Am 21. Mai trat die legendäre britische Band The Sisters Of Mercy
in Rahmen der Europatournee in Zürcher Palais X-Tra auf. Der
Konzertraum war schon zum Anfang des Gigs voll. Es ist einerseits
auch leicht zu verstehen und zu erklären: Die Musik von The Sisters
Of Mercy kann nicht in Vergessenheit geraten. Andererseits wundert
mich diese Tatsache. Die Sache liegt so, dass die Band schon seit
über zwanzig Jahren nicht mehr im Studio gearbeitet hat und kein
neues Material herausgibt. Das letzte Album wurde 1990
veröffentlicht, und man spielt es immer noch an Konzerten. Das
letzte Mal waren The Sisters Of Mercy vor drei Jahren in der
Schweiz, als sie ihr dreissigjähriges Jubiläum gefeiert hatten.
Worin besteht das Phänomen von The Sisters Of Mercy? Wie gelingt es
der Band, ihre Popularität ohne neue Songs zu bewahren? Die Antwort
kann man nur eventuell finden – wenn man ein Konzert von The Sisters
of Mercy selbst miterlebt.
Losers
Gegen halb Neun kam die Electronic Rock-Vorgruppe Losers auf die
Bühne. Losers sind Landsleute des berühmten Headliners, und offenbar
haben sie viel Ahnung von guter Clubmusik. Denn einer von den
Teilnehmern dieses Projektes ist ein ziemlich berühmter DJ – die
Rede ist über Bassgitarrespieler und Keyboardspieler Eddy TM. Ich
würde sagen, dass der Auftritt der Band sehr “unaufdringlich”
anfing. Ich glaube, dass sogar nicht alle Anwesenden gleich
mitbekamen, dass das Konzert schon angefangen hatte. Tatsächlich
unterschied sich die Beleuchtung auf der Bühne und im Raum kaum, und
das gesamte Klangbild war gedämpft. Obwohl es auf der Bühne dunkel
war, arbeitete im Hintergrund ein Display, das schwarz-weisse
Aufnahmen von Szenen verschiedener Ereignissen aus dem Anfang des
Jahrhunderts abspielte. Manchmal schien es, dass auf der Bühne sich
nicht Menschen, sondern Gespenster bummelten und man fühlte sich wie
auf einer “einseitigen Party”. Immerhin ist die Musik dieser Band
klangvoll und natürlich ist es auch Tanzmelodie, deswegen fingen
einige Zuhörer unwillkürlich an zu tanzen. Seit einiger Zeit spielt
in der Band auch eine Frau. Sie ist Keyboarderin und
Backgroundsängerin. Sie verhielt sich hinter dem Keyboard sehr
auffallend. Zweifellos gab ihre Teilnahme dem Auftritt zusätzliche
Energie. Im Laufe des Auftrittes kündigte die Band an, dass ihr
neues Album noch in diesem Jahr rauskommen wird. Ich kann
hinzufügen, dass die Gruppe ihre besten lebhaften musikalischen
Nummern zum Schluss zeigte: Sie wurden abstrakter und
psychedelischer und nicht mehr zum Tanzen geeignet. Anfang Zehn Uhr
bedankte sich die Band herzlich bei dem Publikum und verliess die
Bühne.
The Sisters Of Mercy
Zwanzig Minuten später war alles für den Auftritt der legendenhaften
Gruppe vorbereitet. Grelle Scheinwerfer beleuchteten den
Zuschauerraum vom Inneren der Bühne herab. Durch die
Scheinwerferstrahlen kamen zuerst die beiden Gitarristen Chris
Catalyst und Ben Christo zum Intro von “More” auf die Bühne. Nachdem
der berühmte virtuelle Drummer den Rhythmus “Doktor Avalanche” zu
spielen begann, erschien der unabsetzbare Bandleader auf der Bühne –
die geheimnisvolle und kompromisslose Underground-Persönlichkeit
Andrew Eldritch. Seine schlanke Figur wurde durch den Anzug betont.
Wie gewöhnlich erschien Andrew mit seiner dunklen Aviatorbrille, die
in den 80er Jahren sehr populär waren. Bedingungslos sieht Andrew in
den letzten Jahren noch eleganter und geheimnisvoller aus als in
früheren Jahren, aber die Stärke seiner tiefen Stimmer bleibt nach
wie vor. Die Band spielte bekannte Hits wie «Temple Of Love», «This
Corrosion» und «Lucretia
My Reflection», aber unverständlicherweise
wurde “Dominion” nicht gespielt. Das Konzert war spannend,
ergreifend und ich glaube, ich
habe das Geheimnis des stabilen
Erfolges dieser Gruppe aufgeklärt: eine hinreissende Set-Liste, die
schon seit mehr als 10 Jahren faszinierend wirkt. Was mich angeht,
beeindruckte mich die Bindung der Coverversion “Dick Dale” der
berühmten Melodie “Misirlou” aus dem berühmten Tarantino-Film “Pulp Fiction” mit dem Haupthit der Band aller Zeiten - “Temple of Love”.
Aber man kann nicht sagen, dass die Band die Songs einfach nur so
runtergespielt hat. Im Gegenteil, sie verhalfen dem Publikum, in
eine Musikaufführung mit dem Titel “The Sister of Mercy”
einzutauchen. Ausserdem ist das Line Up seit 8 Jahren unverändert.
Somit ist eine stabile Qualität bei jeder Aufführung dem tollen
Zusammenspiel der Gitarristen Chris und Ben garantiert. Und
zweifellos spielt die tiefe Stimme von Andrew Eldritch eine
Hauptrolle: genau solch eine Stimme sollte ein “Gothic-König”
besitzen. Beiläufig gesagt, war es für mich als Fotographin
erstaunlich, dass Eldritch nur während der ersten 3 Songs, die zum
Filmen und Fotomachen erlaubt waren, für die Kamera posierte. Es
geht ein Gerücht um, dass Andrew die Presse und Massenmedien nicht
mag. Aber diesesmal merkte man eine neue Grosszügigkeit von ihm! Und
als Resultat gab es gute Grossaufnahmen ohne Schwierigkeiten! Wir
freuen uns auf das nächste Konzert!
Set-list: „More“, „Ribbons“, „When You Don't See Me“, „Blood Money“,
„Alice“, „Crash And Burn“, „Gift That Shines
(Red Lorry Yellow
Lorry-Cover)“, „Still“, „Amphetamine Logic“, „Arms“,
“Doctor Jeep /
Detonation Boulevard“, „Top Night Out“, „Valentine“, „Flood II“, „This
Corrosion“
Encore: „Kiss The Carpet“, „Lucretia“,
„My Reflection“, „Vision
Thing“
Encore 2: „First And Last And Always“,
„Misirlou (Dick Dale-Cover)
“, „Temple Of Love“
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