Livereview: Steve Stevens - Gus G.

14. April 2017, Zürich – Plaza Club
By Rockslave
Die Ankündigung dieses Konzertes von Steve Stevens (Billy Idol, Atomic Playboys) einerseits und das Package als Solches, zusammen mit Axe-Man Gus G. (Firewind, Ozzy Osbourne) andererseits, war eher überraschend. Die gewählte Location, nämlich das Plaza in Zürich, war indes eine gute Wahl, was der rege Publikumsaufmarsch verdeutlichte. Zudem war dieser Event wieder einmal einer von denen, wo sich, mitunter bedingt durch Social Media (sprich Facebook) viele Leute untereinander kannten. Man kam kaum einen Meter weit, ohne dass Hände geschüttelt und Wangen gebusselt wurden. Obwohl die Schlange beim Einlass ordentlich lang war, schmuggelte ich mich frech vorne rein, weil ich ja noch meinen Fotopass abholen musste. Zu meiner Freude klappte es nicht nur mit der Akkreditierung, sondern es gab einen separaten Fotopass. Dazu kam, dass ich heute Abend meine neue Kamera dem allerersten Fronteinsatz unterzog und deshalb gespannt auf die ersten neuen Fotos war. Mein Standort ganz vorne rechts erwies sich dann in der Folge aber nicht als wirklich ideal, dafür war ich jedoch grundsätzlich nah am Geschehen dran. Unter dem Strich passte es also trotzdem.

Gus G. (zusammen mit James-Paul Luna und Melissa Bonny)
Normalerweise musiziert der flinke Grieche entweder bei seiner Stammband Firewind oder stand zuletzt ja in Diensten von Ozzy Osbourne, bevor die letzten Shows mit Black Sabbath stattgefunden haben. Angekündigt war ein Acoustic-Set, und darum sah man vor dem Konzert nicht viel mehr als zwei Barhocker mit je einem Mikrophon-Ständer davor. Gus und James-Paul brandete schon mal ein ordentlicher Begrüssungsapplaus entgegen, als sie von der Bar her kommend auf die Bühne stiegen. Danach wurde ein schönes Potpourri aus Solo-Songs von Gus (ab den Scheiben «I Am The Fire», 2014 und «Brand New Revolution», 2015), Tracks von Firewind und einem Cover des wohl den wenigsten Besuchern bekannten Black Sabbath Slow-Tune «Planet Caravan» (von «Paranoid», 1970) zum Besten gegeben. Neben dem akustisch überaus filigranen Spiel von Gus überzeugte auch sein Sidekick James-Paul Luna (Holy Grail) mit instrumentalen wie gesangstechnischen Fähigkeiten auf hohem Niveau. Beim Song «Burn» (kein Cover der Deep Purple Klassikers!) gab es noch Unterstützung durch die Schweizer Sängerin Melissa Bonny (Evenmore, Rage Of Light), die nicht nur optisch ein Hingucker war. Insgesamt war diese Performance als Paket ganz in Ordnung, aber der Oberburner war die Darbietung definitiv nicht. Über die Gesamtdistanz von gut vierzig Minuten schlich sich hinten raus gar etwas Langeweile ein. Dies manifestierte sich unter anderem durch lautstarkes Gequatsche vieler Leute. Gewisse Quasselstrippen gingen einem dabei total auf dem Sack, und ich frage mich auch anderenorts immer wieder, was das soll. Bleibt doch zu Hause oder geht raus, damit man drinnen zu mehr Hörgenuss kommt…, echt jetzt! Gerade bei einem akustischen Konzert ist das gegenüber den Musikern einfach nur respektlos! Highlight war für mich klar «The Temple Of The King», wo die akustische Fassung den eh schon ruhigen Song mit einem zusätzlichen Glanz überzog.

Setliste: «My Will Be Done» - «Burn» - «Just Can't Let Go» - «The Temple Of The King (Rainbow Cover)» - «World On Fire (Firewind Song)» - «Lady Of 1000 Sorrows (Firewind Song)» - «Planet Caravan (Cover Black Sabbath)» - «I Am the Fire».


