Der für unsereins im Kanton Solothurn etwas längere Weg nach
Wetzikom muss sich schon lohnen, und das war heute Abend mit dem
deutschen Metal-Urgestein Sinner klar gegeben. Vielbeschäftigt mit
Primal Frear und der „Rock Meets Classic“ Serie, fand Bassist wie
Mainman Mat Sinner offenbar wieder etwas Zeit, um mit seiner
Solo-Band erstens ein brandneues Album mit dem Titel «Tequila
Suicide» raus zu hauen und damit gleich auch noch Tour zu gehen. Wer
sich den ganzen Backkatalog seit dem Debüt «Wild’n’Evil» von 1982
anschaut und den neben die gesamten Aktivitäten von Primal Fear,
Voodoo Circle und eben RMC legt, wird sich berechtigt fragen, wie
der gute Mat das alles bisher unter einen Hut gebracht hat und
weiter bringt! Das Palmares ist üppig und totale Ausfälle sind
nirgends zu verzeichnen. Die knackige wie überaus gelungene neue
Scheibe reiht sich dabei locker bei den besseren Releases des
Blondschopfes aus Stuttgart ein. Mit The Unity kündigte sich zudem
eine weitere interessante Combo um die beiden aktuellen Gamma Ray
Recken Henjo Richter (g) und Michael Ehré (d) an, ergänzt um nicht
weniger als vier weitere (Ex-) Musiker von Love.Might.Kill!
The
Unity
Wenn man es genau nahm, standen eigentlich Love.Might.Kill auf der
Bühne, einfach mit Henjo Richter an der Stelle von Christian Stöver
(Ex-Metalium) an der zweiten Klampfe. Diese damals völlig
unterbewertete Band, die von 2010 bis 2015 existierte, hatte vor
allem mit dem zweiten Album «2 Big 2 Fail» von 2012 einen absoluten
Melodic Heavy Metal Killer am Start, der sich leider nicht so
entfalten konnte, wie dies hoch verdient gewesen wäre. Die Folge
davon ist hinlänglich bekannt und die Szene um eine Bereicherung
ärmer. Somit kann man The Unity als alten Wein in halbwegs neuen
Schläuchen bezeichnen. Aufgrund der Affiche Ehré/Richter wurde im
Vorfeld entsprechend die Werbetrommel gerührt und dabei sollte
natürlich der Eindruck erweckt werden, dass wir es hier mit einer
weiteren „Supergroup“ zu tun haben. Klar war aber auch, dass The
Unitiy trotz der Essenz von 5/6 Love.Might.Kill nicht wie diese
klingen würden, respektive sollten, denn sonst hätte man ja den
alten Kahn weiter auf dem Wasser rumschippern lassen können. Da ich
selber erst kürzlich durch unseren MF-Tinu auf diese Combo
aufmerksam wurde (ja, shame on me…, ich weiss…, und beuge mein Haupt
in Demut!) hatte ich natürlich noch voll «2 Big 2 Fail» im Kopf.
Somit waren die Erwartungen an The Unity grundsätzlich mal ziemlich
hoch.
Spätestens
beim dritten Song beschlich mich aber das Gefühl, dass der Sechser
technisch zwar absolut auf der Höhe war und Frontmann Jan Manenti
nach wie vor abliefert, aber vom Songwriting her war es unter dem
Strich zappenduster, sprich ziemlich langweilig. Da konnte der gute
Michael noch so filigran trommeln, und auch das neue Gitarren-Duo
Richter/Ellenhorst zündete überhaupt nicht. Trotzdem konnte vor
allem Mr. Manenti eine Verbindung zum Publikum aufbauen, das
ordentlich applaudierte, aber nüchtern betrachtet war das zumindest
live gar nix. Da fehlte jegliches Feuer, das Love.Might.Kill auf dem
kompositorischen Zenith beinahe unschlagbar machte. Die Bilanz des
studiomässigen Audionachschlags fällt zwar deutlich besser aus und
erklärt ein Stück weit den leidigen Nachteil als Support, da die
sonst passable Mucke einfach über keinerlei Druck verfügte. Schräg
sind zudem die sich bei «No More Lies» mehrfach wiederholenden
Vocal-Line Sequenzen, die umgehend an den 80er Hit «Cambodia» von
Kim Wilde erinnern und man, einmal gehört, bei The Unity nicht mehr
aus dem Kopf bringt. Da erfreue ich mich persönlich lieber wieder an
«2 Big 2 Fail», wo es eigentlich keine Ausfälle zu beklagen gibt.
Klar sehen das wohl nicht alle so, aber es wird sich zeigen, wie lange
der Schnauf ausreichen wird.
Setliste: «Intro» - «Rise And
Fall» - «Firesign» - «No More Lies» - «God Of Temptation» - «Close
To Crazy» - «Killer Instinct» - «Send Me A Sign (Cover Gamma Ray)» -
«Never Forget» - «Outro ( United from Judas Priest)».
