Obwohl sich die finnischen Melodic Speedster mit ihrem neuen Werk
«The Days Of Grays» nicht gerade in die Nesseln gesetzt, jedoch kaum
viele neue Fans erreicht haben dürften, ist das grundsätzliche
Interesse aber ungebrochen. Das beweist die bisher gut besuchte Tour
und auch heute Abend in Pratteln dürfte der Aufmarsch in der Gegend
von "sold out" gelegen haben. Schon die vergangene "Unia"-Tour von
2007 war trotz spürbarer Abkehr von den ursprünglichen Trademarks
der frühen Tage ein Triumph-Zug sondergleichen. Das diesjährige
Gastspiel stand allerdings unter dem Motto des 10-jährigen Jubiläums
des legendären Debüts «Eclipitica» von 1999. Das brachte mit sich,
dass die Setliste wohl eher retromässig ausgerichtet sein muss, und
so kam es zur grossen Freude auch. Diese stellte sich beim
Rezensenten ebenso ein, denn mit Delain und Winterborn standen
erstklassige Support-Bands am Start. Erstere standen dieses Jahr in
der Schweiz gar zum dritten Mal auf der Bühne! Diesem Event gingen
allerdings drei gecancelte Shows voraus, weil Tony Kakko's Stimme
schlapp gemacht hatte. Ausgeruht und wieder voll genesen liess
dieser heute Abend jedoch nichts anbrennen!
Winterborn
Das powermetallische Sextett stammt, wie der Headliner, auch aus dem
hohen Norden, sprich Finnland. Die Band ist noch jung, sprich wurde
erst 2004 gegründet und hat mit Teemu Koskela einen exzellenten
Frontmann in ihrer Mitte. Optisch zwar eher harmlos und durch die
gepflegte Kurzhaarfrisur gar etwas bieder wirkend, lässt dessen
starke Stimme aber jeden Zweifler umgehend verstummen. Das Debüt
«Cold Reality» kam 2006 auf den Markt und ich muss gestehen, dass
ich die Finnen bisher in keinster Weise wahr genommen habe. Auch der
letztjährige Zweitling «Farewell To Saints» hinterliess keine Spuren
in meiner Tonträger-Sammlung. Dies ist ein schönes Beispiel unseres
total übersättigten Marktes, das einer Band wie Winterborn in die
Quere kommen kann. Auf jeden Fall gaben die Jungs von Anfang an
ordentlich Gas und liegen mit ihrer Mucke im Bereich von Pagan's
Mind und Circus Maximus. Die leicht tiefer gestimmten Gitarren von
Pasi Vapola und Antti
Hokkala verliehen dem Gesamtsound noch einen
Tick mehr Druck. Obwohl nicht im Zentrum des Geschehens, lieferte
Keyboarder Jukka Hänninen einen Top-Job ab und bot ein paar schöne
Solo-Einlagen. Und wenn wir schon bei der Bandvorstellung sind, muss
auch die Rhythmus-Abteilung von Winterborn mit Bassist Pasi
Kauppinen und Drummer Lauri Bexar erwähnt werden. Letzterer spielte
auf hohem Niveau und sehr variantenreich. Die Songs ballerten
teilweise ganz schön nach vorne los und wirkten innerhalb der 30
Support-Minuten mitunter etwas ähnlich gestrickt. Nichtsdestotrotz
ver-mochte die sechsköpfige Truppe echt zu überzeugen und kriegte
auch echt fettes Licht ab. Störend waren allerdings ein paar
Lautstärke-Probleme, als man plötzlich einen Teil der Band praktisch
nicht mehr hörte und ein seltsamer Echo-Effekt das sonst gute
Gesamturteil etwas schmälerte. Auf jeden Fall lohnt es sich,
intensiv in die beiden Studio-Alben reinzuhören und noch Einiges
mehr zu entdecken, was heute Abend mangels Spielzeit nicht gezeigt
werden konnte.
