Livereview: Sinner - The Unity

12. Mai 2017, Wetzikon – Hall Of Fame
By Rockslave

Der für unsereins im Kanton Solothurn etwas längere Weg nach Wetzikom muss sich schon lohnen, und das war heute Abend mit dem deutschen Metal-Urgestein Sinner klar gegeben. Vielbeschäftigt mit Primal Frear und der „Rock Meets Classic“ Serie, fand Bassist wie Mainman Mat Sinner offenbar wieder etwas Zeit, um mit seiner Solo-Band erstens ein brandneues Album mit dem Titel «Tequila Suicide» raus zu hauen und damit gleich auch noch Tour zu gehen. Wer sich den ganzen Backkatalog seit dem Debüt «Wild’n’Evil» von 1982 anschaut und den neben die gesamten Aktivitäten von Primal Fear, Voodoo Circle und eben RMC legt, wird sich berechtigt fragen, wie der gute Mat das alles bisher unter einen Hut gebracht hat und weiter bringt! Das Palmares ist üppig und totale Ausfälle sind nirgends zu verzeichnen. Die knackige wie überaus gelungene neue Scheibe reiht sich dabei locker bei den besseren Releases des Blondschopfes aus Stuttgart ein. Mit The Unity kündigte sich zudem eine weitere interessante Combo um die beiden aktuellen Gamma Ray Recken Henjo Richter (g) und Michael Ehré (d) an, ergänzt um nicht weniger als vier weitere (Ex-) Musiker von Love.Might.Kill!

The Unity

Wenn man es genau nahm, standen eigentlich Love.Might.Kill auf der Bühne, einfach mit Henjo Richter an der Stelle von Christian Stöver (Ex-Metalium) an der zweiten Klampfe. Diese damals völlig unterbewertete Band, die von 2010 bis 2015 existierte, hatte vor allem mit dem zweiten Album «2 Big 2 Fail» von 2012 einen absoluten Melodic Heavy Metal Killer am Start, der sich leider nicht so entfalten konnte, wie dies hoch verdient gewesen wäre. Die Folge davon ist hinlänglich bekannt und die Szene um eine Bereicherung ärmer. Somit kann man The Unity als alten Wein in halbwegs neuen Schläuchen bezeichnen. Aufgrund der Affiche Ehré/Richter wurde im Vorfeld entsprechend die Werbetrommel gerührt und dabei sollte natürlich der Eindruck erweckt werden, dass wir es hier mit einer weiteren „Supergroup“ zu tun haben. Klar war aber auch, dass The Unitiy trotz der Essenz von 5/6 Love.Might.Kill nicht wie diese klingen würden, respektive sollten, denn sonst hätte man ja den alten Kahn weiter auf dem Wasser rumschippern lassen können. Da ich selber erst kürzlich durch unseren MF-Tinu auf diese Combo aufmerksam wurde (ja, shame on me…, ich weiss…, und beuge mein Haupt in Demut!) hatte ich natürlich noch voll «2 Big 2 Fail» im Kopf. Somit waren die Erwartungen an The Unity grundsätzlich mal ziemlich hoch.

Spätestens beim dritten Song beschlich mich aber das Gefühl, dass der Sechser technisch zwar absolut auf der Höhe war und Frontmann Jan Manenti nach wie vor abliefert, aber vom Songwriting her war es unter dem Strich zappenduster, sprich ziemlich langweilig. Da konnte der gute Michael noch so filigran trommeln, und auch das neue Gitarren-Duo Richter/Ellenhorst zündete überhaupt nicht. Trotzdem konnte vor allem Mr. Manenti eine Verbindung zum Publikum aufbauen, das ordentlich applaudierte, aber nüchtern betrachtet war das zumindest live gar nix. Da fehlte jegliches Feuer, das Love.Might.Kill auf dem kompositorischen Zenith beinahe unschlagbar machte. Die Bilanz des studiomässigen Audionachschlags fällt zwar deutlich besser aus und erklärt ein Stück weit den leidigen Nachteil als Support, da die sonst passable Mucke einfach über keinerlei Druck verfügte. Schräg sind zudem die sich bei «No More Lies» mehrfach wiederholenden Vocal-Line Sequenzen, die umgehend an den 80er Hit «Cambodia» von Kim Wilde erinnern und man, einmal gehört, bei The Unity nicht mehr aus dem Kopf bringt. Da erfreue ich mich persönlich lieber wieder an «2 Big 2 Fail», wo es eigentlich keine Ausfälle zu beklagen gibt. Klar sehen das wohl nicht alle so, aber es wird sich zeigen, wie lange der Schnauf ausreichen wird.

