Brutal, brutaler, Slayer! Man kann als Band machen, was man will.
Kann schneller, verzerrter, technischer spielen, kann sich bösere
Texte ausdenken und doch kommt keine Band auf der Welt an die
Aggressivität von Slayer heran. Auch heute nicht! Mit «Reign In
Blood», «South Of Heaven» oder «Seasons In The Abyss» wurden
Meilensteine des Metals geschaffen und mit dem aktuellen Output
«Christ Illusion» vom letzten Jahr konnte man wiederum den Thron des
Thrash, des extremeren Metals überhaupt für sich behaupten. Im Zuge
dessen kamen die Herren Araya, King, Hannemann und Lombardo, damals
unterstützt von Children Of Bodom, In Flames und Lamb Of God, schon
einmal nach Winterthur. Nachdem man damals aber die Eulachhalle in
Schutt und Asche zerlegt hatte, suchte man sich dieses Jahr die
etwas grössere und auch passendere (weil höhere) Eishalle Deutweg
zum Abhalten der metallischen Satansfeier aus. Und auch in Sachen
Aufwärmer setzte man dabei auf andere Namen: Zwar waren die
bekifften Riffer von Maroon schon 2005 mit den Thrash-Heroen auf
Rundreise gegangen, die Youngsters von Trivium und die Wikinger Amon
Amarth jedoch nahmen zum ersten Mal teil an der nun schon zum
dritten Male stattfindenden «Unholy Alliance»-Tournee. Auch neu
dabei: «15 Minutes Of Fame», eine Aktion, bei welcher sich Bands
bewerben konnten, um den diabolischen Abend zu eröffnen. Beim
einzigen CH-Gig Slayers machte dabei die growlende Meute von Mabon
das Rennen. (kis)
Mabon
Für was gibt man denn Spielzeiten auf Plakaten und Flyern an, wenn
sie nicht eingehalten werden? Diese Frage stellten sich wohl alle
Fans, die sich auf 18.00 Uhr, also den eigentlich Konzertbeginn in
der Eishalle Deutweg einfanden, um dann bei angedrehtem Hallenlicht
verduzt mit zu bekommen, dass Mabon soeben gespielt hatten! Ok...,
auf der Bandhomepage stand es zwar drin, aber eben, was will man da
machen? Das ist umso mehr ärgerlich, weil auf diese Art und Weise
zumindest einige Leute den einzigen Schweizer Beitrag der
diesjährigen «Unholy Alliance» verpasst haben. Verpasst ist das
richtige Wort, denn die Contest-Sieger, die letztlich 200
Mitkonkurrenten hinter sich liessen, lieferten ihre bis anhin wohl
wichtigsten fünfzehn Live-Minuten der ganzen Karriere ab. Die
Thurgauer Thrash-Combo mit Rhythmus-Gitarristin und Blickfang
Monika Hagmann sowie Neuzugang Marco Puglisi stürmte die Bühne wie
alte Hasen und stand von Anfang an voll unter Strom. Der aggressive
Gesang von Roger Badertscher passte perfekt zum dargebotenen Sound
und dem Stage-Acting der ganzen Truppe. Das Publikum antizipierte
vorerst noch etwas zögerlich, steigerte sich jedoch zum Schluss hin
wenigstens zu einem ordentlichen Schluss-Applaus, den sich Mabon
redlich verdient hatten. Man hätte ihnen wirklich gerne noch eine
halbe Stunde länger zugehört. Soll einer jetzt sagen, dass es in der
Schweiz keine guten, jungen Bands gibt. Der Gegenbeweis wurde soeben
erbracht und es bleibt zu hoffen, dass dieser Auftritt noch positive
Folgen nach sich ziehen wird! (rsl)
Amon Amarth
Nach dem die «15 Minutes Of Fame» vorüber waren, wurde die Bühne
sofort umgebaut und der altbekannte Thorhammer zeigte deutlich an,
wer als Nächstes dran war, die Stage zu rocken. Dass Amon Amarth als
Quasi-Opener das diesjährige «Unholy Alliance» eröffneten, war wohl
nicht nur meiner Meinung nach etwas daneben, ist die schwedische
Death Metal Band doch schon eine alteingesessene und den ganzen
Bandshirts nach auch beliebte Truppe in der Schweiz. Nach dem Intro,
welches das Herz schneller schlagen liess und Gänsehaut erzeugte,
kam die Band langsam auf die Bühne und wurde von den Fans lautstark
begrüsst. Hegg, welcher wie immer mit seinem riesigen Trinkhorn
ausgestattet war, prostete in die Menge und grinste freundlich,
bevor es dann auch schon Vollgas los ging. Mit «Death In Fire»
eröffneten die schwedischen Jungs das, leider nur dreissigminütig
andauernde, Spektakel. Die vier Jungs vorne zeigten sofort wie man
so richtig schön synchron Headbangt, was auch die Fans dazu anregte
gleich mitzumachen. Die Menge sang euphorisch und mit hocherhobenen
Fäusten mit, was sicherlich ganz im Sinne der Wikinger gewesen wäre.
