Hier in Mitteleuropa ist es eine Legende. Das Festival auf der
anderen Seite der Ostsee. Ein Festival, wo man sich von Rock bis
Black Metal alles rein ziehen kann. Wo die Menschen offen und
Kontaktfreudig sind. In einem fernen Land, wo die Sonne im
Sommer nicht so richtig untergeht, dafür will sie im Winter
partout nicht rauskommen. Wo man den Frauen nachsagt, dass sehr
viele von ihnen blond und freizügig sind. Alkohol und Tabak sollen
teuer sein, und trotzdem saufen und feiern alle, als gäbe es kein
Morgen mehr. Solch ein Land gibt es tatsächlich. Es heisst Schweden
und das besagte Festival wird ganz im Süden veranstaltet. Ungefähr
500 Meter von der Ostseeküste gelegen, stieg auch heuer eine weitere
Ausgabe des «Sweden Rock Festivals». Was es da so zu erleben gab,
erfahrt Ihr nun...
Mittwoch 03.06.2009
Wegen diversen Verzögerungen im Transfer von der Schweiz bis ans
Festival war es mir leider nicht vergönnt, das Programm von Anfang
an zu sehen. Die Bands Innocent Rosie, Tracenine und Deathstars
verpasste ich komplett. Torch hörte ich beim Ankommen, und endlich
konnte ich bei Hysterica dann sogar einen Blick abbekommen, um die
All-Girl-Band zu sehen. Die Ladys bretterten ihren Power Metal
runter und überzeugten auch optisch. Eine beachtliche Zahl von
Besuchern besammelte sich daraufhin vor der "Sweden-Stage": Dort
zeigten Sevendust eine gute Show, und nicht mal so wenige feierten
mit. Zur gleichen Zeit auf verschiedenen Bühnen starteten Covered
Call und Witchcraft ihre Auftritte, bei Witchcraft ging aber
langfristig der Gesang auf die Nüsse und der Hard Rock/AOR von
Covered Call konnte höchstens das Prädikat "nett" aufweisen. Kurz
vor 21 Uhr waren die Einheimischen nicht mehr zu halten: Amon Amarth
standen auf der Bühne, und man merkte es dem Publikum schon an, dass
sie nicht minder stolz darauf waren, dass solch eine erfolgreiche
Band aus ihrer Heimat stammt. Ab 22.15 Uhr stand wieder ein
"Splitting" an: Auf verschiedenen Bühnen rockten Blaze Bailey und
The Chair, wobei der Publikumsandrang beim ehemaligen Iron
Maiden-Sänger mehr als deutlich grösser war. Als Headliner gab's
danach die alten Recken von Uriah Heep. Trotz anfänglicher
Mikrophonprobleme wurde es dann doch noch ein tolles, zweistündiges
Konzert. Irgendwo im Hintergrund hörte man aus der Zeltbühne den
Auftritt von den Pilgrimz.
Donnerstag 04.06.2009
Nach einem temperaturmässig arschkalten ersten Tag, empfing der
Sweden Rock-Tag Nummero 2 einen mit Sonnenschein und einer
angenehmen "Aufbruchstimmung" in der Luft. Endlich wurde auch das
ganze Areal geöffnet. So
konnte man in den vollen Genuss der ca. 500
x 250 Meter-Areals kommen. Die Massen strömten herbei, als ob man in
der Schweiz wäre und es eine Gratis-Cervelat gäbe. Punkt 12 Uhr
knallte es gehörig: Zur selben Zeit legten Pain und Rage los. Dass
Pain einen Heimvorteil hatten, war klar. Dass aber auch Rage mit dem
symphatischen Peavey am Mikrofon ebenfalls viele Leute zogen, hat
sogar mich überrascht. Ab halb zwei wurde dann endlich die grosse
Festivalbühne eingeweiht: Dan Baird zelebrierte da seinen Rock und
zog noch nicht die grossen Massen an. Gleichzeitig gab es drüben auf
der "Zeppelin-Stage" eine Darbietung von Grand Magus. Später folgte
die Show im Südstaaten-Stil von den Outlaws mit 3 Gitarristen. Zu
ihrem Leidwesen hämmerten auf der anderen Seite des Festivals die
Jungs von Volbeat ihren Stoff runter. Allein schon der Massen wegen
hätte diese Show auf der grossen Festival-Stage stattfinden sollen.
