Ich tue mich beim Thema Tribute- wie Cover-Bands grundsätzlich
etwas schwer und bei Deep Purple, meiner erklärten Lieblingsband,
noch mehr. Allerdings hatte ich vor ein paar Jahren mal die
Gelegenheit, die heute nicht mehr existierende Innerschweizer Gruppe
Lies im ehrwürdigen Luzerner Stadtkeller live zu sehen. Das hatte
mich wirklich beeindruckt, zumal in diesem Rahmen Setlisten zustande
kommen, die es bei den Original-Bands nie gegeben hat und auch nie
geben wird. So gesehen ist die Sache also trotzdem lohnenswert, doch
es brauchte schon ein gedankliches Anschubsen und die gelegentliche
wie freundschaftliche Aufforderung von Booker Chris Kasper an
diversen Konzerten im Z7, damit ich meinen Allerwertesten eben
hierhin bewegte. Dass so eine Band wie Shades Of Purple nicht gerade
die Massen anzieht, versteht sich bis auf ein paar Ausnahmen von
selber und darum war das Konzert im Rahmen des Mini-Z7 genau das
Richtige für den heutigen Abend. Etwa gut 120 Fans fanden sich im
gemütlichen Ambiente ein und boten die richtige Kulisse für das
relaxte Geniessen von unzähligen Perlen der guten alten Zeit. Davon
gibt es, wie wir wissen, eine ganze Menge!
Shades Of Purple
Eigentlich gehört zu einem vollständigen Konzert ein entsprechendes
Vorprogramm, sprich eine Vorgruppe. Heute Abend war das für einmal
nicht der Fall und das störte aber nicht im Geringsten, im
Gegenteil. Vielmehr konnte man sich auf einen kultigen Abend
einstimmen und ein erster flüchtiger Blick auf die mitunter auch
beim Mischpult aufliegende Setliste versprach in der Tat Grosses!
Kurz vor 21.00 Uhr war es dann soweit und das Intro wurde
abgespielt. Als Opener wurde das schnelle «Fireball» ausgewählt, mit
dem Deep Purple auch schon sehr oft ihre Konzerte eröffnet haben. Da
ich zuerst noch mit dem Fotographieren beschäftigt war, befanden
sich meine Lauscher noch nicht zu hundert Prozent im prüfenden
Bereich, doch es hörte sich jetzt schon ganz ordentlich an, was
Sänger Jack F. Kilian zusammen mit Mac (Guitar), Earl (Hammond),
Rick (Bass) und Mad (Drums) ablieferten. Was die Optik anging, so
ähnelte Master Mad noch am ehesten seinem Vorbild Ian Paice.
Gitarrist Mac indes wies keinerlei Ähnlichkeit zum „Man In Black“
auf, doch das war natürlich sekundär. Sein Spiel hingegen durfte man
durchaus als ziemlich treffend bezeichnen, wenn auch ohne das ganze
Gehabe des Meisters. Nach einer überaus flotten Version von «Black
Night» folgte mit «Love Child» schon ein Song ab dem teils
verkannten Hammer-Album «Come Taste The Band». Spätestens jetzt
hatten mich Shades Of Purple im Sack, denn
das einzige Album mit
Tommy Bolin gehört zu meinen absoluten Lieblingsalben und es sollte
ja noch weiteres Material folgen, wie zum Beispiel das grandiose «You
Keep On Moving». Je länger ich den Jungs lauschte, die voll in ihrem
Spiel aufgingen, desto mehr legte ich meine Vorurteile ab. Frontmann
Jack vollzog den Wechsel zwischen den Stimmen von David Coverdale
wie Ian Gillan fliessend und klang, erstmal „warm“ gesungen, immer
besser. Dass der Jahrhundert-Klassiker «Smoke On The Water» bereits
mitten im Set auftauchte, war einerseits gut gewählt und zeigte
andererseits, dass man das Pulver noch lange nicht verschossen
hatte.
Was bald einmal auffiel, war die gewählte Epoche, die von 1969 bis
maximal 1984 reichte und darum sprach mich die fette Setliste ganz
besonders an. Ein weiterer Höhepunkt war «Mistreated», wo man sich
glatt auf dem Album «Made In Europe» wähnte und auch «Speed King»
machte keine Gefangenen. Die Interpretationen der 2008 gegründeten
Gruppe aus dem Baselbiet (mit ein einem Sänger aus einem „anderen
Kanton“) hielten sich relativ stark an die Originale. Einzig Earl an
der Hammond liess den unvergessenen Maestro Jon Lord (R.I.P.) nicht
immer präzise erkennen, aber insgesamt wirkte das Kollektiv sehr
kompakt und hatte die Sache voll im Griff. Das übertrug sich
entsprechend auch auf das begeisterte Publikum, das seine Freude ob
dem Gezeigten mit immer lauterem Applaus quittierte. Ein weiteres
Schmankerl für meine bis dahin schon recht verwöhnten Lauscher war
die herrliche Version des Kult-Instrumentals «Wring That Neck», das
Deep Purple später, also ab den 90ern, nur noch ganz selten und
wenn, dann bloss angespielt haben. Zwei Songs davor und als letzter
Vertreter des regulären Sets, räumte «Highway Star» voll ab. Das
bereitete mir wie dem Rest des Mini-Z7 wirklich Freude und
offenbarte, dass es aktuell mit Steve Morse halt nicht mehr so wie
zu Zeiten von Ritchie Blackmore tönt. Allerspätestens jetzt sollten
jegliche Zweifel zur Daseinsberechtigung einer Band wie Shades Of
Purple (als Tribute- und eben nicht bloss Cover-Band) verflogen
sein, obwohl dies natürlich mit dem Können der Musiker einher gehen
muss. Gerade hier trennt sich die Spreu vom Weizen, denn weltweit
gibt es eine längst unüberschaubare Anzahl von Nachahmern, die nicht im
Ansatz die Klasse der Schweizer besitzen. Den Beweis hierzu lieferte
schliesslich eine furiose Version von «Child In Time», ehe «Lalena»
ein (auch für mich) überraschend gutes Konzert von nicht weniger als
130 Minuten (!) beendete und ich zumindest meine bisherige Meinung
bezüglich fähigen Tribute-Bands von Deep Purple klar revidieren
musste.
Setliste: «Intro» - «Fireball» - «Black Night» - «Love Child» - «Demon’s
Eye» - «Stormbringer» - «You Keep On Moving» - «Soldier Of Fortune»
- «Smoke On The Water» - «Lady Double Dealer» - «Into The Fire» - «Perfect
Strangers» - «This Time Around/Owed To “G”» - «Mistreated» - «Speed
King» - «Maybe I’m A Leo» - «Highway Star» -- «A Gypsy’s Kiss» -
«Wring That Neck» - «Child In Time» - «Lalena».
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