Die Soundqualität und Lautstärke waren meiner Meinung nicht ganz
optimal, was aber wohl an der grossen Halle lag, welche noch nicht
voll war. Nach einem weiteren Lied von einer der älteren Platten,
kündigte Hegg dann «Twilight Of The Thundergod» an und man merkte
schnell, dass sich wohl auch viele neue Fans unter den Zuschauern
befanden. Die Euphorie war gross und die neuste Single kam sehr gut
beim Publikum an, welches zum grössten Teil den Text schon
auswendig
konnte. Für die wirklich kurze Zeit hatten Amon Amarth alles gegeben
und sich nicht anmerken lassen, dass sie nicht ganz glücklich über
ihre kurze Auftrittszeit waren. Die Jungs wirkten trotz ihrer
langjährigen, pausenlosen Arbeit gut gelaunt und energiegeladen. Die
Setlist war wunderbar durchmischt mit Liedern von «Fate Of The Norns»,
über «Versus The World» bis hin zu den letzten zwei Alben, so dass
auch wirklich alle Fans irgendein Highlight für sich verbuchen
konnten. Wer von den Schweden bei diesem kurzen, aber wirklich
starken Auftritt nicht genug gekriegt hat, kann sie im nächsten März
dann in voller Länge auf ihrer Headliner-Tour live erleben! (xen)
Setlist: «Death In Fire» «Asator» «Twilight Of The Thunder God»
«Runes To My Memory» «Free Will Sacrifice» «Cry Of The Black Birds»
«The Pursuit Of Vikings».
Mastodon
Die Uhr in der Eishalle zeigte erst 19:05 an und dennoch stand mit
Mastodon bereits die dritte Band des Abends auf der Bühne. Das
letzte Mal hatte ich die Amis im Zürcher X-Tra gesehen. Das war im
Juni 2005 und der Headliner hiess, wie heute Abend, Slayer! Damals
liess ich kein gutes Haar an ihnen (Mastodon) und musste mir darauf
aber sagen lassen, dass dies 'ne absolute Kult-Truppe sei. Nun
gut..., meine Prognose von wegen nicht angesagt, entpuppte sich
tatsächlich als falsch. Vor allem in der Heimat konnte man sich den
entsprechenden Status inzwischen aufbauen. In Europa sieht das wohl
und je nach Land, eher anders aus. Fakt war jedoch auf jeden Fall,
dass so komplexe und ohne Zweifel hochstehende Mucke in Winterthur
praktisch nichts reissen konnte. Aus mir unbekannten Gründen fehlte
zudem Gitarrist Bill Kelliher, sodass nur gerade ein Trio auf der
grossen Bühne
versuchte, die Massen zu bewegen. Obwohl Troy Sanders
(v/b) und Brent Hinds (v/g) alles gaben, von Drum-Tier Brann Dailor
(mit geilem Randy Rhoads Design an seinem Instrument) ganz zu
schweigen, stiess der "progressive Stoner Metal" kaum auf
Gegenliebe. Das lag vielleicht auch daran, weil der Sound ziemlich
basslastig und breiig daher kam. Nicht wenige Fans befanden sich
während dem Auftritt vor der Türe, also nicht in der Halle und von
dort klang ein Song wie der andere. So ging mehrheitlich unter, dass
Mastodon durchaus mehr zu bieten hätten. Wer sich mal durch ihre
bisherigen vier Alben durchhört, wird, ähnlich wie bei System Of A
Down, auf einen unglaublich variablen wie vertrackten Stil-Cocktail
treffen, der auf jeden Fall seinen Reiz hat. Doch dieser entfaltet
sich auf der heimischen Stereo-Anlage bedeutend heftiger und obwohl
sicherlich entsprechender Applaus aufbrandete, standen Mastodon
unter dem Strich auf der Verlierer-Seite. Als Headliner an einem
kleineren Ort und vor eingefleischten Fans würde das bestimmt anders
abgehen, aber hier und heute war das nix..., leider! (rsl)
Trivium
Was nun folgte, das kam in den Augen einer Interviewerin einer
Metamorphose gleich! Sänger Matt Heafy stürmte mit Trivium die
Bühne, optisch makellos in seinem Konzertoutfit, vervollständigt
durch eine ernste Miene. Man erkannte keine Spur mehr des zuvor beim
Interview so höflichen, zurückhaltenden jungen Mannes, der in seinem
dünnen hellblauen Shirt eher einem Student denn einem Metalsänger
glich. Diese Verwandlung war wirklich bemerkenswert, und bevor
irgendwelche Zweifel an der Identität des Sängers aufkommen konnten,
brach auf der Bühne auch schon das musikalische Inferno los, um über
mehrere Songs hinweg das Publikum zu unterhalten, welches bisher
schon bestens durch die vorgängigen Bands aufgeheizt wurde. Die Show
war enorm energiegeladen und man merkte deutlich, dass die Band echt
Spass daran hatte, ihrem Schweizer Publikum das neue Album "Shogun"
live vorzustellen. Trotz eines super Gigs fielen Trivium bei einem
Teil des Publikums in Ungnade, denn
so mancher Zuschauer war der
Meinung, dass der Titel des Co-Headliners eigentlich Amon Amarth
gebührt, welche zweifellos eine brutal gute Show geboten hatten.
