Es ist ja so eine Sache mit diesem Gefäss
namens „Double Headliner Tour“. Während der eine sich darüber freut,
gleich zwei hochkarätige Bands an einem Abend erleben zu dürfen,
ärgert sich der andere über die etwas kürzere Spielzeit seiner
Lieblinge. Schlussendlich steht Eines fest: Die Konzerte werden so
besser besucht. Somit haben die Bands meist mehr Freude am Spielen
und die Zuschauer folglich auch mehr Spass an der Show. In so
ziemlich allen Punkten traf dies auch auf den abwechslungsreichen
Metalabend mit Sonata Arctica und Doro im Z7 zu, welches sich
ziemlich gefüllt in eine Dampfkammer zu verwandeln schien.
Altaria
Den metallischen Reigen eröffnen durften Altaria aus Finnland,
welche mit „The fallen empire“ kürzlich neuen Stoff unter's Publikum
gebracht hatten und nun darauf brannten, diesen auch live
darzubringen. Zwar durften die Jungs schon auf eine beachtliche
Anzahl Zuschauer hinunter blicken (manche
Legenden spielen heute vor nicht mal halb so vielen Leuten), doch
der eher durchschnittliche Melodic Metal mit den Vorbildern
Helloween/Edguy, den man hier geboten bekam, konnte jedoch nicht
wirklich überzeugen. Daran mitverantwortlich waren sicherlich zwei
Umstände: Zum einen zählt in dieser Welt halt der Sänger einer Band
schon recht einschneidend und Herr Jouni „Taage“ Nikula ist nun halt
wirklich ein wenig limitiert, was seine Fähigkeiten betrifft (vor
allem im Vergleich zu den anderen Mikro-Haltern, die an diesem Abend
noch folgen würden). Für den zweiten Abstrich kann man die Band
sicherlich nicht verantwortlich machen, denn was kann man schon
dagegen tun, wenn sich Veranstalter/Bands/Crew oder wer auch immer
dafür entscheiden, die Schiessbuden der beiden Hauptacts schon im
vornherein aufzustellen. Will heissen: Die fünfköpfige Kapelle
konnte gerade mal einen Drittel der Bühne in Beschlag nehmen und
hatte so nicht wirklich den Spielraum, ihre Agilität unter Beweis zu
stellen. Trotz der Tatsache aber, dass sich Altaria wirklich genau
in der momentan so grossen Masse von Melo/Power Metal Bands bewegen,
rissen sie Einiges bei dem doch recht jungen Publikum, welches
einfach schon in bester Partylaune war.
Set-Liste: „Disciples“, „Valley of rainbows“, „Prophet of pestilence“
- „Unchain the rain“, „Frozen hearts“, „Fire & ice“.
Doro
Nach der doch fast 30 Minuten dauernden Umbaupause, machte sich der
Rezensent auf durch das Gewühl von Menschen in Richtung Fotograben,
in froher Erwartung, gleich Sonata Arctica zum ersten Mal live zu
erleben. Klar, ich wunderte mich schon ein wenig, dass hinter dem
Schlagzeug munter das Cover der neusten Doro-Scheibe „Warrior soul“
prangte, doch überrumpelte mich die Erkenntnis erst, als ich die
ersten Gitarren-Akkorde eines gewissen Stückes namens „Earthshaker
rock“ zu vernehmen begann. Als dann Blondschopf Doro Pesch alias „The
Metal Queen“ auf die Bühne rannte, war die Überraschung guter Laune
gewichen und die Heavy Metal Party konnte losgehen. Nahtlos folgte
„I rule the ruins“ als zweiter Klassiker ihrer ehemaligen Band
Warlock, bevor die in enges Leder gekleidete Doro ihre Fans als ihre
wahre Familie betitelte, womit „Your my family“ angekündigt wurde,
die
Single zum neuen Album. Wie gewohnt zeigte sich Lady Pesch samt Band
überaus agil, hüpfte, sprang und bangte, was das Zeug hielt, wobei
Letzteres natürlich die Domäne von Tieftöner-Bearbeiter Nick Douglas
ist, der seinen Kopf höchstens mal zum grimmig Gucken halt machen
liess. Bei dieser Lehrstunde in Sachen klassischem Heavy Metal
liessen sich dann auch die wegen Sonata anwesenden Gäste nicht
bitten und feierten ebenso mit, wie die gestandenen
Lederjackenträger, denn wer kann schon einer solchen Spielfreude
widerstehen? Nach dem etwas brachial dargebotenen „Always live to
win“ (von „Fight“, 2002) folgte ein weiterer neuer Song, nämlich „Haunted
heart“, bevor mit „Burning the witches“ wieder ins Warlock Repetoire
gegriffen wurde, und zu welchem man Doro einer Hexe ebenbürdig in
giftgrünes Licht eintauchte und dazu noch passende Pyros abfeuerte.
