Selbstverständlich konnte ich nicht so lange warten und pilgerte
bereits im Oktober 2011 nach München, um eines der ersten Solo
Konzerte vom Porcupine Tree Mastermind Steven Wilson erleben zu
dürfen. Fast ein halbes Jahr später wurde aufgrund der grossen
Nachfrage Teil 2 der erfolgreichen Tournee in die Wege geleitet.
Wilson ist nicht nur musikalisch ein Talent sondern auch im Showbiz
ein absoluter „Siebesiech“! Er weiss genau, wie man in der heutigen
Zeit, wo es eher schwierig ist im harten Business zu überleben,
elegant der Musikbranche den Stinkefinger zeigt. Eigenes Studio, die
besten Musiker arbeiten für ihn kostenlos oder er handelt geschickt
ein Kompensationsgeschäft aus. Um weitere Konzerte finanzieren zu
können veröffentlicht er eine Sackstarke Live CD die man nur über
seine eigene Mail Order Company „Headphone Dust“ beziehen konnte. Er
betont immer wieder, dass ihm die Kohle nicht wichtig ist und er
sich keine goldene Nase mit der Musik verdienen möchte. Luxus ist
für ihn ein Fremdwort. Anspruch hat er nur an sich und seine Musik.
Er möchte einfach bei den Produktionen und den Tourneen nicht
drauflegen müssen. Alle 3000 Kopien der Live CD waren in kürzester
Zeit ausverkauft. Einen Teil davon konnte man signiert kaufen und
diese Version wird bereits auf Ebay zu einem stolzen Preis von bis
zu 60 Euro das Stück gehandelt. Was freu ich mich nun auf die
kommende Live DVD die dieses unglaubliche audiovisuelle
Konzertereignis verewigt...
Eigentlich weiss ich gar nicht so recht, ob man hier von einem
Konzert sprechen sollte. Es ist eher ein Gesamtkunstwerk, mit dem
man sich auseinandersetzen durfte. Eine Vorgruppe im klassischen
Sinn gab es nicht. Knapp 3 Stunden Aufmerksamkeit galten Herrn
Wilson, seiner Band und den Bildern seines Stamm-Künstlers Lasse
Hoile. Pünktlich um 19:30 Uhr begann es dunkel zu werden im Saal.
Gestartet wurde eine Projektion auf den seidenen Vorhang, welcher
das Publikum von der Bühne trennte. Passend zu den eher düsteren
Bildern wummerte ein fast schon monotoner beängstigender Sound von
Bass Communion, einem weiteren Projekt von Steven Wilson. Damit wird
der Besucher gut eine Stunde auf den eigentlichen Auftritt
vorbereitet. Der Sound wurde immer aufdringlicher und die einzelnen
Bilder wurden minutenlang dargestellt. Wer jetzt erwartet, dass ich
nun erzähle wie der Vorhang gefallen ist, täuscht sich. Wie auch in
München mussten sich besonders die Fotografen einer unverschämt
grossen Herausforderung stellen. Der Vorhang blieb und das bis zum
4. Song. Alles durchdacht, alles bis ins Detail geplant.
Der
Engländer hat die volle Kontrolle darüber, wie er sich und seine
Arbeit präsentieren möchte. Das Gesamtkunstwerk ist einfach perfekt
und die Fotos der Fotografen tragen durch das goldige Schimmern des
Vorhangs eine besondere Handschrift. Überhaupt, jedes einzelne
Konzert ist individuell und gleicht keinem anderen. Die Virtuosität
der Musiker ist aussergewöhnlich und immer wieder erfinden sie sich
neu. Mal wieder hat Wilson es geschafft eine herausragende Musiker
Schar um sich zu versammeln. Jeder einzelne nimmt eine wichtige
Funktion in dieser Konstellation war und überzeugt mit musikalischem
Können auf höchstem Niveau. Sei es Adam Holzmann (Keyboards), Marco
Minnemann (Schlagzeug), Nick Beggs (Bass, Chapmanstick), Theo Travis
(Saxophon, Flöte, Klarinette) oder Aziz Ibrahim (Gitarre). Es ist
schwierig in Worte zu fassen, wie mich dieser Abend beeindruckt
hatte. Die Komplexität und der Druck der Songs in Kombination mit
den Bildern nahm einem gefangen, fesselte und erschlug einem auf
eine charmante Art und Weise. Besonders das fast 25 Minuten Stück „Raider
II“ ist verdammt schwere Kost. Es ist schön zu sehen, dass es nicht
wenige Leute gibt, die diese Art von Musik schätzen. Das Z7 war zwar
nicht ausverkauft aber sehr gut gefüllt. Nach der ausgiebigen
Verabschiedung und Vorstellung der Bandmitglieder gab es einen
geschmeidigen Ausklang mit weiteren Bildern von Lasse Hoile und
wummernder Begleitmusik. Die Herren haben sich wohl gesucht und
gefunden. Wilson spricht bereits von einer festen Bandkonstellation
und verspricht ein weiteres Album gefolgt von einer Tour. Neues
Material gab es sogar schon an diesem Abend zu hören. Ganz
grossartig!
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