Dass wir Schweizer immer wieder mal unseren Unmut über die
deutsche Einwanderungswelle kundtun, das dürfte jedem irgendwie
bekannt sein und zuweilen auch gerechtfertigt erscheinen. Doch es
gibt auch Ausnahmesituationen, und so mokierte sich definitiv
niemand darüber, dass an einem wunderschönen Freitag Abend im Z7 die
Deutschen quasi ein Heimspiel hatten, denn alle Bands kamen aus
unserem nördlichen Nachbarstaat, um die Halle zum Beben und eine
hervorragende Show abzuliefern. Aber alles der Reihe nach…
End Of Green
Wie in meiner Rezension zur aktuellen Platte „The Sick’s Sense“
angesprochen, hatte sich der Sound in eine (für mich) deutlich
kommerziellere Richtung verschoben, ergo war ich nun gespannt, wie
sich dies auf die Show auswirken würde. Ohne jegliches Vorspiel in
Form einer Begrüssung oder eines Intros standen plötzlich die Jungs
auf den Brettern und legten mit „Dead City Lights“ los. Überraschend
viele Besucher schienen dem Sound nicht abgeneigt zu sein und
pfiffen und klatschten nach jedem Stück ausgiebig. Monsignore
Darkness hatte entweder schon ein bisschen einen im Tee oder war
sonst wie nicht wirklich fit, wirkte er doch etwas sperrig in seinen
Bewegungen und veränderte doch spontan gewisse Gesangslinien in die
tieferen Etagen, was beileibe nicht schlecht tönte aber trotzdem
auffiel. Zudem sang er die Zeilen bei „Drink Myself To Sleep“
effektiv so, als wäre er schon soweit wie in besagtem Song.
HIM-mässig zündete er sich bei „She’s Wild“ eine Zigarette an,
lehnte sich lässig gegen den Mikroständer, was etwas Atmosphäre
erzeugte und auch Bewegung ins Spiel brachte. Gegen Ende des Sets
wurden die Schreigesang-Ansätze, bereits bekannt aus „The Sickness
Crown“, vermehrt angewendet, was sich zwar ungewohnt, aber dennoch
gut anhörte. Routiniert und professionell zockten die Jungs ihr Set
runter, das vornehmlich aus den letzten drei Alben zusammengesetzt
war, wenngleich auch „Highway 69“ nicht fehlen durfte. Zwischen den
Songs bedankte sich Michelle Darkness artig beim Publikum, sagte
aber sonst nichts weiter und machte keine Ansagen. Der Sound war zu
diesem Zeitpunkt noch ganz in Ordnung, und nach einer wirklich sehr
kurzen Umbaupause ging es weiter mit…
Crematory
Diese Jungs und das Mädel hinterm Keyboard hatten nur auf den
Startschuss gewartet und stürmten regelrecht die Bühne. Nach dem
Klassiker „Fly“ wurde das Publikum von Sänger und Frontgrunzer Felix
fröhlich begrüsst, es wurde nach dem Befinden gefragt und ob die
Leute zum Feiern bereit seien. Diese Frage war mehr als nur
rhetorischer Natur, denn obgleich die Halle nur ca. dreiviertel voll
war, so waren doch die Meisten wegen Crematory erschienen, und das
zeigten sie auch: Klatschen, Pfeifen, Mitgröhlen, Jubeln, alles war
vorhanden. Klassiker wie „Tears Of Time“ oder „The Fallen“ (mit
einer gelungenen Abwechslung seitens des Gitarristen, der spontan
die Solo-Parts abänderte) wurden genauso euphorisch abgefeiert wie
neuere Stücke vom „Klagebilder“-Album „Höllenbrand“ oder kein „Kein
Liebeslied“ und natürlich auch die neue Hymne der Band, „Pray“. Dass
die Soundtechnik schnitzerte, konnte am Kommentar von Felix
entnommen werden, der vor „Pray“ meinte, dass sie jetzt darum
beteten, dass die Gitarre funktionierte. Nach einer Weile wurden
offenbar in den vordersten Reihen die Rufe nach „Ausziehen,
ausziehen!“ skandiert, was Felix nur mit „Das wollt ihr nicht
wirklich sehen!“ kommentierte und danach gleich den Aufruf übernahm
und scherzhaft die Dame an den Keys, Katrin, zum Strippen
aufforderte. Pech nur, dass dieser Job schon der Bassist übernommen
hatte und plötzlich oben ohne dastand. Mit exakt dieser gutgelaunten
Stimmung bewegten sich Crematory mit traumwandlerischer Sicherheit
durch ihr gesamtes Set, das (zu meinem Bedauern) sich meistens an
den neueren Stücken zusammensetzte und Klassiker wie „I Never Die“
oder „Moonlight“ vermissen liess, was aber der Gesamtstimmung keinen
Abbruch tat. Man spürte bis in den letzten Winkel des Z7, dass
hierbei eine unbändige Spielfreude vorherrschte und keine Seele
unberührt liess. Nach einer Solo-Gesangseinlage des Leadgitarristen
und den Abbauarbeiten, wobei man die Tochter von Katrin und Markus (Drums)
auch zu Gesicht bekam, wie sie liebevoll von Felix auf den Arm
gehoben wurde. Dies alles zeigte mehr als deutlich, dass Crematory
mehr denn je als Einheit zu Werke gehen und sich auch als solche
verstehen, und dass sich die Mitglieder auch familiär sehr nahe
stehen, was der ganzen Geschichte einen sentimentalen Touch gibt.
Nach einer ein bisschen längeren Umbauphase war es dann Zeit für…
Subway To Sally
Mit Pyros eröffneten die sympathischen Jungs und das relativ leicht
gekleidete Mädel an der Geige ihre Show. Eric Fish war von Anfang an
Feuer und Flamme und begrüsste das Publikum, dessen Zuschauerzahlen
nur leicht in die Höhe geschnellt war. Auch dem Rest der Band war
deutlich anzumerken, dass sie den Auftritt genossen, und so wurden
Klassiker wie das „Knochenschiff“ auch sehr engagiert vorgetragen.
Der Einsatz mittelalterlicher sowie neuzeitlicherer Instrumente,
darunter eine doppel- und auch eine dreihälsige Gitarre, war gezielt
und der Stimmung äusserst dienlich, auch die Pyroshow inklusive
Feuerspucken kam sehr gut an. Überhaupt tanzten, sangen und spielten
sich Subway To Sally durch ihr Set, als gäbe es kein Morgen mehr,
und ihrer Spielfreude sowie ihrem Enthusiasmus konnte man sich kaum
entziehen. Dazu liefen auf der Leinwand im Hintergund immer wieder
Bildershows ab, und das Bild der aktuellen „Bastard“-Scheibe kam
zwischendurch zum Einsatz. Was sich soundtechnisch bei Crematory
angekündigt hatte, kam bei Subway To Sally leider vollends zum
Ausbruch: Die Instrumente waren teilweise im Soundbrei nicht mehr
von einander zu unterscheiden (zum Glück war dies nicht ständig so),
und das Dröhnen des Basses übertönte zeitweise auch die anderen
Instrumente. Aber mal abgesehen davon funktionierte alles
reibungslos, und mit dem Abgang dieser Truppe ging ein sehr schönes
Konzerterlebnis zu Ende.
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