Livereview: Slayer - Trivium - Mastodon - Amon Amarth - Mabon
10. November 2008, Winterthur - Eishalle Deutweg
By Rockslave (rsl), Kissi (kis), Maiya (mya) und Xenia (xen) - All Pics by Rockslave
Brutal, brutaler, Slayer! Man kann als Band machen, was man will. Kann schneller, verzerrter, technischer spielen, kann sich bösere Texte ausdenken und doch kommt keine Band auf der Welt an die Aggressivität von Slayer heran. Auch heute nicht! Mit «Reign In Blood», «South Of Heaven» oder «Seasons In The Abyss» wurden Meilensteine des Metals geschaffen und mit dem aktuellen Output «Christ Illusion» vom letzten Jahr konnte man wiederum den Thron des Thrash, des extremeren Metals überhaupt für sich behaupten. Im Zuge dessen kamen die Herren Araya, King, Hannemann und Lombardo, damals unterstützt von Children Of Bodom, In Flames und Lamb Of God, schon einmal nach Winterthur. Nachdem man damals aber die Eulachhalle in Schutt und Asche zerlegt hatte, suchte man sich dieses Jahr die etwas grössere und auch passendere (weil höhere) Eishalle Deutweg zum Abhalten der metallischen Satansfeier aus. Und auch in Sachen Aufwärmer setzte man dabei auf andere Namen: Zwar waren die bekifften Riffer von Maroon schon 2005 mit den Thrash-Heroen auf Rundreise gegangen, die Youngsters von Trivium und die Wikinger Amon Amarth jedoch nahmen zum ersten Mal teil an der nun schon zum dritten Male stattfindenden «Unholy Alliance»-Tournee. Auch neu dabei: «15 Minutes Of Fame», eine Aktion, bei welcher sich Bands bewerben konnten, um den diabolischen Abend zu eröffnen. Beim einzigen CH-Gig Slayers machte dabei die growlende Meute von Mabon das Rennen. (kis)

Mabon
Für was gibt man denn Spielzeiten auf Plakaten und Flyern an, wenn sie nicht eingehalten werden? Diese Frage stellten sich wohl alle Fans, die sich auf 18.00 Uhr, also den eigentlich Konzertbeginn in der Eishalle Deutweg einfanden, um dann bei angedrehtem Hallenlicht verduzt mit zu bekommen, dass Mabon soeben gespielt hatten! Ok..., auf der Bandhomepage stand es zwar drin, aber eben, was will man da machen? Das ist umso mehr ärgerlich, weil auf diese Art und Weise zumindest einige Leute den einzigen Schweizer Beitrag der diesjährigen «Unholy Alliance» verpasst haben. Verpasst ist das richtige Wort, denn die Contest-Sieger, die letztlich 200 Mitkonkurrenten hinter sich liessen, lieferten ihre bis anhin wohl wichtigsten fünfzehn Live-Minuten der ganzen Karriere ab. Die Thurgauer Thrash-Combo mit Rhythmus-Gitarristin und Blickfang Monika Hagmann sowie Neuzugang Marco Puglisi stürmte die Bühne wie alte Hasen und stand von Anfang an voll unter Strom. Der aggressive Gesang von Roger Badertscher passte perfekt zum dargebotenen Sound und dem Stage-Acting der ganzen Truppe. Das Publikum antizipierte vorerst noch etwas zögerlich, steigerte sich jedoch zum Schluss hin wenigstens zu einem ordentlichen Schluss-Applaus, den sich Mabon redlich verdient hatten. Man hätte ihnen wirklich gerne noch eine halbe Stunde länger zugehört. Soll einer jetzt sagen, dass es in der Schweiz keine guten, jungen Bands gibt. Der Gegenbeweis wurde soeben erbracht und es bleibt zu hoffen, dass dieser Auftritt noch positive Folgen nach sich ziehen wird! (rsl)

