Diesmal konnte die Distanz nicht verhindern, dass ich meinen
Allerwertesten wieder einmal in die „Hall Of Fame“ nach Wetzikon
(ZH) geschwungen habe. Grund war kein Geringerer als der Amerikaner
Jeff Scott Soto, der erstmals mit seiner neuen Band SOTO und der
neuen zweiten Langrille «Divak» auch der Schweiz im Rahmen der
Euro-Tour einen Besuch abstattete. Unvergessen an dieser Stelle war
natürlich die geniale Akustik-Tour Ende Februar 2015, zusammen mit
dem aktuellen Great White Frontmann Terry Ilous (Ex-XYZ). Mit dabei
war im vergangenen Jahr auch Leadgitarrist Jorge Salán, dessen
beeindruckende Sechssaiter-Fähigkeiten auch bei SOTO ausgiebig zu
geniessen sind. Gleiches im Sinne der musikalischen
Wandlungsfähigkeit gibt es selbstredend bei Jeff Scott Soto
anzumerken, der sich im Verlauf seiner Karriere schon in einigen
Stilrichtungen erfolgreich behaupten konnte. Das neue Material ist
indes ungewohnt hart und eher modern angehaucht, aber nach wie vor
mit den untrüglichen Trademarks ausgestattet. Als Support auf der
Euro-Tour waren die Schweizer Vanadine (aus Weinfelden) mit dabei
und nur heute Abend durften Backwater aus Lausanne ran.
Backwater Ein Blick auf das offizielle Tour-Schedule von
SOTO weist neben Vanadine noch die italienische Combo Rain (aus
Bologna) aus, die jedoch nicht mit in die Schweiz kam, sondern sich
erst tags darauf in München wieder dem Tross anschloss. Die so
entstandene Lücke wurde dabei mit Backwater geschlossen, die jedoch
keineswegs die Rolle als Lückenbüsser des heutigen Konzertabends
einnehmen mussten. Die Rock’n’Roller aus dem Kanton Waadt kannte ich
zuvor zwar nicht, aber als die Band auf die Bühne kam, erkannte ich
umgehend zwei ehemalige Bandmembers von Sideburn, sprich Gitarrist
Fred Gudit und Bassist Michel Demierre. Somit war auch ziemlich
klar, in welche Richtung der Sound von Backwater gehen wird. Das
bestätigte sich dann auch umgehend, das heisst mehr oder weniger von
alten AC/DC-Vibes und Rose Tattoo beeinflusste Mucke. Was an anderer
Stelle oder besser gesagt bei anderen Bands je nachdem ziemlich
schnell
ausgelutscht
daher kommt, hörte sich hier und jetzt erfreulich relaxt an und
lebte vor allem durch die überzeugende Performance des Axt-Duos Fred
und Stéphane (Monbaron). Dazu kamen die absolut passenden Vocals von
Marc Vermot, und der Umstand, dass es insgesamt mehr in die Richtung
der Tatts ging, durfte als weiterer Pluspunkt verbucht werden. Die
Songs stammten dabei ausnahmslos von der gleichnamigen Debütscheibe,
die fast auf den Tag genau vor einem Jahr (10.04.2015)
veröffentlicht wurde. Obwohl der rotzige Heavy Metal von Rain mit
Sicherheit auch gut angekommen wäre, vermochten Backwater das
Wetziker Publikum bestens zu unterhalten und empfahlen sich für
weitere Auftritte. Vor allem im Umfeld der Biker-Szene dürfte ihnen
wohlwollender Zuspruch gewiss sein.
Setliste: «Rock’n’Roll
Devil» - «Freedom Ride» - «Backwater» - «The Duel» - «Looking For
The Thrill» - «Hey Man» - «Never Be Down».
Vanadine Die zweite Schweizer Combo des Abends hatte
bisher ebenso keine Spuren bei mir hinterlassen, will heissen, dass
ich diese Truppe bis anhin noch nicht auf dem Radar hatte. Ein
recherchemässiger Blick in unser Live-Archiv offenbarte einen 2014er
Auftritt als Anheizer für Tyketto auf der Mini-Z7 Bühne, und da ich
an dem besagten Abend mit Abwesenheit glänzte und mir so ausserdem
auch noch Pink Cream 69 durch die Lappen gingen, wurde meine
fehlende Wahrnehmung für die Thurgauer Rocker bestätigt, die hier
nota bene vor rund einem Jahr das letzte Mal in der „Hall Of Fame“
auf der kleinen Bühne standen. Diese Konstellation brachte derweil
die wunderbare Ausgangslage mit sich, eine Band vorurteilslos zum
allerersten Mal live sehen und hören zu können. Das bedeutete
natürlich gleichzeitig, dass ich keinen Song ab der Debüt-Scheibe
«Liar» (2014) kannte. Der Opener «Sign Of The Time» ist allerdings
nicht auf dem Album zu finden und dürfte demnach ein neuer Song
gewesen sein. Mit «Displeased» folgte dann aber gleich der Opener
der aktuellen Studio-Version und setzte als geiler Midtempo-Groover
schon mal das erste
Ausrufezeichen.
Auch bei «Hurts» kamen schwere Heavy Rock-Riffs zum Einsatz und
zudem blitzten immer wieder saubere wie songdienliche Backing-Vocals
auf, die, in unterschiedlicher Ausprägung, klar als Trademarks von
Vanadine bezeichnet werden können. Überhaupt fand ich die
Performance von Frontgaul Mitch M. Michel mehr als nur ansprechend.