Delain
Wenn ich einen persönlichen, besten Newcomer des Jahres 2009
bestimmen müsste und das zum Beispiel auch vom Abspielen der neuen
CD «April Rain» abhängig wäre, heisst die Antwort klar Delain! Die
holländischen Gothic Metaller um Mainman/Keyboarder Martijn
Westerholt und die bezaubernde Sängerin Charlotte Wessels standen
heute Abend bereits zum dritten Mal auf einer Schweizer Bühne! Nach
dem Support für Kamelot Ende März folgte kaum ein Monat später ein Headliner-Gig im Zürcher Dynamo. Und da aller guten Dinge bekanntlich
drei sind, konnte man sich den wertvollen Anheizer-Platz auf der
aktuellen Tour von Sonata Arctica sichern. Damit erreichte man jeden
Abend mehr Leute als je zuvor und im Gegensatz zum ersten Gastspiel
im Z7, tummelten sich heute Abend ebenfalls zusätzliche Fans vor der
Bühne. Nebst den sehr melodiösen und einprägsamen Songs punktet
natürlich die rassige Frontfrau, die aber neben hübschen Kurven und
ihrem jugendlich frischen Antlitz in erster Linie über eine
hammergeile Stimme verfügt. Der klare, helle und eben nicht
Turunen-mässige Gesang passt perfekt zu den Songs der bisher zwei
Alben. Die teilweise leicht poppige Attitüde ergänzt sich ideal zum
härteren Material, das durchaus mit Nightwish verglichen werden
kann. Als die Band auf die Bühne kam, stellte ich sogleich mal fest,
dass sich am Line-Up offenbar was verändert hatte. In der Tat wurde
Album-Gitarrist Ronald Landa mit Ewout Pieters ersetzt und für den
sonst etatmässigen Bassisten Robert van der Loo spielte, ausser in
der Heimat, Roel Vink als Tourbassist. Diese Wechsel brachten jedoch
keine Veränderung des Delain-Sounds mit sich und so wurde der
Auftakt mit «Invidia» bestritten. Charlotte trug diesmal ein
schwarzes, ledrig aussehendes Bustier und war wiederum einfach eine
Augenweide. «Stay Forever» und «The Gathering» folgten und
spätestens jetzt nahm die
Sache richtig Fahrt auf. Jedes weitere
Lied wurde lautstark beklatscht und spornte die Oranjes weiter an.
Bei «Control The Storm» gab es die erste "Windmühlen Bang-Einlage"
von Miss Wessels, die dabei ihr schön auf Volumen geföntes Haar in
Wallung brachte. Leider standen die eigentlich erwarteten 45
Minuten nicht zur Verfügung und deshalb musste «Nothing Left», das zwar
auf der Setliste stand, notge-drungen über die Klinge springen. Zudem
fehlten natürlich der Titelsong «April Rain» und die geniale
Halb-ballade «Come Closer» (Bonus-Track des Digipaks). «Pristine»
liess es zum Schluss und mit ein paar Growls angereichert auf jeden Fall
nochmals richtig krachen. Delain stehen nun vor dem berühmten, dritten
Album, das oft (aber nicht immer) den weiteren Verlauf einer Karriere
massgeblich beeinflusst. Es wäre schön, wenn diese talentierte Band
ihr Pulver noch nicht verschossen hat und man bald wieder was von
ihr hören wird. Und wenn wir es schon vom Zuhören haben, sei zum
Schluss erwähnt, dass der Sound ganz ordentlich war und das
Hauslicht, zusammen mit den obligaten Rauchwolken, treffend
eingesetzt wurde.
Setlist: «Intro» - «Invidia» - «Stay Forever» - «The Gathering» -
«Go Away» - «Virtue & Vice» - «Shattered» - «(Nothing Left -
ausgelassen!)» - «Control The Storm» - «Pristine».
Sonata Arctica
Zuerst sah es gar nicht zwingend danach aus, als dass der Tourtross
auch die Schweiz erreichen würde, denn aufgrund von akuten
Stimmband-Problemen ihres Frontmannes Tony Kakko mussten die Finnen
die Konzerte von Graz, Wien und München zwischen dem 18. und 20.
November absagen. Zum Glück reichten insgesamt vier Tage zur
vollständigen Genesung aus und darum durften sich die Schweizer Fans
auf die volle Dröhnung freuen. Obwohl die Tour ja eigentlich zur die
Promo des neuen Albums «The Days Of Grays» angedacht war, bestimmte
aber das 10-jährige Jubiläum des legendären Debüts «Ecliptica» von
1999 den Abend. Den Anfang nach dem Intro machte aber erstmal «Flag
In The Ground», also ein aktueller Track, gefolgt von zwei «Unia»-Stücken.