Setliste: «Intro» - «Rise And Fall» - «Firesign» - «No More Lies» - «God Of Temptation» - «Close To Crazy» - «Killer Instinct» - «Send Me A Sign (Cover Gamma Ray)» - «Never Forget» - «Outro ( United from Judas Priest)».


Sinner
Ich glaube, dass ich bisher noch nie eine Band live habe spielen sehen, die zusätzlich noch einen singenden Barkeeper auf der Bühne stehen hatte! So geschehen aber bei Sinner, dem heutigen Headliner in der Hall Of Fame. Das Ganze machte bezüglich dem Titel des neuen Albums, «Tequila Suicide», durchaus Sinn, war aber schon speziell. Allerdings schien der Typ mehrheitlich gut getunte Jacky-Cola’s für die Bandmembers bereit zu stellen. Diese bedienten sich dort dann auch entsprechend und gleich mehrmals während des Auftrittes. Doch als aktiver Musiker, besonders auf Tour, ist man ja bestens gewappnet für solche Aufgaben, Stossgebet für Ikone Lemmy (R.I.P.) inbegriffen. Und wenn wir es schon von den Gästen auf der Bühne haben, muss natürlich ergänzt werden, dass mit Frank Beck der Co-Sänger von Gammy Ray ebenso mit von der Partie war…, gesanglich wie trinkmässig! Die meisten Leads übernahm aber Chef Mat Sinner und bereits mit dem mittlerweile über 20-jährigen Opener «Used To The Truth (vom Album «Judgement Day», 1996) zeigten Sinner (Leadvocals Frank) eindrücklich, worin sich der Headliner vom Support unterscheidet. Da wehte dann ein anderes Brett von der Bühne runter, und dies gleich von Anfang an. Die Auswahl der Songs gestaltet sich bei insgesamt achtzehn Studioalben (wenn ich richtig gezählt habe) wohl nicht gerade leicht, aber dass dabei der neue Dreher „nur“ mit vier Songs bedacht wurde und nicht weniger als neun Tracks (!) von drei Alben zwischen 1984 und 1986 stammten, zeigte unmissverständlich auf, wo die Präferenzen lagen.

Die gute alte Zeit währt halt ewiglich und gutes Songwriting kennt eben kein Verfallsdatum. So powerten sich Mat Sinner (b/v), Tom Naumann (g/v), Frank Scholpp (g) und Francesco Jovino (d) sowie die beiden Guests durch ein ansprechendes Set, das für tolle Stimmung sorgte. Für die heitere Gesinnung auf der Bühne sorgte derweil, wie erwähnt, der singende Barman, der die erste Reihe ruhig mit ein paar seiner Drinks hätte beglücken können. Schlagzeuger Francesco kriegte davon allerdings nichts ab, aber bei seiner schweisstreibenden Arbeit und dem gespielten Solo war eher Wasser als Jacky-Cola gefragt. Obwohl Sinner locker Material für eine Dreistunden-Show an Halde hätten, wurden dennoch ein paar Covers gezockt. Dazu gehörte mitunter eine töfte Version des Billy Idol Hits „Rebel Yell“, und der Thin Lizzy Klassiker «Jailbreak» hinterliess eigentlich auch einen ziemlich guten Eindruck. Das Gleiche galt danach dem Merchandise, das mit vergleichsweise ziemlich humanen Preisen punkten konnte. Somit fanden zum Beispiel die auf 500 Stk. limitierte LP von «Tequila Suicide» in schönem green-splatter Vinyl und die von Mat Sinner unterschriebene CD mit Freude den Weg in die heimische Tonträgersammlung. Auf solche Konzertbedingungen in der Hall Of Fame werde ich in Zukunft weiter hoffen, denn so lässt sich die Anfahrt mit einem guten Gefühl unter die Räder nehmen. Die lautstarken Reaktionen des Publikums liessen dabei ebenso keinen Zweifel darüber aufkommen, dass Mat Sinner und seine Truppe in Wetzikon auch ein nächstes Mal hochwillkommen sein werden.

Setliste: «Intro (Always Look On The Bright Side Of Life, Cover Monty Python)» - «Used To The Truth (Frank Beck on vocals)» - «Comin' Out Fighting» - «Tequila Suicide» - «Bad Girl» - «Born To Rock» - «Battle Hill (Frank Beck on vocals)» - «Sinner Blues» - «Concrete Jungle» - «Danger Zone» - «Go Down Fighting» - «Drum Solo Francesco Jovino» - «Hypnotized (Frank Beck on vocals)» - «Knife In My Heart» - «Rebel Yell (Cover Billy Idol with snippets of Message In A Bottle (The Police, sung by Frank Beck) and Jailbreak (Thin Lizzy)» - «Germany Rocks (Additional vocals by Frank Beck) » - «Lost In A Minute (Frank Beck on vocals)» - «Back On Trail».