Wie sagt man doch so schön: Aller guten Dinge sind drei! Das gilt
hier für die diesjährige Schweizer Livepräsenz von Saxon, die nach
dem ersten Gastspiel im Frühling an gleicher Stelle (21. März) auch
am "Spirit Of Rock" in Winterthur (2. Juni) aufmarschierten und nun
im Z7 nochmals die "Inner Sanctum Katze" aus dem Sack liessen. Da
wird sich manch einer fragen, ob das vielleicht nicht etwas des
Guten zuviel ist?!! Fakt ist, dass Saxon seit dem Wiedererstarken
Ende 90er eine der beständigsten und geilsten Metal Live-Bands ist.
Wer das, aus welchen Gründen auch immer, negiert und sich dessen
verschliesst, verpasst schlicht etwas. Die Hitdichte der Songs ist
mittlerweile beängstigend und dabei meine ich nicht nur die alten
Schoten. Gerade das aktuelle Album hat gezeigt, zu welchen
songwriterischen Höhenflügen das britische NWOBHM-Flaggschiff immer
noch fähig ist. Dazu kommt, dass Biff & Co. ihre Fans niemals
arrogant oder von oben herab behandeln, egal ob 150 oder 1500 vor
ihnen stehen. Dieser gegenseitige Respekt ist getragen von
Dankbarkeit auf beiden Seiten. Leider geht das immer mehr verloren
und alle MetallerInnen tun gut daran, das nicht zu vergessen, da
nichts ewig währt. Aber was zählt, ist der Augenblick und das sahen
die beiden Deutschen Support-Bands wohl auch so. (Rsl)
Pharao
Doro hat einen Song im Repertoire, der "East Meets West" heisst. So
könnte man die Umstände der beiden Vorgruppen bezeichnen, denn
Pharao fingen mal als veritable "Ossi-Band" an. Wer sich zufällig
einmal etwas um dieses Thema bemüht hat, wird wissen, dass Rock und
Metal in der ehemaligen DDR einen schweren Stand hatten. Während für
das Fussvolk Bananen das höchste aller Gefühle waren, dürsteten die
Metalheads damals nach der Musik ihrer Idole, die kaum bis gar nicht
beschafft, und wenn doch, sauteuer bezahlt werden musste. Die ganze
Geschichte von Pharao würde den Rahmen dieses Berichts jedoch
sprengen, darum soviel: Treibende Kraft seit den Anfangstagen von
1986 ist Sänger Jacky Lee Man, der unter anderem auch mal ein kurzes
Gastspiel bei Sanvoisen (1992) gab. Diese progressiv ausgerichtete
Metal-Band bestritt wenig später, das heisst etwa zwei Jahre danach,
das Vorprogramm von Ivanhoe! Pharao indes fuhren früher eher auf der
Schiene von traditionellem Metal à la Judas Priest, Saxon und Iron
Maiden. Danach ging es mit dem Album "Pain & Pleasure" (1996)
deutlich progressiv(er) zu und her. Konzertmässig war man in den
letzten Jahren stets umtriebig wie unterwegs und spielte unter
anderem nebst im letzten Jahr reunionmässig auch heuer weiter
gestärkt in Wacken. Aktuell halten zusätzlich modernere Sounds der
Marke Creed, Alterbridge und Audioslave Einzug in den Pharao-Sound.
Dieser hörte sich von Beginn weg recht groovig und irgendwie rau an.
Gitarrist T.R. Yorg verstand es jedoch vorzüglich, der Musik mit
seinem melodischen und raumfüllenden Spiel eine weitere Facette zu
verleihen. Der gute Jacky stand derweil in den oberen Stimm-Regionen
zwar gelegentlich etwas auf dem Schlauch, doch insgesamt war viel
Zug in der Darbietung der lauten Truppe aus dem ehemaligen
Trabi-Land. Die Band nutzte aber ihre 30 Minuten auf jeden Fall
optimal aus und hinterliess nicht nur wegen des Sabbath-Covers
"Paranoid" zum Schluss einen durchaus positiven Eindruck. (Rsl)
Setlist: "We Are" - "Touch Of Time" - "Liar" - Why Not? - "Seven
Seas" - "Road To Nowhere" - "Before The Storm" - "Paranoid".
Evidence One
Auch bei dieser (nun westlichen) Band steht klar ein oder besser
gesagt der Sänger im Vordergrund: Carsten "Lizard" Schulz! Seine
Stimme, die er übrigens auch Domain leiht, besitzt einen hohen
Wiedererkennungswert und ist das Markenzeichen. Evidence One,
ursprünglich eher als Projekt gedacht, brachten 2002 ihr
beachtliches Debüt "Criticize The Truth" heraus, das dieses Jahr
übrigens rereleased wurde. Mein erster Kontakt mit der Band fand
allerdings erst mit dem zweiten Album "Tattooed Heart" (2004) statt.
