Livereview: Saxon - Children Of Bodom - Sylosis

22. November 2015, Pratteln – Z7
By Rockslave
Das britische NWOBHM-Urgestein Saxon brachte im Herbst mit «Battering Ram» eines der pfundigsten und zumindest chartmässig erfolgreichsten Alben seiner eh schon glorreichen Karriere heraus. Das erfreut und erstaunt einen zugleich, denn auch wenn man natürlich keinesfalls von einem grassierenden Qualitätsverlust sprechen kann, haftete den letzten paar Scheiben eine gewisse Mittelmässigkeit an. Allerdings befindet sich dieses Niveau bedeutend höher oben, als das viele Bands je erreichen werden, und von den stets energetischen Live-Auftritten sprechen wir gar nicht erst, respektive konstatieren, dass die Briten zu den geborenen Live-Bands gehören und eigentlich noch nie eine schlechte Show abgeliefert haben. Dabei spielt es keine Rolle, ob 200 oder 20‘000 Leute vor der Bühne stehen. Des Weiteren fristet Frontmann Biff Byford mit seinen bald einmal 65 Jahren (im Januar 2016) keinesfalls ein Rentnerdasein, sondern ist immer noch erstaunlich fit, sprich bestens bei Stimme. Die heutigen Support-Bands Children Of Bodom und Sylosis kamen nur deshalb im Z7 zum Zug, da Lamb Of God ihre Tournee wegen den Terroranschlägen von Paris cancelten, so auch das heutige in Zürich angesagte Konzert.

Sylosis

Aufgrund der kurzfristigen Absage der Tournee der Lämmer Gottes hätten die Thrash Melodic Deather aus Reading (UK) heute einen Day-Off einschieben müssen. Da die Drähte hierzu im Hintergrund auf Stufe Tour-Management aber heiss liefen, fand man die Möglichkeit, heute Abend nach Pratteln zu pilgern und den Abend für die Landsleute zu eröffnen. Stilistisch gesehen passten Sylosis jedoch nicht wirklich in dieses Billing rein, und wie sonst auch an Festivals üblich, respektive wo man unter Umständen ja nicht jede Band mag, gönnte sich der eine oder andere während der ersten halben Stunde halt gemütlich ein Bier am Tresen oder zog sich vor der Halle genüsslich einen Glimmstängel rein. Mein Fall waren Sylosis auch nicht wirklich, was weniger am Sound, denn am Gesang von Frontmann Josh Middleton lag. Das permanente Metalcore-artige Gekeife geht mir grundsätzlich relativ schnell auf den Senkel. Immerhin gibt es Songs wie zum Beispiel «Mercy», wo zwischendurch auch mal cleane Vocals auftauchen und das Tempo gegen den Schluss hin sogar bis auf Stufe Doom runter geht oder «After Lifeless Years», das nebst pfeilschnellem Thrash auch melodische Breaks mit Clean-Gesang bietet. Da diese Auflockerung innerhalb der support-mässigen halben Stunde jedoch nur sehr spärlich auszumachen war, sank mein Interesse an der Darbietung der ersten Band des Abends ziemlich schnell. Das ist insofern noch schade, als dass die Truppe technisch ohne Zweifel sehr versiert ist und sich die Musik als Solche, wie bei Arch Enemy, auf ziemlich hohem Niveau bewegt. Die ersten paar Reihen vor der Bühne konnten sich jedoch mit dem anspruchsvollen Sound der Briten offensichtlich anfreunden und quittierten die Chose mit ordentlichem Applaus.


Children Of Bodom
Streng genommen unterscheidet ist der Gesang von Mainman Alexi Laiho nicht wesentlich von dem seines heutigen Vorgängers, doch das Gesamtpaket der Finnen passt mir eindeutig besser. Allerdings habe ich die Karriere der Finnen schon länger aus den Augen verloren und kaum weiter verfolgt. Grund dafür in erster Linie war, dass mir Vieles, wenn nicht fast alles, was nach dem Meisterwerk «Follow The Reaper» von 2001 folgte, nicht mehr mundete. Höre ich da wieder mal rein, wird auch klar warum, denn einerseits dominierten powermetallische Elemente (was Alexi selber allerdings energisch bestreitet!) gegenüber dem reinen Gebretter, und die damalige musikalische Nähe zu Sonata Arctica (als diese wirklich noch was drauf hatten) brachte einen weitaus melodischeren Sound hervor, wo die Keyboards von Janne Wirman deutlich(er) im Vordergrund standen. Dies führte dann eben dazu, dass ich den gutturalen Gesang auf diese Art und Weise ertragen konnte. Fakt ist auf jeden Fall, dass sich Children Of Bodom stilistisch nicht einfach über das Knie brechen lassen und Herr Laiho dazu meint, dass es einfach Metal sei. Damit hat er natürlich nicht unrecht und somit finden darin alle Strömungen Platz, die im Verlauf der letzten Jahre auf den Alben zu hören waren. Obwohl die Truppe aus dem hohen Norden vor allem in der Heimat ziemlich erfolgreich war und diverse fette Tourneen mit namhaften Szenekollegen wie Slayer, Megadeth oder In Flames absolviert werden konnten, stand diese nie anhaltend im Fokus meines Interesses. Das änderte sich heuer auch nach dem Release von «I Worship Chaos», dem mittlerweile neunten Studioalbum, nicht wesentlich. Viel Neues ist nach wie vor nicht zu hören und der charakteristische Gesang hat sich eh nicht geändert. Wieso sollte er auch?! Im Gegensatz zu Sylosis legten Alexi und seine Jungs jedoch noch eine kräftige Schippe drauf und agierten insgesamt deutlich tighter. Das übertrug sich entsprechend bald auf die anwesenden Fans, die immer lauter reagierten. Meine Lauschklappen vibrierten dabei eher bei gemässigterem Tempo, wie beim neuen Song «Morrigan», deutlich mehr als beim zumeist gleichförmigen Gebolze. Damit wurde letztlich auch klar, warum die ersten beiden Bands eigentlich besser bei Lamb Of God aufgehoben gewesen wären. Nichtsdestotrotz wurden heute Abend womöglich ein paar zusätzliche neue COB-Fans generiert, was der Szene insgesamt nur gut tut.


