Das britische NWOBHM-Urgestein Saxon brachte im Herbst mit
«Battering Ram» eines der pfundigsten und zumindest chartmässig
erfolgreichsten Alben seiner eh schon glorreichen Karriere heraus.
Das erfreut und erstaunt einen zugleich, denn auch wenn man
natürlich keinesfalls von einem grassierenden Qualitätsverlust
sprechen kann, haftete den letzten paar Scheiben eine gewisse
Mittelmässigkeit an. Allerdings befindet sich dieses Niveau
bedeutend höher oben, als das viele Bands je erreichen werden, und
von den stets energetischen Live-Auftritten sprechen wir gar nicht
erst, respektive konstatieren, dass die Briten zu den geborenen
Live-Bands gehören und eigentlich noch nie eine schlechte Show
abgeliefert haben. Dabei spielt es keine Rolle, ob 200 oder 20‘000
Leute vor der Bühne stehen. Des Weiteren fristet Frontmann Biff
Byford mit seinen bald einmal 65 Jahren (im Januar 2016) keinesfalls
ein Rentnerdasein, sondern ist immer noch erstaunlich fit, sprich
bestens bei Stimme. Die heutigen Support-Bands Children Of Bodom und
Sylosis kamen nur deshalb im Z7 zum Zug, da Lamb Of God ihre Tournee
wegen den Terroranschlägen von Paris cancelten, so auch das heutige
in Zürich angesagte Konzert.
Sylosis Aufgrund der
kurzfristigen Absage der Tournee der Lämmer Gottes hätten die Thrash
Melodic Deather aus Reading (UK) heute einen Day-Off einschieben
müssen. Da die Drähte hierzu im Hintergrund auf Stufe
Tour-Management aber heiss liefen, fand man die Möglichkeit, heute
Abend nach
Pratteln
zu pilgern und den Abend für die Landsleute zu eröffnen. Stilistisch
gesehen passten Sylosis jedoch nicht wirklich in dieses Billing
rein, und wie sonst auch an Festivals üblich, respektive wo man
unter Umständen ja nicht jede Band mag, gönnte sich der eine oder
andere während der ersten halben Stunde halt gemütlich ein Bier am
Tresen oder zog sich vor der Halle genüsslich einen Glimmstängel
rein. Mein Fall waren Sylosis auch nicht wirklich, was weniger am
Sound, denn am Gesang von Frontmann Josh Middleton lag. Das
permanente Metalcore-artige Gekeife geht mir grundsätzlich relativ
schnell auf den Senkel. Immerhin gibt es Songs wie zum Beispiel
«Mercy», wo zwischendurch auch mal cleane Vocals auftauchen und das
Tempo gegen den Schluss hin sogar bis auf Stufe Doom runter geht
oder «After Lifeless Years», das nebst pfeilschnellem Thrash auch
melodische Breaks mit Clean-Gesang bietet. Da diese Auflockerung
innerhalb der support-mässigen halben Stunde jedoch nur sehr spärlich
auszumachen war, sank mein Interesse an der Darbietung der ersten
Band des Abends ziemlich schnell. Das ist insofern noch schade, als
dass die Truppe technisch ohne Zweifel sehr versiert ist und sich
die Musik als Solche, wie bei Arch Enemy, auf ziemlich hohem Niveau
bewegt. Die ersten paar Reihen vor der Bühne konnten sich jedoch mit
dem anspruchsvollen Sound der Briten offensichtlich anfreunden und
quittierten die Chose mit ordentlichem Applaus.
Children Of Bodom Streng genommen unterscheidet
ist der Gesang von Mainman Alexi Laiho nicht wesentlich von dem
seines heutigen Vorgängers, doch das Gesamtpaket der Finnen passt
mir eindeutig besser. Allerdings habe ich die Karriere der Finnen
schon länger aus den Augen verloren und kaum weiter verfolgt. Grund
dafür in erster Linie war, dass mir Vieles, wenn nicht fast alles,
was nach dem Meisterwerk «Follow The Reaper» von 2001 folgte, nicht
mehr mundete. Höre ich da wieder mal rein, wird auch klar warum,
denn einerseits dominierten powermetallische Elemente (was Alexi
selber allerdings energisch bestreitet!) gegenüber dem reinen
Gebretter, und die damalige musikalische Nähe zu Sonata Arctica (als
diese wirklich noch was drauf hatten) brachte einen weitaus
melodischeren Sound hervor, wo die Keyboards von Janne Wirman
deutlich(er) im Vordergrund standen. Dies führte dann eben dazu,
dass ich den gutturalen Gesang auf diese Art und Weise ertragen
konnte. Fakt ist auf jeden Fall, dass sich
Children
Of Bodom stilistisch nicht einfach über das Knie brechen lassen und
Herr Laiho dazu meint, dass es einfach Metal sei. Damit hat er
natürlich nicht unrecht und somit finden darin alle Strömungen
Platz, die im Verlauf der letzten Jahre auf den Alben zu hören
waren. Obwohl die Truppe aus dem hohen Norden vor allem in der
Heimat ziemlich erfolgreich war und diverse fette Tourneen mit
namhaften Szenekollegen wie Slayer, Megadeth oder In Flames
absolviert werden konnten, stand diese nie anhaltend im Fokus meines
Interesses. Das änderte sich heuer auch nach dem Release von «I
Worship Chaos», dem mittlerweile neunten Studioalbum, nicht
wesentlich. Viel Neues ist nach wie vor nicht zu hören und der
charakteristische Gesang hat sich eh nicht geändert. Wieso sollte er
auch?! Im Gegensatz zu Sylosis legten Alexi und seine Jungs jedoch
noch eine kräftige Schippe drauf und agierten insgesamt deutlich
tighter. Das übertrug sich entsprechend bald auf die anwesenden
Fans, die immer lauter reagierten. Meine Lauschklappen vibrierten
dabei eher bei gemässigterem Tempo, wie beim neuen Song «Morrigan»,
deutlich mehr als beim zumeist gleichförmigen Gebolze. Damit wurde
letztlich auch klar, warum die ersten beiden Bands eigentlich besser
bei Lamb Of God aufgehoben gewesen wären. Nichtsdestotrotz wurden
heute Abend womöglich ein paar zusätzliche neue COB-Fans generiert,
was der Szene insgesamt nur gut tut.