Die berühmteste Frau im Rockzirkus hatte ja bekanntlich angekündet,
dieses Jahr mit einer fantasy-artigen Show aufzuwarten.
Nachgedoppelt wurde mit „True as steel“, worauf wieder ein
Zeitsprung von 20 Jahren Länge vollzogen wurde, das epische „Above
the ashes“ sorgte nämlich vor dem obligaten „Hellbound“ für eine
kurze Verschnaufpause. Die etwas gar theatralische Bandvorstellung,
in welcher die Frau Chefin ihre Jungs mit innigen Worten bedachte,
kam zwar schon etwas kitschig rüber, mündete aber passend in die
Gänsehaut-Stücke „Strangers yesterday“ und „Für immer“, natürlich
lauthals mitgesungen. Funken sprühten zu „Fight“ und gleichzeitig
dazu sah man plötzlich einen irritierten Mr. Douglas zum Bühnenrand
rennen. Sein Viersaiter hatte gerade seinen Geist aufgegeben und so
bewahrheitete sich wieder mal die Musiker-Weisheit, dass man den
Bass erst wahr nimmt, wenn er nicht da ist. Der Stimmung jedenfalls
versetzte dies keinen Dämpfer und mit „All we are“ kann Doro eh nie
etwas falsch machen und somit endete das offizielle Set gebührend
mit roten Stichflammen. Das Highlight sollte aber erst noch folgen,
kündigte Doro nach der ersten Zugabe „Warrior soul“ nun unvermittelt
zwei Gäste an, die an diesem Abend exklusiv einen brandneuen Song
performen würden: „On my own“. Bei den Gästen handelte es sich um
niemand Geringeres als Marc Storace (Krokus) und Luke Gasser, in
dessen Fantasy-Film die Metal Queen im Herbst dieses Jahres erstmals
als Schauspielerin zu bewundern sein wird und dem der dargebotene
Song als Soundtrack dienen wird. Eine gelungene Überraschung für ein
erwartungsgemäss gelungenes Konzert, obwohl man doch noch die eine
oder andere ältere Nummer aus dem Doro-Backkatalog hätte abfeuern
dürfen.
Set-Liste: „Earthshaker rock“, „I rule the ruins“, „You’re my family“,
„Always live to win“, „Haunted Heart“, „Burning the witches“, „True
as steel“, „Above the ashes“, „Hellbound“, „Strangers yesterday“,
„Für immer“, „Fight“, „All we are“ - Zugaben: „Warrior soul“ & „On
my own“(mit Marc Storace und Luke Gasser).