Steve Stevens
Vollmundig angekündigt als „Grammy Award Winning Guitarist, Songwriter & Composer“ war den Kennern und Fans auch ohne das klar, dass hier einer grössten Gitarristen der 80er/90er anrückte. In erster Linie natürlich als unerlässlicher Partner von Billy Idol seit über drei Dekaden (mit einem Break in den 90ern, als Mark Younger-Smith seinen Platz einnahm) und Solo-Artist mit Atomic Playboys sowie der Zusammenarbeit mit Vince Neil (Mötley Crüe) auf dessen Solo-Dreher «Exposed» (1993). Des Weiteren gehört natürlich der Abschnitt mit dem verstorbenen „King Of Pop“ Michael Jackson dazu, wo sich Steve Stevens beim Song «Dirty Diana» (1987) mitunter auch videomässig unvergessen rein hängte, und so mit Eddie van Halen (Guitar-Solo bei «Beat It») und der späteren Tour-Gitarristin Jennifer Batten auf Augenhöhe gleichzog. Zudem war da eben noch das Grammy-Ding zum Filmsoundtrack zum Kino-Kassenschlager «Top Gun» (1986) und Credits zu einigen anderen Filmen. Darüber hinaus gehört Steve Stevens zur langsam aber sicher aussterbenden Spezies der letzten „Rockstars“, will heissen, dass er sein Markenzeichen von wegen den toupierten schwarzen Haaren und dem (kunst-?) ledernen Bühnenoutfit nach wie vor pflegt. Passend zum Ganzen lieferte Steve, kaum hatte er angefangen zu spielen, dann noch die Tour-Posse des Jahres ab! Als er nämlich in der vordersten Reihe einen werten Kollegen von mir (ich nenne jetzt keinen Namen, aber es weiss ja mittlerweile eh jeder, wer es war…) mit seinem Chickenfoot-Shirt erblickte, brachte das den Star-Gitarristen offensichtlich so aus der Fassung (O-Ton: „Steve Satriani würde es nicht so toll finden, während dem ganzen Konzert ein Shirt von mir anschauen zu müssen“!), dass er das zunächst etwas verwirrte Publikum allen Ernstes dazu aufforderte, dem Typen ein anderes Shirt, aber nicht zwingend eines von ihm zu besorgen. Da hinter meinem Kollegen zufälligerweise ein sichtlich „ältererer Fan“ stand, der sich gleich zwei Shirts übergezogen hatte und nun eines (natürlich mit Steve drauf!) abgab, verkam die Aktion, Gott (oder sonst wer) sei Dank nicht zur totalen Peinlichkeit.

Nach diesem in der Tat amüsanten Intermezzo stand zum Glück jedoch wieder oder besser gesagt nur noch die Musik im Vordergrund, und davon gab es anschliessend reichlich. Mit dabei auf der Bühne standen noch Gitarrist Ben Woods, Bassist Uriah Duffy (Whitesnake), Schlagzeuger Michael Bennett (Slash, Stevie Wonder, Bruno Mars) und Sänger/Keyboarder Franky Perez (Apocalyptica). Die vermeintlich wild zusammengewürfelte Truppe erwies sich neben dem Maestro alsbald sehr schlagkräftig, und so wurde einigen Phasen des Stevens‘schen Musikschaffens eine Frischzellenkur verpasst. Da fehlte somit weder «Dirty Diana», noch das eben erwähnte «Top Gun Anthem» und (zu wenig) Songs der Ära Idol wie der knackige Titeltrack «Atomic Playboys», der von den gut in Stimmung gebrachten Fans euphorisch abgefeiert wurde. Das schien auch den fast permanent rauchenden Saiten-Hexer zu beflügeln, der spätestens mit dem akustischen Meisterwerk «Flamenco.A.Go.Go» seine Vielseitigkeit und das technische Können unterstrich. Das anspruchsvolle Spiel auf einer Akustik-Gitarre ist weitaus schwerer als auf einer E-Guitar, und selbst wenn nicht 100% alles perfekt war, so ist die Fingerfertigkeit von Herrn Stevens schlichtweg grandios. Das gleiche Attribut galt der gut gelaunten Meute im Plaza Club, die beim Billy Idol-Classic «Rebel Yell» den erwarteten Siedepunkt erreichte. Der währte leider nicht so lange, da sich die Band gleich danach von der Bühne in Richtung Backstage verkrümelte und dafür wieder hinter dem Hauptbar-Tresen durchgehen musste. Dort verblieben die Musiker jedoch nicht lange und brachten zu dem abschliessenden beiden Zugaben noch Gus G. zurück auf die Bühne. Zusammen zockte das Ensemble die legendäre Hendrix-Nummer «Voodoo Child» und als letzte Zugabe das Led Zeppelin Monster «Whole Lotta Love», wo der ebenfalls reaktivierte James-Paul Luna seinem Bühnen-Buddy Franky Perez klar dessen Grenzen aufzeigte. Unter dem Strick war der Abend auf jeden Fall kultig, aber wie so oft haderte ich etwas mit der Setliste in Sachen (unnötige) Covers, wenn es daneben noch so viele geile eigene Alternativen gibt.

Setliste: «Crackdown» - «Day Of The Eagle» - (Michael Jackson Cover)» - «Hellcats Take The Highway» - «Cinecitta» - «Flamenco.A.Go.Go» - «Eyes Without A Face (Billy Idol Cover)» - «Guitar Solo Steve Stevens» - «Top Gun Anthem» - «Dazed And Confused (Led Zeppelin Version)» - «Atomic Playboys» - «Prime Mover» - «Rebel Yell (Cover Billy Idol)» -- «Voodoo Child (Slight Return, Cover Jimi Hendrix)» - «Whole Lotta Love» (Cover Led Zeppelin).