Für mich war es eine Premiere. Beide Bands hatte ich bis anhin
noch nie live erleben dürfen, daher war ich recht gespannt, was da
wohl auf mich zukommen würde. Circa 1100 Leute hatte es an diesem
Abend ins Volkshaus getrieben. Seit 100 Jahren ist der Ort eine
feste Grösse in Zürich. Der Theatersaal mit seiner hübschen Galerie
und dem besonderen Flair gehört zu meinen Lieblings-Venues, und ich
habe das Gefühl, es kann dort spielen wer will, die Stimmung ist
immer sehr gut und aussergewöhnlich. Heute im Angebot für 55.00
Steine: Stone Sour, inkl. Support-Häppchen: Hellyeah! - der von
Vinnie Paul (Pantera) im Jahre 2006 gegründeten so genannten
Metal-Supergroup. Es gab keine zusätzliche Gastband, obwohl dies
auf der Eintrittskarte zu lesen war. Glück gehabt, denn ich dachte
zuerst schon, ich hätte was verpasst...
Hellyeah
Nachdem mich 3 (!) Security-Männer mit recht viel Mühe vom
Absperrgitter, welches Bühne und Publikum trennt, abgekratzt hatten,
konnte ich wenigstens ein paar vernünftige Fotos vom Opener
schiessen. Holy Moly!! Da kam ein plötzlicher Gegenwind, dem musste
man erst mal standhalten können! Die Herren Hellyeah schalteten
schon mit den ersten 3 Tönen in den 6. Gang hoch und beschleunigten
in 1 Sekunde von 0 auf 400. Ich musste mich erst mal sammeln,
richten und die Nase nach-pudern. „Heute Abend sind
wir alle
Freunde, wir sind eine Familie“, verkündete Chad Gray und erklärte,
dass er vom „Fangetue“ nicht viel halte. Mit Brüllen, Kreischen und
manchmal auch Singen füllt der Shouter (auch bekannt durch die Band Mudvayne) die 40 Minuten der zur Verfügung gestellten Spielzeit in
der auch die restlichen „4 Cowboys“ auf die Zuhörer kompromisslos
einprügelten. Sinn und Zweck der Band ist es, einfach nur Spass zu
haben. Prollige Songtexte („Drinking beer smoking weed ya getcha’
hellyeah/Gotta bruised attitude ya getcha’ hellyeah/Think you’re
fuckin’ with this well hell no/Balls, volume, strength getcha’ come
on“), Double-Bass Triolen im Stile von Pantera, ein harter Sound und
Schreiattacken prägten durchweg das Bild. Somit ist das Publikum
erst mal wachgeschüttelt und aufmerksam und bereit für den Haupt-Act.
Man bedankt sich bei Stone Sour für die Unterstützung und verspricht
bald wieder auf Schweizer Bühnen zu rebellieren.
Stone Sour
Wow, das macht richtig Freude und erzeugt Gänsehaut - an jeder Stelle
am menschlichen Körper. Das recht junge Publikum, durchschnittlich
25 Jahre alt, schrie sich schon die Seele aus dem Leib, da war der
Haupt-Act noch nicht mal auf der Bühne. Das nennt man mal eine
solide Fanbase, wo das Schweizer Publikum doch eher zurückhaltend
ist! Davon merkte man an diesem Abend rein gar nichts. So gehört
sich das. Ehrlich gesagt war ich mit gemischten Gefühlen gekommen,
da mich das neue Album von Stone Sour (noch) nicht gerade aus den
Socken haut, aber was ich da live geboten bekam, war für mich eine
unglaubliche Überraschung und eine qualitativ hochwertige
Live-Darbietung und zwar was Beides, Sound und Bühnenerscheinung betrifft.
Corey Taylor, der auch für Slipnot am Mikrofon steht, geniesst
sichtlich von Anfang an die Reaktion der Leute und steht schon beim
2. Song kopfschüttelnd, fast ein wenig fassungslos am Bühnenrand und
grinst sich einen ab. Manche Sänger schaffen es noch nicht mal
spätestens zur Zugabe den Draht zum Publikum aufzubauen, Corey
Taylor ist schon beim Betreten der Bühne „Eins“ mit den Leuten da
unten. Sind wir doch alle froh, dass man die Band nach einer
längeren Stilllegung (1992-1997) Gott sei Dank wiederbelebt hat. Der
kommerzielle eher pop-rockige Hit „Through Glass“ darf natürlich
nicht fehlen und wird mit viel Gefühl vorgetragen. Nun, Corey ist
vielfältig und somit der lebende Beweis dafür, dass man druckvolle
Songs wie „Reborn“ oder „Get Inside“ auch mit schnittiger
Kurzhaarfrisur als „dreckige Frontsau“ rüberbringen kann. Sicher wie
das Amen in der Kirche: Live haben Stone Sour mich voll überzeugt
und ich werde mir das aktuelle Album „Audio Secrecy“ ganz bestimmt
nochmals in Ruhe zu Gemüte führen und wahrscheinlich nun aus einer
anderen Perspektive aufnehmen können.
Setlist Stone Sour: Mission Statement, Reborn, Made Of Scars, Say
You`ll Haunt Me, Unfinished, Let`s Be Honest, Your God, Bother,
Through Glass, Digital (Did You Tell) Get Inside.
Zugabe: The Bitter End, Hell & Consequences, 30/30-150
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