Die Vorfreude und die Erwartungen an den ersten Schweizer
Auftritt der amerikanischen Kult-Metal-Glamster der Stunde waren
gross. Die Werbetrommel wurde medial kräftig gerührt und so musste
der ursprünglich im Zürcher Plaza angesetzte Gig kurzerhand in den
mehr Leute fassenden Konzert- und Tanztempel Komplex 457 verlegt
werden. Eine weise Entscheidung, denn so kamen noch mehr Fans zum
ohnehin ausverkauften Anlass zum Handkuss. Möglicherweise wäre sogar
noch mehr drin gelegen, aber das Ganze passte für den heutigen Abend
optimal, zumal die Betreiber des Lokals aus den letzten,
bedenklichen Vorkommnissen wie zum Beispiel bei Dream Theater ihre
Lehren gezogen haben. Das brachte mit sich, dass man sich durch
zusätzlich geöffnete Bereiche trotz vollem Haus jederzeit frei
bewegen konnte und auch innert vernünftiger Zeit an Getränke
und/oder Esswaren ran kam. Im Vorfeld des Konzertes gab es noch ein
«Meet & Greet» mit der Band, wo wir über Facebook 17 Girls und Boys
suchten, die sich stilgerecht in den richtigen Fummel haben stürzen
müssen, um dabei sein zu können. Trotz diesem ganzen
farbenprächtigen Zirkus liessen es sich die Youngsters von The
Treatment als Support nicht nehmen, das Komplex richtig zu rocken,
was sie auch taten!
The Treatment
Wer im letzten Herbst in Winterthur beim Alice Cooper Konzert mit
dabei war, kam womöglich auch in den Genuss der gleichen Vorband wie
heute Abend. Die fünf jungen Briten aus Cambridge hinterliessen
damals trotz der etwas überdimensionierten Bühne einen guten
Eindruck und ihre Wirkung auf die weiblichen Fans war nicht zu
übersehen. Beste Voraussetzungen also für einen fairen Kampf auf
musikalischer Ebene, den jedoch der Headliner später wie erwartet
locker für sich entscheiden konnte. Nichtsdestotrotz nutzten The
Treatment die gute Ausgangslage und legten schon mal einen furiosen
Start hin. Im latent bis permanent spürbaren Fahrwasser von Skid Row
zu ihren besseren Zeiten wurde vor allem gesanglich heftig und
ziemlich tight auf den Punkt gerockt. Sänger Matt Jones versuchte
dabei sofort den Kontakt zum Publikum her zu stellen, was ihm
ziemlich rasch gelang. Die Resonanz auf das beherzte Spiel auf der
Bühne war bemerkenswert und wirkte augenscheinlich motivie-rend. Man
merkte auch bald, dass die kleinere Fläche insgesamt mehr an
Intensität hergab als beim letzten Besuch in der Schweiz. Die ganze
Chose kam deutlich kompakter rüber und die Songs des neuen
Albums «This
Might Hurt» (2011) verfehlten ihre Wirkung nicht. The Cult und die
frühen Def Leppard, die, wie auch Thin Lizzy als stilistischer,
respektive musikalischer Verweis genannt werden, konnte man auf
Schritt und Tritt heraus hören. Darüber hinaus bewegten sich die
Jungs permanent und auch Drummer Dhani Mansworth spielte
gestenreich. Dazu wurden die Sticks gekonnt gedreht und das typische
"Tommy Lee"-Armschwingen zelebriert. Somit konnte im Rahmen der rund
zugestandenen 40 Minuten nichts schief gehen und dies wurde
postwendend durch einen lautstark erwiderten "Sing-a-long" und
weitere Mitsing-Parts untermauert. Nebst dem recht ordentlichen
Sound wie Gepolter konnte der Cambridge-Fünfer ebenso mit der
schönen Halb-Ballade «Nothing To Lose (But Our Minds)» im Stil von
Kiss' «God Gave Rock'n'Roll To You» voll punkten. Mal sehen, wie
sich die Jungs songwriterisch weiter entwickeln werden. Das Gerüst
als Basis für eine erfolgreiche Karriere ist ohne jeden Zweifel
vorhanden und die Zeit wird es zeigen.