Amon Amarth
Nach dem die «15 Minutes Of Fame» vorüber waren, wurde die Bühne sofort umgebaut und der altbekannte Thorhammer zeigte deutlich an, wer als Nächstes dran war, die Stage zu rocken. Dass Amon Amarth als Quasi-Opener das diesjährige «Unholy Alliance» eröffneten, war wohl nicht nur meiner Meinung nach etwas daneben, ist die schwedische Death Metal Band doch schon eine alteingesessene und den ganzen Bandshirts nach auch beliebte Truppe in der Schweiz. Nach dem Intro, welches das Herz schneller schlagen liess und Gänsehaut erzeugte, kam die Band langsam auf die Bühne und wurde von den Fans lautstark begrüsst. Hegg, welcher wie immer mit seinem riesigen Trinkhorn ausgestattet war, prostete in die Menge und grinste freundlich, bevor es dann auch schon Vollgas los ging. Mit «Death In Fire» eröffneten die schwedischen Jungs das, leider nur dreissigminütig andauernde, Spektakel. Die vier Jungs vorne zeigten sofort wie man so richtig schön synchron Headbangt, was auch die Fans dazu anregte gleich mitzumachen. Die Menge sang euphorisch und mit hocherhobenen Fäusten mit, was sicherlich ganz im Sinne der Wikinger gewesen wäre. Die Soundqualität und Lautstärke waren meiner Meinung nicht ganz optimal, was aber wohl an der grossen Halle lag, welche noch nicht voll war. Nach einem weiteren Lied von einer der älteren Platten, kündigte Hegg dann «Twilight Of The Thundergod» an und man merkte schnell, dass sich wohl auch viele neue Fans unter den Zuschauern befanden. Die Euphorie war gross und die neuste Single kam sehr gut beim Publikum an, welches zum grössten Teil den Text schon auswendig konnte. Für die wirklich kurze Zeit hatten Amon Amarth alles gegeben und sich nicht anmerken lassen, dass sie nicht ganz glücklich über ihre kurze Auftrittszeit waren. Die Jungs wirkten trotz ihrer langjährigen, pausenlosen Arbeit gut gelaunt und energiegeladen. Die Setlist war wunderbar durchmischt mit Liedern von «Fate Of The Norns», über «Versus The World» bis hin zu den letzten zwei Alben, so dass auch wirklich alle Fans irgendein Highlight für sich verbuchen konnten. Wer von den Schweden bei diesem kurzen, aber wirklich starken Auftritt nicht genug gekriegt hat, kann sie im nächsten März dann in voller Länge auf ihrer Headliner-Tour live erleben! (xen)

Setlist: «Death In Fire» «Asator» «Twilight Of The Thunder God» «Runes To My Memory» «Free Will Sacrifice» «Cry Of The Black Birds» «The Pursuit Of Vikings».

Mastodon
Die Uhr in der Eishalle zeigte erst 19:05 an und dennoch stand mit Mastodon bereits die dritte Band des Abends auf der Bühne. Das letzte Mal hatte ich die Amis im Zürcher X-Tra gesehen. Das war im Juni 2005 und der Headliner hiess, wie heute Abend, Slayer! Damals liess ich kein gutes Haar an ihnen (Mastodon) und musste mir darauf aber sagen lassen, dass dies 'ne absolute Kult-Truppe sei. Nun gut..., meine Prognose von wegen nicht angesagt, entpuppte sich tatsächlich als falsch. Vor allem in der Heimat konnte man sich den entsprechenden Status inzwischen aufbauen. In Europa sieht das wohl und je nach Land, eher anders aus. Fakt war jedoch auf jeden Fall, dass so komplexe und ohne Zweifel hochstehende Mucke in Winterthur praktisch nichts reissen konnte. Aus mir unbekannten Gründen fehlte zudem Gitarrist Bill Kelliher, sodass nur gerade ein Trio auf der grossen Bühne versuchte, die Massen zu bewegen. Obwohl Troy Sanders (v/b) und Brent Hinds (v/g) alles gaben, von Drum-Tier Brann Dailor (mit geilem Randy Rhoads Design an seinem Instrument) ganz zu schweigen, stiess der "progressive Stoner Metal" kaum auf Gegenliebe. Das lag vielleicht auch daran, weil der Sound ziemlich basslastig und breiig daher kam. Nicht wenige Fans befanden sich während dem Auftritt vor der Türe, also nicht in der Halle und von dort klang ein Song wie der andere. So ging mehrheitlich unter, dass Mastodon durchaus mehr zu bieten hätten. Wer sich mal durch ihre bisherigen vier Alben durchhört, wird, ähnlich wie bei System Of A Down, auf einen unglaublich variablen wie vertrackten Stil-Cocktail treffen, der auf jeden Fall seinen Reiz hat. Doch dieser entfaltet sich auf der heimischen Stereo-Anlage bedeutend heftiger und obwohl sicherlich entsprechender Applaus aufbrandete, standen Mastodon unter dem Strich auf der Verlierer-Seite. Als Headliner an einem kleineren Ort und vor eingefleischten Fans würde das bestimmt anders abgehen, aber hier und heute war das nix..., leider! (rsl)

