Livereview: Stratovarius - Symphony X - Thunderstone
12.4.2003 Z7
By Rockslave
Als diese Tour letztes Jahr angekündigt wurde, staunte man, dass gleich zwei Tage hintereinander bestätigt wurden! Solches kommt in der Schweiz, wenn überhaupt, sehr selten und wenn doch, dann höchstens bei ganz grossen Acts vor. Das liegt aber auch schon eine ganze Weile zurück. Auf der anderen Seite musste man aber attestieren, dass die letzten Konzerte von Stratovarius immer sehr gut besucht waren. Aber ob es für ein doppeltes "Sold out" reichen würde? Nun, nicht ganz, denn das gestrige Konzert war klar nicht ausverkauft, wennauch ausreichend bevölkert. Die ersten Reaktionen aus Gesprächen mit Fans, die gestern schon am Konzert waren, gingen in die Richtung, dass die Support-Acts Thunderstone und Symphony X im Wesentlichen besser weg kamen als der Headliner. Wie repräsentativ das ist, musste jeder für sich selber entscheiden, der auch heute Abend anwesend war. Auf dem Papier versprach dieses Package auf jeden Fall ein Besonderes zu werden, zumal man stilistisch ja nicht allzu weit auseinander liegt. Wer würde zuletzt also die Nase vorn haben? Zuerst relativ schnell "ausverkauft", tauchte am Vortag unvermittelt und überraschend die Nachricht auf, dass an der Abendkasse noch 150 Tickets bereit liegen sollen! Diejenigen, die ohne Ticket (und Unkenntnis der Lage) nach Pratteln gereist waren, konnten das Problem zu ihrem Glück schnell aus dem Weg räumen und die anderen paar "Normalos", die dachten, sie könnten heute Abend mit dem Ticketverkauf grosse Kohle mit uns Metal Heads machen, guckten in die Röhre.


Thunderstone eröffneten den Konzertabend pünktlich um 20.00 Uhr im bereits gut gefüllten Z7 mit ihrem melodiösen Powersound ab der selbstbetitelten Debüt-CD, die letztes Jahr sehr gute Kritiken einheimsen konnte. Die Medien sprachen gar vom "Newcomer des Jahres 2002". Die Band legte sich von Anfang voll ins Zeug und liess schnell erkennen, dass hier keine Anfänger auf der Bühne standen. Trotzdem waren die Reaktionen in der Halle überraschenderweise flau, was aber nicht ausschliesslich an der Darbietung der Band lag. Am Vortag soll das nicht so gewesen sein. Heute Abend hatte ich aber den Eindruck, dass die Umsetzung ihrer voluminösen Musik von der CD auf die Bühne Schwächen zeigte. Ein Umstand, der zum Beispiel bei Dream Theater kein Thema ist. Vor allem den Vocals von Pasi Rantanen fehlte die nötige Power, sich neben seinen Kollegen behaupten können. Daneben vermisste ich die Ausgewogenheit im Allgemeinen. Will heissen, dass der Gesamtsound, statt transparent und druckvoll, insgesamt eher etwas matschig war. Nichts desto Trotz sah ich einen guten Auftritt und Thunderstone haben eine echte Chance sich zu etablieren, wenn sie weiter solche Songs mit Ohrwurmqualität schreiben. Die voll abgehenden Fans in den ersten Reihen sahen das sicher auch so.

Kurz nachdem Symphony X die Bühne enterten, konnte ich mein Interview mit Thunderstone abhalten. Somit bekam ich den ersten Teil des Auftritts nicht direkt mit, aber im Kabäuschen oben rechts über der Bühne war das Gebretter auch bei geschlossenem Fenster und der eingeschnappten Türe noch deutlich zu hören. Die Amis, die mit ihrem neuen Album "The Odyssey" unterwegs waren, klangen jedoch auch von Weitem eher hart und kantig. Der Rest des Konzertes, den ich dann noch in der Menge stehend sah, hinterliess bei mir einen etwas zwiespältigen Eindruck. Entweder man mag diese Band, oder eben nicht. Das neue Material ist zwar weit griffiger als früher ausgefallen, als noch mehr klassisch symphonische Elemente den Sound ausmachten. Nichts desto Trotz gelang es der agilen Band, die Fans aus der Reserve zu locken, denn der Lärmpegel stieg ständig. Unter dem Strich kann ich dem letzten Studiomaterial dennoch deutlich mehr abgewinnen als der Live-Performance. Dieser Eindruck ist aber eher auf mich, denn auf die ordentlich mitgehenden Fans gemünzt, die offenbar auch einige der älteren Nummern kannten und lautstark abfeierten.