Das Z7 hatte sich bereits in ein Tollhaus verwandelt und man konnte
beruhigt zur Kenntnis nehmen, dass Herr Kakko zumindest heute Abend
in Pratteln keinerlei Schwächen offenbarte. Vor der traumhaft
anmutenden Fantasy-Kulisse des übergrossen Backdrops zogen die
finnischen Melodic Speedster voll vom Leder. Wie zuvor bei Delain,
stand auch beim Headliner ein neuer Mann auf den Brettern, die die
Welt bedeuten. Sein Vorgänger Jani Liimatainen ist schon auf dem
neuen Album nicht mehr zu hören. An seiner Stelle spielt nun sein
Landsmann
Elias Viljanen, der ja zuerst mit einem eher halbgaren Solo-Album
auf sich aufmerk-sam gemacht hatte. Dieser verrichtete seinen Job an
der Klampfe ohne Fehl und Tadel. Gleiches konnte man von Bassist
Marko Paasikoski berichten, nur dass der sich ziemlich unauffällig
gab und, zumindest in meiner Wahr-nehmung, eher gelangweilt wirkte.
Dafür liess Master Tony wirklich nix anbrennen und schaffte auch die
hohen Gesangs-Partien mühelos. Die Fans dankten die aktive
Performance mit frenetischem Applaus und nach «FullMoon» sowie «8th
Commande-ment» folgte schliesslich ein dritter, wenn nicht der beste
Song des Erstlings: «Replica»! Es gibt einfach gewisse Songs, die
von Anfang an das Zeug zum Klassiker haben und dieser gehört ohne
Zweifel dazu. Da dieser Smasher nicht immer im Set auftaucht, war
die Freude diesmal nun umso grösser. Zuvor durfte Neuzugang Viljanen
noch zeigen, was er auf seinem Arbeitsgerät drauf hat. Na ja, das
hätte es jetzt nicht zwingend gebraucht. Für deutlich mehr Aufsehen
sorgte hingegen und ziemlich unerwartet Charlotte Wessels, die, ganz
in weiss gekleidet, nun als Kontrast zu vorher wie ein Engel aussah
und für «Last Drop Falls» nochmals auf die Bühne zurück kehrte.
Leider und ärgerlich zugleich war irgendwas mit dem Mikrophon nicht
in Ordnung, sodass man Charlotte mindestens eine Minute lang
überhaupt nicht hören konnte. Trotzdem setzte sie das Lied vom Album
«Silence» (2001) gekonnt in Szene und es würde mich nicht wundern,
wenn es von dieser Sonata-Tour allenfalls eine Tour-Edition absetzt,
wo diese gelungene Version mit dabei ist. Weniger toll fand ich
hingegen die wieder einmal total stickige Luft, die bei voller Halle
zum Zerschneiden dick und arg rauchge-schwängert war. Nach 70 Minuten
gingen Sonata Arctica erstmals von der Bühne, um danach noch ein
paar Zugaben für ihre treu ergebenen Fans zu spielen. Vor allem «Don't
Say A Word» entfachte das Feuer nochmals kräftig und trotz gerade
mal 90 Minuten hinterliessen die Nordländer am Schluss einen mehr
als nur überzeugenden Eindruck. Bereits im kommenden Februar
(7.02.10) werden die Finnen im Zürcher Volkshaus ja abermals auf der
Matte stehen und die Hütte bestimmt zum Überkochen bringen. Also
vormerken und nichts wie hin!
Setlist: «Intro» - «Flag In The Ground» - «Paid In Full» - «Caleb» -
«The Last Amazing Grays» - «As If The World Wasn't Ending» - «FullMoon»
- «Last Drop Falls» - «8th Commandement» - «Juliet» - «Guitar Solo
Elias Viljanen» - «Replica» - «The Cage» - «In Black And White» - «Don't
Say A Word» - «Vodkaa (Hava Nagila)» - «Everything Fades To Gray
(Instrumental)» - «Outro».
|
|