In Krisenzeiten heisst es, zusammen zu stehen, die Kräfte zu
vereinen und gemeinsam an einem Strang zu stehen. Dies dachten sich
wohl auch die beiden Headbang-Garanten Saxon und Iced Earth und
entschieden sich dieses Jahr zum konzerttechnischen Schulterschluss.
Co-Headliner-Tourneen sind dabei ja so eine Sache: Gesetzt dem Fall,
dass beide Bands des Abends zu gefallen wissen, ist man froh darum,
zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen zu können. Ist man von einer
der beiden Gruppen aber nicht sonderlich angetan, so ärgert man sich
doch über die notgedrungen kürzere Spielzeit seiner Lieblinge. Sei
es wie's sei, die Fans beider Bands hatten dieses Jahr keine andere
Chance, als ins Zürcher Volkshaus zu pilgern, um für die eine oder
andere, vielleicht aber doch beide zu applaudieren. Dabei erwies
sich die für sowohl Saxon als auch Iced Earth eher untypische
Location als eher suboptimal für ihren Schweizer Konzert-Stopp. Vor
einem gerade mal halbvollen Raum gaben beide Bands aber alles, wobei
sowohl Iced Earth in wiedererstarktem Kult-Lineup, als auch wie zu
erwarten Saxon alles gaben, halt einfach kürzer als gewohnt. (kis)
Iced Earth
Auf dem Papier (und erst auf dem Fotopass!) sah das Billing des
heutigen Abends sehr schmackhaft aus und erinnerte an frühere
Zeiten, als solche Packages gang und gäbe waren. Das aktuelle
Auftreten solcher Konstellationen ist allerdings eher
geschäftsseitig bedingt, will sagen, dass damit mehr Fans
mobilisiert werden können/sollen. Blickte mal allerdings in das
gähnend leere Volkshaus (der Balkon war geschlossen!), dann musste
man sich ernsthaft fragen, was hier falsch gelaufen ist. Aus gut
unterrichteten Kreisen sickerte später durch, dass der heutige
Auftritt in Zürich (anstatt zum Beispiel im sicher besser besuchten
Z7 in Pratteln) auf einen Entscheid des Tour-Managements zurück zu
führen war. Nun denn..., als erster "Headliner" durften also Jon
Schaffer und seine Jungs ran. Seit der Rückkehr von Matt Barlow ist
wieder spürbar mehr Zug in der Band drin, obwohl "Verding-Bube" und
Nachfolger wie Vorgänger Tim Owens beileibe keinen schlechten Job
machte. Bei Matt war man sich allerdings nicht so sicher, ob er
wirklich wieder
Eier
hat, oder dies nur ein vorübergehender Zustand ist. Durch den
Einstieg bei der dänischen Band Pyramize setzte der nebenberufliche
Polizist seinen Fuss wieder definitiv in die Metal-Welt und dann
verging nicht mehr viel Zeit bis zur von vielen Fans herbei
gesehnten Reunion. Beim letztjährigen Auftritt in Huttwil (BE) als
Support von Judas Priest zündete der Turbo auf jeden Fall nicht. Das
heutige Konzert startete nach dem Intro «In Sacred Flames» mit «Behold
The Wicked Child» vom letztjährigen, neuen Albums «The Crucible Of
Man (Something Wicked Part 2)», gefolgt vom nächsten Intro namens
«Invasion» und der kurzen Überleitung «Motivation Of Man» sowie «Setian
Massacre» ab dem Vorgänger, also vom Ripper eingesungenen «Framing
Armageddon» (Something Wicked Part 1). Begleitet von fettem Licht
und, zum Leidwesen der Fotographen, viel Trockeneis gab die Band
gleich von Anfang den Tarif durch. Spätestens bei «Burning Times»
erwachten die paar anwesenden Hundertschaften und von da an
entwickelte sich sowas wie Stimmung, die aber noch weit von dem
entfernt war, was Iced Earth mal auszulösen vermochten. Ich erinnere
da nur zu gerne an den hammergeilen Gig im Z7 vor ein paar Jahren,
als das gigantische Konzert in dreigeteilter Form abgehalten wurde.
Eher überraschend befand sich «Dracula» vom 2001er Album «Horrow
Show» auf der Setliste. Der höhen- und mittenlastige Sound klang
überwiegend breiig und erst bei ruhigeren
Nummern wie «Watching Over Me» (genial!) und «Melancholy»,
mindestens zu Beginn, gab es ein paar Momente der leiseren Töne zu
geniessen. Da hörte man auch das Drum präziser und die Gitarren
ebenso. Tour-Gitarrist Troy Seele spielte dabei mindestens so gut,
wenn nicht zeitweilen besser als Chief Schaffer. Bassist Freddie
Vidales trug auch einiges zum aktiven Geschehen auf der Bühne bei
und übernahm auch dann und wann Backing Vocals. Hauptvokalist Matt
Barlow liess indes kaum was anbrennen, verlieh den Songs wieder die
ursprüngliche Note und sollte sich halt einfach wieder die Haare
wachsen lassen! Nach einer Stunde geht die Band von der Bühne
runter, um danach nur noch «Iced Earth» als Zugabe zu bringen.