Der grosse Platz vor der Rock-Stage war zum Bersten voll. Leider war
es mir aus zeitlichen Gründen nicht vergönnt gewesen, Heat
reinzuziehen. Besonders gespannt war ich eher auf Candlemass und wie
ihr Sound auf der Festival-Stage wirken würde. Kaum ein Song
gespielt, gab es technische Probleme beim Gitarristen. So ist es
immer ein Vergnügen, wenn die Sänger die Zeit mit Witzen tot zu
schlagen versuchen, während im Hintergrund das Problem gelöst wird.
Leider war es nicht möglich, Candlemass fertig zu schauen: Drüben
auf der "Zeppelin-Stage" kündigten sich Tyketto an. Danny Vaughn bot
eine tolle Show und die Fans flippten spätestens bei "Forever Young"
völlig aus. Der Höhepunkt neben der Bühne dabei war, als zwei
Blondinnen in Minis versuchten, sich gegenseitig die Slips
auszuziehen..., that's Swedenrock! Ab 18.15 Uhr war mein Interesse
für eine Weile eher verhalten. Auf der "Rock-Stage" standen die
Folk-Punk-Wasauchimmer-Rocker Flogging Molly, und auf der "Sweden-Stage"
die legendären The Tubes. Ab 20 Uhr ging es mit ZZ Top weiter. Die
alten Langbärte aus Texas zogen die ganze Meute locker vor die
Festival-Stage. Jeder wollte sie mal sehen. Auch hier konnte ich
nicht bis zu Schluss schauen, da auf anderen
Bühnen Seventh Wonder
und die kurligen Bullet rockten. Was für ein Stress! Ganz besonders
da kurz darauf schon wieder ein Doppelauftritt stattfand: einerseits
HammerFall und anderseits Over The Rainbow mit einem tollen Joe
Lynn Turner am Mikrofon. Dass da zwischendrinn auf der Zeltbühne die
sehr talentierten Vains Of Jenna um ihr Leben spielten, entging wohl
so einigen. Halb Zwölf gab es dann keinen Zweifel mehr. Auf der "Festival-Stage"
prangte schon ein grosses Backdrop mit dem bekannten Logo von
Twisted Sister. Anlass war das 25-jährige Jubiläum von ihrem Album "Stay
Hungry", welches der Tracklist folgend komplett gespielt wurde. Als
letzten Songs gab es dann "It's only Rock'n'Roll, but I like it".
Als dann auch noch Lemmy von Motörhead als Verstärkung auf die Bühne
kam, gab es einen traumhaften Abschluss eines weiteren Tages des
Sweden Rock.
Freitag 05.06.2009
Der Wetterfrosch hatte es schon angekündigt: Dieser Tag würde total
verregnet werden. Was schade ist, da sowas natürlichein Stimmungskiller
eines jeden Open Airs ist. Trotzdem ging es auf der Zeltbühne ("Gibson-Stage")
um halb Zwölf mit Chains los. Da wurde 80er-Hard'n'Heavy gepflegt.
