Livereview: Shakra - Drïzella

22. März 2013, Solothurn – Kofmehl
By Rockslave
Nachdem die Rocker aus dem Emmental ihre neue Langrille «Powerplay» Ende Januar verdient auf den Schweizer Chart-Thron hieven konnten, war es nun an der Zeit, das entsprechende Gegenstück auf der Bühne abzuliefern. Vor dem ersten Konzert der Tour 2013 in der Heimat, spielten sich Shakra in Deutschland (Berlin, Köln und Ingolstadt) zuerst mal etwas warm. Das war sicher keine schlechte Idee und das Gleiche sagten sich auch etwa geschätzte knapp 600 Leute, die heute Abend nach Solothurn ins ehrenwerte Kofmehl gepilgert waren. Sie, wie ich auch, waren gespannt, ob die Kompaktheit der neuen Songs, ergänzt um ein paar oldschool Tracks und Bewährtem aus dem Backkatalog den Nerv der Fans treffen würden. Bevor diese Antwort abgegeben wurde, bestieg aber erstmal die junge Band Drïzella aus Burgdorf die Bühnenbretter des „Köffu“. Es war augenscheinlich, dass die Jungs mit den coolen Pseudonymen Colin Cobra (v), Geronimo (g), Neo Nÿne (d) und Sammy Gunn (b) sehr jung waren. Letzterer ist noch nicht lange in der Band, wie ich nach dem Konzert in Erfahrung brachte. Nichtsdestotrotz liessen die Youngsters es ordentlich krachen und sorgten für eine tolle Stimmung.

Drïzella

Obwohl die ausgewählten Namen zum Schmunzeln anregten und die Mikroständer-Accessoires bei Steven Tyler (Aerosmith) abgeschaut wurden, legten die „Bärner Giele“ (deutsch: Berner Burschen) ziemlich selbstbewusst los. In der Schnittmenge von Glam Rock über Heavy Metal bis hin zu Sleaze wie Melodic Rock oder Hair Metal präsentierten Drïzella einen frischen Mix, der vor allem von den überraschend guten Vocals des Colin Cobra profitieren konnte. Überhaupt legten Drïzella bis auf den (noch) viel zu zurückhaltend agierenden Bassisten eine richtig gute Show hin und fanden schon bald den Draht zum Publikum. Insbesondere Gitarrist Geronimo überzeugte weitgehend nicht nur durch sein Spiel, sondern auch dem entsprechenden Posen. Einzig das zwischendurch überhaupt nicht spontan wirkende kollektive Beinhochschwingen offenbarte noch Potenzial an dieser Stelle. Ansonsten vermochte das jugendliche Quartett erstaunlich zu punkten, was im Wesentlichen der Verdienst der grundsätzlich eigenen Songs war. Wo anderen die Ideen ausgehen und oftmals halbgare Cover-Versionen ausgepackt werden, liessen Colin und seine Jungs nichts anbrennen. Dazu gehörte natürlich auch das Animieren des Publikums, einhergehend mit dem Anzetteln von Mitsing-Parts, die, das sei an dieser Stelle hervor gehoben, auf fruchtbaren Boden fielen. Mag sein, dass man in Solothurn von einem gewissen Heimvorteil profitieren konnten, aber ich habe schon so viele mitunter wirklich gute Support-Bands gesehen und gehört, die von gelangweilten oder halt nicht bis schwer motivierbaren Fans quasi ignoriert wurden. Nicht heute Abend im Kofmehl und nicht bei Drïzella. Dafür gebührt ihnen Respekt, den Shakra dahin gehend unterstrichen, indem sie ihrer Vorgruppe gar eine Zugabe gewährten und diese letztlich stolze fünfzig Minuten (!) auf der Bühne stehen durften. Mit einem kräftigen Schlussapplaus wurden die Burgdorfer schliesslich verabschiedet und machten beste Werbung in eigener Sache.

Setliste: «Animal» - «Tequila n‘ Bulletz» - «Sex Drugs & Rock’n’Roll» - «Lift Me Up» - «Nasty» - «Thunderbird» - «Rolling The Dice» - «Breaking The Chains» -- «I Love 2 Tay Fuck».

