Hohe Wellen schlug das neue Album „Repulsion For Humanity“
der Underground Death Metaller von Sinsaenum bereits im Vorfeld und
nun war es an der Zeit, sich auch von der Live-Qualität des Fünfers
zu überzeugen. So sehr sie auch ihr Todesblei im Untergrund
verbreiten, so untergründig ist das Quintett gar nicht. Im Gegenteil
– bei Sinsaenum handelt es sich nicht um einen wild
zusammengewürfelten Haufen wuterfüllter Jungs, sondern um eine
Super-Group. Keine geringeren als Joey Jordison (ex-Slipknot) oder
Frédéric Leclercq (Dragonforce) mischen bei diesem Projekt mit. Um
bei ihrem Gig auch wirklich warm zu sein, standen die
Thrash-Groove-Metaller von Hatesphere und die Hannoveraner von
Critical Mess im Vorprogramm. Flotte Geschütze also, die an diesem
Freitagabend im Galvanik Zug aufgefahren wurden.
Critical
Mess Der Startschuss ertönte um 20:30 Uhr in Form von
Critical Mess. Brutaler Death Metal der übleren Sorte. Die Truppe um
Britta Götz machte ordentlich Dampf im Kessel, denn sie hatten es
auch nötig Dampf abzulassen. Völlig abgenervt und mit über vier
Stunden Verspätung kamen sie wegen einer Reifenpanne und einer
längeren Zollkontrolle in Zug an. Sie hatten ihren Auftritt im
Geiste bereits gestrichen aber das Team des Galvanik griff ihnen
unter die Arme und so konnte ihr Gig dennoch realisiert werden.
Wütend und mit viel Power fegten Critical Mess übers Publikum
hinweg, das stetig in dem kleinen Raum zunahm. Die Fronterin growlte
und brüllte sich die Lunge aus dem Hals und stand stets in Kontakt
mit dem Publikum. Britta und ihre vier Mitstreiter lieferten eine
gute Show, die leider aus technischen Gründen etwas düsterer ausfiel
als normal. Nur der hintere Teil der Bühne, sprich das Drumkit war
ins rechte Licht gerückt worden, während der Rest der Band mehr oder
weniger im Dunkeln agierte. Volle Konzentration also auf den Sound,
was an so einem Abend sicherlich auch nicht schlecht ist. Ihr Set
gespickt mit echten Bangern und brachialen Totschlägern war kurz
aber intensiv. Critical Mess machten an diesem Abend wirklich das
Beste aus ihrer Situation und bewiesen damit deutlich, dass auch in
der Metalszene eine ordentliche Portion Professionalität gefragt
ist. Nach etwa einer halben Stunde war der deutsche Sturm vorüber
und ich hatte noch die Ehre, von der Bühne aus, das Schlussfoto der
Band mit Publikum zu schiessen. Durch einen satten Druck auf die
Nebelmaschine, wurde aber auch diese Szene teilweise vereitelt, was
ja zum Tagesablauf der Hannoveraner mehr als passte. Trotz allem
zeigten sie sich nach ihrer Show gelöst und fannah am Merchstand.
Sehr sympathisch!
Setliste: «Bringer Of All End» «Preacher
Of Lies» «Feasting» «Gluttony» «Pansperm» «Into Oblivion» «Repent»
Hatesphere
Der zweite Act des Abends hinterliess bei mir gemischte Gefühle.
Hatesphere aus dem schönen Dänemark, brachten ihren Mix aus Old
School-, Thrash- und Death Metal ins schweizerische Zug. Laut und
rockig ging es vom ersten Ton an zu und her und besonders Sänger
Esben “Esse” Hansen, schien der Wechsel vom Merchtisch auf die Bühne
gut zu tun. Er witzelte, tanzte und suchte immer wieder die Nähe zu
den Fans, indem er sie aufforderte, doch endlich ganz nach vorne zu
kommen. Der Einladung sind viele Anhänger noch so gerne gefolgt.
Auch Peter “Pepe” Lyse Karmark, das letzte verbliebene
Gründungsmitglied seit 1998, spielte sich die Finger wund. Echt
ulkig war seine Gesichtsmimik und seine Bewegungen, die er zu seinen
Gitarrenriffs und Solis zum Besten gab. Es hatte etwas
Komödiantisches an sich, was aber irgendwie zum Auftritt von
Hatesphere passte an diesem Abend. Einige Fans waren an diesem Tag
nur für die fünf Nordmänner angereist und diese feierten sie dann
auch richtiggehend ab.
Während
auf der Bühne die Band groovte, entstand im Publikum die kleinste
„Wall Of Death“ die ich je gesehen habe. Gerade mal zwei Metalheads
machten sich in der Arena bereit, um auf Hansens „Go“ hin,
aufeinander loszustürmen. Es war zum Brüllen und dies dachte sich
auch der Sänger und so machte er sich daran, sich in allen unseren
Landesprachen beim Publikum zu bedanken, was aber letztlich bei
„Rumantsch“ kläglich scheiterte. Nicht einmal das Publikum konnte
ihm die vierte Sprache nennen. Autsch! Die Party war in vollem Gange
und die Menge amüsierte sich köstlich. Auf mich vermochte der
zündende Funke nicht richtig überspringen, wobei ich da eine
Ausnahme war an diesem Abend. Ich würde sogar behaupten, dass
etliche nach dem Auftritt „ihres Headliners“ das Lokal frühzeitig
verlassen und ihren Konzertabend beendet haben.