Punkt zwölf dann das erste Doppelkonzert: Auf der "Rock-Stage" stand
Neal Morse und weckte die schon zahlreiche Meute mit erhabenen
klängen, während Thor auf der "Sweden-Stage" total genervt hat - ein
dummer Amerikaner, der in Schweden was von Vikingern und Thor
erzählen will. Einfach lächerlich das Ganze, von der Show, den
Ansagen bis hin zur Musik. Später machten Axident Avenue auf der
Zeltbühne mehr her. Der Bassist sah aus wie Nikki Sixx für Arme. Ein
weiteres Splitting stand an: Deströyer 666 schaute ich mir nur kurz
an. Mich zog es eher zur grossen "Festival-Stage": Bergkönig Jon
Oliva nahm auf den Stuhl platz und jaulte und heulte, wie man es von
ihm gewohnt war. Leider setze einmal mehr Regen ein, so verschwanden
viele in den verschiedenen Zelten. Nur die richtigen Fans blieben
bei Jon vor der Bühne, und das waren nicht wenige. Powderhog musste
ich leider auslassen, weil ich mehr darauf gespannt war, was
Marillion und Voivod leisteten. Marillion gaben sich solide wie
immer. Ebenso überzeugten Voivod den eingeweihten Zuhörer mit ihren
schrägen, ulkigen und progressiven
Songs. Hier ist das Motto
eindeutig: only für Lovers! Amberian Dawn erfreuten sich daraufhin
auf der Zeltbühne grosser Beliebtheit. War es wegen der Musik à la
Nightwish oder weil wieder mal Regen eingesetzt hat? "Lita Ford is
back!" hiess es in der vorhergehende Pressekonferenz. Im Herbst darf
man sogar wieder mit einem neuen Album rechnen. Auf der
Festival-Stage sah man Lita zwar das Alter an, jedoch gab's kaum
Defizite in der Show. Okay, sie kommt zwar gesanglich nicht mehr
ganz so in die höheren Töne, aber sonst gibt's nichts zu meckern.
Die gleichzeitig spielenden Black Tooth musste ich komplett
auslassen, Bei Unleashed musste ich natürlich dabei sein: Das Areal
ist einfach riesig. Man macht verdammt viele Kilometer, um sich
alles ansehen zu können. Es ging los mit den hochbeliebten Demon auf
der "Zeppelin-Stage". Rüber zur Zeltbühne, sich Lujuria aus Spanien
anzugucken. Danach den "Gewaltsmarsch" zur "Sweden-Stage", einen
Happen UFO reinziehen und dann eine mehrere hundert Meter messende
Hechtrolle zur "Rock-Stage", um sich bei erneut einsetzendem Regen
die Pyros von Kamelot rein zu ziehen. Das mit dem Regen an diesem Tag
war auch ein Thema für sich: Es regnete kaum so richtig. Meistens
fielen nur ein paar Tropfen und dann war wieder Schluss. Enforcer
waren eine weitere Band auf der Zeltbühne, die ich auslassen musste.
So stand ich nun einmal mehr vor der Festival-Stage und schaute mir
eine Weile lang Foreigner an. Ohne Sonnenbrille kaum möglich, da
nach dem Regen auf einmal die Sonne wieder schien. Dass sie
ausgerechnet hinter der Stage runter gehen musste, ärgerte so manch
einen. Eric Sardinas nahm ich beim Vorbeilaufen an der Zeltbühne
kurz wahr, ich war ja schliesslich auf dem Weg zur "Zeppelin-Stage".
Da kündigten sich die netten Mädels von Crucified Barbara an. Deren
Show hab ich mir komplett angeschaut, eine Wohltat für Auge und Ohr.
Tut mit leid, lieber Johnny Winter! Dich musste ich auslassen, um
Motörhead zu beäugen. Was soll man da noch sagen? Die übliche Ansage
kam: "We are Motörhead, and we play Rock'n'Roll". Somit wären auch
schon alle Zeifel zerstreut, was uns danach für ca. 90 Minuten
erwarten würde. Für viele der hier anwesenden Schweizer war es völlig
unverständlich, warum In Flames auf der grossen "Festival-Stage" den
Headliner mimen durften. Tja, hier gehören sie eben zu den ganz
Grossen. So sah man verdammt viele, vor allem junge Leute, in In
Flames-Merchandise steckend herum laufen. Somit endete der
"Regentag".
Samstag 06.06.2009
Im Gegensatz zu gestern versprach der heutige Tag zwar viel Sonne
aber auch kühlen Wind, der es einem trotzdem verunmöglichte, eher
mit eher leichterer Bekleidung herum zu wandeln. Auch heute legten zwei
Bands zur Eröffung um 12 Uhr los: Tank und Ripper Owens. Natürlich
wurde der Ripper abgefeiert. Viertel nach Eins
besammelten sich unmengen von Schweden vor der "Zeppelin-Stage". Es ist ja
schliesslich der 6.Juni, und somit ein Nationalfeiertag in Schweden.