Doch es ist nun mal so, dass der Headliner selbst die Spielfolge der
Bands festlegte, deshalb war die Feindseligkeit des Publikums ganz
klar unangebracht und unpassend, denn so wie jede Band an diesem
Abend hatten auch Trivium eine ganze Horde Fans unter den
Zuschauern, welche die Show wirklich genossen haben. Die
musikalische Reise führte einen leider nicht allzu weit in der
Diskografie von Trivium herum, spielte die Band doch mehrheitlich
neue Songs. Aufmerksamen Beobachtern fiel auf, dass die Fans sich
mehr Songs des "Crusade" Albums gewünscht hätten. Dennoch war das
Konzert mehr als annehmbar und es schien das Publikum in idealem
Masse auf den Headliner vorzubereiten. Und hier kommen Slayer... (mya)
Slayer
Um 21.00 Uhr war es dann schon soweit: Man konnte von den Vorbands
halten was man wollte, Amon Amarth besser, Mastodon zu abgedreht
halten, bei Slayer gibt es ganz oder gar nicht. Seit die Truppe
Anfang dieses Jahrtausend mit der Rückkehr von Ur-Drummer Dave
Lombardo wieder an Feuerkraft zugelegt hatte, ist (bis auf einige
schäbige Festivalauftritte) jeder Gig der Thrash-Könige eine Wucht
und kein Nacken übersteht ein Riffmassaker der Amis unbeschädigt.
Hinter einem weissen Vorhang, der mit rotierenden Kreuzen
angeleuchtet wurde, zeichneten sich allmählich drei stramme Schatten
ab und zu «Flesh Storm» wurden die ''Jäger'' enthüllt. Hatte man vor
zwei Jahren noch Beamer-projektionen verwendet, um die Diabolik ihres
Sounds optisch zu unterstützen, versuchte man es dieses Jahr mit
einer riesigen Leuchtioden-Wand, welche dabei zeitweise eher an Las
Vegas als an Tod und Verwüstung erinnerte. Dennoch: Mit einer fetten
Lightshow und ebenso fettem Sound (welcher mit der Zeit auch klarer
wurde) entwickelten die Riffs von Glatzbart Kerry King und Jeff
Hannemann auch so die nötige Wucht, um «War Ensemble» und «Chemical Warfare» zerstörerisch darzubieten. Setlisttechnisch zeigte man auch
dieses Jahr, dass man immer noch stolz auf das Grammy-gekührte
«Christ Illusion» ist: «Cult» und «Jihad» (mit passenden
Minarett-Silhouetten auf dem Bildschirm) fügten sich dabei nahtlos
in Klassiker wie «South Of Heaven» oder «Seasons In The Abyss» ein,
genauso wie «Disciple» oder «God Hates Us All» von der gleichnamigen
Scheibe von 2001. Front-Killer Tom Araya, dessen Interview mit
Metalfactory wegen heiserer Stimme kurzfristig abgesagt worden war,
knarzte sich derweil souverän durchs Set, auch wenn seine Stimme hin
und wieder am Ziel vorbeibellte. Trotz fehlendem neuen Release
liessen es sich die allzu gerne provozierenden Amis nicht nehmen,
eine brandneue Nummer namens «Psychopathy Red» ins nicht immer
euphorische Publikum zu ballern, ein astreiner Slayer-Track, der
hungrig macht auf die nächstes Jahr erscheinen sollende 10. Album.
Leider läutete man damit schon das letzte Drittel der Show ein, bei
welchem kein Anhänger der Slaytanic Wehrmacht mehr seinen Nacken
kontrollieren konnte: «Dead Skin Mask», «Raining Blood» und das
obligatorische «Angel Of Death», apokalyptische Songs, die
aggressiver und nihilistischer nicht sein könnten. Und wenn dann zum
letzten Track auch noch der thematisierte Nazi-Arzt Mengele vom
Bildschirm grüsst, dann können Araya und Co. auch noch anno 2008 ein
flaues Gefühl von Provokanz vermitteln und wirken also trotz Las
Vegas Leucht-pentagrammen auf dem LED-Bildschirm menschen-verachtend
böse so wie es eben sein muss. Klar, nicht mal 90 Minuten Show und
auch deswegen viele fehlende Tracks («Hell Awaits» von 1985 wird ja
seit längerem überhaupt nicht mehr berücksichtigt), Slayer sind ihr
Geld auch mit unbefriedigenden Support-Bands immer und immer wieder
wert! (kis)
Setlist: «Flesh Storm» «War Ensemble» «Chemical Warfare» «Ghosts Of
War» «Jihad» «Cult» «Disciple» «Psychopathy Red (new Song!)» «Seasons
In The Abyss» «Dittohead» - «Live Undead» - «Eyes Of The Insane» - «Pay
Back» - «Dead Skin Mask» «Raining Blood» «South Of Heaven» «Angel Of
Death».
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