Ursprünglich war dieses Tour-Package noch etwas edler
bestückt, sprich an der Stelle von FM wären eigentlich Y&T gewesen.
Da Mainman Dave Meniketti aber aus gesundheitlichen Gründen schweren
Herzens forfait geben musste, brauchte es einen valablen Ersatz. Als
die UK Melodic-Rocker von FM bestätigt wurden, wogen die Freude und
Skepsis meinerseits zu Beginn etwa gleich viel. Obwohl die Briten im
Frühling mit ihrem immerhin elften Studioalbum «Atomic Generation»
ein starkes Zeichen setzten, wollte sie im Sandwich zwischen Saxon
und Raven nicht wirklich passen. Doch erstens kommt es anders und
zweitens als man denkt! Wie es letztlich heraus kam, könnt Ihr dem
untenstehenden Livebericht entnehmen. Was den Headliner angeht, so
setzte sich dieser nach dem monströs starken Album «Battering Ram»
(2015) und der dazugehörigen Tour mindestens etwas unter Zugzwang,
da «Thunderbolt» als Scheibe Nummer 22 (!) nicht ganz auf Augenhöhe
liegt. Biff & Co. hatten aber noch nie Mühe damit und es sollte auch
diesmal unter dem Strich kaum bis nichts zu bemängeln geben. Dass
Raven als erster Support leider nur gerade eine halbe Stunde
Spielzeit kriegten, war jedoch übel.
Raven
Gemessen am Alter der Band (Raven wurden 1974 gegründet!) hätten die
heutigen Vorzeichen bezüglich der Running Order eigentlich andere
sein müssen. Doch obwohl Bands wie Metallica und Anthrax in jungen
Jahren im Vorprogramm der Briten standen, kam es erfolgsmässig ganz
anders heraus. Die Gründe dafür sind vielfältig und böten
genug
Gesprächsstoff für einen kompletten Dokumentar-Film. Die Band um die
Gebrüder Gallagher, sprich John (v/b) und Mark (g) hat aber nie
aufgesteckt und allen Widrigkeiten getrotzt. Die letzte Studiorille
«ExtermiNation» kam vor drei Jahren unter die Gefolgschaft und
seither sind Raven zu verschiedenen Gegebenheiten immer wieder mal
live unterwegs gewesen, unter anderem auch 2017 am «Bang Your
Head»-Festival in Balingen (D). Gleichenjahres besuchte man als
Anheizer für Udo Dirkschneider das Z7 letztmals. Heuer brauchte das
Trio, bei dem Drummer Mike Heller nach Rob Hunter (1979 – 1988) und
Joe Hasselvander (1988 – 2018) nun als dritter Schlagzeuger die
Arbeit hinter den Kesseln verrichten darf, wiederum keine
Anwärmzeit. Da geht es von der ersten Sekunde an stets forsch ab,
und wenn man dann nur gerade eine halbe Stunde auf der Bühne
verbringen darf, umso mehr. In der gewohnt ruppigrumpligen Art
pflügten sich John, Mark und Mike durch den heutigen Kurzset und
performten agil wie schweisstreibend zugleich. Vor allem Gitarrist
Mark Gallagher malträtierte seine im Einsatz stehenden Saiten-Äxte
wie seinerzeit Chris Holmes bei W.A.S.P. – Entsprechend gebraucht
sahen die bemitleidenswerten Dinger dann auch aus. Die Auftrittszeit
schritt dabei gnadenlos voran und entsprechend schnell war das
Konzert vorüber. Beim U.D.O.-Gig dauerte das Ganze immerhin eine ganze
Stunde, also gleich doppelt so lange. Vielleicht beim nächsten Mal
wieder, wann auch immer das sein wird, und dann mindestens 45
Minuten. Alles andere liegt unter der Würde dieser Kult-Combo!
Setliste: «Destroy All Monsters» - «Hell Patrol» - «All For One»
- «Hung, Drawn & Quartered» - «Top Of The Mountain» - «On And On».
FM
Nun wurde es interessant, denn nach der deutlich härteren Vorlage
durch Raven mussten deren Landsleute beweisen, dass sich ihr
Engagement anstelle von Y&T dennoch auszahlte. Was wohl nicht so
viele Leute des anwesenden Publikums gewusst haben dürften, ist,
dass FM bisher, trotz dem Break zwischen 1995 und 2007, eine
bemerkenswerte Karriere hingelegt haben und mit einigen namhaften
Bands der Szene wie Bon Jovi, Thin Lizzy, Europe, Foreigner, Magnum,
Status Quo oder Gary Moore unterwegs waren. Getragen wird die
fünfköpfige Truppe seit dem Relaunch durch die drei Ur-Members Steve
Overland (v/g, Ex-Wildlife), Merv Goldsworthy (b, v, Ex-Samson) und
Pete Jupp (d/v, Ex-Samson). Keyboarder Jim Davis stiess in den 90ern
dazu und war ab 2007 auch wieder dabei. Ein Jahr später folgte der
zweite Gitarrist Jim Kirkpatrick, der somit auch schon eine ganze
Dekade in der Band mit dabei ist. Klingt somit nach einem
eingespielten Haufen, und das war er dann auch, und wie! Was danach
folgte, war eine Lektion in Sachen hochstehendem AOR / Melodic Rock.