Saxon
Ich weiss jetzt echt nicht, das wievielte Mal ich Saxon schon live gesehen habe, aber selten freute ich mich so auf den Auftritt des heutigen Headliners. Der Grund dafür ist natürlich das bärenstarke neue Album «Battering Ram», das für kollektive Freude sorgte. Wie bereits im Vorwort erwähnt, kann eigentlich nicht von einer kompositorischen Stagnation gesprochen werden, aber etwas Treten an Ort durfte schon in den Mund genommen werden. Warum nun ausgerechnet das 21. Studioalbum für echte Begeisterung sorgt, ist eigentlich völlig schnuppe! Bereits der Opener und Titeltrack liess die Kinnladen reihenweise nach unten fallen und genau dieser erfreuliche Effekt stellte sich gleich zu Beginn des Konzertes ein. Ein Metal-Stampfer der Oberklasse, der sich lockerst neben dem gewaltigen Backkatalog behaupten kann. Dazu gehörte mitunter auch der gleich anschliessende Klassiker «Motorcycle Man», der genau so viel Schmiss wie auf der legendären 82-er Live-Scheibe «The Eagle Has Landed» aufwies! «Power And The Glory» als über die Jahre insgesamt eher etwas seltener berücksichtigter Oldie kam auch wieder mal zum Zug, doch zuvor rockte «Destroyer» als zweiter Setlisten-Neuling das Z7 in Grund und Boden. Was Biff dazu am Schluss für Screams vom Stapel liess, legte eindrücklich Zeugnis darüber ab, wie gut der Bald-Rentner immer noch im Futter steht! Das gilt selbstverständlich für die ganze Band und insbesondere Drummer Nigel Glockler, der sich nach der nicht ungefährlichen Tumoroperation am Kopf zum Glück wieder bestens erholt hat und zusammen mit Bass-Derwisch Nibbs Carter für unablässigen Groove sorgte. Das alles wäre als Ganzes ohne das kongeniale Gitarren-Duo Doug Scarratt und Paul Quinn freilich undenkbar. Die rasanten wie filigranen Twin-Soli und das dazugehörige Riffgewitter bilden die Ur-Suppe des typischen Saxon-Sounds, der seit 1979 zum Grundgerüst der ganzen Heavy Metal Szene gehört. «The Devil’s Footprint» und «Eye Of The Storm» als dritter und vierter Vertreter der aktuellen Langrille brillierten ebenso und erleichterten womöglich die Zusammenstellung der Setliste, sprich bewirkten vielleicht genau das Gegenteil, weil auf «Battering Ram die Dichte der guten Songs, wie eben schon lange nicht mehr, so hoch ist. Gerade mal neun Tage lag das unfassbare Terror-Drama von Paris zurück, und so hinterliess die Ehrerbietung an die unschuldigen Toten mit «Broken Heroes» vorübergehend einen spürbaren Kloss im Hals zurück. Das oberfett abrockende «Queen Of Hearts» beendete schliesslich die Kür der Frischware mit Ausgabejahr 2015 mit einer abermals gesanglichen Glanzleistung. Doch Biff und seine Jungs hatten ihren Köchern noch längst nicht alle Pfeile entnommen. Nebst dem unverwüstlichen «Crusader» folgten noch ein paar an dieser Stelle mittlerweile sattsam bekannte Kracher. Auch wenn das Z7 nicht ausverkauft war, vermochte der Headliner vor doch einigen Hundertschaften einmal mehr voll zu punkten.

Setliste: «Battering Ram» - «Motorcycle Man» - «Sacrifice» - «Destroyer» - «Power And The Glory» - «20’000 Ft» - «The Devil’s Footprint» - «Heavy Metal Thunder» - «Eye Of The Storm» - «Broken Heroes» - «Queen Of Hearts» - «Battalions Of Steel» - «Crusader» - «Princess Of The Night» -- «Wheels Of Steel» - «Strong Arm Of The Law» - «Denim And Leather».