Steel Panther
Nach einer knappen halben Stunde Umbaupause war es dann endlich
soweit: Steel Panther live in Switzerland, und das zum allerersten
Mal! Man spürte die Spannung förmlich, die in der Luft lag. Was
würde nun abgehen da vorne? Ein dümmliche Lachnummer à la Spinal
Tap? Faster Pussycat, Pretty Boy Floyd und Konsorten für Arme?
Zumindest vermittelten die herrlich überdrehten Videos zum
sackstarken Debüt-Album «Feel The Steel» dass durchaus mehrere gute
wie eingängige Songs am Start waren, aber wie würde sich das Ganze
nun live anhören? Verdeckt das stark auf Optik getrimmte Konzept
spielerische Mängel und wie sexistisch ist die Message wirklich, die
vermittelt wird?! Fragen über Fragen, die teils schon beim
Soundcheck aufkeimten, als dem Vernehmen nach nur gerade die echten
Langhaare von Sänger Michael Starr zur Schau gestellt wurden. Also
doch mehr Show als Können? Für die Zeit des Intros «In The Future»
vom neuen Zweitling «Ball's Out» blieb alles noch offen, aber als
dann Michael und seine Kollegen Satchel (g/v), Lexxi Foxx (b/v) und
Stix Zadinia (d) unter dem frenetisch lauten Jubel des Schweizer
Publikums die Bühne enterten, waren fast alle Zweifel schon
ausgeräumt. Kein Wunder, denn mit «Supersonic Sex Machine» gab es
gleich mal 'ne flotte Nummer voll auf die Zwölf, gefolgt vom
straighten Rocker «Tomorrow Night». Das Eis war damit bereits
gebrochen und die Halle fing jetzt schon an zu toben. Davon bekam
ich im Fotograben inmitten vieler Kolleginnen und Kollegen
allerdings kaum was wirklich mit. Alle Fotokameras schossen Bilder
was das Zeug hielt und es sollten am Schluss ziemlich viele werden.
Normalerweise dürfen bekannt-lich die ersten drei Songs (praktisch
bis fast immer ohne Blitz) abgelichtet werden, ehe man von der
jeweiligen Security oder dem Tourmanager freundlich, aber bestimmmt
aufgefordert wird, sich behende vom Acker zu machen. Doch heute
Abend hatte man die Rechnung ohne Steel Panther gemacht, denn
Michael Starr beorderte uns alle unvermittelt wieder zurück in den
Graben, verteilte Handshakes und sprach unserer Gilde sein
persönliches Lob aus! Wo hat man denn sowas schon mal erlebt? Doch
das war noch nicht alles, denn plötzlich wurde Kollege Jonny Gauer
auf die Bühne geholt, musste seine Kamera Drummer Stix aushändigen,
worauf dieser dann von oben herab das jetzt schon kultige, im
Facebook bereits dutzendfach markierte Foto schoss, nota bene
inklusive Jonny, Michael und fast allen FotographenInnen in der
ersten Reihe, mich eingeschlossen!! Ab so viel Coolness blieb einem
glatt die Spucke weg und bescherte uns Bildjägern und dem ganzen
Komplex 457 einen unvergesslichen Moment.
