Hitzige Diskussionen sind dem vergangenen Wochenende
vorausgegangen. Dem Wochenende, dem alle Shakra-Fans
entgegengefiebert haben: Die ersten beiden Konzerte der Band mit
Neuzugang John Prakesh am Mikro standen an. Kann er Mark Fox würdig
ersetzen? Schaffen Shakra den zweiten Sängerwechsel unbeschadet?
Geht das überhaupt, ein Ostschweizer bei den Emmentalern? Der
Ungewissheit wurde nun ein Ende gesetzt. Und was für eines!
Sämtliche Hoffnungen sind um Weiten Übertroffen, Zweifler wurden ein
für allemal bekehrt. Shakra sind wieder da!
Wer die Mühle Hunziken in Rubigen bei Bern kennt, weiß um die
Originalität und den Charme von diesem Club. Ein spezielles Ambiente
für ein denkwürdiges Ereignis. Die Location wurde für diesen Anlass
passend gewählt. Wo sonst begrüßt einen Elvis am Damenklo? Die drei
Stockwerke sind am heutigen Abend gut gefüllt, voll mit neugierigen,
erwartungsvollen Fans, als nach Mühlen-Tradition um 21 Uhr das
Konzert beginnt. Schon bei den ersten Takten, noch bevor der
Frontmann überhaupt die Bühne betritt, spürt man die Veränderung. Shakra rocken wieder! Eine Wand aus Gitarren, die härter zu sein
scheint, als jemals zuvor. Die Power, die von der Bühne kommt, bläst
alles um. Als John Prakesh dann das Rampenlicht erstürmt
(wortwörtlich!) und die ersten Silben von „Ashes To Ashes“ anstimmt,
klappen die Kinnladen sämtlicher Konzertbesucher bis an den Boden
herunter. Da steht einer oben, der’s wirklich kann! Eine kraftvolle
Stimme, die perfekt zu Shakra passt, ein Frontmann, der zu dieser
Position geboren ist. Er versteht es, sein Publikum vom ersten
Moment in seinen Bann zu ziehen und die ganze Show lang nicht wieder
loszulassen. Dieser erste, fesselnde Eindruck hält sich das gesamte
Konzert über. John setzt sämtliche Songs überzeugend um. Man merkt
keinen Versuch, Mark Fox oder den ursprünglichen Sänger Pete Wiedmer
zu kopieren, sondern John gibt allem eine vor Selbstvertrauen
strotzende eigenständige Note. Zum Glück für die Songs jedoch nicht
so „eigenständig“, dass dabei etwas ganz anderes herauskommt. Es
sind immer noch Shakra, die die Bretter rocken. Und nicht nur immer
noch, sondern eigentlich mehr denn je. Die Harmonie in der Band
stimmt einfach wieder, man spürt die wiedergefundene Spielfreude,
das wieder vorhandene Zusammengehörigkeitsgefühl. Auf der Bühne
steht wieder eine Einheit, die sämtliche Power direkt ins Publikum
überträgt.
An den meisten Songs hat man nicht großartig etwas verändert, ein
paar neue Arrangements sind aber alle nur zum Vorteil. So darf sich
sogar der meiner Meinung nach schlechteste Shakra-Song „Anybody Out
There“ endlich eine echte Powerballade nennen und auch bei „Why“
schlafen mir nicht mehr die Füße ein. Doch abgesehen von den
Balladen war die größte und positivste Überraschung „Out Of Control“.
Der
Song haut einen im neuen Tempo, in der neuen Härte schlicht von
den Socken! Ein Highspeed-Kracher der Extraklasse ist das jetzt.
Sogar Bassist Dominik Pfister darf ein Solo einbauen. Sehr innovativ
war die Rap-Passage in „Walk On Water“. Vielleicht eher
gewöhnungsbedürftig, diese Neuerung, aber in die Nummer passt der
Part eigentlich noch ziemlich gut und eignet sich toll, das Publikum
zu überraschen. Allerdings würde ich Shakra dringend davon abraten,
diese Richtung in Zukunft zu stark weiterzuverfolgen, sondern bei
ihren Wurzeln zu bleiben. Man erinnere sich an das Album „Fall“. Die
Setlist hat keine großen Überraschungen gebracht (bis auf das schon
erwähnte „Out Of Control“), man spielt Songs, die allesamt in den
letzten Jahren mit dabei waren. Wie immer wünsche ich mir hier mehr
Stücke von den ersten drei Scheiben. Auffällig ist jedoch, dass die
drei längsten und aufwändigsten Shakra-Songs allesamt gespielt
werden - „Trapped“, „Walk On Water“ und „The Journey“. Auch wenn sie
für mich den jeweils besten Song auf dem jeweiligen Album darstellen
und definitiv die gelungensten Nummern der Fox-Ära sind, finde ich
es eher unpassend, gleich alle drei auf einmal zu spielen. Sie
ziehen sich halt doch etwas in die Länge. Besser fände ich, immer
nur einen davon zu spielen, und die dafür abzuwechseln.
Die knapp zweistündige Show endet mit dem obligaten „Rising High“,
und darauf will auch wirklich niemand verzichten. Was wäre ein
Shakra-Konzert ohne einer springenden Fanschar bei „Rising High“?
Shakra hinterlassen mit dem heutigen Abend definitiv einen
bleibenden Eindruck. John passt perfekt in die Band, stimmlich
schlägt er alles und allem Anschein nach stimmt es auch menschlich
zwischen den fünf Musikern - ein sehr wichtiger Faktor, denn das hat
in letzter Zeit merklich gefehlt und macht jetzt aus Shakra endlich
wieder eine Band. Der Start in die neue Ära ist auf der ganzen Linie
geglückt und ich muss ehrlich sagen, das letzte Mal, wie ich Shakra
so stark gefunden habe, war in der Zeit, als ich auf die Band
aufmerksam geworden bin - vor ca 11 Jahren. Ein nettes Detail am
Rande möchte ich euch auch nicht vorenthalten: Es war wirklich
schön, mitanzusehen, dass auch der damalige Frontmann Pete Wiedmer
anwesend war und seine helle Freude am Konzert hatte.
Setlist: Ashes To Ashes, Love & Pain, Let Me Lie My Life To You,
Inferno, Walk On Water, Playing With Fire, Anybody Out There, Take
Me Now, The Journey, Chains Of Temptation, Why, Why Don’t You Call
Me, Trapped, Out Of Control, Medley Hands On The Trigger / Nothing
To Lose, Now Or Never, Zugaben: The Other Side, Rising High
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