8'000 Fans sollen es gewesen sein, welche beim 20. Rock Oz'Arènes
am Mittwochabend zusammen mit den Scorpions das Amphitheater zum
Rocken brachten. Dieser Event, der am folgenden Tag durch Motörhead,
Clawfinger, Shakra und Katmandu nochmals das Fürchten bekam, glich
einem grossen Volksfest. Dazu muss man allen Verantwortlichen ein
grosses Kompliment aussprechen, denn bei der Parkplatzzufahrt wie
auch bei der Passausgabe lief alles problemlos ab.
Auch das Wetter hielt sich, denn mit Ausnahme ein paar weniger
Tropfen blieb alles trocken und die Jungs um Sänger Klaus Meine und
Gitarrist Rudolf Schenker boten eine Show, die sich sehen und hören
lassen konnte. Sie sind noch immer auf ihrer mehrjährigen
Abschiedstournee und haben sich auch an diesem Abend von ihrer
besten Seite gezeigt. Anhand des Zeitplans sollten die Hannoveraner
aber nur eine Stunde spielen. Dies entpuppte sich aber Gott sei Dank
als Fehlinformation und so drückte das Quintett knapp 100 Minuten
auf die Tube. Allerdings, und das geht als einziger Wermutstropfen
durch, fielen dabei vier Songs dem kürzeren Zeitplan, im Vergleich
zu anderen Konzerten, zum Opfer. So wurde neben «Loving You Sunday
Morning», auch «Dynamite», «When The Smoke Is Going Down» und «Always
Somewhere» von der Liste gestrichen, die an anderer Stelle noch
gespielt wurden. Schade! Ansonsten boten Klaus Meine, Rudolf
Schenker, Matthias Jabs (g), Pawel Maciwoda (b) und James Kottak (d)
die identische Show wie im Zürcher-Hallenstadion-Gig vom 10.
November 2010. – Abgesehen davon, dass damals «Loving You Sunday
Morning» und das fulminante «Dynamite» gespielt wurden. – Wer diesen
Live-Bericht auf Metal Factory schon gelesen hat, der weiss was er
verpasst hat.
In Zürich, wie auch in Avenches. Konzentrieren wir uns also auf die
Dinge, welche noch besser waren. Zum Beispiel die
Bühnenpräsentation. Nicht, dass sie in Zürich schlecht war, aber das
Ganze hinterliess einen noch eingespielteren und tighteren Eindruck.
Speziell Pawel bewegt sich mehr und die lockere gebundene Krawatte
von Klaus baumelte lässiger und vitaler am Hals. Die Schweizer
Fahne, welche James nach «Coast To Coast» vor sein Schlagzeug legte,
schien grösser zu sein und selbst die
eigentlich
fast identischen Ansagen, versprühten in französischer Sprache ein
anderes Flair. «Bon Soir! Common ça va?», begrüsste Mister Meine die
zahlreich Erschienenen, die sich erneut aus Jung und Alt, Rocker,
Metaller und Mainstream-Publikum zusammensetzte. Speziell in den
ersten Reihen hatte es viele Boys und Girls, die sehr wahrscheinlich
damals beim Hören des grossen Hit «Wind Of Change» von Papa zu Mama
gewechselt haben.
Es waren an diesem Abend nicht nur die Balladen, welche den grössten
Zuspruch bekamen. Wie zum Beispiel «Holiday», welches komplett
gespielt wurde, «Still Loving You», «Wind Of Change», oder die das
gleiche Hitpotenzial aufweisende «The Best Is Yet To Come». Diese
Ballade hat das Zeug «Still Loving You» und auch «Wind Of Change» in
den Schatten zu stellen. Denn alleine die lauten Chöre mit «Heya-Heyo»
liessen vielen das Blut in den Adern gefrieren. Es waren auch die
härteren Tracks der Sorte «The Zoo», «Coast To Coast» (das
Instrumental mit drei Gitarren) «Raised On Rock», «Tease Me Please
Me», «Blackout», «Big City Nights» und der ebdgültige Rausschmeisser
«Rock You Like A Hurricane», die bestens beim Publikum ankamen.
Dafür sorgte das Eröffnungstrio mit «Sting In The Tail», «Make It
Real» und «Bad Boys Running Wild», das von der ersten Sekunde
zündete und allen klar machte, heute Abend wird GEROCKT!
Von einer Balladenband ist und war bei den Scorpions nie zu
sprechen. Auch wenn einige das immer wieder gerne anders sehen. Die
breitgefächerte Fanschicht hat längst akzeptiert, dass der Skorpion
eine hart rockende Mannschaft ist. Immer wieder ein Hingucker ist
Matthias Jabs, der mit seinen Solodarbietungen ein ums andere Mal
überrascht und überzeugt. Kein anderer bringt es fertig, dermassen
gefühlvoll und locker seine Soli zu spielen und in ihnen dermassen
aufzugehen. Ebenso wie das Trommeltier James. Sein Solo wurde erneut
durch eine bebilderte Achterbahnfahrt der letzten mehr als 30
Jahre umfassenden Scorpions-Geschichte untermalt. Dabei verwandelte
James sich immer wieder in den Hauptdarsteller des jeweiligen
Scorpions-Plattencovers. Sein Solo, so interessant es auch war,
geriet dabei aber fast in den Hintergrund. Als er am Schluss wieder
mal sein «Rock'n Roll Forever» Shirt auszog und auf seinem Rücken
das gleiche Tattoo erschien, kannte die Euphorie im Amphitheater
kein Halten mehr. Und das auf zwei kleineren und einer sehr grossen
Leinwand für alle ersichtlich. Die Stimmung heizte Mister Kottak
schon beim Spiel «welche Seite schreit lauter» an. «Back in Swiss!
Three words! YOU KICK ASS!» Dem gibt es nichts mehr hinzuzufügen.
Tja und die beiden Veteranen, Klaus und Rudolf scheinen sich vor
jedem Konzert eine Blutauffrischung zu verabreichen. Mister Meine
sang wie zu seinen besten Zeiten und Rudolf, rannte, poste und
hüpfte wie ein junger Stier auf der Bühne rum. Ganz klar, wenn die
Jungs nächstens abtreten werden, wird es keine Truppe geben, welche
die Scorpions auch nur ansatzweise ersetzen könnte. Alleine die
weltbekannte Scorpions-Pyramide am Ende von «Big City Nights» liess
das Amphitheater Kopfstehen und manifestierte die Weltherrschaft des
Rock dieser Combo. Und diese hatten sie schon in den Achtziger
Jahren. Das belegte der als Intro verwendete Film, als Szenen vom
damaligen San-Bernardino-Festival (1983) gezeigt wurden, bei dem
über 325'000 Zuschauer dabei waren. Ich hoffe, dass ich die Jungs
noch ein paar Mal zu sehen bekomme. Denn der rockige Stachel ist
noch immer jeden Rappen wert. Wenn immer die Jungs ihre Gitarren in
den Schrank stellen werden, es wird mit einem grossen Knall sein,
dessen bin ich mir absolut sicher und davor wird es noch einige,
nicht minder kleinere Erdbeben geben.
Setliste Scorpions: «Sting In The Tail», «Make It Real», «Bad Boys
Running Wild», «The Zoo», «Coast To Coast», «The Best Is Yet To
Come», «Holiday», «Raised on Rock», «Tease Me Please Me», «Kottak
Attack», «Blackout», «Six String Sting», «Big City Nights», «Still
Loving You», «Wind Of Change», «Rock You Like A Hurricane»
|
|