Obwohl natürlich einige Härtegrade im Vergleich zu Raven fehlten,
liessen FM nichts anbrennen und spielten ihre Erfahrung souverän
aus. Das mündete schon bald in immer
lauteren
Applaus durch die sichtlich unterhaltenen Metalheads, die klar in
der Überzahl waren. Das kam nicht nur für mich überraschend, sondern
für die meisten Besucher des heutigen Konzertabends. Steve Overland,
inzwischen auch längst fünfzig gewesen, erinnerte äusserlich etwas
an Danny Bowes von Thunder und war gesanglich ebenso sackstark
drauf. Nachdem es zu Beginn insgesamt eher lieblicher, das heisst
melodischer klang, legte die Band kontinuierlich zu und rockte
hinten raus mit sichtlicher Leidenschaft. Das sahen dann zwar
letztlich nicht alle Fans so, aber zu dieser erspielten tollen
Stimmung brauchte es keine Kommentare mehr. Das Wagnis, wenn es denn
überhaupt eines war, wurde zu 100 Prozent belohnt.
Saxon Die britische Metal-Institution mag
insgesamt nicht so erfolgreich wie Judas Priest oder Iron Maiden
geworden sein, aber gemessen an zig hochkarätigen Alben seit dem
Debüt von 1979 und gefühlt endlosen Konzerttourneen in Europa und
Übersee brauchen sich Saxon vor gar niemandem zu verstecken. Die
treue Fanbase ist längst zahlreich, auch wenn das Konzert von heute
Abend nicht ausverkauft war. Man konnte sich aber so oder so auf
eine wiederum fette Show freuen, die stets den Anspruch stellt, den
Fans ein paar
neue Tracks schmackhaft zu machen und gleichzeitig nie mit zeitlosen
Klassikern zu geizen. Wie oft, ging dem Opener zur Tour des
aktuellen Albums «Thunderbolt» ein Intro («Olympus Rising») voraus
und setzte den nachfolgenden Titelsong gleich voluminös in Szene.
Beindruckend war dabei, wie die ganze Band mit Leichtigkeit den
Schalter umzulegen vermochte und von Anfang an Vollgas gab. Dass
Frontmann Biff hierbei ohne Mühe schon einige scharfe Screams raus
haute, zeugt von Können und Professionalität, was sich beim
galopp-ierenden «Sacrifice» in wunderbarer Art und Weise fortsetzte.
Nach dem epischen «Nosferatu (The Vampires Waltz)», dem zweiten
neuen Song, wurde das Rad der Zeit ins Jahr 1980 zurück gedreht und
der Gashahnen zu «Motorcycle Man» voll auf gedreht! Wenn man
bedenkt, dass dieser Klassiker langsam aber sicher auf die Vierzig
zugeht und immer noch frisch wie seinerzeit performt wird, lässt
einen schon in Ehrfurcht erstarren. Überhaupt haben Saxon nach einem
leichten Knick in den 90ern in den 2000er-Jahren wieder laufend
zugelegt, was mitunter im granatenstarken Vorgängeralbum «Battering
Ram» (2015) mündete und heuer bei «Thunderbolt» auf Augenhöhe
wiederholt wurde.
Diese Abrissbirnen vor dem Herrn wiesen
Heerscharen von aufstrebenden Jungbands brutal in die Schranken. Der
Jugend gehört zwar die Zukunft mit Sicherheit, aber ohne die
Szene-Ikonen der letzten vier Dekaden, und dazu gehören Biff & Co.
zu 100%, würden sich alle im kompositorischen Nichts verlieren. Und
Leute, Peter „Biff“ Byford wird am 15. Januar 2019 nicht 48, sondern
68 Jahre (!) alt. Was dieser
geborene
Frontmann, zusammen mit seiner verlässlichen Hintermann-schaft, noch
imstande ist abzuliefern, sucht Seinesgleichen. Der vielgehörte
Spruch, dass es partout keine schlechten Saxon-Shows gibt, traf auch
bei diesem x-ten Auftritt im Z7 wieder voll ins Schwarze. Ein Blick
auf die unten aufgeführte Setliste genügt um zu erkennen, welches
fast zweistündige Metal-Spektakel in Pratteln geboten wurde. Nebst
der Ode an Lemmy Kilmister (R.I.P.) mit «They Played Rock And Roll»,
inklusive kurzem Original-einspieler mit Lems Stimme (die so auch auf
dem Album zu hören ist) war vor allem «The Eagle Has Landed» als
erste Zugabe einfach nur gigantisch. Es fehlte lediglich die
legendäre Bühnen-Deko mit dem Licht-Adler, und wenn man nach all den
Jahren überhaupt etwas bemängeln könnte, dann vielleicht das
Festhalten an «Wheels Of Steel». Da gäbe es diverse bessere
Alternativen, aber das gehört wohl in die gleiche Liga wie «Smoke On
The Water» von Deep Purple. Seien wir deshalb grundsätzlich froh und
hoffen, dass uns Saxon in dieser bestechenden Form noch ein paar
Jährchen bei möglichst guter Gesundheit erhalten bleiben werden. Der
zum Glück vollständig wiedergenesene Nigel Glockler kann ein Lied
davon singen. Mit dem wie gewohnt tight gespielten «Denim And
Leather» ging der Schweizer-Gig der «Thunderbolt»-Tournee 2018
würdig zu Ende.
Setliste: «Olympus Rising (Intro)» -
«Thunderbolt» - «Sacrifice» - «Nosferatu (The Vampires Waltz)» -
«Motorcycle Man» - «Predator» - «Strong Arm Of The Law» -
«Battalions Of Steel» - «Power And The Glory» - «Solid Ball Of Rock»
- «The Secret Of Flight» - «Dallas 1 PM» - «They Played Rock And
Roll» - «And The Bands Played On» - «747 (Strangers In The Night)» -
«Sons Of Odin» - «Crusader» - «Princess Of The Night» -- «The Eagle
Has Landed» - «Heavy Metal Thunder» --- «Wheels Of Steel» - «Denim
And Leather».
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