Livereview: Suffocation - Cephalic Carnage - Havok - Fallujah

07. Juni 2013, Aarau - Kiff
By Natalia N.
Am 7. Juni 2013 fand ein Event im Kiff in Aarau statt, welcher ohne Zweifel von allen Fans der Death Metal-Szene mit Spannung erwartet wurde. In die Schweiz kamen Suffocation aus New York, die so genannten legendären „Würger“, die man neben Cannibal Corpse, Obituary, Malevolent Creation und Morbid Angel zu den Gründern dieses Genres in den U.S.A. zählt.

Die Musiker zeichneten sich dadurch aus, dass sie immer auf der Suche nach nicht ordinären kompositorischen Lösungen, im Rahmen ihrer extremen Brutal Death Metal-Richtung waren. Ausserdem können in technischer Hinsicht wahrscheinlich nur Immolation mit Suffocation konkurrieren. 2013 erreichten Suffocation ein neues Niveau, indem sie das tolle Album «Pinnacle Of Bedlam» veröffentlicht haben. Die Hauptaugenmerk dieser Tournee war aber die Tatsache, dass Frank Mullen, der legendäre Sänger der Gruppe (der aus persönlichen Gründen nicht dabei sein konnte), von John Gallagher von Dying Fetus vertreten wurde. Die Support-Slots waren auf dieser Tournee ebefalls sehr stark. Erstens waren Cephalic Carnage dabei, der so genannte Grind Deathcore “Abartling“ aus Colorado, deren Alben wahre Fundgruben von unerwarteten Experimenten sind. Zweitens trugen auch Havok, einer der Leader der neuen Thrash Metal-Welle, dazu bei. Ausserdem konnte man auch noch mit der Progressive/Technical Death Metal/Deathcore Gruppe Fallujah aus San Francisco Bekanntschaft machen und die Schweizer Oral Fistfuck rundeten das Ganze ab.

Fallujah
Ich muss zugeben, dass ich zum ersten Mal im Kiff in Aarau war. Deswegen hatte ich nicht gerade den besten Weg zu diesem Ort ausgewählt. Demzufolge versäumte ich den Auftritt von Oral Fistfuck. Der Club an sich gefiel mir, denn der ziemlich kleine Raum hat eine nicht mal so schlechte Akustik und ist in technischer Hinsicht sehr gut eingerichtet. Die Bar befindet sich vor dem Ausgang, was sehr bequem ist. Wie geplant, kamen die Musiker von Fallujah um 20.10 Uhr auf die Bühne. Der Bandname stammt von einer irakischen Stadt, in welcher die härtesten Kämpfe der amerikanischen Armee ausgetragen worden sind. Man fing mit einem sehr schönen, neoklassischen Intro an. In der Location war es noch ziemlich leer, denn die meisten Besucher genossen den warmen Abend erst einmal vor dem Club-Eingang. Der Sänger Alex Hofmann bat das spärlich versammelte Publikum etwas näher zu kommen, indem er sagte, dass sie es in Amerika daran gewöhnt waren, dass die Zuhörer jeweils ganz nah an der Bühne standen. Die Band hat bisher erst ein Album mit dem Titel «The Harvest Wombs» heraus gebracht und veröffentlichte kürzlich die interessante EP «Nomadic». Zweifellos haben die Jungs ziemlich gute Chancen, zu Favoriten von Fans der progressiven Metalszene zu werden. Einen besonders guten Eindruck hinterliess der Gitarrist Scott Carstairs, auf mich, der technisch sehr schwierige Stücke spielte. Nach einer halben Stunde verliessen die Musiker die Bühne.


