Diese Herbstkonzertsaison begann mit einer erstaunlicher
Zeitreise. In der Mitte der Arbeitswoche fand der Auftritt von
Social Distortion aus Los Angeles statt. Diese Band vereinigt Punk,
Blues, Country und Rockabilly und entwickelte dadurch ihren eigenen
Sound, der unverwechselbar ist. 2011 drehten sie mit der Herausgabe
des Albums “Hard Times And Nursery Rhymes”, das vom Zeitgeist der
30er Jahre in Amerika inspiriert war, die Zeit zurück: tiefgreifende
Wirtschaftskrise, große Depression und Gangster. Zum Aufwärmen
spielten die Schweizer The Peacocks, die Punk Rock mit einem
gerüttelten Maß an Rockabilly spielten. Außerdem erwies sich dieser
Tag als Festtag dank dem Auftritt von den Amerikanern Me First And
The Gimme Gimmes, die Covers von den berühmten Punk Rock-Welthits
sangen. Kein Wunder also, dass die Tickets längst im Voraus
ausverkauft worden waren.
The Peacocks
Als erste Band traten The Peacocks auf. Es war von Anfang an klar,
dass das Publikum seine Landsleute aus Winterthur kannte und sich
auf ihren Auftritt vorbereitet hatte. In der Halle gab es viele
Menschen, die im Stil der 50er Jahre gekleidet waren: Ladys in
vielfarbigen Kleidern mit Full Circle Skirts und junge Gentlemen in
Retro Bowling Shirts und Motorradjacken. Genau wie die Musiker hatte
das Publikum Frisuren im Pompadour-Stil. Bemerkenswert war die
Tatsache, dass die Mitglieder der Band keine Neulinge in der Szene
sind und beim Aufwärmen bei ihren amerikanischen Kollegen ihre
eigene Konzertsaison begonnen haben. Im nächsten Monat findet bei
ihnen eine Reihe von Solo-Record-Release-Partys statt, in deren
Rahmen ihr neues Album “Don't Ask”, das im Oktober herausgegeben
wird, präsentiert wird. Das Trio – Vokalist/Gitarrist Hasu Langhart,
Trommler Jürg Luder und Kontrabassist Simon Langhard - das die
bekanntesten Hits aus ihrem vorigen Album “After All” und Frühwerken
spielte, fand auch diesmal die Beachtung der Zuschauer. Der
Kontrabass, den Simon mit Meisterschaft handhabte, verlieh dem
Auftritt einen besonderen Charme. Seine Bewegungen auf der Bühne
kann man nicht anders als Tanz mit Bassgeige bezeichnen. Das
Publikum war begeistert und beobachtete jede Bewegung wie
festgebannt.
Me First And The Gimme Gimmes
Nach der 30 minütigen Pause traten Me First And The Gimme Gimmes auf
die Bühne, und im Raum wurde es sonnig und heiss wie am
Hawaii-Strand. Die Band ist berühmt für ihre bunte Konzertkostüme
und hinreißenden Shows. Dieses Konzert stellte auch keine Ausnahme
dar. Vokalist Spike Slawson sah wie ein Pantomime aus, denn seine
Körpersprache wirkte sehr hervorragend und ausdrucksvoll. Er zeigte
beinahe mit den Fingern den Sinn jedes
Liedes auf. Zum Beispiel,
ganz am Anfang während des Covers “Stairway To Heaven” von Led
Zeppelin, stellte er mit hoch erhobenen Händen den Treppenaufstieg
von unten nach oben dar. Energievoll erschien auch Bassist Mike
“Fat” Burkett mit einer blauen Irokese, die im gleichen Ton zu den
Hemden der Musiker gefärbt war. Vor dem Cover “Summertime” kam er
zum Rand der Bühne, um die Zuschauer, die im Verzückungszustand nach
dem Lied “I Believe I Can Fly“ waren, mit Gesten zum Spass zu
beruhigen. „Hört auf zu fliegen! Das ist ein sehr ernstes Lied!“ bat
er sie und runzelte seine Stirn. Aber im nächsten Moment wurde er
den Zuschauern gleich, griff über die Saiten seiner Bassgitarre und
umarmte andere Musiker. Chris Shiflett ta so, als ob er seine
glänzenden Solopartien den anderen Musikern zugeworfen hätte, und
sie streckten ihrerseits die Hände aus, um sie zu fangen. Die
Zuschauer begannen, dem Vokalisten von Anfang an beizustimmen, aber
bei “Paradise City” sang schon die ganze Halle die bekannten Worte
“Oh, won't you please take me home?” mit. Man kann mit Sicherheit
sagen, dass das Publikum am Ende beinah in einem vollen Wahn
befangen war. Im Raum fing ab und zu ein Moshpit an, viele begannen
zu tanzen, obwohl es da wenig Platz zum Tanzen gab und überhaupt zu
eng war. Im Allgemeinen schien das Publikum überhitzt zu sein, und
eine Pause war auch notwendig.
Social Distortion
Nach einer halben Stunde war alles bereit für die Headlinerband
Social Distortion. Die Halle war zu diesem Zeitpunkt schon bis
obenhin voll, und die Ständer vom Merchandise-Shop waren beinahe
leer. Man muss betonen, dass die Musiker einen großen Wert auf
Bühnenausstattung legten. Alles, was auf der Bühne zu sehen war,
sogar jede Kleinigkeit, war im Retro-Style: Hausmacherkruzifixe,
Katze-Sparbüchsen, Spielzeuge, ein gelbes Verkehrszeichen “NO
PARKING police order”, Rundfunkempfänger und ein
Retrokraftfahrzeugmodell. Am Spannband in der Mitte der Bühne war
das berühmte Logo der Band - Skelett mit Mütze, Glas und Zigarette -
dargestellt. Die Musiker hatten eine lange Setliste aus den Liedern
von allen ihren Alben zusammengesetzt. Auf jeden Fall klang “Telling
Them” viel beeindruckender als Hit “Bad Luck”. Vokalist/Gitarist und
Ideengeber Mike Ness hatte ein weißes Hemd an, war zurückhaltend und
auf die Musik konzentriert. Eben an diesem Konzert wurde man von
seiner Meisterschaft im Gitarrenspielen überzeugt – seine
Solo-Partien waren so was von hervorragend. Während des Auftritts
erwähnte Mike als Ausdruck der Hochachtung ein paar Mal den Namen
“Johnny Cash“ - den Namen des erhabenen amerikanischen
Countryinterpretes, dessen Schaffen den Klang der Band sehr
beeinflusste, und so wurde auch als Tribute "Ring Of Fire" gespielt.
In der Mitte der Setliste trugen zwei schöne Mädchen eine Torte mit
Kerzen auf die Bühne, und man gratulierte den jungen Trommler David
Hidalgo, der am nächsten Tag 28 Jahre alt wurde, zum Geburtstag. Er
trat der Band kurz nach der Aufnahme des letzten Albums bei. Das war
sehr häuslich und nett. Im Grossen und Ganzen war der Abend sehr
interessant gewesen.
Set List: “I Was Wrong”,“So Far Away”, “Bad Luck, “Machine Gun
Blues”, “Sick Boy”, “Telling Them”, “Cold Feeling”, “Bakersfield”,
“Sweet & Lowdown”, “Story Of My Life”,“Sometimes I Do”, “Don't Drag
Me Down”, “Dear Lover”, “Reach For The Sky”,“Juke Box”,“Far
Behind”,“Ring Of Fire” (Johnny Cash-cover).
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