Sabaton kamen auf die Bühne und spielten die Nationalhymne. Überall
wehten schwedische Flaggen im Wind, und die Leute sangen zu
tausenden die Hymne mit. Alles musikalisch von Sabaton mit
Gitarrensound ergänzt. Ein fantastische Stimmung! Diese Leute lieben
ihr Land. Bei uns in der Schweiz wäre sowas undenkbar. Da würden
gleich Linke, Antifa oder werauchimmer ausrasten und gleich mit
Wörtern wie "Nazis, Rechtsradikale, Antisemiten etc." um sich
schmeissen. Halb Zwei musste ich mich dann doch fragen, warum
Impellitteri auf der grossen "Festival-Stage" spielen mussten.
Nicht, dass es keine gute Leistung war, aber es sieht eben nicht so
toll aus, wenn dann nicht ganz so viele Leute vor der Bühne stehen.
Stormzone vor der "Zeppelin-Stage" ging es auch nicht besser. Auf
der "Sweden-Stage" legten dann die legendären Blackfoot bei
strahlendem Sonnenschein los: Bei der grossen Audienz fragte man
sich, ob es nicht besser gewesen wäre, Blackfoot auf die grosse
Bühne zu stellen. Gleichzeitig gaben sich Riot auf der "Rock-Stage"
die Ehre. Da konnte ich leider nicht reinschauen, zu sehr war ich
von Blackfoot fasziniert. Ich sag nur eins: "Highway Song"! Die
Babylon Bombs habe ich absichtlich ausgelassen. Ich zog es vor,
shoppen zu gehen. Was da alles an tollen Ständen gab, verleitete
einen dazu, viel Geld auszugeben. Punkt halb Fünf war dann Zeit für
Journey: Grundsolide und mit einer tollen Show beherrschten sie von
der "Festival-Stage" aus die Fans. Daraufhin gab es noch Soilwork
auf der "Zeppelin-Stage", um sich danach die gleichzeitig spielenden
Forbidden und Electric Boys zu geben. Erneut Stress pur! Bei schon
fast orkanartigem, kühlem Wind frickelten Dream Theater an ihren
Instrumenten herum. Für die einen sind die Amis ein
Klangerlebnis, für andere tönt es so, als ob sie ihre Instrumente
stimmen würden. Gleichzeitig wurde auf der Zeltbühne eine grosse
Leinwand gespannt. Da gab es dann das Fussball-Länderspiel Schweden
gegen Dänemark zu sehen. Da ging es hoch her, und die Stimmung war
toll. Dänemark gewann diese Partie mit 1:0. Das tat der
Stimmung auf
dem Platz keine grossen Abbruch, die Schweden tranken weiter. Ganz
überrascht war ich dann vor der "Zeppelin-Stage", denn Hot Leg
spielten da. Die Stimme kam mir bekannt vor. Bei genauerem
Hinschauen bemerkte man, dass es sich da tatsächlich um Justin Hawkins, den
ehemaligen Sänger von The Darkness, handelte. Musikalisch war alles top, sobald
aber Justin zu singen begann, fielen einem fast die Klöten aus der
Hose. Schrecklich! Das Co-Headlining übernahmen nun Immortal und
Europe gleichzeitig, aber auf verschiedenen Bühnen. Der Wind trug
leider den Black Metal von Immortal in alle Winde, so dass es ziemlich
schrecklich getönt hat. Aber mit deren Auftritt wurde auch die
Pandabären-Fraktion befriedigt. Europe auf der anderen Seite des
Festivals zogen enorm viele Leute vor die "Rock-Stage". Es wurde
mitgesungen, und spätestens bei "Final Countdown" machte so manch
einer mit. Bevor es mit Heaven & Hell einen würdigen Abschluss gab,
trällerten Helstar noch schnell mal auf der Zeltbühne. Doch nun war
Schluss mit allem: Heaven & Hell verleihten diesem tollen Festival noch
die Krönung. Ronnie James Dio wirkte auf dieser übergrossen Bühne
zwar winzig, doch seine Stimme fügte ihm die angemessene Grösse
wieder zu. Spannend war es auch, auf den grossen Screens ganz aus
der Nähe zu beobachten, wie Tommy Iommi seine Gitarre bearbeitet.
Tja, und danach war Schluss mit Sweden Rock-Festival Ausgabe 2009.
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