklänge verloren, etwas, das dem emerald'schen Sound ehrlich gesagt aber gar nicht so schlecht stand, wirkte der Sechser so doch einiges härter und kultiger, d.h. mehr nach Omen eben als Stratovarius und Co. Daran beteiligt ist sicherlich auch das neue, noch unveröffentlichte Material, von welchem es an diesem Abend schon eine Kostprobe gab. Nummern wie «The Secret Agenda», «Where's Your God» punkteten dabei mit erdigen Riffs und mehr Wumms als die bisherigen Stücke aus dem Hause Emerald. Klar, an die nachfolgenden Darbietungen von Omen und Savage Grace reichten die Jungspunde noch nicht wirklich heran, sowohl in Sachen Songwriting als auch Live-Performance kann man sicher noch etwas lernen. Doch wenn jemand wie Omen-Bassist Andy Haas mit Emerald auf der Bühne feiert, dann kann man seine Sache so schlecht nicht machen. Old-School und true sind Emerald auf jeden Fall, obwohl man eine Hit-Nummer wie Iron Maiden's «Two Minutes To Midnight» einfach nicht covern sollte. (kis)

Setliste: «Hymn To Steel» - «Empire Of Lies» - «Revenge» - «Witches Tower» - «The Secret Agenda» - «Mutiny» - «2 Minutes To Midnight» - «Where's Your God» - «Emerald Knights».

Omen
Man stelle sich folgende Situation vor: Eine Band mit nie stillstehendem Besetzungs-karussell, mit 80er-Jahre-Kult-Status, deren Gitarrist sich wenige Tage zuvor den kleinen Finger der linken Hand angebrochen hat, spielt früher als geplant vor gerade mal 30 Leuten. Unter diesen alles andere als glücklichen Bedingungen stiegen Omen auf die Bühne und kaum jemand wäre wohl überrascht gewesen, hätten sich die Umstände spürbar auf die Stimmung der Truppe, die mit ihrem Debüt «Battle Cry» von 1984 Metal-Geschichte schrieben, ausgewirkt. «The show must go on» schienen sich jedoch Axtmann Kenny Powell und seine Mannen auf die Fahnen geschrieben zu haben, denn schon mit dem eröffnenden «Termination» zerstreute man alle skeptischen Befürchtungen. Voller Energie wurde den wenigen Anwesenden nämlich genau eines geboten: urwüchsiger US-Power Metal! Nahtlos ging's in den treibenden Klassiker «Death Rider» über und ab dann gab es schlicht kein Halten mehr und die handvoll Fans feierte mit Mitsingen, Bangen und jede Menge Applaus frenetisch ihre Helden, wobei doch einige der Zuschauer Omen altersbedingt kaum schon mal live gesehen haben dürften. Dass die alten Schlachtenhymnen nichts von ihrem Glanz verloren haben, zeigten das epische «Dragon's Breath» vom 87er-Album «Nightmares» genauso wie «Ruby Eyes (Of The Serpent)». Doch nicht nur am Material lag es, dass Omen wohl jeden Einzelnen der Metalheads mit Traditions-verständnis für sich gewinnen konnten.

Mit dem aktuellen Line-Up scheint der mit Irokesen-Schnitt versehene Kenny Powell, welcher trotz schon erwähntem kaputtem Finger klingenscharfe Soli en masse zockte und dabei pausenlos das Gesicht zu Grimassen verzog, die perfekte Wahl getroffen zu haben. Allen voran war es der neue Front-Krieger George Call, welcher mit seiner im Vergleich zu früheren Sängern wie JD Kimball oder Coburn Pharr (Ex-Annihilator) eine vollere, wärmere Stimme besitzt, gleichzeitig aber auch Schauer verbreitende Schreie zu seinem Repertoire zählen kann. Dazu ging das Stimmwunder auch souverän mit der Situation um, scherzte zwischen den Songs und wurde nicht müde, immer und immer wieder zu beteuern, wie dankbar er dem übrigens äusserst textsicheren Publikum doch sei. Eine mitreissende Nummer folgte so in zwar nicht glasklarer aber durchaus ordentlicher und druckvoller Klangqualität auf die nächste und ohne Frage würde so manche traditionelle Metal-Band auch heute noch viel dafür geben, zumindest einen Song vom Schlage «The Axeman», «Into The Arena» oder «The Teeth Of The Hydra» ihr Eigen nennen zu können. Lautstark wurde so nach Zugaben gefordert, ein Wunsch, der in Form des grandiosen «Battle Cry», gefolgt von «Warning Of Danger», so zufriedenstellend erfüllt wurde, dass sich unter den Zuschauern gar noch jemand dazu berufen fühlte, sich als Crowdsurfer zu versuchen. Dass sich Omen 2010 und allen Widrigkeiten zum Trotz in einem solch energetischen Zustand präsentieren würden, hatte zumindest ich nicht erwartet und man kann nur hoffen, dass die angekündigte neue Scheibe bald Wirklichkeit werden wird und auch das Line-Up im Gegensatz zu den letzten Jahren endlich konstant bleibt. (kis)

Setliste: «Termination» - «Death Rider» - «Dragon's Breath» - «Ruby Eyes (Of The Serpent)» - «Die By The Blade» - «Blood On The Water» - «The Axeman» - «Into The Arena» - «The Teeth Of The Hydra» - «The Curse» -- «Battle Cry» - «Warning Of Danger».