Havok
Kurz vor neun Uhr abends konnte man beobachten, wie einer nach dem anderen von Havok die Bühne betrat. Etwa zehn Minuten brauchten sie, um die Instrumente einzustellen, einzustimmen und etwa um 21.00 Uhr begannen sie ihren Auftritt. Schon seit langer Zeit wollte ich mir diese hochtalentierten Jungs ansehen, die so gut old school Thrash mit modernen Einflüssen in ihrem Schaffen kombinieren. 2007 fingen sie als Nachahmer von Metallica an, indem sie die EP «Pawn 'Em All» heraus gaben. Ziemlich schnell schufen sie sich aber ihr eigenes Image, wozu der hochbegabte Drummer namens Pete Webber im Grossen und Ganzen beitrug. Als Intro wurde eine musikalische Komposition ausgewählt, die einem Indianertanz glich. Dadurch unterstrichen sie ihre amerikanische Herkunft. Als die Band «Covering Fire» spielte, bemerkte ich, dass die Bassgitarren-Parts besonders klar und technisch perfekt klangen, was früher nicht einmal auf der Tonaufnahme zu spüren war. Wie sich heraus stellte, war der neue Bassist Michael Leon mit von der Partie, welcher auch bei der Aufnahme des neuen Albums «Selection» mitwirkte, dessen Release auf Ende Juni geplant ist. Da hat die Truppe aus Colorado einen sehr guten Musiker rekrutiert. In der Mitte des Auftrittes führten die Amis den neuen Song «Unnatural Selection» auf, wovon David Sanchez, Sänger und Rhythmus-Gitarrist mit vollem lateinamerikanischen Haarschopf, dem Publikum mehr erzählte. Er bat die Fans im Kiff einen Moshpit zu starten und diese stiegen, ohne zu zögern, gleich darauf ein. Man bekam so den nötigen Reiz des erfrischenden Thrash Metals zu spüren! Uns bleibt nur Eines - Mit viel Freude das neue Album zu geniessen. Havok beendeten ihren Auftritt mit einer guten, alten Komposition, die den Titel des Vorgänger-Albums trägt. «Time Is Up». Zuvor erzählte David auf philosophische Art und Weise davon, dass man jeden Tag aufsteht und die Zeit verschwendet.

Cephalic Carnage
Nur zehn Minuten nachdem Havok die Bühne verlassen hatten, war alles bereit für den Auftritt von Cephalic Carnage. Die Musik dieser Band ist hinsichtlich der rhythmischen Struktur so schwierig, dass diese nicht alle gleich gut ertragen können. Fusion-Jazz Bass-Parts, vermischt mit Grind-Drang wie bei Napalm Death, ist nicht so leicht wahrzunehmen. Doch die Musiker selbst verzogen dazu keine ernsten Mienen. Im Gegenteil, sie waren sehr humorvoll. Ihr Auftritt war einer der lustigsten von denen, die ich heute gesehen habe. Die Jungs zeigten nicht nur ihr meisterhaftes Niveau, sondern bemühten sich auch, das Publikum zu animieren. Nach dem Lied «Endless Cycle Of Violence» sagte Sänger Lenzig Leal, dass man gleich die Dämongestalt mit rauchenden Flügeln, die er einmal am Morgen gesehen hatte, sieht. Diese "Dämonen-Erscheinung" war auffällig, aber sehr kurz. Nur etwa 30 Sekunden dauerte die Komposition «P.G.A.D.» vom neuen Album. Dies war der Höhepunkt der Aggression! Lenzig nahm den Kontakt mit dem Zuschauern im Raum sehr gut auf. Er beschloss, den kommenden Auftritt von «Suffocation» zu unterstützen und bat das Publikum, die Veteranen mit Flüsterstimme zu rufen. Für ein paar Minuten breitete sich Schweigen im Saal aus und man hörte nur, wie alle flüsternd das bekannte «Suffo» riefen. Als besonders engagiert erwies sich Bassist Schendzielos (der sonst auch bei Job For A Cowboy die tiefen Saiten zupft), der am Ende des Auftritts von den Bühne in den Zuschauerraum hinunter stieg und da weiter spielte. Der richtige Spass erwartete die Fans jedoch erst am Ende, als Cephalic Carnage das ironische Lied «Black Metal Sabbath» sangen. Leal zog Schutzärmel mit Stacheln an und setzte eine Maske auf, die dem Black Metal Corpsepaint ähnlich sah. Der Bassist setzte eine Pferdekopf Gummimaske auf, und auch die anderen machten bei dieser Maskerade mit. Die Musiker zogen sich zu Country Musik mit Kuhgebrüll um! Danach veranstalteten sie mit dieser Maskarade einen richtigen Reibach..., anders konnte man es nicht bezeichnen, denn ich hatte noch nie Musiker gesehen, die noch verrückter wirkten!

