54 Mitglieder zählt die Gruppe «Slayer sind im Volkshaus Zürich
zuhause!!!» auf Facebook zwar nur, doch spricht deren Existenz doch
Bände. In den 80ern brachte das legendäre Thrash-Quartett die nicht
minder ehrwürdige Konzerthalle im Herzen Zürichs zum Beben. In den
letzten Jahren hingegen suchte die weltböseste Truppe um Tom Araya
immer wieder andere, neue Locations auf, um Klassiker wie «Rain In
Blood» oder «Angel Of Death» zum Besten zu geben und dies nicht
immer zur Freude der Fans bzw. Ohren. 2005 musste man im X-Tra für
ein Bier tief in die Tasche greifen.
2006 und 2008 sorgten die grösseren Hallen in Winterthur, wo die «Unholy
Alliance» gastierte, zwar für eindrücklich teuflische Live-Shows,
drosselten aber auch die Energie durch ein zu gemischtes Publikum
und auf sonnenbeschienenen Festival-Bühnen wie derer des Greenfields
(2007) oder des Sonisphere (diesen Sommer) bekam Kerry Kings
grimmiges Äusseres gar etwas Lächerliches. Deswegen die berechtigte
Forderung, Slayer wieder im Volkshaus spielen zu lassen, was dann im
August (nach mehrmaligem Verschieben aufgrund Tom Arayas wankendem
Gesundheitszustand) auch endlich wahr wurde. Weit mehr als die 54
Gruppen-Mitglieder kamen und die Veteranen des Thrash prügelten das
proppenvolle Volkshaus mit Riffs und Doublebass Drums zurück in die
goldenen 80er. Zwar schade, dass der geplante Support The Haunted da
nicht dabei sein konnte. Unsere heimischen Todesbleier Disparaged
vertraten die Schweden aber wacker. (kis)
Disparaged
Man wünscht ja grundsätzlich Niemandem was Schlechtes, aber
Disparaged dürften sich mit Sicherheit königlich darüber gefreut
haben, dass sie in Zürich für die verhinderten The Haunted
einspringen konnten! Wer will schon nicht im Vorprogramm der
amerikanischen Kult-Thrasher Slayer spielen, zumal der Laden
brechend voll war?!! Eben..., und deshalb liessen sich die Herren
Kuzmic (v/g), Beier (g/v), Scheiber (b/v) und Lebovci (d) nicht
zweimal bitten! Mit dem Opener «Caught In The Fire» vom
letztjährigen, aktuellen Album «The Wrath Of God» legte das
Todesblei-Quartett in bester Bolt Thrower Manier los. Obwohl die
Lautstärke schon noch etwas mehr hätte vertragen können, klang die
Soundwalze von Anfang an ziemlich tight. Beim zweiten Song «Reborn»,
der pfeilschnell aus der PA rauschte, musste Drummer Deniz Lebovci
"Schwerarbeit" verrichten. Hier kamen die Trademarks von Disparaged
eindrücklich zu Vorschein, will heissen nebst dem rasendem
Grund-Tempo, dominierte ebenso knallhartes Riffing, zu dem auch Melody-Lines und etwas langsamere Parts gehörten. Obwohl das Ganze
sehr kompakt
vorgetragen wurde, verhielt sich das Publikum insgesamt
sehr verhalten. Das erstaunte mich schon etwas, obwohl zum Beispiel
der mega groovige Titeltrack «The Wrath Of God» (Bolt Thrower lassen
auch hier überdeutlich grüssen) besser ankam und einmal auch sowas
Ähnliches wie ein Circle Pit entstand. Mir persönlich gefielen mehr
als einmal die mehrstimmigen Vocal-Parts und die exzellente
Gitarrenarbeit, die mich von den Melodien her und zusammen mit den
kräftigen Growls von Tomislav Kuzmic manchmal auch an Dan Swanö's
brillantes Solowerk «Moontower» (1998) erinnerten. Mag ja sein, dass
die Mehrzahl der Fans diese an sich fett vorgetragene halbe
Support-Stunde bald vorübergehen sehen wollte, aber wer unter
anderem solche Kracher wie «Under Foreign Flag» am Start hat,
verdient klar mehr Aufmerksamkeit. Der Headliner unserer
Jubiläums-Sause in Dietikon ("Metal Factory Festival") legte heute
Abend in Zürich auf jeden Fall einen überzeugenden Auftritt hin, der
locker auch die früher üblichen 45 Minuten (und nicht nur mickrige
30 Minütchen) hätte dauern dürfen. (rsl)
Setliste: «Caught In The Fire» - «Reborn» - «Under Foreign Flag» - «Salvation»
- «Thy Will» - «Overlust» - «The Wrath Of God» - «Bringer Of Death».
