Nach der ersten
Ankündigung des Konzertes von Steve Vai lag mein Besuch in Zürich
eigentlich noch in weiter Ferne. Zum Glück konnte ich mein anfängliches
Zögern ablegen, denn sonst hätte ich wohl einen der eindrücklichsten Gigs des
ganzen bisherigen Jahres verpasst! Mein letzter Berührungspunkt mit
Mister Vai liegt bereits fünf Jahre zurück und betrifft das Album
«Sound Theories Vol. 1 und 2», das aufgrund der Aufnahmen mit einem
klassischen Orchester nicht gerade das ist, was täglich im CD-Player
anzutreffen ist. Seither hatte ich den charismatischen Klampfenmeister
und einstigen Schüler von Joe Satriani nicht mehr regelmässig auf dem
Sender. Selbst das neue Studio-Album «The Story Of Light» nahm ich
nicht wirklich wahr, dafür aber das Whitesnake Live-Album «Live At
Donington 1990», das nun nach über zwanzig Jahren Bootleg-Dasein doch
noch offiziell veröffentlicht wurde. Steve Vai und Adrian Vandenberg
waren seinerzeit das kongeniale Saiten-Duo, das dieser Tour mitunter
den Stempel aufdrückte. Bevor der einstige Zögling von Frank Zappa mit
seiner illustren Band im Komplex 457 auftrat, legte sein Bandmember
Dave Weiner einen kurzen wie kurzweiligen Akustikset hin.
Dave Weiner
Ein paar Kollegen
aus der Zunft der Konzert-Fotographen und meine Wenigkeit hielten
draussen im Foyer noch einen gemütlich Schwatz ab, als es gegen 19.40
Uhr im Saal drin los ging. Auf der Bühne war nur ein einzelner Musiker
mit Akustik-Gitarre und Hut zu sehen, der es sich auf einem Barhocker
gemütlich gemacht hatte. Dass es Dave war, erkannte ich zunächst nicht
und dachte zuerst an einen "normalen" Support-Act, denn eigentlich
hätte
ja Beverly McClellan auftreten sollen. Sie fiel jedoch
krankheitsbedingt aus. Locker lässig und vor allem vergleichsweise zart
und fein trug somit
der Begleiter des Maestros alleine ein paar Stücke vor, die teilweise
noch mit Gesang untermalt wurden. Das Ganze kam flüssig und filigran
zugleich daher und man merkte bald, dass der Junge auch hierbei ein
Meister seines Fachs war. Das zahlreich erschienene Publikum
antizipierte schnell und bedachte den talentierten jungen Mann mit weit
mehr als nur gelangweiltem Gefälligkeitsapplaus. Dieser bedankte sich
am Schluss artig und empfahl sich so eindringlich für den zweiten Teil
des Abends.
Steve Vai
Kurz nach 20.15 Uhr war es soweit und ein zunächst ziemlich
hippiemässig gekleideter Gitarrist (wiederum mit Hut!) betrat im Dunst
von langsam aufsteigendem Trockeneis die Bühne. Nach dem Intro folgten
mit «Racing The World» und «Velorum» sodann gleich mal zwei neue Songs
vom aktuellen Album «Story Of Light», die schon ordentlich Staub
aufwirbelten. Steve hatte dabei mit Kollege und Gitarrist Dave Weiner,
Harfen-spielerin/Keyboarderin Deborah Henson-Conant, Bassist Philip
Bynoe und Drummer Jeremy Colson eine ebenso hochkarätige Begleitband an
seiner Seite. Er selber spielte von Anfang an sehr virtuos und ging
völlig in seinem Spiel auf. Die Licks und Riffs, die er da am Laufmeter
raus haute, waren schlicht atemberaubend und nicht von dieser Welt.
Trotz des regelrechten Klangschwalls von gefühlt Millionen von Tönen
wurde die Angelegenheit nie langweilig, was auch an einigen
Zwischenparts und Soli lag, die mitunter von Jeremy und Deborah
abgehalten wurden. Gerade letztere vermochte ihrem Instrument ergänzend
interessante Nuancen bis hin zu voller Verzerrung entlocken und die
oben an der Harfe eingebaute Lichterkette verfehlte ihre Wirkung ebenso
wenig. Dies übertrug sich relativ schnell auf das zunehmend begeisterte
Publikum, das heute Abend in den Genuss einer unglaublichen Show kam.
