Die aus dem sonnigen Kalifornien
stammenden Spock's Beard brauchten einige Jahre, um sich vom Ausstieg
(2002) ihres charismatischen Sängers, Songschreibers und
Aushängeschildes
Neal Morse zu erholen. Dazu kam der nächste grosse Schock im Jahre
2011: Nick D'Virgilio, der nach Neal Morse die Vocals übernommen hatte,
waren plötzlich andere Projekte wichtiger geworden. Die verbliebenen
Mitglieder liessen sich nicht entmutigen und fanden in Enchant Sänger
Ted Leonard einen passenden Nachfolger. Mit dem aktuellen Album «Brief
Nocturnes And Dreamless Sleep» und den zwei Supportbands Beardfish und
Sound Of Contact konnte man die aktuelle Besetzung im Z7 bestaunen,
oder auch nicht. Die Meinungen aus dem Publikum an diesem Abend waren
durchwegs sehr unterschiedlich...
Beardfish
Welche Bands denn nun an diesem Abend auftreten sollten, war
grundsätzlich ein kleines Geheimnis. Laut Programmvorschau verliess man
sich auf einen Konzertbeginn um 20 Uhr und stellte sich auf das Package
Beardfish und Spock's Beard ein. Wer dann zufällig bereits um 19:30 Uhr
im Z7 herum lungerte, musste feststellen, dass bereits die erste Band
am
Start gewesen ist: nämlich Beardfish.
Glücklicherweise hatte ich schon am Nachmittag ein wenig recherchiert
und wusste daher, dass Sound Of Contact ebenfalls spielen würden.
Nichtsdestotrotz hatte ich mich eher auf 20 Uhr eingestellt und musste
daher leider auf die ersten zwei Songs von Beardfish verzichten. Dies
ärgerte nicht nur mich, sondern auch den einen oder anderen Zuschauer
im Z7. Am 14. September letzten Jahres waren die Schweden schon mal in
der Schweiz zu Besuch und zwar im Vorprogramm von Flying Colors, wo sie
gemischte Gefühle bei mir hinterliessen. Komplizierte Musik kann viel
Zeit in Anspruch nehmen, und diese Zeit nehme ich mir grundsätzlich
gerne. Jedoch musste ich auch an diesem Abend erneut feststellen: Der
Zugang zu Beardfish bleibt mir schlichtweg verwehrt – live zumindest.
Warum? Ich kann es nicht sagen! Rikard Sjöblom, der Gitarre und das
Keyboard bediente, verfügte über eine wunderbare Vielfalt an
Gesangsstilen und wechselte unbekümmert von klarem Gesang ins Growling
über. Über die Qualität des Sounds und des Könnens der Musiker lässt
sich nichts Negatives berichten. Die Band wirkte virtuos, erfinderisch
und unbequem – so wie es eben sein sollte für guten Prog. Beardfish
zündeten bei mir jedoch nur ganz wenig und ich gehe davon aus, dass
sich
das auch beim dritten Live-Besuch nicht gross ändern wird.
Sound Of Contact
Simon Collins hat es wohl nicht ganz so einfach, als Sohn von Phil
Collins die Musikwelt von seiner Kunst zu überzeugen, da immer wieder
Vergleiche gezogen werden und er oftmals als „Sohn von“ betitelt wird.
Auf der anderen Seite ist dies bestimmt kein grosses Hindernis, um den
Bekanntheitsgrad zu stärken. Dazu kommt, dass er sich genau wie sein
berühmter Vater dem Gesang widmet und sich auch am
Schlagzeug beweisen kann. An diesem Abend hatten er und seine Band das
bevorstehende Debüt «Dimensionaut» mit im Gepäck, welches es
sogar bereits vor der offiziellen Veröffentlichung am
Merchandising Stand
zu ergattern gab! Eingestimmt wurde die bescheidene Menge an Zuschauern
mit dem ersten Part des aus vier Teilen bestehenden Tracks «Möbius
Slip» und bereits hier konnte man Simon Collins am Schlagzeug erleben.
Danach gab er die Sticks an Ronen Gordon weiter und hechtete weg an die
Front zum Mikrofon. Die grosse Überraschung für mich war John Wesley
(Fish, Porcupine Tree) an der Gitarre. Jetzt weiss ich auch endlich wie
es aussieht, wenn ein Gitarrist davon spricht „man müsse eine Gitarre
wie eine Frau behandeln“. Mit unendlich viel Leidenschaft und Gefühl
verführte er die Paul(a) Reed Smith. Simon Collins und Dave Kerzner
(Keyboard), die massgeblich für das Songwriting und das Entstehen von
„Sound Of Contact“ verantwortlich sind, haben sich hier ein
professionelles Tour-Lineup zusammengestellt. Auch wenn es musikalisch
eher in Richtung Prog Pop abwandertE und im Vergleich zu den anderen
Bands an dem Abend eher leichte Kost gewesen ist, hat mich dieser
Auftritt am meisten überzeugt, besser gesagt sogar ausserordentlich
begeistert. Fazit: Album sofort gekauft und seit dem bekomme ich die
Scheibe nicht mehr aus dem CD-Player. Hat sich darin wohl irgendwie
festgefressen.
Spock's Beard
Ich denke mal, dass jeder Zuschauer, der hauptsächlich wegen Spock's
Beard gekommen war, grosse Erwartungen an den neuen Mann am Mikrofon
hatte. Mit Ted Leonard (Enchant) konnte man den herben Sänger-Verlust
der letzten Jahre zwar nicht ganz vergessen lassen, jedoch wurde die
Wahl, meiner Meinung nach, für einen Neuanfang sehr gut getroffen.
Zudem
wurde Jimmy Keegan
an den Drums mit ins Boot geholt. Mit dem aktuellen grossartigen
Album in der Tasche konnte an dem Abend nicht viel schief gehen –
dachte ich. Jedoch, wenn unerwartet technische Probleme auftauchen,
kann das nicht nur den Abend der Band, sondern auch den der Zuschauer
versauen. Ryo Okumoto, der grundsätzlich mit seinem facettenreichen
Keyboardspiel immer wieder für Höhepunkte sorgte, war an diesem Abend
völlig aus dem Häuschen. Durchweg hatte er mit technischen Problemen zu
kämpfen und war sichtlich gestresst. Auch die vergeblichen Versuche von
Alan Morse, diesen durch Albereien (er klaute ihm seinen Hut)
auf zu heitern, scheiterten kläglich. Verständlich, denn schliesslich
sind ja die Keyboard-einsätze ein extrem wichtiger Bestandteil der Musik
von
Spock's Beard. Das Hin und Her brachte eine zu grosse Unruhe in den
gesamten Auftritt und wirkte auf mich einfach nur störend. Wirklich
schade, denn die Auswahl der Songs war sehr gut getroffen und bildete
einen Streifzug durch die musikalische Geschichte der Band:
«Afterthoughts» vom aktuellen Release, «The Man You Are Afraid You Are»
aus dem Album «V» oder «Walking On The Wind» aus dem bereits im Jahre
1996 erschienenen «Beware Of Darkness», um eine kleine Auswahl zu
nennen.
Die Enttäuschung wird mich jedoch nicht davon abhalten, die Band beim
nächsten Besuch in der Schweiz wieder zu sehen, denn Spock's Beard
bleiben in
jedem Fall eine grossartige Truppe: ein Garant für eingängige und doch
anspruchsvolle Prog-Klassiker.
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