Nebst dem rauen Timbre kam auch das Melodiöse optimal rüber, obwohl
dies bei der heute fehlenden Ballade «Passed Away» noch um einiges
intensiver gewesen wäre. Vanadine können bei Bedarf ihren Sound
jedoch variieren, was das leicht thrashig-funkige «Da Boobs» und
etwas punkige «Fuck U» bewiesen. Der neue Gitarrist Yannick M.
Lehmann muss dabei noch etwas lockerer agieren, aber im Grossen und
Ganzen merkte man schon, dass der rockige Vierer aus Weinfelden echt
gute Songs am Start hat und auf der laufenden Tour als Support von
SOTO gewiss noch einige neue Fans dazu gewinnen konnte.
Setliste: «Sign Of The Time» - «Displeased» - «Hurts» - «Da Boobs» -
«Rainy Day» - «Liar» - «Fuck U» - «Make My Day».
SOTO Eigentlich muss man sich als Veranstalter mehr als
nur glücklich schätzen, so einen hochkarätigen Musiker wie Jeff
Scott Soto zu offenbar vernünftigen Konditionen in der „Hall Of
Fame“ auftreten lassen zu können. Des Weiteren kann es auch sein,
dass ihm und seiner Entourage der letzte Besuch in Wetzikon gefallen
hat. Wie auch immer…, Fakt ist auf jeden Fall, dass Mr. Scott Soto
in seiner bisherigen Karriere zwar nicht zig Millionen von
Tonträgern abgesetzt hat, aber durch die Zusammenarbeit mit Yngwie
Malmsteen, Axel Rudi Pell, Journey (live), TSO, W.E.T sowie den
eigenen Bands Talisman und Soul Sirkus sehr wohl ein ziemlich
beachtliches Palmarès ausweisen kann. Dazu gehören auch das
Solo-Material unter dem JSS-Banner und diverse Credits bei
unzähligen Songs
und Projekten von anderen Musikern. Spannend ist dabei die
stilistische Bandbreite, der nun durch das neue SOTO-Material eine
weitere Note angehängt wird. Darüber hinaus gibt es kaum einen
anderen Sänger der Hartwurst-Szene, der über so viel Charisma wie
der gebürtige New Yorker verfügt. Jeff ist die geborene Rampensau
und, kaum auf der Bühne, jeweils total auf seine Performance
fixiert. Diese Authentizität macht den berühmten Unterschied aus,
und wenn man sich auf so eine hochkarätige Hintermannschaft mit
Jorge Salán (g), BJ (g, key,v), David Z (b,v) und Edu Cominato (d,v)
verlassen kann, macht das Ganze noch mehr Spass. Das merkte man dann
von Anfang an, also als SOTO die Bühne unter einem bereits soliden
Begrüssungsapplaus betraten, den Schalter sogleich umlegten und mit
ordentlich Dampf loslegten. Ohne den Vorbands ans Bein pinkeln zu
wollen, aber nun stand ein echter Headliner auf den Brettern, die
die Welt bedeuten.
Der Fokus lag dabei auf den ersten beiden
SOTO-Scheiben und was ab Konserve womöglich nicht durchgehend
zündet, erhielt durch die Live-Versionen spürbar mehr Gewicht. Mir
persönlich gefällt das neue Material allerdings nicht so wie alles
andere, was Jeff zuvor abgeliefert hat. Darum kamen meine Highlights
eher gegen den
Schluss
hin, als zum Beispiel mit «Tears In The Sky» und «I'll Be Waiting»
zwei Talisman-Songs gespielt wurden und die Ode an den leider viel
zu früh aus dem Leben geschiedenen Bassisten Marcel Jacob (R.I.P.)
auch heute Abend nicht ausgelassen wurde. Cool war auch, dass Jorge
Salán mit seinem eigenen Instrumental-Song «Risk» eindrucksvoll
aufzeigen konnte, was er als Saitenhexer auf dem Kasten hat. Mit «I
Am A Viking / I'll See The Light Tonight» wurde schliesslich die
Malmsteen-Phase immerhin noch gestreift und bereicherte den eh schon
geilen Abend, der die zahlreichen Fans in eine prächtige Stimmung
versetzte. Das Zugaben-Medley mit dem Anspielen einiger Hits (siehe
untenstehende Setliste) besass jedoch nur Unterhaltungswert. Da
hätte ich lieber noch was Eigenes gehört. Der Rausschmeisser war
dann so zu sagen (leider) auch kein eigener Song, sondern «Stand Up»
aus dem Film «Rock Star». Immerhin groovte das Teil aber nochmals
schwer ab, und unter dem Strich war das fast zweistündige Konzert
jeden einzelnen Rappen wert! Hoffen wir also, dass wir Schweizer
diesen Hochkaräter bald wieder zu sehen wie zu hören bekommen, und
mit Vorteil in der ausverkauften „Hall Of Fame“! Wäre doch was,
oder?! Kurz nach dem Konzert mischte sich die ganze Band ungezwungen
unter die Leute und bewies einmal mehr, dass bei SOTO Fannähe auch
abseits der Bühne gross geschrieben wird.
Setliste: «Divak
(Intro)» - «Freakshow» - «Wrath» - «21st Century / Colour My XTC» -
«Break» - «Final Say» - «The Fall» - «Cyber Masquerade» - «Warrior /
Livin' The Life» - «When I'm Older» - «Weight Of The World» -
«Suckerpunch» - «Unblame» - «Tears In The Sky» - «I'll Be Waiting» -
«Risk» - «I Am A Viking / I'll See the Light Tonight» -- «Medley:
Livin' On A Prayer / Thunderstruck / Crazy Train / Enter Sandman /
The Trooper / Another One Bites The Dust / Under Pressure» - «Stand
Up».
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