Der stampfende und melodische Sound ging gleich über in Mark und
Bein. Die Mischung aus groovenden Midtempo-Krachern und flotteren
Fegern sorgte für genug Abwechslung. Dazu kommen stimmige
Halbballaden und ein stets angenehm dosierter Keyboard-Einsatz. Für
Melodic Rock/Metal Fans, die also gerne auch etwas Schmackes im
Sound lieben, unumgänglich und unbedingt zu empfehlen. Das neue
Album "Sky Is The Limit" schliesst nahtlos an den Vorgänger an und
gehört somit zwingend in die heimische Ansammlung von Tonträgern.
Heute Abend wollte das Ganze aber irgendwie nicht recht zünden. Vor
allem das bombastische und raumfüllende Element fehlte mir etwas und
auch die Magie der leisen Töne verlor sich weitgehend im Nichts. Das
mag vielleicht daran gelegen haben, dass Evidence One, wie ihre
Kollegen zuvor, auch nur eine halbe Stunde spielen durften. Ob das
auf der ganzen Tour immer so war, glaube ich angesichts der zwar auf
der Setlist aufgeführten, aber gestrichenen Tracks nicht! Das hiess
dann in der Endabrechnung, dass anstatt neun vorgesehenen Songs nur
gerade deren sechs gespielt werden konnten. So fielen nebst "Won't
Sleep Alone" unter anderem "Criticize The Truth" und Frozen In Time"
vom Debüt unter den Tisch. Das war natürlich in jeder Hinsicht
schade, obwohl das dann nichts anderes bedeutete, alsdass Saxon als
Folge davon wohl "etwas länger" spielen würden. Dadurch verkauften
sich Evidence One heute Abend jedoch klar unter ihrem Wert und nicht
mal der Killer-Song "When Thunder Hits The Ground" konnte die
entsprechende Begeisterung nachhaltig lostreten. Umso mehr sollte
man sich im Nachhinein den bisherigen drei Studio-Alben gebührend
widmen und darauf hoffen, dass diese Top-Band eines Tages doch noch
als Headliner zeigen kann, was sie ohne Zweifel drauf hat! (Rsl)
Setlist: "The Sky Is The Limit" - "Tattooed Heart" - "Mr. Madness" -
"When Thunder Hits The Ground" - "Virus In My Veins" - "In The
Beginning There Was Fire".
Saxon
Ich gebe es ja zu: Als Saxon ankündigten, im Dezember zum dritten
Mal in diesem Jahr in der Schweiz aufzuspielen, da durchzuckte mich
kurz ein schwacher Zweifel, ob sich ein Besuch wirklich lohnen
würde. Doch wer Saxon einmal gesehen hat, der kann einfach nicht
anders, als immer und immer wieder treu zu ihren Auftritten zu
pilgern, denn nach einem Saxon Gig enttäuscht nach Hause gehen zu
müssen, ist so unwahrscheinlich wie ein 6er im Lotto. Diesem Ruf ist
es dann wohl auch zu verdanken, dass sich das Z7 bis um 21.25 Uhr
doch ansehnlich gefüllt hatte. Die rund 700 Personen freuten sich
dann auch dem entsprechend, als sich um die genannte Zeit die
Lichter ausgingen und Biff Byford gemeinsam mit seinen Mannen die
Bühne stürmte, um wie schon beim ersten
Teil der "Inner Sanctum"-Tour mit "State Of Grace" von eben dieser Scheibe zu
beginnen. Gleich ins Auge stach dabei die für Saxon vergleichsweise
stilvolle Aufmachung der Musiker: Allesamt in schwarze Hemden oder
Jacken gekleidet, kann man die Altrocker beinahe schon als trendy
bezeichnen. In Sachen Stage-Acting gibt man sich derweil aber so wie
es erwartet wird: Biff tigerte unablässig über die Bühne, Nibbs am
Tieftöner lieferte sich mit den ersten Reihen ein
Head-Bang-Ausdauerduell und das Sechssaiter-Duo Scarrett/Quinn
(ausnahmsweise mal ohne Kopftuch, dafür mit polierter Murmel) zockte
Soli wie Riffs in gekonnten Posen. Musikalisch gab es indes 'ne
bunte Mischung aktuellen Materials, gemischt mit alten Hits und
einigen eher selten kredenzten Perlen, wie dem stimmungsgeladenen
"Dogs Of War". Mindestens so textsicher wie bei dieser Nummer erwies
sich das Publikum an diesem Abend auch bei den neuen Tracks, was "Let
Me Feel Your Power" oder das eindringliche "Red Star Falling" zu
allem anderen als Spassbremsen werden liess, wobei diese natürlich
nicht ganz mit einem Klassiker der Marke "747 (Strangers In The