Suffocation
Nachdem die "Irren" von Cephalic Carnage die Bühne verlassen hatten, wurde diese mit einem schwarzen Vorhang verdeckt, so dass die Musiker von Suffocation ihre Instrumente in Ruhe einstimmen konnten. Das Stoffstück fiel wie geplant um 22:40 Uhr zu Boden. Zu diesem Zeitpunkt war das Kiff ziemlich voll. Die Fans begrüssten die Band frenetisch, welche ihren Auftritt ohne überflüssiges Vorspiel und dadurch hart und ernst anfingen. Harte Stimmung war gleich vom ersten Song «Thrones Of Blood» an zu spüren. Vor uns traten also Suffocation mit dem Sänger von Dying Fetus auf. Noch vor der Tournee äusserte Gallagher seine Meinung während eines Interviews: "Ich bin sehr froh, gemeinsam mit meinen Freunden und Metal-Brüdern von Suffocation auf einer Bühne zu stehen. Es wird bombenmässig, und da ich nur singen kann, klingt meine Stimme entrückt und guttural“. Gallagher ist in seiner Band auch als Gitarrist tätig und hier hat er nun einmal die Möglichkeit, seine Aufmerksamkeit ganz den Growl-Parts zu widmen. Ich muss zugeben, dass seine Stimme live sehr stark und laut daher kam, aber irgendwie fehlte ihm die Anziehungskraft, die Frank Mullen besitzt. Mullen trat etwas einem Bühnenkomiker gleich auf, während dessen Gallagher "bloss" ein Musiker ist, wenn auch auf einem hohen Niveau. Er versuchte das Publikum mit einzubeziehen, in dem er ab und zu ziemlich klassische Sprüche wie zum Beispiel «Fuck off mainstream!» oder «I want to hear your scream!» heraus schrie. Aber ich kann ihn nur loben, denn dank ihm konnten wir uns die bekannte Band Suffocation anhören! Man sah gleich, dass die Band hingebungsvoll arbeitet und man liess nichts aus. Es sind zwei Gitarristen in der Band und für das Schlagzeug ist immer noch Dave Culross von Malevolent Creation zuständig. Was braucht man denn noch, um das Publikum zur Begeisterung zu bringen? Der Terrance Hobbs, einer der Bandgründer, warf mit seiner tollen Technik alle um. Der klassische Death-Drummer Culross ermöglichte heftiges Blast-Spiel. Das blonde Biest, Bassist Derek Boyer, hielt seine lange Bassgitarre vertikal und ziemlich oft liess er sie auf den Boden sinken, wodurch er schwere, tiefe Basstöne zu erzeugen vermochte. Im Sound von Suffocation spielten Bassläufe immer eine grosse Rolle und sie zeichnen sich durch ihre Kniffligkeit aus. In diesem Sinne war mein Lieblingssong «Funeral Inception» sehr beispielhaft, was auch während des Konzertes zu hören war. Natürlich hatte die Gruppe auch neues Material gespielt, welches sehr gut vom Publikum aufgenommen wurde. Da muss man sich nicht wundern, denn meiner Meinung nach wird «Pinnacle Of Bedlam» zu den besten Alben dieses Genres in diesem Jahr gehören. Also haben sogar die Pioniere noch Pulver in den Hörnern wie Interesse an der Arbeit mit dem Stil, den sie in der Vergangenheit selbst erfunden haben. Die Abwesenheit des ursprünglichen Sängers war nicht so schlimm, auch dank dem Geist der 90er und der Bemühung des Ersatzsängers. Bleibt zu hoffen, dass es uns irgendwann gelingt, die Gruppe erstens in ihrem ursprünglichen Line-Up und zweitens vielleicht auch mit den beiden schwarzen Bandmembers, wie zu ihren goldigen Zeiten, zu sehen.