Tourauftakt für Schandmaul in der Schweiz! Das ist man sich
mittlerweile gewohnt, beginnt oder enden die Touren der deutschen
Mittelalter-Rocker doch meist hier. Neben logistischen Gründen spielt
da sicher auch die Tatsache mit, dass hier das Publikum noch
allfällige Spiel- oder Textfehler gerne verzeiht. Das fällt aber
auch nicht schwer, wirken die Deutschen doch enorm sympathisch.
Wenig zum Gelingen des Abends trug dafür die Vorband Burn bei. Aber
was soll's. Denn Schandmaul waren der Grund, wofür die Fans ins Z7
gepilgert waren. Diese entzündeten beim Auftakt ihrer
«Traumtänzertournee 2011» das Feuer, welches eigentlich schon eine
Stunde vorher mindestens hätte entflammt werden sollen.
Burn
Über 200 gespielte Konzerte und ein Zitat von Aurelius Augustinus
(354-430) auf der Homepage der Münsteraner liessen eigentlich eine
Hammer Band erwarten. Der lang verstorbene Mann sprach damals: «Nur
wer selbst brennt, kann Feuer in anderen entfachen." Im Z7 zeigten Burn,
dass der Bandname ungerechtfertigt ist, sie 200 Mal nichts
gelernt haben und sie sich das Zitat nicht zu Herzen nehmen. Der
Auftritt wirkte lahm, das Feuer war nicht mal ein zaghaftes
Glühen und
von Motivation war überhaupt nichts zu spüren. Dazu kamen Songs, die
entfernt an Muse erinnerten, aber nicht annähernd deren Klasse
erreichten. Die Idee mit dem Kontrastprogramm zum Schandmaul-Sound
war gut, die Band aber falsch gewählt. Der Sänger nannte den Sound "Wave-Rock",
ich "Öd-Rock". Einzig der Bassist zeigte Emotionen und Spielfreude.
Dazu kam ein massiver Einsatz von Backing-Vocals und anderen
Einspielungen ab Band. Aber auch das half nichts. Das Ergebnis war
«langweilige Musik von langweiligen Leuten für langweilige Leute.»
Einzige Spannung kam zwischen den Liedern auf, wo man raten durfte,
welche der unzähligen Gitarren jetzt umgeschnallt wurden. Somit
empfahlen sich Burn als «The Kings of Belanglosigkeit» und
verursachten höchstens «den Schmerz des Wartens auf das Ende des
Auftritts». Die Erlösung kam nach rund 35 Minuten. Der Applaus war
mässig, der Schrecken sass dafür umso mehr in den Knochen. Bitte
nicht nochmal!
Schandmaul
Ein ganz anderes Bild bei Schandmaul: Motivierte, tanzende Menschen
auf und vor der Bühne, und eine Stimmung, die man in den vorderen Reihen
als kochend, hinten als geniesserisch bezeichnen konnte. Dazu die
Erkenntnis des Abends: Nämlich, dass Albert Einstein mit seiner
Relativitätstheorie doch recht hatte! Dünkten einen die 30 Minuten
bei Burn als eine nie enden wollende Ewigkeit, waren die zwei
Stunden bei Schandmaul im Nu vorbei. Rund 26 Lieder spielten die
Deutschen und verzichteten dabei auf überflüssige Soloeinlagen
einzelner Ego-manen, und auch das unnötige "Zugaben-spielen" wurde
ausgelassen. Denn auch ohne solche dramaturgische Elemente hielten
die Schandmäuler die Spannung aufrecht. Dies lag unter anderem
daran, weil Sänger Thomas zu Beginn ankündigte, heute auch ein paar
Über-raschungen zu spielen. Zudem besass die Setliste genügend
unterschiedliche Songs, um für Abwechslung zu sorgen, auch wenn bei
genauem Hinhören doch gewissen Wiederholungen unumgänglich waren.
Aber egal, denn Schandmaul besitzen neben den tollen Melodien und
Arrange-ments die unglaubliche Stärke, teils sehr kitschige Texte
unpeinlich, natürlich und authentisch rüber zu bringen. Diese Liebe
entfaltet sich wohl jetzt auch bei zwei künftigen Bandmitgliedern.
Denn so, kündigte Sänger Thomas an, sei sein Akkordeon wohl nicht so
schön geformt wie die Rundungen zweier erwartungsvoller Frauen.
Und siehe da, beide präsentierten kleine Bäuche, welche die
Schandmaul-Familie schon bald vergrössern werden. Das rang Respekt
ab, schwanger noch auf eine einmonatige Tour zu gehen. Aber auch
sonst erhielt die Schandmaul-Familie Zuwachs. Der langhaarige
Bühnentechniker vertrat Thomas letztes Jahr an der Gitarre. Das hat
der
Band so gut gefallen, dass der Tech für einige Lieder nun
ebenfalls im Rampenlicht seine Akusti-Klampfe spielen durfte. Für
noch mehr Abwechslung sorgte «Wolfs-mensch», welches nur mit einer
Gitarre und Gesang vorgetragen wurden. Gitarrist Martin intonierte
es zusammen mit Thomas, wobei beide schworen, es noch nie zusammen
geübt zu haben. Dass das nötig wäre, wurde spätestens dann klar, als
die beiden zum dritten Mal den Song unterbrochen hatten. Das
Publikum nahm es gelassen und feierte die Band umso frenetischer. Es
ist diese Leichtigkeit, welche Stücke wie «Licht-blick»,
«Walpurgisnacht» oder «Herren der Winde» zu dem macht, was sie sind:
Einfach tolle Lieder. Und als Schandmaul das eindringliche «Dein
Anblick» anspielten, war das Publikum schlicht hin und weg. Der Text
wurde lauthals mitgesungen; auch dann noch, als die Band kurz von
der Bühne ging. Was blieb da den Deutschen anderes übrig, als
zurück zu kehren und den Faden des Liedes nochmals aufzunehmen.
Beim «Trinklied» war die Stimmung schliesslich auf dem Höhepunkt, so
dass sich die Deutschen mit dem ruhigen «Willst du?» verabschiedeten.
Das allerletzte Liedchen «Es war schön» fasste den Auftritt nochmals
passend zusammen. Wobei das Z7 dank einer letzten Panne sogar in den
Genuss der Acapella-Version kam.
Setliste: «Intro» - «Herren der Winde» - «Auf hoher See» - «Tyrann» - «Hexeneinmaleins»
- «Der Hofnarr» - «Instrumentalisches Zwischenspiel» - «Assassine» - «Gea's Traum»
- «Bis zum Morgengrauen» - «Anderswelt» - «Vogelfrei» - «Lichtblick» - «Pakt »
- «Henkersmahlzeit» - «Gebt Acht!» - «Traumtänzer» - «Walpurgisnacht»
- «Teufelsweib» - «Die goldene Kette» - «Dein Anblick» - «Krieger» - «Wolfsmensch»
- «Der Wandersmann» -- «Trinklied» - «Willst Du?» - «Outro».
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