Sinner
Ich glaube, dass ich bisher noch nie eine Band live habe spielen
sehen, die zusätzlich noch einen singenden Barkeeper auf der Bühne
stehen hatte! So geschehen aber bei Sinner, dem heutigen Headliner
in der Hall Of Fame. Das Ganze machte bezüglich dem Titel des neuen
Albums, «Tequila Suicide», durchaus Sinn, war aber schon speziell.
Allerdings schien der Typ mehrheitlich gut getunte Jacky-Cola’s für
die Bandmembers bereit zu stellen. Diese bedienten sich dort dann
auch entsprechend und gleich mehrmals während des Auftrittes. Doch als
aktiver Musiker, besonders auf Tour, ist man ja bestens gewappnet
für solche Aufgaben, Stossgebet für Ikone Lemmy (R.I.P.)
inbegriffen. Und wenn wir es schon von den Gästen auf der Bühne
haben, muss natürlich ergänzt werden, dass mit Frank Beck der Co-Sänger
von Gammy Ray ebenso mit von der Partie war…, gesanglich wie
trinkmässig! Die meisten Leads übernahm aber Chef Mat Sinner und
bereits mit dem mittlerweile über 20-jährigen Opener «Used To The
Truth (vom Album «Judgement Day», 1996) zeigten Sinner (Leadvocals
Frank) eindrücklich, worin sich der Headliner vom Support
unterscheidet. Da wehte dann ein anderes Brett von der Bühne runter,
und dies gleich von Anfang an. Die Auswahl der Songs gestaltet sich
bei insgesamt achtzehn Studioalben (wenn ich richtig gezählt habe)
wohl nicht gerade leicht, aber dass dabei der neue Dreher „nur“ mit
vier Songs bedacht wurde und nicht weniger als neun Tracks (!) von
drei Alben zwischen 1984 und 1986 stammten, zeigte
unmissverständlich auf, wo die Präferenzen lagen.
Die gute
alte Zeit währt halt ewiglich und gutes Songwriting kennt eben kein
Verfallsdatum. So powerten sich Mat Sinner (b/v), Tom Naumann (g/v),
Frank Scholpp (g) und Francesco Jovino (d) sowie die beiden Guests
durch ein ansprechendes Set, das für tolle Stimmung sorgte. Für die
heitere Gesinnung auf der Bühne sorgte derweil, wie erwähnt, der
singende Barman, der die erste Reihe ruhig mit ein paar seiner
Drinks hätte beglücken können. Schlagzeuger Francesco kriegte davon
allerdings nichts ab, aber bei seiner schweisstreibenden Arbeit und
dem gespielten Solo war eher Wasser als Jacky-Cola gefragt. Obwohl
Sinner locker Material für eine Dreistunden-Show an Halde
hätten, wurden dennoch ein paar Covers gezockt. Dazu gehörte
mitunter eine töfte Version des Billy Idol Hits „Rebel Yell“, und
der Thin Lizzy Klassiker «Jailbreak» hinterliess eigentlich auch
einen ziemlich guten Eindruck. Das Gleiche galt danach dem
Merchandise, das mit vergleichsweise ziemlich humanen Preisen
punkten konnte. Somit fanden zum Beispiel die auf 500 Stk.
limitierte LP von «Tequila Suicide» in schönem green-splatter Vinyl
und die von Mat Sinner unterschriebene CD mit Freude den Weg in die
heimische Tonträgersammlung. Auf solche Konzertbedingungen in der
Hall Of Fame werde ich in Zukunft weiter hoffen, denn so lässt sich
die Anfahrt mit einem guten Gefühl unter die Räder nehmen. Die
lautstarken Reaktionen des Publikums liessen dabei ebenso keinen
Zweifel darüber aufkommen, dass Mat Sinner und seine Truppe in
Wetzikon auch ein nächstes Mal hochwillkommen sein werden.
Setliste: «Intro (Always Look On The Bright Side Of Life, Cover
Monty Python)» - «Used To The Truth (Frank Beck on vocals)» -
«Comin' Out Fighting» - «Tequila Suicide» - «Bad Girl» - «Born To
Rock» - «Battle Hill (Frank Beck on vocals)» - «Sinner Blues» -
«Concrete Jungle» - «Danger Zone» - «Go Down Fighting» - «Drum Solo
Francesco Jovino» - «Hypnotized (Frank Beck on vocals)» - «Knife In
My Heart» - «Rebel Yell (Cover Billy Idol with snippets of Message
In A Bottle (The Police, sung by Frank Beck) and Jailbreak (Thin
Lizzy)» - «Germany Rocks (Additional vocals by Frank Beck) » - «Lost
In A Minute (Frank Beck on vocals)» - «Back On Trail».
|
|