Shakra
Nun war es am Headliner, den Klassenunterschied aufzuzeigen und das taten die Emmentaler dann auch gleich vom ersten Ton an. «Life Is Now», ebenso der Opener des neuen Albums, eröffnete das Konzert, gefolgt von «The Mask», ebenfalls von «Powerplay». Während die Band gleich voll aufspielte, brauchten die Stimmbänder von John Prakesh noch ein Weilchen, bis sie so zu sagen „warm“ waren. Nach dem ausgiebigen Solo-Part war Thom Blunier dann auch auf Betriebstemperatur, wie sein Sidekick Tom Muster auf der anderen Seite. Während Drum-Master Roger Tanner hinten die Felle mit einem oberfetten Groove verdrosch, komplettierte Dominik Pfister derweil den Rhythmus-Teppich davor. Dieser dürfte für meinen Geschmack allerdings ruhig noch etwas mehr Gas geben! Wie gut die neuen Songs sind, die Shakra auf der aktuellen Langrille untergebracht haben, bezeugten insgesamt nicht weniger als acht Tracks (!) daraus, also glatt drei Viertel der Scheibe! Das zeugte von hohem Selbstvertrauen und übertrug sich im Nu auf das vorher von Drïzella gut eingestimmte Publikum. Je länger der Auftritt dauerte, desto besser klang Johns Stimme und riss damit seine Kollegen regelrecht mit. Weniger gut war hingegen (wie halt immer wieder mal im Kofmehl) das Licht, was das Fotographieren zwar nicht gerade zur Tortur werden liess, für letztlich brauchbare Pics aber entsprechend Geduld erforderte.

Mit «Higher» folgte ein erstes persönliches Highlight, das den Spirit der frühen Tage optimal mit dem Songwriting der Gegenwart zu verbinden vermag. Das ist auch der Moment, wo John Prakesh in Zukunft weiter zulegen muss. Mir fehlt bislang noch mehr Spritzigkeit, wie sie zum Beispiel Steve Lee (R.I.P.) in früheren Jahren hatte. Der Eindruck, dass man richtig unter Strom steht und jeden Abend sein letztes Hemd für die Show hergibt. Auf dem Album kommt das bislang noch besser rüber, doch die Tour ist ja erst angelaufen. «Dear Enemy» gehörte darauf in die gleiche Kategorie, wo dieser Hammer-Groove einfach noch eindringlicher noch vorne gepustet werden sollte. Und wenn wir schon beim Meckern sind, gab es bei der sackstarken Ballade «Wonderful Life» zu mäkeln, dass diese live nicht den gleichen Glanz und die Sanftheit der Studio-Version zu wiederspiegeln vermochte. Das soll jetzt aber keineswegs heissen, dass der Auftritt etwa schlecht gewesen wäre, im Gegenteil. Das Publikum ging stets ordentlich mit und wurde bestens unterhalten. Mit dem neuen und wirklich sackstarken Album «Powerplay» haben es Shakra nun selbst in der Hand, die Weichen für eine noch erfolgreichere Zukunft zu stellen. Dafür müssen sie ganz simpel nur den Album-Titel, vor allem den Wortbestandteil „Power“, konsequent umsetzen und das Ding bedingungslos rocken! Die Schlusstriplette mit den Zugaben, darunter der alte Smasher «Hands On The Trigger» von der Debüt-Scheibe, liess das Kofmehl schliesslich nochmals richtig erzittern und keinen Zweifel darüber aufkommen, dass mehr denn je mit Shakra zu rechnen ist. Damit einher geht auch der aufrichtige Wunsch, dass die Schweizer vor allem auf internationaler Ebene entscheidend Fuss fassen können. Verdient hätten sie es eigentlich schon längst.

Setliste: «Life Is Now» - «The Mask» - «Love And Pain» - «Stronger Than Ever» - «Dream Of Mankind» - «The Other Side» - «Secret Hideaway» - «Too Good To Be True» - «Chains Of Temptation» - «Don't Keep Me Hanging» - «Higher» - «Dear Enemy» - «Wonderful Life» - «Trapped» - «Don't Try To Call» - «Back On Track» - «Rising High» -- «B True B You» - «Hands On The Trigger» - «Ashes To Ashes».