Livereview: Steel Panther - The Treatment
24. März 2012, Zürich - Komplex 457
By Rockslave
Die Vorfreude und die Erwartungen an den ersten Schweizer Auftritt der amerikanischen Kult-Metal-Glamster der Stunde waren gross. Die Werbetrommel wurde medial kräftig gerührt und so musste der ursprünglich im Zürcher Plaza angesetzte Gig kurzerhand in den mehr Leute fassenden Konzert- und Tanztempel Komplex 457 verlegt werden. Eine weise Entscheidung, denn so kamen noch mehr Fans zum ohnehin ausverkauften Anlass zum Handkuss. Möglicherweise wäre sogar noch mehr drin gelegen, aber das Ganze passte für den heutigen Abend optimal, zumal die Betreiber des Lokals aus den letzten, bedenklichen Vorkommnissen wie zum Beispiel bei Dream Theater ihre Lehren gezogen haben. Das brachte mit sich, dass man sich durch zusätzlich geöffnete Bereiche trotz vollem Haus jederzeit frei bewegen konnte und auch innert vernünftiger Zeit an Getränke und/oder Esswaren ran kam. Im Vorfeld des Konzertes gab es noch ein «Meet & Greet» mit der Band, wo wir über Facebook 17 Girls und Boys suchten, die sich stilgerecht in den richtigen Fummel haben stürzen müssen, um dabei sein zu können. Trotz diesem ganzen farbenprächtigen Zirkus liessen es sich die Youngsters von The Treatment als Support nicht nehmen, das Komplex richtig zu rocken, was sie auch taten!

The Treatment

Wer im letzten Herbst in Winterthur beim Alice Cooper Konzert mit dabei war, kam womöglich auch in den Genuss der gleichen Vorband wie heute Abend. Die fünf jungen Briten aus Cambridge hinterliessen damals trotz der etwas überdimensionierten Bühne einen guten Eindruck und ihre Wirkung auf die weiblichen Fans war nicht zu übersehen. Beste Voraussetzungen also für einen fairen Kampf auf musikalischer Ebene, den jedoch der Headliner später wie erwartet locker für sich entscheiden konnte. Nichtsdestotrotz nutzten The Treatment die gute Ausgangslage und legten schon mal einen furiosen Start hin. Im latent bis permanent spürbaren Fahrwasser von Skid Row zu ihren besseren Zeiten wurde vor allem gesanglich heftig und ziemlich tight auf den Punkt gerockt. Sänger Matt Jones versuchte dabei sofort den Kontakt zum Publikum her zu stellen, was ihm ziemlich rasch gelang. Die Resonanz auf das beherzte Spiel auf der Bühne war bemerkenswert und wirkte augenscheinlich motivie-rend. Man merkte auch bald, dass die kleinere Fläche insgesamt mehr an Intensität hergab als beim letzten Besuch in der Schweiz. Die ganze Chose kam deutlich kompakter rüber und die Songs des neuen Albums «This Might Hurt» (2011) verfehlten ihre Wirkung nicht. The Cult und die frühen Def Leppard, die, wie auch Thin Lizzy als stilistischer, respektive musikalischer Verweis genannt werden, konnte man auf Schritt und Tritt heraus hören. Darüber hinaus bewegten sich die Jungs permanent und auch Drummer Dhani Mansworth spielte gestenreich. Dazu wurden die Sticks gekonnt gedreht und das typische "Tommy Lee"-Armschwingen zelebriert. Somit konnte im Rahmen der rund zugestandenen 40 Minuten nichts schief gehen und dies wurde postwendend durch einen lautstark erwiderten "Sing-a-long" und weitere Mitsing-Parts untermauert. Nebst dem recht ordentlichen Sound wie Gepolter konnte der Cambridge-Fünfer ebenso mit der schönen Halb-Ballade «Nothing To Lose (But Our Minds)» im Stil von Kiss' «God Gave Rock'n'Roll To You» voll punkten. Mal sehen, wie sich die Jungs songwriterisch weiter entwickeln werden. Das Gerüst als Basis für eine erfolgreiche Karriere ist ohne jeden Zweifel vorhanden und die Zeit wird es zeigen.