Setliste:
«Lies And Deceit» «Murderous Intent» «The Fallen» «Intro/Resurrect»
«Corpse Of Mankind» «Intro/Drinking» «New Hell» «Iconoclast»
«Sickness»
Sinsaenum
Ein kurzer Umbau sorgte für eine Verschnaufpause, bis beinahe
unmerklich und ohne grosse Ankündigung die Herren von Sinsaenum auf
der Bühne ihre Plätze einnahmen. Durch die Scheibe neben der Bar
konnte man die Band reglos stehen sehen und wer wollte, hatte gerade
noch Zeit sich in den Raum zu begeben bevor lautes Getöse über sie
hereinbrach. Der Rest blieb erst einmal im Aussenbereich des
Galvanik und widmete sich einer Flasche Hopfensaft. Mit dem Opener
und Titeltrack ihres neuen Albums gaben sie beeindruckend den Takt
für die kommenden 75 Minuten dieses Abends vor. Ihr Set war
abwechslungsreich und eine gute Mischung zwischen altem und neuem
Material. So bretthart und gewaltig wie einem ihre „Wall Of Sound“
ins Gesicht peitschte umso mehr waren die Herren die heroische Ruhe
selbst. Die beiden Gitarristen Frédéric Leclercq und Stéphane Buriez
verharrten meist auf ihren Plätzen und auch der Bassist Heimoth C.
Krueger blieb im Hintergrund oft bei gemütlichen Bewegungen. Egal,
denn der Sound stimmte. Druckvoll und klar schallten die Death
Metal-Salven aus den Lautsprechern, die über den Köpfen des
Publikums hingen. Einzig Sänger Sean Zatorsky stand die ganze Zeit
am Bühnenrand und übte sich im wilden Gestikulieren, wenn er nicht
gerade damit beschäftig war seinen Monsterbart zu bändigen. Sogar
der „grosse“ Joey Jordison, der ja in Wirklichkeit gar nicht so
gross ist, schien hinter seinem Schlagzeug die Ruhe selbst zu sein,
ausser er gab
zwischenzeitlich
seinem Bewegungsdrang ein wenig nach, sodass er kurz mal
durchdrehte. Ansonsten boten Sinsaenum in Sachen Show und Spektakel
nichts Aussergewöhnliches, was aber durch ihre perfekten
Live-Qualitäten auch nicht von Nöten war. Viele Besucher verpassten
allerdings diesen perfekten Moment und so kam es, dass sich Fronter
Zatorsky gegen Schluss ihres Gigs bei 61 Personen (es war so
übersichtlich, dass ich kurz durchzählen konnte) mit dem Spruch
bedankte, das wir ein harter Haufen seien und Underground-Death eben
nicht für jedermann gemacht sei. Sicher war dies noch ein spezieller
Moment für einige der Musiker, da sie sich andere Fanscharen gewohnt
sind und mit anderen Formationen ganze Stadien gefüllt haben.
Andererseits schafft dies auch wieder Platz für mehr Fannähe, die
sie nach der Show bei einem „meet and greet“ professionell zuliessen
ohne fürchten zu müssen, von einem durchgedrehten Mob überrannt zu
werden. Kurz gesagt, es war ein geniales „Wohnzimmer-Konzert“, das
vollends zu überzeugen vermochte. Am Schluss des Happenings liessen
es sich Sinsaenum nicht nehmen, sich ordentlich feiern zu lassen,
jedoch ohne den überflüssigen Handy-Selfie-Scheiss (Aussage von
Britta Götz, Critical Mess) sondern mit echten Handshakes und etwas
Smalltalk. Jordison und Leclercq bleiben noch etwas länger auf der
Bühne und zumindest der Drummer sah auf einmal so aus, als müsste er
vor Rührung ein paar Tränen verdrücken, was aber vermutlich nur an
seinen stechenden Augen lag. Wer weiss?!
Setliste: «Repulsion
For Humanity» «Sacred Martyr» «Splendor And Agony» «I Stand Alone»
«Intro/Condemned To Suffer» «Gods Of Hell» «Intro/Echoes Of The
Tortured» «Final Resolve» «Inverted Cross» «Hooch» «Ashes» «Army Of
Chaos»
Im Galvanik Zug wurde auf ganzer Linie ein tolles Programm
geboten und mit dem ansprechenden Ambiente ein grossartiger
Konzertabend durchgeführt. Als wäre dies nicht schon genug, durfte
ich als Zugabe meine Helden der Jugend, Steve Karrer und Patrick
Hersche von Messiah kennenlernen und mich mit ihnen austauschen.
Sinsaenum haben absolut erfüllt und ihre grossen Namen tragen sie zu
Recht. Die Erfahrung, ihr Können und ihre Leidenschaft waren an
diesem Abend mehr als spürbar.
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