Immerhin standen heute Abend zwei von vier Bands der
legendären „Big Four“ (Metallica, Slayer, Megadeth und Anthrax)
gemeinsam auf der Bühne. Der Anlass dazu war jedoch überschattet von
der Tatsache, dass Slayer unlängst bekannt gegeben hatten, sich bald
einmal auflösen zu wollen. Entsprechend wurde dieser Auftritt in
Zürich im Rahmen der „Final World Tour“ als „Final Show in
Switzerland“ angepriesen, was die Wirkung auf die Ticketverkäufe
nicht verfehlte. Das Konzert war im Nu ausverkauft und einige Fans
zogen den (vermeintlich) Kürzeren, doch dazu später mehr. Für meine
Wenigkeit und, wie sich noch heraus stellen sollte, auch für einige
andere mehr, war dies die Premiere in der Halle 622, einer
ehemaligen Werkhalle der ABB. Dort angekommen waren natürlich einige
KollegenInnen aus dem Fotopit bereits anwesend und nach kurzem
Smalltalk und ein paar Handshakes ging es durch die leere Halle
parallel nebendran bereits nach vorne zur Bühne. Während das Licht,
zusammen mit diesem verfluchten Rauchnebel, bei Obituary und Anthrax
zur Herausforderung wurde, kamen Lamb Of God ordentlich in die Gänge
und Slayer sehr ansprechend, zum Glück! (rsl)
Obituary
Den Startschuss des Abends gaben die kalifornischen Death
Metal-Legenden von Obituary ab. Bereits schon um 18:10 Uhr, was
relativ früh war, ertönten die ersten Akkorde von „Deadly
Intentions“. Die Halle 622 war zu dem Zeitpunkt schon recht gut
gefüllt und eine Schlange an Leuten bahnte sich desweilen draussen
noch gemütlich einen Weg ins Lokal. Die Band um John und Donald
Tardy versuchte währenddessen die Metalheads auf die restlichen
Konzerte einzustimmen. Sichtlich gut gelaunt und trotz des doch
schon fortgeschrittenen Alters, zog der Fünfer eine energiegeladene
Show ab, die den Fans zu schmecken schien. Zumindest dem Publikum,
das im ersten Drittel vor der Bühne platziert war. Leider, denn dies
war beim zweiten Act des Abends auch der Fall, war die Lautstärke
viel zu gering. In den vorderen Reihen war man noch gut bedient aber
zur Mitte hin musste man sich schon ganz und gar auf den Sound
konzentrieren, wenn man nicht immer das Gespräch der rumstehenden
Fans im Ohr haben wollte. Dies fand ich persönlich etwas schade,
denn Obituary haben gerade in den letzten Jahren wieder zu alter
Stärke gefunden und ihre Shows sind immer eine geballte Ladung
Power. Für meinen Geschmack hatten die Kalifornier etwas die
Arschkarte gezogen aber einen trifft es ja immer. Nach etwa einer
halben Stunde war dann auch schon wieder Schicht im Schacht und mit
„Slowly We Rot“ verabschiedete sich das Quintett von seinen
Schweizer Fans. Es wird sicherlich nicht das letzte Mal sein! (oli)
Setliste: «Deadly Intentions» - «Sentence Day» - «Chopped In
Half» - «Straight To Hell» - «Find The Arise» - «I’m In Pain» -
«Slowly We Rot».
Anthrax Wow, also
den Überraschungseffekt hatten die New Yorker auf Nummer sicher.
Begannen die doch mit Panteras «Cowboys From Hell» als Intro, zwar
nur angespielt, aber das liess doch die thrash-deathige Meute im
Saale, beziehungsweise der Halle mal aufhorchen. Dann ging man nach
der kurzen Begrüssung zum Opener «Caught In A Mosh» über. Huch, was
war denn da los? Plötzlich war der Sound etwas matschig, unklar.