Night)" mithalten konnten. Mit dem Mithalten hatte dabei auch Nibbs'
Basstechnick ein Problem, denn diese wollte zum gnadenlos hart
vorgetragenen "To Hell And Back Again" (endlich hat's die
gleichnamige DVD auf den Markt geschafft, wobei DVD 2 mit dem ganzen
Gig vom "Rock Sound Festival" 2006 bestückt ist) nicht mehr
mitmachen, was aber einzig Nibbs selbst störte, denn ansonsten
wurden die Anwesenden mit einem knackigen Sound bedient, der Songs
wie "Witchfinder General" oder (da knackten die Nackenwirbel) "Strong
Arm Of The Law", bei welchem die Meute nun völlig von der Rolle war,
zu waren Ohr- und Bang-Genüssen werden liess. Während die Zuschauer
darauf nicht mehr aufhörten "Saxon"-Chöre gegen die Bühne zu
schmettern, erklang von eben dieser schon die bekannten, getragenen
Klänge der Band-Hymne "Crusader", die gleichzeitig den vorläufigen
Höhepunkt des Sets markierte, denn das düstere "Travellers In Time"
und das gefühlvolle "Broken Heroes" sind zwar beide superbe Songs,
dem Publikum aber dennoch eher weniger geläufig. Dagegen feierte man
zu "Heavy Metal Thunder" einträchtig miteinander, genau so wie bei
der gnadenlos schnell vorgetragenen Version von "Motorcycle Man".
Als darauf Paul Quinn mit dem Intro zum neuen Live-Kracher "I've Got
To Rock" (das dazugehörende Video wartet mit einer Version mit
Gastperformance von Angry Anderson, Andi Deris und Lemmy auf), brach
er dieses umgehend wieder ab verstimmte Gitarre! Biff, der sich an
diesem Abend in Sachen Gequassel ziemlich zurück hielt, was der
Heftigkeit des Konzertes nur dienlich war, konnte sich vor Lachen
kaum mehr halten; gemütlich wurde die Gitarre ausgewechselt und
weiter ging's im Programm. Mit "Princess Of The Night"
verabschiedete man sich dann furios von der Bühne, die danach, nach
wenigen Sekunden, sogleich in blutrotes Licht getaucht wurde. Ob die
üppige Lightshow schon im März zur Verwendung kam? Dessen kann ich
mich nicht mehr erinnern, aber auf jeden Fall überwältigten die
Briten an diesem Abend mit einer beeindruckenden Beleuchtung, die
dem harten Übertrack "Attila The Hun" erst den richtigen
dramatischen Touch verlieh. Durch ein kurzes Drum-Solo leitete Nigel
Glockler dann ins auffallend lockerere "Solid Balls Of Rock" über,
das die Anwesenden von heftigem Bangen wieder in munteres Abfeiern
zurück fallen lässt und mit welchem der erste Zugabenteil sein Ende
findet. Doch obwohl die Original-Mitglieder schon langsam auf die 60
zugehen, dachten die erfahrenen Metal-Recken gar nicht daran, sich
schon zu Bett zu begeben, sondern schickten erst einmal wieder Doug
Scarrett alleine auf die Bühne, der mit reichlich Grimassen seine
Gitarrenkünste zur Schau stellte, bevor zu "Wheels Of Steel" wieder
die ganze Truppe die Bühne unsicher machte. Nibbs rauchte derweil
gelassen eine Zigarette zu seinen Bassläufen und Paul entledigte
sich seiner ansonsten obligatorischen Sonnenbrille Spielfreude pur!
Nach dem Must "Demin & Leather" beendete man den Abend, wie schon
beim ersten Saxon-Besuch 2007, mit "Ashes To Ashes" garantiert ein
neuer Live-Kracher von Saxon, die auch beim dritten Mal in diesem
Jahr bewiesen, dass es kaum eine traditionelle Metal-Kapelle auf
diesem Planeten gibt, die den Briten in Sachen Live-Performance das
Wasser reichen kann. Nach fast zwei Stunden ist die Entscheidung für
2008 klar: Auch im kommenden Jahr wird man wieder treu zu den Saxon
Gigs pilgern! (Kis)
Setlist: "State Of Grace" "Dogs Of War" "Let Me Feel Your Power"
"747 (Strangers In The Night)" "To Hell And Back again" "Red Star
Falling" "Witchfinder General" "Strong Arm Of The Law" "Crusader" "Travellers
In Time" "Broken Heroes" "Heavy Metal Thunder" "Motorcycle Man" "I've
Got To Rock" "Princess Of The Night" -- "Attila The Hun" "Solid Ball
Of Rock" --- "Wheels Of Steel" "Denim & Leather" "Ashes to Ashes".
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