Spätestens ab hier war der Zapfen dann vollends ab und die
hammergeile Party nicht mehr aufzuhalten. Während sich vor allem
Bassist Lexxi mittels Schminkspiegelchen und Lipgloss mehrheitlich
seinem Äusseren widmete, verrichtete aber dennoch die ganze Truppe
einen saugeilen Job und liess es mächtig krachen. Allen voran
natürlich Gitarrist Satchel, der nebst dem showmässigen Geplapper
einen sehr versierten Eindruck hinterliess und auch beim Solo Punkte
sammeln konnte. Drummer Stix liess sich derweil auch nicht lumpen
und Mr. Starr hatte die Lage eh voll im Griff. Dass dann im Verlauf
des schlicht saugeilen Auftritts des Headliners diverse junge Girls
die Bühne bevölkerten und teils, wenn auch nur kurz, ihre Brüste zur
Schau stellten, war heute Abend eigentlich zu erwarten, aber dass
unsere Swiss Girls hier absolut keine Skrupel sondern
augenscheinlich nur mächtig Spass hatten, überraschte dann doch
zumindest etwas. Den Jungs von Steel Panther konnte das
selbstverständlich nur recht sein und trotz der ganzen, jedoch total
freiwilligen Zurschau-stellung des weiblichen Geschlechts, untermalt
mit eindeutig zweideutigen Kommentaren, wirkte das Szenario nie
herabwürdigend oder verachtend. Allerdings dürften einigen jungen
Damen die kurze Zeit später schon im Youtube herauf geladenen Videos
bei der nächsten Stellensuche nicht unbedingt behilflich sein. Vor
allem dem männlichen Teil des steil abgehenden Publikums war
das
freilich schnuppe und es war dann wohl sowas wie "ausgleichende
Gerechtigkeit", als nach den Girls zwei etwa 10-jährige Buben ebenso
auf die Bühne geholt wurden und wacker ein paar Refrains mitsingen
durften. Die zwei dürften dies wohl nicht mehr so schnell vergessen,
wenn überhaupt. Da die Band sich ja offiziell auf der «Balls
Out»-Tour befand, wurden auch einige, neue Songs gespielt. Die
hörten sich in der Live-Version einen ganzen Tick besser als auf der
Platte an und überhaupt sah ich den viel gehörten Vorwurf, das
zweite Album sei deutlich schlechter als der überraschend gute
Erstling nicht zwingend bestätigt, im Gegenteil. Trotzdem waren die
speziellen Momente den älteren Songs vorbehalten, wie zum Beispiel
dem Hit «Community Property». Hierzu wurde aus vollen Kehlen
mitgesungen und egal, ob Poser, Metaller, Punker oder was auch
immer..., heute Abend feierten alle zusammen friedlich und
ausgelassen die erste Steel Panther Party der Schweiz. Nach dem
grossartigen «Death To All But Metal» verliess der wilde Haufen die
Bühne, um kurz danach nochmals mit je einem Song der beiden Alben
das Schlussfeuerwerk zu zünden. Als das Ganze nach knappen 100
Minuten leider bereits der Vergangenheit angehörte, waren sich alle,
die das soeben miterlebt hatten, einig: Das war schlicht und
ergreifend der Vollburner gewesen und es bleibt einfach die Frage
offen, ob sich sowas in der Gesamtheit nochmals wiederholen lässt.
Ich wage zu behaupten nein und erinnere mich dabei an den ersten
Schweizer Auftritt von The Darkness 2004 im Rohstofflager. Trotzdem
werde ich mit Sicherheit wieder mit von der Partie sein, wenn Steel
Panther das nächste Mal bei uns Halt machen werden. Und ihr?!!
Setliste: «In The Future (Intro)» - «Supersonic Sex Machine» - «Tomorrow
Night» - «Fat Girl (Thar She Blows)» - «Asian Hooker» - «Just Like
Tiger Woods» - «Gold-Digging Whore» - «Guitar Solo Satchel» - «It
Won't Suck Itself» - «Community Property» - «Eyes Of A Panther» -
«Girl From Oklahoma» - «Party All Day (**** All Night)» - «Turn Out
The Lights» - «Death To All But Metal» -- «Eatin' Ain't Cheatin'» -
«17 Girls In A Row».
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