Nach der Umbaupause, in der echt ätzendes Material ab Konserve gespielt wurde, fiel der grosse schwarze Vorhang mit dem Lilienzeichen erlösend nach unten und die in diesem Genre, neben Hammerfall und Nightwish, zur Zeit erfolgreichste Band begann mit dem zweiten Set an gleicher Stätte. Gleich zu Beginn zischten die obligaten Pyros nach oben und mein Blick ging gleich mit. Der Horror von Rhode Island mit Great White war noch voll präsent. Doch im Z7 hat es im Bühnenbereich zum Glück kaum brennbares Material im Bereich der Pyros. Der Sound klingt roh, laut und die voll abgehende Meute ebenso. Tolkki und Co. sind nach kontinuierlicher Aufbauarbeit der letzten Jahre die unbestrittenen Könige des melodischen Power Metals. Die eingespielte Truppe weiss genau, was die Fans wünschen und das bekommen diese auch. Dazu gehören natürlich Smasher wie "Kiss of Judas" or "Hunting high and low". Aber auch die Songs vom neuen Silberling "Elements Pt. 1" wurden begeistert aufgenommen. Die Mischung zwischen ultraschnellen Nackenbrechern und riffigen Midtempo-Krachern ist das richtige Rezept, um alle Geschmäcker zu befriedigen und nicht einseitig zu klingen. Dazwischen gingen weitere Pyros hoch und ein grosser Beamer beim Mischpult zauberte surreale Welten auf das Backdrop hinter Drummer Jörg Michael, der inzwischen unabdingbar für die Power der Band ist. Er erinnert mich diesbezüglich an Mikkey Dee, ohne den Motörhead längst einpacken könnten. Überhaupt stehen alles Könner ihres Fachs auf der Bühne. Timo Tolkki, der rein äusserlich aufgrund seiner unübersehbaren Pfunde vielleicht etwas behäbig wirkt, sorgte für tonnenschwere Riffs, wie Licks und Soli vom Feinsten. Er beherrscht auch die anspruchsvolle Kunst, als einzelner Gitarrist in einer Metal Band keine Soundlöcher entstehen zu lassen. Kult-Keyboarder Jens Johansson präsentierte sein Instrument derweil eigenwillig nach unten orientiert und flitzte wie ein Derwisch über die Tasten. Basser Jari Kainulainen lieferte zusammen mit Jörg Michael einen soliden Rhythmus-Teppich, während der athletische Sänger Timo Kotipelto, körperlich top fit, ebenso nichts anbrennen liess. Das Package Stratovarius stimmt, die Band ist eine Einheit, die sehr tight und sicher rüber kommt. Der einzige Doppelauftritt dieser Tour kann mit Sicherheit als Erfolg verbucht werden. Für die Band, wieauch die zahlreich aufmarschierten Fans, von denen sich einige beide Abende reinzogen und einer gar mit dem fetten blauen Streifen quer im Gesicht daher kam. So muss ein Metal Konzert sein: volle Hütte, gute Stimmung und eine Top Band!

Set-Liste: "Eagleheart", "Find your own voice", "Kiss of Judas", "Speed of light", "Soul of a vagabond", "Destiny/Fantasia", "Father  time", "Medley (Fright night-The hands of time-We are the future-Tears of ice-We hold the key)", "Forever", "Stratofortress", "Elements", "Will the sun rise?", "Season of change", "Paradise", "Hunting high and low", "Black diamond".