Livereview: Sodom - Die Hard - Dreamshade
09. Februar 2011, Pratteln - Z7
By André G.
Das germanische Thrash-Urgestein hat mit der letzten Langrille bewiesen, dass es noch lange nicht zum alten Eisen gehört. Tom und seine Mannen haben das Rumpeln nicht verlernt. «In War And Pieces» ist eine absolute Thrash Metal-Granate. Das Trio, damals noch mit Bobby hinter der Schiessbude, hat ein Stück Thrash Metal-Geschichte abgeliefert, gleichzeitig auch auf neue Live-Schandtaten Lust gemacht. Die Band ist in letzter Zeit nicht mehr regelmässig on the road gewesen. Sodom spielten meist nur einzelne Gigs und keine vollen Tourneen mehr. Aber im Jahr 2011 ist alles anders, man geht wieder auf ausgiebige Europatour. Als Support sind die Death-Thrasher aus Schweden, Die Hard, mit dabei. Als zusätzliches Schmankerl hat sich für jeden Auftrittsort eine lokale Kapelle den Support Slot sichern können. In der Schweiz waren es Dreamshade, die versuchten, mit ihrem Melodic/Death die Zuschauer auf Betriebstemperatur zu bringen.

Dreamshade

Es war ein ziemlich trauriges Bild um 19.50 Uhr, das sich einem in der Halle bot, wenn man bedenkt, dass der Beginn auf 20 Uhr angesetzt war: Gerade mal ca. 50 Metaller, die sich da eingefunden hatten. Ziemlich pünktlich stiegen die Jungspunde von Dreamshade auf die Bühne und legten ohne grosse Umschweife los. Mit ihrem Melodic/Death Metal mit modernem Einschlag konnten sie doch ein gewisses Wohlgefallen in den Gehörgängen erzeugen. Das Drumming war schon hart und echt tight gespielt, Sera prügelte mit heftigen Double Bass-Attacken die Kälte aus den anwesenden Gliedern, aber die Reaktionen waren schon sehr verhalten im Zuschauerraum. Die zwei Äxte und der Bass wussten ganz genau, wie man das volle Brett fuhr. Auch was das Stageacting anging, konnte man nicht meckern. Der Meister am Mikro gab alles, er brüllte sich die Seele aus dem Leib. Für sein Alter machte er das sehr gekonnt und heftig. Der Einsatz der Keyboards, sei es bei Intros oder auch sonst in den Songs, war schon sehr stark akzentuiert. Die Band versuchte immer, die Zuschauer mitzuziehen, blieb aber meist ziemlich erfolglos. Fazit des 30-minütigen Auftritts: Saubere Sache, aber halt nichts wirklich Bewegendes und vor allem öfters schon da gewesen.

Die Hard
Als zweiter Anheizer war der Toursupport aus Schweden an der Reihe, die Bühne zu rocken. Während des Intros stiegen die ganz finsteren, mit Corpsepaint, Nieten und Leder bestückten Kerle auf die Bühne. Man wurde direkt um viele Jahre zurück versetzt, denn man hatte zuerst den Eindruck, dass Cronos und seine Jungs von den frühen Venom vor einem standen. Sie wirkten so richtig böse und true underground-mässig. Und sie klangen auch so. Ihre eigenen Kreaktionen mischten sie gekonnt mit Coverversionen von oben genannter Combo. Anfänglich mag dies noch ge-wöhnungsbedürftig gewesen sein, aber je länger sie zockten und rumpelten, umso mehr fand das Gehör Gefallen am rohen Spiel der Schweden. Die Gitarre, der Bass und das Drumming rumpelten und prügelten im Up Tempo alles nieder, was sich in den Weg stellte. Die Stimme glich der von Cronos schon sehr. Auch die Art, wie Hasse am Mikro sie einsetzte, ging ziemlich in die Richtung der Ur-Black Metal-Formation. Auch die etwas zahl-reicheren Zuschauer fanden immer mehr Gefallen an der Band und gingen doch etwas mehr mit, je länger das Set dauerte.


Sodom
Dann war der Augenblick endlich gekommen: Die Fans mussten etwas länger auf einen Live-Auftritt der Band aus dem Pott warten. Das letztes Jahr angesetzte Konzert in Luzern wurde aufgrund eines damals akuten Drummer-Mangels gecancelt. Aber endlich war es soweit, und Tom, Bernemann und der Neue, Makka, begaben sich auf Tour zum neuen, genialen Machwerk «In War And Pieces». Es waren zwar ein paar Leute mehr im Z7 aufgelaufen als bei der ersten Band, gemäss Tom Angelripper waren es 240 Gäste, die Halle wirkte schon sehr leer. Dem entsprechend hatte man auch zu Beginn das Gefühl, dass Sodom, insbesondere Tom, etwas schlechter Laune waren. Aber das sollte schnell verfliegen oder sich als falsch erweisen, denn die Jungs legten mit voller Wucht los und jagten gleich den Titeltrack der aktuellen Langrille raus. Die Anwesenden gingen unaufgefordert steil und zollten der geilen Setliste und dem starken und routinierten Auftritt der Band den verdienten Respekt. Der neue Mann an der Schiessbude wusste voll und ganz zu überzeugen. Auch wenn Bobby ein netter und witziger Zeitgenosse war/ist, musikalisch wurde er kaum von jemandem vermisst. Arschtight und mit sehr wuchtigen Schlägen machte Makka den Zweiflern den Garaus. Bernemann war auch unheimlich gut gelaunt. Er riffte und rockte, was das Zeug hielt, stand selten still und grinste wie ein Honigkuchenpferd. Tom liess sich von seinen Mitstreitern und den Fans anstecken, die bis zuhinterst voll mitgingen. Track um Track wurde mitgesungen, Haare flogen im Rhythmus durch die Lüfte und sogar etliche Bierduschen musste man als etwas zurückhaltender Zuschauer über sich ergehen lassen. Das war etwas weniger erfreulich, da möchte man die jüngere Generation schon ermutigen, zwar weiter so wild durch den Moshpit zu rocken, aber trinkt euren teuer bezahlten Gerstensaft doch besser, das tut euch und den anderen Anwesenden einfach besser. Aber zurück zum musikalischen Geschehen: Die Band jagte einen Hit um den anderen raus. Tom führte die Fans bis zu «Obsessed By Cruelty»-Zeiten zurück. 18 Tracks insgesamt, eine absolute Thrash Metal-Dampframme, was wollen das Herz, die Ohren und die Nackenmuskeln noch mehr?! Die Band hat mal wieder gezeigt, dass sie zu den Thrash-Urgesteinen, aber noch lange lange nicht zum alten Eisen gehört!

Setliste: «In War And Pieces» - «Sodomy And Lust» - «M-16», «Outbreak Of Evil» - «The Saw Is The Law» - «Nuclear Winter» - «Proselytism Real» - «The Art Of Killing Poetry» - «City Of God» - «Eat Me!» - «The Vice Of Killing» - «Blasphemer» - «Agent Orange» - «Der Wachturm» - «Ausgebombt» - «Napalm In The Morning» - «Remember The Fallen» -- «Bombenhagel» - «Tormentor».