Saxon
Ich weiss jetzt echt nicht, das wievielte Mal ich Saxon schon live
gesehen habe, aber selten freute ich mich so auf den Auftritt des
heutigen Headliners. Der Grund dafür ist natürlich das bärenstarke
neue Album «Battering Ram», das für kollektive Freude sorgte. Wie
bereits im Vorwort erwähnt, kann eigentlich nicht von einer
kompositorischen Stagnation gesprochen werden, aber etwas Treten an
Ort durfte schon in den Mund genommen werden. Warum nun ausgerechnet das
21. Studioalbum für echte Begeisterung sorgt, ist eigentlich völlig
schnuppe! Bereits der Opener und Titeltrack liess die Kinnladen
reihenweise nach unten fallen und genau dieser erfreuliche Effekt
stellte sich gleich zu Beginn des Konzertes ein. Ein Metal-Stampfer
der Oberklasse, der sich lockerst neben dem gewaltigen Backkatalog
behaupten kann. Dazu gehörte mitunter auch der gleich anschliessende
Klassiker «Motorcycle Man», der genau so viel Schmiss wie auf der
legendären 82-er Live-Scheibe «The Eagle Has Landed» aufwies! «Power
And The Glory» als über die Jahre insgesamt eher etwas seltener
berücksichtigter Oldie kam auch wieder mal zum Zug, doch zuvor
rockte «Destroyer» als zweiter Setlisten-Neuling das Z7 in Grund und
Boden. Was Biff dazu am Schluss für Screams vom Stapel liess, legte
eindrücklich Zeugnis darüber ab, wie gut der Bald-Rentner immer noch
im Futter steht! Das gilt selbstverständlich für die ganze Band und
insbesondere Drummer Nigel Glockler,
der
sich nach der nicht ungefährlichen Tumoroperation am Kopf zum Glück
wieder bestens erholt hat und zusammen mit Bass-Derwisch Nibbs Carter für
unablässigen Groove sorgte. Das alles wäre als Ganzes ohne das
kongeniale Gitarren-Duo Doug Scarratt und Paul Quinn freilich
undenkbar. Die rasanten wie filigranen Twin-Soli und das
dazugehörige Riffgewitter bilden die Ur-Suppe des typischen
Saxon-Sounds, der seit 1979 zum Grundgerüst der ganzen Heavy Metal
Szene gehört. «The Devil’s Footprint» und «Eye Of The Storm» als
dritter und vierter Vertreter der aktuellen Langrille brillierten
ebenso und erleichterten womöglich die Zusammenstellung der
Setliste, sprich bewirkten vielleicht genau das Gegenteil, weil auf
«Battering Ram die Dichte der guten Songs, wie eben schon lange
nicht mehr, so hoch ist. Gerade mal neun Tage lag das unfassbare
Terror-Drama von Paris zurück, und so hinterliess die Ehrerbietung
an die unschuldigen Toten mit «Broken Heroes» vorübergehend einen
spürbaren Kloss im Hals zurück. Das oberfett abrockende «Queen Of
Hearts» beendete schliesslich die Kür der Frischware mit Ausgabejahr
2015 mit einer abermals gesanglichen Glanzleistung. Doch Biff und
seine Jungs hatten ihren Köchern noch längst nicht alle Pfeile
entnommen. Nebst dem unverwüstlichen «Crusader» folgten noch ein
paar an dieser Stelle mittlerweile sattsam bekannte Kracher. Auch
wenn das Z7 nicht ausverkauft war, vermochte der Headliner vor doch
einigen Hundertschaften einmal mehr voll zu punkten.
Setliste: «Battering Ram» - «Motorcycle Man» - «Sacrifice» -
«Destroyer» - «Power And The Glory» - «20’000 Ft» - «The Devil’s
Footprint» - «Heavy Metal Thunder» - «Eye Of The Storm» - «Broken
Heroes» - «Queen Of Hearts» - «Battalions Of Steel» - «Crusader» -
«Princess Of The Night» -- «Wheels Of Steel» - «Strong Arm Of The
Law» - «Denim And Leather».
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