Mehrheitlich war es aber so, dass man während den Songs gebannt der
Musik lauschte und sich der zustimmende Applaus jeweils am Ende
regelrecht entlud. Steve wirkte sehr gelöst wie freundlich zugleich und
erklärte zum Beispiel bei «The Moon And I» ausufernd, welche Geschichte
dahinter steckt. Überdies müssig zu erwähnen, dass auch die
Akustik-Session nur vom Feinsten war und keine Wünsch offen liess. Ein
zwischenzeitlicher Blick auf die Uhr offenbarte dann, dass nach dem töften Drum-Solo von Jeremy locker
zwei Stunden vorüber waren. Steve kehrte danach zur Überraschung aller
Fans optisch ziemlich verwandelt auf die Bühne zurück, da er eine Art
Weltraum-Ritterrüstung trug, die mit allerlei Lichteffekten (inklusive
einzelnen Laserpointern an den Fingern!) ausgestattet war. So wurde
«The Ultra Zone» zum Besten gegeben, was für eine geile Show!
Als die Marke schliesslich bei fast zweieinhalb Stunden lag, war der
Moment von «Build Me A Song» gekommen. Steve wies nun die Security an,
dass spontan ein Bursche und ein Mädel aus dem Publikum heraus zunächst
mal auf die Bühne geholt werden. Dort angekommen, erklärte er den zwei
vorerst verdutzt dreinblickenden Guests, dass sie nun zusammen mit ihm
und unmittelbar einen "neuen Song" komponieren würden. Als Erste musste
das Mädel ran, die am Anfang zwar nicht recht wusste, wie ihr geschieht
und brachte dann "singend" doch noch ein paar Töne heraus, die Steve
auf der Gitarre nachspielte. Darauf schlug die Stunde des jungen
Musiklehrers aus Süddeutschland, als feststand, dass dieser E-Gitarre
spielen kann. Kurzerhand übergab ihm Dave Weiner seine Gitarre und nach
einer kurzen Anweisung von Steve an die Band, spielte das neu gebildete
6-Saiten-Quartett (Philip Bynoe spielte ja einen 6-String Bass!) einige
flotte Takte, wobei der talentierte Gast mit eigenem respektablem
Können auftrumpfte und so für ein paar unvergessliche Momente aller
Beteiligten sorgte. Meine Wenigkeit, mitten im Saal stehend,
realisierte die aussergewöhnliche Situation zum Glück und mit dem
eilends gezückten Tele wurde die kultige Szenerie abgeknipst, was das Zeug hielt.
Diese Fotos zieren mittlerweile bereits eine eigene Facebook-Seite
eines gewissen K. M. aus W! Nach dieser unerwarteten Einlage setzte
Steve Vai mit «For The Love Of God» den Schlusspunkt unter einen
schlicht grandiosen Konzert-abend, der insgesamt fast drei Stunden
dauerte! Schön, dass man heuer sowas noch erleben darf und nicht wenige
Leute, wenn nicht gar die Überzahl, machten sich, im positiven Sinne,
total geplättet auf den Heimweg.
Setliste: «Intro» - «Racing The World» - «Velorum» - «Band
Introduction» - «Building The Church» - «Tender Surrender» - «Gravity
Storm» - «Dave Solo» - «Weeping China Doll» - «Answers» - «The Moon And
I» - «The Animal» - «Whispering A Prayer» - «The Audience Is Listening»
- «Deborah Solo» - «Rescue Me Or Bury Me (acoustic)» - «Sisters
(acoustic)» - «Treasure Island (with The Beast)» - «Salamanders In The
Sun (acoustic)» - «Pusa Road (acoustic)» - «Drum Solo» - «The Ultra
Zone» - «Frank» - «Build Me A Song» -- «For The Love Of God».
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