Sonata Arctica
Nach diesem mehr als soliden Gig schienen vor allem ältere Semester
bedient zu sein und so sank die während Doro mörderische Tour in
angenehme Gefilde zurück, wobei vielleicht auch die arktische
Bühnen-Deko der finnischen Melodic Metaller verantwortlich war, denn
sogar die Monitor-Boxen waren eingefasst in Plastik-Eis. Als dann
das dazu passende Bombast-Intro endete, enterte eine Band die
Bühne, die vor allem eines besitzt: Charisma! Personifikation dieses
Ausdrucks ist Sänger Tony Kakko, der durch sein
paradiesvogel-artiges Outfit natürlich sämtliche Blicke auf sich zog
und der heute als eine Mischung aus Johnny Depp in „Fluch der
Karibik“ und Hippie-Punk hinter dem Mikro stand. Die
aussergewöhnliche Stimme Kakko's ist es dann auch, die dem Quintett
den einzigartigen Klang verleiht. Dabei muss man leider anmerken,
dass an diesem Abend wohl alle Agilität schon von Doro und ihren
Mannen aufgebraucht worden war und so einzig Kakko die volle Bühne
ausnützte. Apathisch wirkte vor allem Keyboarder Henrik Klingeberg,
entweder so berieselt von dem wirklich klaren Sound oder einfach
berauscht von zu viel Hochprozentigem, denn während des ganzen Gigs
blickte er hauptsächlich irgendwo in die Leere des Raums. Doch was
ist noch mal das Wichtigste an einem Konzert? Ah ja, genau, die
Musik! Und in diesem Bereich können die Finnen einfach gar nichts
falsch machen. Den Startschuss gab das eingängige „Misplaced“, der
Opener von „Reckoning night“, ihrem letzten Studio-Album. Und ob „Blinded
no more“, „Full moon“ oder „Victoria's secret“, welche danach
folgten. Jede einzelne Nummer versprühte das Flair einer kleinen
Power Metal Hymne und auch die Fans feierten jede einzelne Note der
Band. Trotz der etwas statischen Haltung strahlten die Skandinavier
auch massig Spielfreude aus, grinsten wie Honigpferde und warfen
sich in alle möglichen Posen. Und auch in Sachen „Kommunikation mit
dem Publikum“ kann der rothaarige Metalbarde Kakko mit den ganz
Grossen mithalten, feixte mit dem Publikum und pushte es immer
wieder zum Mitmachen hoch, obwohl Party-Songs wie „San
Sebastian“ (pures Piratenfeeling...), „8th Commandment“ oder „Tallulah“
dies gar nicht bräuchten. Nach der Duo-Granate „Blank file“ und „Of
wolf and raven“ beendete das Quintett ihr reguläres Set, konnten
sich aber infolge der lautstarken Zugabevorderungen nicht lange
ausruhen. Doch nun erteilte Kakko dem amüsierten Publikum erst
einmal Jodelunterricht auf finnisch, bevor es mit einem „Medley, der
Hitsingle „Don't say a word“ und dem obligaten „The cage“ noch mal
mit einem Kracher endete. Wie wären die Fans jedoch enttäuscht
gewesen, wäre nun nicht der gewohnte Abschlusstrack vorgebracht
worden, nämlich „Vodkaa“. Unter diesem Titel verbirgt sich nämlich
die Melodie von „Hava nagila“, verziert mit einer textlichen Hommage
an das Lieblingsgetränk der Finnen. Und so grölte das Volk noch
einige Minuten, nachdem die Band schon hinter der Bühne verschwunden
war, den eingängigen Text munter weiter, sich einig, einen soliden
Metal-Gig, welcher viel gute Laune verbreitete, mitbekommen zu
haben. In diesem Sinne: „Vodkaa, I need some Vodkaa, I need some
Vodkaa, I need..., und auf ein baldiges Wiedersehen.“
Set-Liste: „Misplaced“, „Blinded no more“, „Full moon“, „Victoria's
secret“, „Kingdom for a broken heart“, „8th Commandment“, „San
Sebastian“, „Tallulah“, „My land“, „Black sheep“, „Blank file/Of
wolf and raven“. Zugaben: „Medley: „Don't say a word“, „The cage“ &
„Vodkaa“.
Double Headliner Tours..., was will man schon dazu sagen? Manchmal
nervt's und manchmal, wie an diesem unterhaltsamen Abend, freut man
sich mächtig über dieses Phänomen!
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