Steel Panther
Nach einer knappen halben Stunde Umbaupause war es dann endlich soweit: Steel Panther live in Switzerland, und das zum allerersten Mal! Man spürte die Spannung förmlich, die in der Luft lag. Was würde nun abgehen da vorne? Ein dümmliche Lachnummer à la Spinal Tap? Faster Pussycat, Pretty Boy Floyd und Konsorten für Arme? Zumindest vermittelten die herrlich überdrehten Videos zum sackstarken Debüt-Album «Feel The Steel» dass durchaus mehrere gute wie eingängige Songs am Start waren, aber wie würde sich das Ganze nun live anhören? Verdeckt das stark auf Optik getrimmte Konzept spielerische Mängel und wie sexistisch ist die Message wirklich, die vermittelt wird?! Fragen über Fragen, die teils schon beim Soundcheck aufkeimten, als dem Vernehmen nach nur gerade die echten Langhaare von Sänger Michael Starr zur Schau gestellt wurden. Also doch mehr Show als Können? Für die Zeit des Intros «In The Future» vom neuen Zweitling «Ball's Out» blieb alles noch offen, aber als dann Michael und seine Kollegen Satchel (g/v), Lexxi Foxx (b/v) und Stix Zadinia (d) unter dem frenetisch lauten Jubel des Schweizer Publikums die Bühne enterten, waren fast alle Zweifel schon ausgeräumt. Kein Wunder, denn mit «Supersonic Sex Machine» gab es gleich mal 'ne flotte Nummer voll auf die Zwölf, gefolgt vom straighten Rocker «Tomorrow Night». Das Eis war damit bereits gebrochen und die Halle fing jetzt schon an zu toben. Davon bekam ich im Fotograben inmitten vieler Kolleginnen und Kollegen allerdings kaum was wirklich mit. Alle Fotokameras schossen Bilder was das Zeug hielt und es sollten am Schluss ziemlich viele werden. Normalerweise dürfen bekannt-lich die ersten drei Songs (praktisch bis fast immer ohne Blitz) abgelichtet werden, ehe man von der jeweiligen Security oder dem Tourmanager freundlich, aber bestimmmt aufgefordert wird, sich behende vom Acker zu machen. Doch heute Abend hatte man die Rechnung ohne Steel Panther gemacht, denn Michael Starr beorderte uns alle unvermittelt wieder zurück in den Graben, verteilte Handshakes und sprach unserer Gilde sein persönliches Lob aus! Wo hat man denn sowas schon mal erlebt? Doch das war noch nicht alles, denn plötzlich wurde Kollege Jonny Gauer auf die Bühne geholt, musste seine Kamera Drummer Stix aushändigen, worauf dieser dann von oben herab das jetzt schon kultige, im Facebook bereits dutzendfach markierte Foto schoss, nota bene inklusive Jonny, Michael und fast allen FotographenInnen in der ersten Reihe, mich eingeschlossen!! Ab so viel Coolness blieb einem glatt die Spucke weg und bescherte uns Bildjägern und dem ganzen Komplex 457 einen unvergesslichen Moment.

Spätestens ab hier war der Zapfen dann vollends ab und die hammergeile Party nicht mehr aufzuhalten. Während sich vor allem Bassist Lexxi mittels Schminkspiegelchen und Lipgloss mehrheitlich seinem Äusseren widmete, verrichtete aber dennoch die ganze Truppe einen saugeilen Job und liess es mächtig krachen. Allen voran natürlich Gitarrist Satchel, der nebst dem showmässigen Geplapper einen sehr versierten Eindruck hinterliess und auch beim Solo Punkte sammeln konnte. Drummer Stix liess sich derweil auch nicht lumpen und Mr. Starr hatte die Lage eh voll im Griff. Dass dann im Verlauf des schlicht saugeilen Auftritts des Headliners diverse junge Girls die Bühne bevölkerten und teils, wenn auch nur kurz, ihre Brüste zur Schau stellten, war heute Abend eigentlich zu erwarten, aber dass unsere Swiss Girls hier absolut keine Skrupel sondern augenscheinlich nur mächtig Spass hatten, überraschte dann doch zumindest etwas. Den Jungs von Steel Panther konnte das selbstverständlich nur recht sein und trotz der ganzen, jedoch total freiwilligen Zurschau-stellung des weiblichen Geschlechts, untermalt mit eindeutig zweideutigen Kommentaren, wirkte das Szenario nie herabwürdigend oder verachtend. Allerdings dürften einigen jungen Damen die kurze Zeit später schon im Youtube herauf geladenen Videos bei der nächsten Stellensuche nicht unbedingt behilflich sein. Vor allem dem männlichen Teil des steil abgehenden Publikums war das freilich schnuppe und es war dann wohl sowas wie "ausgleichende Gerechtigkeit", als nach den Girls zwei etwa 10-jährige Buben ebenso auf die Bühne geholt wurden und wacker ein paar Refrains mitsingen durften. Die zwei dürften dies wohl nicht mehr so schnell vergessen, wenn überhaupt. Da die Band sich ja offiziell auf der «Balls Out»-Tour befand, wurden auch einige, neue Songs gespielt. Die hörten sich in der Live-Version einen ganzen Tick besser als auf der Platte an und überhaupt sah ich den viel gehörten Vorwurf, das zweite Album sei deutlich schlechter als der überraschend gute Erstling nicht zwingend bestätigt, im Gegenteil. Trotzdem waren die speziellen Momente den älteren Songs vorbehalten, wie zum Beispiel dem Hit «Community Property». Hierzu wurde aus vollen Kehlen mitgesungen und egal, ob Poser, Metaller, Punker oder was auch immer..., heute Abend feierten alle zusammen friedlich und ausgelassen die erste Steel Panther Party der Schweiz. Nach dem grossartigen «Death To All But Metal» verliess der wilde Haufen die Bühne, um kurz danach nochmals mit je einem Song der beiden Alben das Schlussfeuerwerk zu zünden. Als das Ganze nach knappen 100 Minuten leider bereits der Vergangenheit angehörte, waren sich alle, die das soeben miterlebt hatten, einig: Das war schlicht und ergreifend der Vollburner gewesen und es bleibt einfach die Frage offen, ob sich sowas in der Gesamtheit nochmals wiederholen lässt. Ich wage zu behaupten nein und erinnere mich dabei an den ersten Schweizer Auftritt von The Darkness 2004 im Rohstofflager. Trotzdem werde ich mit Sicherheit wieder mit von der Partie sein, wenn Steel Panther das nächste Mal bei uns Halt machen werden. Und ihr?!!

Setliste: «In The Future (Intro)» - «Supersonic Sex Machine» - «Tomorrow Night» - «Fat Girl (Thar She Blows)» - «Asian Hooker» - «Just Like Tiger Woods» - «Gold-Digging Whore» - «Guitar Solo Satchel» - «It Won't Suck Itself» - «Community Property» - «Eyes Of A Panther» - «Girl From Oklahoma» - «Party All Day (**** All Night)» - «Turn Out The Lights» - «Death To All But Metal» -- «Eatin' Ain't Cheatin'» - «17 Girls In A Row».