Doch als Profi weiss man: Durchziehen und das taten Anthrax dann
auch, und wie. Vom ersten Ton an erkannte man sehr schnell, dass die
Jungs immer noch Spass an ihrer Mucke haben, und vor allem am
heutigen Abend auf der Stage zu stehen und ab zu thrashen. Und auch
der Soundtechniker am Mischpult hatte dann spätestens beim zweiten
Song «Got The Time» den Dreh raus und entfernte gekonnt alle
unklaren und matschigen Klänge, so dass sich die New Yorker-Party in
Zürich so richtig schön warm laufen konnte und durfte. Der absolute
Mosher folgte dann mit «Efilnikufesin (N.F.L.)», wo das Publikum
teilweise auch mitmoshte und mitjohlte. Danach folgten «Be All, End
All» und «Fight 'Em 'Til
You Can't», wo man spätestens dann eben
zugeben muss, dass Anthrax in der aktuellen Besetzung mit Charlie
Benante, Scott Ian, Frank Bello, Joey Belladonna und Jonathan Donais
eine absolut unschlagbare Truppe sind, zusammengeschweisst, eine
geschlossene Einheit. Joey Belladonna ist der Spassmacher bester
Generation auf der Stage, ein Animator, ein Derwisch und
Publikumsunterhalter, sei es mit seinen Gesten oder mit der
Unterhaltung mit dem Publikum, welches dann ab und an auch von Scott
Ian untermauert und ergänzt wird, vor allem Scott Ian sichtlich
Freude hatte, wieder in Zürich zu sein, was er bei einer erneuten
Pause, und zwar vor «Antisocial», dem bekannten Trust-Cover. Zu
guter Letzt durfte natürlich «Indians» nicht fehlen, und so ging ein
denkwürdiger Gig von Anthrax absolut goil zu Ende. Auch das Backdrop
war der Hammer an diesem Abend. Beim Abgang sorgte wieder der Song
«Cowboys From Hell» von Pantera für die Untermalung. Diesen kurzen
Auftritt haben die New Yorker gekonnt für sich ummünzen können und
dürfen, denn in dieser Verfassung ist noch lange mit Anthrax zu
rechnen. Sauber gemoshed! (leo)
Setliste: «Intro 'Cowboys
From Hell' – Pantera» - «Caught In A Mosh» - «Got The Time» -
«Efilnikufesin (N.F.L.)» - «Be All, End All» - «Fight 'Em 'Til You
Can't» - «Antisocial - Trust» - «Indians» - «Outro 'Cowboys From
Hell' – Pantera»
Lamb Of God Nach
Anthrax, den ersten Thrashern des Abends stand die „Pure American
Metal“-Brigade von Lamb Of God auf der Liste, die mindestens ebenso
kraftvoll wie brachial zu Werke ging. Auf sie war ich besonders
gespannt, da es bereits im Vorfeld (auch noch in der Masse beim
Anstehen) immer wieder kritische Stimmen gab, die mit ihrem Platz im
Line-Up nicht einverstanden waren. Erstmals in angemessener
Lautstärke und technisch auf sehr hohem Niveau, bretterten die Amis
dann durch die Halle in Zürich. Etliche Zuschauer waren ob der
Live-Qualitäten der Amerikaner sichtlich überrascht und diskutierten
lautstark, dass „die“, live doch richtig was auf dem Kasten haben.
Fronter Blythe feuerte immer wieder die Menge an und wirbelte dabei
seine Dreadlock-Zotteln wild durch die Luft. Die wehenden Haare von
Bassist John Campbell und Gitarrist Mark Morton auf der in blau
getauchten Bühne, gehören
dabei bereits vom Beginn an fest zum
Programm. Die Songauswahl an diesem Abend konnte sich ebenfalls
sehen lassen. Bei ihrem Gig konzentrierte sich das Quintett aus
Virginia weitgehend auf seine drei Erfolgsalben „Ashes Of The Wake“,
„Sacrament“ und „VII: Sturm und Drang“. Fast alle Tracks waren hoch
an Energie und das Publikum musste sich zum Sound einfach bewegen,
ob es nun wollte oder nicht. Es nahm einen schlichtweg mit und der
Nacken war nach diesem Gig bestens geölt für den Headliner dieser
Show. Im Laufe der ersten Stücke kündigte Sänger Blythe zudem an,
dass Lamb Of God die Halle zerlegen wollen. Das Ganze war natürlich
rein sprichwörtlich gemeint aber im musikalischen Sinne war die
Ansage der Mannen um Saitenhexer Willie Adler und Ersatzdrummer Art
Cruz mit ihrem ganz eigenen Metal-Stil durchaus kein leeres
Versprechen. Von der Anfangsnummer „Omerta“ bis zum finalen
„Redneck“ hüllten sie die Halle 622 in knallharte Gitarrenriffs und
gewaltige Bass Drum-Salven. (oli)
Setliste: «Omerta» - «Ruin»
- «Walk With Me In Hell» - «Now You've Got Something To Die For» -
«512» - «Engage The Fear Machine» - «Blacken The Cursed Sun» - «Laid
To Rest» «Redneck».
Slayer Als es
eindunkelte - nein nicht draussen - drinnen, in der Halle 622, in
der Bühnenregion, ertönte das Intro von «Delusions From Saviour».
Gestalten schlichen sich auf die Bühne und 'zack', waren die ersten
Töne von «Repentless» erklungen. Es war eine mystische Audienz der
Slayer-Herren, eine riesige Marshallwand, und später dann sich
wechselnde Backdrops waren der Hammer an diesem ehrwürdigen Abend.