Slayer
Nach Disparaged offenbarte sich dann doch, was sich seit den 80ern
neben gesteigertem Bauchumfang und gelichtetem Haupt bei einigen
geändert hat: Das Volkshaus ist jetzt rauchfrei, sodass man nicht
nur zum Getränke holen, sondern auch zum Glimmstängel vernichten
durchs Foyer muss, was zu mehreren Kontakten mit schweissnassen
Rücken führte, die einem lieber erspart geblieben wären.
Eindrücklich laut erschallten dann die "Slayer"-Chöre schon, kam
man(n) mit Bier und Nikotin versorgt wieder zurück in die Halle. Ein
Blick auf die Bühne verriet, dass die Herren Araya und Co. heute
wohl auf Schnickschnack verzichten würden. Lediglich die obligaten
Marshall-Wände (egal ob Attrappe oder echt) verrieten, dass der
gefürchtete Tinnitus schon in den Startlöchern stand. Mit «World
Painted Blood», dem Titeltrack ihrer aktuellen und dabei auch schon
ein Jahr alten Scheibe, öffneten Slayer die Tore zur Hölle und
wurden dabei von Beginn weg überraschend euphorisch abgefeiert, was
auch für den zweiten Neuling, «Hate Worldwide» galt. Dann hatte es
sich aber auch mit neuem Material, denn dieser Abend stand ganz im
Zeichen alter Klassiker und einzig das groovende «Beauty Through
Order» sollte aus dem neuen Jahrtausend noch folgen. Der Sound war
eine Wand, die Riffs der bangenden Herren King/Hannemann kamen klar
und druckvoll und als ein sichtlich gut gelaunter wie
wiedererstarkter Tom Araya mit überschlagender Stimme «War Ensemble»
gegen die Meute schrie, gab es kein Halten mehr! Die Fäuste
schnellten in die Höhe, die Köpfe wackelten und die Temperatur im
Volkshaus überschritt die Jahreshöchstmarke. Dass «Season In The
Abyss» die insgesamt vielleicht die stärkste Platte des
Teufel-Quartetts ist, muss man Fans nicht sagen und auch Slayer
selbst schienen dies zu wissen.
Nicht weniger als fünf Nummern der Scheibe von 1990 standen heute
nämlich auf der Setliste, das heisst nach «War Ensemble» noch «Expendable
Youth», «Spirit Black», der Titeltrack und natürlich das diabolische
«Dead Skin Mask», dessen Refrain Araya das Publikum zuerst a capella
intonieren liess, bevor Schlachtmeister Kerry King das morbide Lick
im kalten Lichte kreisender Scheinwerfer zu spielen begann. Etwas
enttäuscht hatte mich unser werter Rockslave vor der Show darauf
hingewiesen, dass «Hell Awaits», der Titeltrack des zweiten
Slayer-Langeisens, auch an diesem Abend wohl schon wieder nicht zum
Zuge kommen würde. Dass dies leider der Fall sein würde, glaubten
auch viele andere Fans. Komplett aus dem Häuschen war man deshalb,
als der Herrscher über das Doublebass, Dave Lombardo, den stoischen
Rhythmus dieser Perle (jaaaaaaa..., rsl) von 1985 anschlug.
«Mandatory Suicide», «Chemical Warfare» und das obligatorisch mit
rotem Flutlicht untermalte «Raining Blood», ein Hit nach dem
anderen, alle fast ohne Pausen aneinander gereiht, folgten und
strapazierten die Nackenmuskeln noch heftiger, bevor ein weiterer
Klassiker aus längst vergangenen Tagen folgte. Die Screams von
«Aggressive Perfector» brachte Araya zwar nicht mehr so hoch wie auf
«Haunting The Chapel» von 1984, mit seiner rohen Wut konnte es der
Song aber ohne Weiteres mit dem erwartungsgemäss die Show
abschliessenden «South Of Heaven» und «Angel Of Death» aufnehmen.
Zwar tobte das Publikum danach noch eine ganze Weile, doch konnte
man ein weiteres Erscheinen der Band nach diesem Doppel-Todesstoss
kaum mehr erwarten. Zeitlich wäre zwar nach gerade einmal 80 Minuten
schon noch Platz nach oben gewesen, körperlich allerdings fühlte man
sich zu diesem Zeitpunkt, als hätte man gerade einen Boxkampf über
die volle Distanz überstehen müssen. Ob es an dem wiedererstarkten
Tom Araya, an der Setliste oder am äusserst dankbaren Publikum lag,
Slayer bewiesen an diesem Abend unumstösslich, dass sie in der
Schweiz an genau einem Ort spielen sollten und nirgendwo anders: dem
Zürcher Volkshaus nämlich! (kis)
Setliste: «World Painted Blood» «Hate Worldwide» «War Ensemble» «Expendable
Youth» «Dead Skin Mask» «Beauty Through Order» «Seasons In The Abyss»
«Hell Awaits» «Spirit In Black» «Mandatory Suicide» «Chemical
Warfare» «Raining Blood» «Aggressive Perfector» «South Of Heaven»
«Angel Of Death».
|
|