Fazit: rund 70 Minuten Iced Earth in guter Form, die eigentlich, wie
Saxon danach auch, bedeutend mehr Leute verdient hätten! (rsl)
Setlist: «In Sacred Flames» - «Behold The Wicked Child» - «Invasion»
- «Motivation Of Man» - «Setian Massacre» - «Burning Times» - «Declaration
Day» - «Vengenance Is Mine» - «Violate» - «Pure Evil» - «Watching
Over Me» - «10'000 Strong» - «Dracula» - «Melancholy» - «My Own
Saviour» -- «Iced Earth».
Saxon
Biff Byford hatte es uns in seinem Interview am Nachmittag schon
angekündigt: Auf dieser Tour würde mit höchstens 80 Minuten Saxon zu
rechnen sein. Bedenkt man, dass die Herren von der Insel auf einer
regulären Tour meist zwei volle Stunden zocken, so kann man sich ein
kurzes Fluchen über Co-Headliner-Konzerte doch nicht verkneifen. Als
dann aber das Intro zur aktuellen Scheibe «Into The Labyrinth»
erklingt und die Veteranen der NWoBHM mit dem bombastischen Opener «Battalions
Of Steel» eröffnen, ist die Wehmut schnell verflogen. In druckvollem
Soundgewand und umgeben von einer pompösen Bühnendeko (die bekannten
Verstärkerwände in begehbarer Stufenanordnung, verkleidet in Stoff
mit Tribalmotiven, Backdrop etc.) zeigte der Fünfer, dass Saxon auch
noch nach 30 Jahren weiss, wie eine Heavy-Metal-Show auszusehen hat.
Nach dem ersten grossen Hit, «Heavy Metal Thunder», überraschte man
mit «Witchhunter General» von «Lionheart» (2004), nur um dann in
Form von «747» in der Klassiker-Truhe zu kramen. Dass sich Biff
Byfords Stimme seit einigen Jahren ununterbrochen in Top-Form
befindet, ist altbekannt. Dennoch überrascht der weisshaarige Hühne
an diesem Abend
mit
seiner exzellenten Darbietung und meisterte jede noch so schwierige
Passage, als wäre es das Leichteste auf der Welt. Die neuen Songs,
namentlich das vergleichsweise harte «Demon Sweeny Todd», das
riffgeladene «Hellcat» und die epische Mitsing-Nummer «Valley Of The
Kings», fügten sich dabei ohne grosse Stimmungsschwankungen in die
Reihe der Bandperlen ein. Und wer bei Hits wie «Strong Arm Of The
Law» oder «And The Bands Played On» ruhig stehen bleiben kann, der
hat mit Heavy Metal einfach nichts am Hut! Einen Vorteil der etwas
kürzeren Spielzeit zeigte sich dann aber doch noch: Frontsachse Biff
verzichtete auf grosse, immer wieder gehörte Reden und liess lieber
Songs wie «Wheels Of Steel» für sich sprechen, bei welchem sogar das
übliche Sing-Hüpf-Etc.-Spielchen in stark dezimierter Form
zelebriert wurde. Derweil zeigten sich die Männer an der Klampfe,
Doug Scarratt und Paul Quinn, beide in Höchstform, liessen ihre
Saiten klingen und absolvierten eine unerwartet agile Performance,
während Nibbs Carter am Tieftöner wie immer seinen Kopf rotieren
liess. Dass dieser Mann noch nicht querschnittsgelähmt ist, bleibt
für mich ein Wunder. Mit «Power And The Glory» (fantastisch!) und
der obligaten Hymne «Crusader» war dann der offizielle Teil aber
auch schon vorbei und der nur
drei Nummern umfassende Zugabenteil konnte beginnen. Dabei wäre die
aktuelle Single «Live To Rock» zwar nicht unbedingt nötig gewesen,
doch mit dem finalen Doppel «Princess Of The Night» und «Denim And
Leather» waren wohl endgültig alle zufrieden gestimmt. Natürlich
hätten Saxon noch eine Unmenge an Songs spielen sollen, die nicht
zum Zuge kamen, «Dallas 1 PM», «20'000 Feet» oder auch weniger
bekannte Nummern wie «Metalhead», «To Hell And Back Again» oder «Rock'n'Roll
Gipsy» sind nur eine kurze Auswahl davon. Nach über 30 Jahren noch
immer mit einer solchen Tightness aufzutreten, dabei auch immer noch
gute Songs zu schreiben und eine ungeheure Spielfreude zu
verströmen, dass führt zu einem, wenn auch nicht vollumfänglichen,
aber doch zu 90% positiven Fazit. Und alle, die doch noch nicht
genug haben, müssen ja nicht lange warten: Wohl schon im Herbst
werden die Sachsen uns wieder einen Besuch abstatten. (kis)
Setlist: «Battalions Of Steel» «Heavy Metal Thunder» «Witchhunter
General» «747 (Strangers In The Night)» «Demon Sweeny Todd» «Strong
Arm Of The Law» «Hellcat» «And The Bands Played On» «Valley Of The
Kings» «Wheels Of Steel» «Power And The Glory» «Crusader" -- «Live
To Rock» «Princess Of The Night» «Denim And Leather».
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