Trivium
Was nun folgte, das kam in den Augen einer Interviewerin einer Metamorphose gleich! Sänger Matt Heafy stürmte mit Trivium die Bühne, optisch makellos in seinem Konzertoutfit, vervollständigt durch eine ernste Miene. Man erkannte keine Spur mehr des zuvor beim Interview so höflichen, zurückhaltenden jungen Mannes, der in seinem dünnen hellblauen Shirt eher einem Student denn einem Metalsänger glich. Diese Verwandlung war wirklich bemerkenswert, und bevor irgendwelche Zweifel an der Identität des Sängers aufkommen konnten, brach auf der Bühne auch schon das musikalische Inferno los, um über mehrere Songs hinweg das Publikum zu unterhalten, welches bisher schon bestens durch die vorgängigen Bands aufgeheizt wurde. Die Show war enorm energiegeladen und man merkte deutlich, dass die Band echt Spass daran hatte, ihrem Schweizer Publikum das neue Album "Shogun" live vorzustellen. Trotz eines super Gigs fielen Trivium bei einem Teil des Publikums in Ungnade, denn so mancher Zuschauer war der Meinung, dass der Titel des Co-Headliners eigentlich Amon Amarth gebührt, welche zweifellos eine brutal gute Show geboten hatten. Doch es ist nun mal so, dass der Headliner selbst die Spielfolge der Bands festlegte, deshalb war die Feindseligkeit des Publikums ganz klar unangebracht und unpassend, denn so wie jede Band an diesem Abend hatten auch Trivium eine ganze Horde Fans unter den Zuschauern, welche die Show wirklich genossen haben. Die musikalische Reise führte einen leider nicht allzu weit in der Diskografie von Trivium herum, spielte die Band doch mehrheitlich neue Songs. Aufmerksamen Beobachtern fiel auf, dass die Fans sich mehr Songs des "Crusade" Albums gewünscht hätten. Dennoch war das Konzert mehr als annehmbar und es schien das Publikum in idealem Masse auf den Headliner vorzubereiten. Und hier kommen Slayer... (mya)

Slayer
Um 21.00 Uhr war es dann schon soweit: Man konnte von den Vorbands halten was man wollte, Amon Amarth besser, Mastodon zu abgedreht halten, bei Slayer gibt es ganz oder gar nicht. Seit die Truppe Anfang dieses Jahrtausend mit der Rückkehr von Ur-Drummer Dave Lombardo wieder an Feuerkraft zugelegt hatte, ist (bis auf einige schäbige Festivalauftritte) jeder Gig der Thrash-Könige eine Wucht und kein Nacken übersteht ein Riffmassaker der Amis unbeschädigt. Hinter einem weissen Vorhang, der mit rotierenden Kreuzen angeleuchtet wurde, zeichneten sich allmählich drei stramme Schatten ab und zu «Flesh Storm» wurden die ''Jäger'' enthüllt. Hatte man vor zwei Jahren noch Beamer-projektionen verwendet, um die Diabolik ihres Sounds optisch zu unterstützen, versuchte man es dieses Jahr mit einer riesigen Leuchtioden-Wand, welche dabei zeitweise eher an Las Vegas als an Tod und Verwüstung erinnerte. Dennoch: Mit einer fetten Lightshow und ebenso fettem Sound (welcher mit der Zeit auch klarer wurde) entwickelten die Riffs von Glatzbart Kerry King und Jeff Hannemann auch so die nötige Wucht, um «War Ensemble» und «Chemical Warfare» zerstörerisch darzubieten. Setlisttechnisch zeigte man auch dieses Jahr, dass man immer noch stolz auf das Grammy-gekührte «Christ Illusion» ist: «Cult» und «Jihad» (mit passenden Minarett-Silhouetten auf dem Bildschirm) fügten sich dabei nahtlos in Klassiker wie «South Of Heaven» oder «Seasons In The Abyss» ein, genauso wie «Disciple» oder «God Hates Us All» von der gleichnamigen Scheibe von 2001. Front-Killer Tom Araya, dessen Interview mit Metalfactory wegen heiserer Stimme kurzfristig abgesagt worden war, knarzte sich derweil souverän durchs Set, auch wenn seine Stimme hin und wieder am Ziel vorbeibellte. Trotz fehlendem neuen Release liessen es sich die allzu gerne provozierenden Amis nicht nehmen, eine brandneue Nummer namens «Psychopathy Red» ins nicht immer euphorische Publikum zu ballern, ein astreiner Slayer-Track, der hungrig macht auf die nächstes Jahr erscheinen sollende 10. Album. Leider läutete man damit schon das letzte Drittel der Show ein, bei welchem kein Anhänger der Slaytanic Wehrmacht mehr seinen Nacken kontrollieren konnte: «Dead Skin Mask», «Raining Blood» und das obligatorische «Angel Of Death», apokalyptische Songs, die aggressiver und nihilistischer nicht sein könnten. Und wenn dann zum letzten Track auch noch der thematisierte Nazi-Arzt Mengele vom Bildschirm grüsst, dann können Araya und Co. auch noch anno 2008 ein flaues Gefühl von Provokanz vermitteln und wirken also trotz Las Vegas Leucht-pentagrammen auf dem LED-Bildschirm menschen-verachtend böse so wie es eben sein muss. Klar, nicht mal 90 Minuten Show und auch deswegen viele fehlende Tracks («Hell Awaits» von 1985 wird ja seit längerem überhaupt nicht mehr berücksichtigt), Slayer sind ihr Geld auch mit unbefriedigenden Support-Bands immer und immer wieder wert! (kis)

Setlist: «Flesh Storm» «War Ensemble» «Chemical Warfare» «Ghosts Of War» «Jihad» «Cult» «Disciple» «Psychopathy Red (new Song!)» «Seasons In The Abyss» «Dittohead» - «Live Undead» - «Eyes Of The Insane» - «Pay Back» - «Dead Skin Mask» «Raining Blood» «South Of Heaven» «Angel Of Death».