Von der ersten Minute faszinierte sowohl die permanente Lichtshow
als auch die Feuersäulen, welche stark imponierten..., und den
Akteuren auf der Stage wohl einige Schweisstropfen zusätzlich
bescherten. Nun, man spielte die bekannten Tracks vom immensen
Palmares von Slayer durch, denn es folgten «Blood Red», «Disciple»,
«Mandatory Suicide» und «Hate Worldwide», als ich dann - wie bei
Slayer-Shows gewohnt - Tom Araya sich das erste Mal dem Publikum
zuwandte und kommunizierte. Aber eines merkte man sogleich, dass
Gary Holt der eindeutige Derwisch der Band ist, auch auf der Bühne
immer eine stete Spielfreude an den Tag legte sowie die
Grimassenkommunikation mit der Meute in der Halle suchte und auch
machte. So zählte dann auch Tom Araya mit 'Eins, Zwei, Drei' zu «War
Ensemble» ein und die Thrash-Party nahm die nächsten Höhepunkte ins
Visier. Auch hatten Slayer von Anfang an einen nahezu perfekten
Sound. Danach folgten «Jihad», «When The Stillness Comes», um danach
wieder die alten, bekannten und wohl auch vom Publikum meist
geliebten Songs zurück zu kehren, und zwar mit «Postmortem» und
«Black Magic», um dann zu «Payback» zu gelangen. Ja, auch hier war
schnell mal auszumachen, in dieser Konstellation funktioneren Slayer
einfach perfekt. Genau, bewusst wähle ich keine Vergangenheitsform,
denn Slayer sind immer noch auf ihrer Tour. Slayer sind ja in
aktueller Besetzung Tom Araya, Gary Holt, Kerry King und Paul
Bostaph, und diese Einheit war an
besagtem Abend eine
granatengewaltige Thrasheinheit. Ja, jetzt kommen wohl die ersten
Unkenrufe zu Jeff Hanneman. Ja, er prägte Slayer, dafür ehren wir
ihn auch.
Aber da er weder geklont noch in Kopie erstellt
worden ist, muss man sich damit begnügen, dass es diese
Konstellation nie mehr geben würden, ja, seit seinem Tod im Jahre
2013. Dasselbe könnte man auch über Dave Lombardo lamentieren, oder
etwa nicht? Also, das Leben geht weiter und Slayer haben sich
korrekt auch in diese Sinn gehandelt. Damit sollte auch mal gut sein
und sich dem Dargebotenen hingeben und darüber freuen, dass man
Slayer auf der angekündigten Abschiedstour live nochmals sehen
durfte. Aber genug philosophiert, das Hirn braucht nun weitere
Thrashkracher und -nahrung, als dann man zu «Seasons In The Abyss»,
«Dittohead», «Dead Skin Mask» gelangten, und als die ersten Töne von
«Hell Awaits» erklangen, war die Meute völlig am Ausflippen und
Headbeangen. Dies waren auch der letzte Song im 'regulären' Setlist,
aber jeder in der gefüllten Halle wusste, da kommt noch was, da
kommt noch mehr. Ja, ich weiss, ich werde es auch erwähnen, dass
Gary Holt die Gitarre mit dem Heineken-Hanneman-Logo spielte und das
Backdrop ganz am Schluss, eben besagtes Heineken-Hanneman-Logo,
enthüllt wurde. Schliesslich erklangen die ersten Töne von «South Of
Heaven», «Raining Blood», «Chemical Warfare» und zu guter Letzt noch
«Angel Of Death». Mein persönlicher Fave war ganz klar «Raining
Blood», für mich die Thrash-Granate schlechthin und eben Slayer pur,
für mich wohlbemerkt. Die steten Feuersäulen und die Lichtshow
während allen Tracks machten schlussendlich diesen Abend einmalig,
weil es ja aktuell bekanntlich die letzte Tour ist von Slayer. Nun,
ich bin kein Wetteiferer, aber da ich bei den Scorpions nicht falsch
gelegen habe, so sage ich mal progressiv: "Slayer, man sieht sich,
vielleicht in vier oder fünf Jahren wieder... - so long, thänx für
alles and cheers!" Na, wie denkt ihr wohl darüber? Auf jeden Fall,
ein gelungener Event mit allen vier Bands. Obituary hatten den
besten und klarsten Sound, Anthrax hatten am meisten Spass auf der
Stage, Lamb Of God hatten den brutalsten und härtesten Sound,
während Slayer ein sehr ausgewogene Setliste zu einer pompösen Show
an diesem denkwürdigen Abend zelebrierten, der einem erst viel viel
später nochmals sehr bewusst werden wird. (leo)
Setliste:
«Repentless» - «'Blood Red» - «Disciple» - «Mandatory Suicide» -
«Hate Worldwide» - «War Ensemble» - «Jihad» - «When The Stillness
Comes» - «Postmortem» - «Black Magic» - «Payback» - «Seasons In The
Abyss» - «Dittohead» - «Dead Skin Mask» - «Hell Awaits» -- «South Of
Heaven» - «Raining Blood» - «Chemical Warfare» - «Angel Of Death».
Schlusswort: Die Abschiedstour von Slayer, passend «The Final
World»-Tour genannt, wie sollte es anders auch sein, von den Thrash
Metal Kings, den Slaytanics, auf eidgenössischem Boden. Das ist für
gestandene Thrash Metal Freaks wie ein Pflichtfach in der Schule,
das muss erlebt und zelebriert werden. Auch wenn das Ende nahe ist,
die Eindrücke und viele Releases dieser Thrash-Titanen leben
weiter..., und wer weiss, nimmt man das Beispiel von den Scorpions,
so das mit 'finaler Tour' und so..., ja, die Hoffnung stirbt
bekanntlich zuletzt, aber noch ist nicht aller Tage Abend. (leo)
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