Savage Grace
Was muss das für ein Wechselbad der Gefühle für den Veranstalter von «Heavy Shit Productions» gewesen sein, als plötzlich die überaus schlechte Nachricht die Runde machte, dass der Headliner an diesem Abend tatsächlich nicht mehr auftauchen würde! Ansich der Supergau schlechthin, doch die Gottheit aller Metaller (und die scheint es wirklich zu geben!) hatte jedoch ein Einsehen und so marschierte die heiss ersehnte Truppe kurz nach 23.00 Uhr dennoch und ziemlich gehetzt ein. Das Hauptproblem war jetzt aber, dass das Konzert um allerspätestestens Mitternacht beendet sein musste. Das setzte die Band vermeintlich unter Zugzwang, doch es kam erfreulicherweise anders heraus. Savage Grace anno 2010 bestehen in Sachen Line-Up von früher nur noch aus Sänger Chris Logue. Der Rest der Truppe hat die gleiche, weitere aktive wie gemeinsame Wirkungsstätte namens Roxxcalibur. Trotz diesem Umstand und den vergangenen, zahlreichen Besetzungswechseln will man überzeugt als wiedervereinigte Band auftreten und es ist gar von neuen Songs die Rede! Diese waren heute Abend jedoch eher weniger gefragt und angesichts der möglichen Netto-Spielzeit von bloss etwas über 50 Headliner-Minuten (!!) musste eh was geschehen. Und nun sind wir an dem Punkt angelangt, wo sich all diejenigen kurz zuvor noch anwesenden und sich vom Acker gemachten Fans für immer und ewig in den Arsch beissen werden! Was Chris Logue und seine Hintermannschaft nämlich von der ersten bis zur letzten Sekunde an, beginnend mit «Bound To Be Free», über «Into The Fire» und «Betrayer», sowie weiteren sechs innert der Zeit angesprochenen wie spielbaren Dampframmen ihrer kultigen Frühwerke abfeuerten, war schlicht von einem anderen Stern! Zwischen den einzelnen Songs gönnte sich die völlig locker aufspielende Band keine einzige Sekunde Pause und ballerte jeweils gleich unvermindert weiter. Der überaus schmächtige Chris Logue (mit Kopftuch) sah zwar irgendwie wie ein schwer gezeichnetes Drogenwrack aus, verzog sein Gesicht kaum bis gar nicht und sang dafür umso besser! Die hohen Screams bei «Into The Fire» waren einfach weltklasse erinnerten nicht selten an Jag Panzer Sanges-Gott Harry "The Tyrant" Conklin.

Die aktuelle Hintermannschaft von Roxxcalibur mit den Gitarristen Eric "Kalli" Kaldschmid und Roger Dequis, sowie der Rhythmus-Fraktion um Mario Lang (b) und Neudi (d) bildet zusammen mit Herrn Logue die gegenwärtige Ausgabe von Savage Grace, also einer vollwertigen Band gemäss ihrem Statement. Und eben diese Jungs legten in dem "modrigen Loch" des Dynamo einen hypergenialen Soundteppich hin, der mich von der Intensität her regelrecht umhaute! Das war einfach nicht zu glauben, mit welcher Leichtigkeit diesen alten Speed- und Thrash-Schoten neues Leben eingehaucht wurde. Auch der Sound erreichte den Umständen entsprechend eine recht gute Note und die zwei bis drei verbliebenen Dutzendschaften liessen ihre Matten wild kreisen und bangten was das Zeug hielt. Gemeinsam erlebten wir sowas wie die livehaftige Wiederauferstehung einer Legende! Durch das Weglassen der instrumentalen Soli von Drum und Gitarre brachte man es immerhin fertig, den regulär geplanten Teil der Setliste durch zu spielen. Leider mussten dann am Schluss doch noch zwei Songs («Burn» und «Live To Burn») über die Klinge springen! Ersterer wäre übrigens tatsächlich die mittlerweile sattsam bekannte Version des populären Whitesnake-Smashers gewesen, den die Meute noch liebend gerne gehört hätte. Die CD-Version knallt auf jeden Fall wie Sau, genau so wie der etwas gemächlichere Groover «Live To Burn». Den sprichwörtlichen Vogel schossen Savage Grace dann aber ganz am Schluss ab, als sie noch Judas Priest's «Exciter» mit voller Wucht ins altehrwürdige Gemäuer rein bliesen. Du meine Fresse war das ein Brett und leider um Punkt, nein fast Schlag Mitternacht viel zu früh zu Ende. Nur Candlemass anno 2003 waren noch besser am gleichen Ort, aber das ist eine andere Geschichte. Der Amerikaner und seine deutschen Kumpels werden unter anderem mitte Juli auch auf dem Jubiläums-BYH!!! 2010 in Balingen (D) auf der Bühne stehen und auf das freue ich mich ohne Ende! (rsl)

Setliste: «Intro/Bound To Be Free» - «Into The Fire» - «Betrayer» - «After The Fall From Grace» - «Master Of Disguise» - «We Came, We Saw, We Conquered» - «The Dominatress» - «Sins Of The Damned» -- «Exciter».