Die meisten von uns Rockern haben es
ja nicht sonderlich mit dem Glauben. Wie soll man auch
Sonntags in die Kirche, wenn man sich Samstag Nacht Gehirn
und Seele aus dem Schädel bangt? Und trotzdem gibt es auch
im Heavy Metal so etwas wie Pilgerreisen. Festivals wird das
genannt. Jeder hat da seine Präferenzen, von ganz klein bis
ganz gross, von Subgenre bis übergreifend. Und auch wenn mir
jetzt gleich alle Wacken-Jünger widersprechen werden: das
Rock'n'Roll-Paradies, das befindet sich für mich in Norje,
einem kleinen Küstenkaff im schwedischen Süden. Einmal im
Jahr zumindest, anfangs Juni, am Wochenende des legendären Sweden Rock Festivals. Heerscharen von Rockern und Metallern
aus der ganzen Welt fallen dann ein und folgen dem
Leitspruch: „Fill your head with Rock!“
So machten auch wir paar Schweizer uns dieses Jahr wieder
auf gen Norden, um uns während vier Tagen auf fünf Bühnen
Newcomer und Legenden, Beinhartes und Melodiöses in unsere
Köpfe donnern zu lassen. So bunt wie das Billing, so bunt
sind dabei auch die Leute auf dem Festival. Vom Teenie bis
zum Weissbart ist alles vertreten und wo sonst sieht man
Kinder mit Pamir auf dem Kopf und Ledergürtel um die Hüfte,
die lauthals zu King Diamond oder Twisted Sister mitsingen?
Oder zu Soundgarden oder Cannibal Corpse. Oder zu Slaughter
oder Mötley Crüe. Oder zu Blue Öyster Cult oder Motörhead
oder zu... oder zu... oder zu...
Dass dabei das Wetter nicht immer ganz mitspielte (Mittwoch
= bewölkt, Donnerstag = kalt, Freitag = nass, Samstag =
Sonne) und auch die eine oder andere Neuerung, wie etwa die
Verschiebung des Presse-Bereichs ans hintere Ende des
Festivals gewisse Anpassungen verlangte, diese
Wermut-stropfen verdampften schnell ob der unzähligen
kultigen, energiegeladenen und stimmungsvollen Shows an
diesem Wochenende. Doch lest selbst.
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Mittwoch 06.06.2010
Zeppelin Stage
Am Mittwoch Nachmittag gingen sie dann endlich los, die
schwedischen Rock'n'Roll-Festspiele. Eröffnet wurde der
nordische Reigen auf der Zeppelin Stage und zwar von den
austauschbaren
Reenact. Wirf in der
Schweiz einen Stock und du triffst fünf dieser Bands aus der
Sparte Brüll - und Kreischcore. Da ging es danach auf der
Sweden Stage schon spezieller zu und her. Der sechste Juni
nämlich ist Schwedens Nationalfeiertag und wer sollte denn
die Nationalhymne intonieren, wenn nicht die momentanen
Metal-Helden Sabaton?
Tausende sangen lautstark dazu mit, genauso das
darauffolgende halbstündige Hit-Feuerwerk. Dagegen konnten
die blutjungen Pompei Nights
mit ihrem Screamo-Sound nur verlieren! Ebenfalls gerade erst
dem Teeniealter entkommen sind In
Solitude, doch die schwedische Antwort auf King
Diamond zockte auf der Rockklassiker Stage, die kleinste der
fünf Bühnen, in Leichenschminke und mit Räucherstäbchen
bewaffnet in einer ganz anderen Liga.
Fear Factory internationalisierten danach die
Bühnen und zwar ohne Wenn und Aber. Musikalisch eine Wucht,
nicht zuletzt dank verdammt gut aufgelegtem Klampfer Dino
Cazares, hatte Fronter Burton C. Bell auch schon bessere
Tage.
Ein solchen erwischten die schwedischen Teenie-Idole
H.E.A.T.. Schon
erstaunlich, dass man mit klassischem Melodic Rock à la Def
Leppard oder Magnum heute immer noch die (jungen) Massen
begeistern kann. Oder auch mit Country und
Hillbilly-Attitüde, wie die Bourbon
Boys auf der
Rockklassiker Stage bewiesen. Nicht einmal
Gitarrist Jonas Kjellgren, der aussah wie ein Kerry King für
Arme, konnte da die Mitgröhl-Stimmung („Hillbilly Heart“)
trüben. Deutlich düsterer ging es da auf der Sweden Stage zu
und her. Die wieder reformierten
The Crown growlten mit ihrem typischen
Schwedentod alles nieder. Wäre danach noch was gestanden,
Entombed hätten es
restlos erledigt. Ohne Schnickschnack überrollte der Fünfer
die Massen mit Death'n'Roll vom Feinsten und schien dabei
gleich selbst am meisten Spass zu haben. Beides gute
Auftritte. Glitzernder, aber ebenso überzeugend, feierten da
die Sleaze-Newcomer Dynazty,
die auf der Rockklassiker Stage die Wartezeit vor
Edguy überbrückten. Die
Deutsch-Metaller, allen voran Front-Spitzbube Toby Sammet,
freuten sich sichtlich über ihren Headliner-Posten im Hohen
Norden und sorgten für Feierlaune. Dies, obwohl Sammet es
zwischen keinem einzigen Song schaffte, den Mund zu halten
und, bedingt wohl durch die Fremdsprache, die selben Jokes
immer und immer wieder ins Publikum leierte. Da überzeugten
die Songs aus der ganzen Karriere mit zu erwartendem
Schwerpunkt auf „Age Of The Joker“ vom letzten Jahr schon
besser.
Donnerstag 07.06.2010
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Zeppelin Stage
Vorbildlich, wie das Sweden Rock Festival immer noch darauf
setzt, neben den vielen grossen Namen auch einige
schwedische Neulinge auf die Bühne zu bitten. So auch am
Donnerstag, an welchem Deals Death
mit ihrem Melo-Death den metallischen aber nicht allzu
spektakulären Wecker gaben. Da konnten die
Little Angels schon für
mehr Furore sorgen. Vor fast 20 Jahren hatten die britischen
Melodic Rocker ihr Handtuch geworfen, um nun vor einer
stattlichen Anzahl Fans ihr durchaus gelungenes Comeback.
Ebenfalls lange warten mussten auch die Fans von
Saint Vitus. Zwar tourte
die Doom Legende immer wieder mal, selten bis gar nie aber
durch Skandi-navien und vor allem nicht mit einem neuen Album
im Gepäck. So wurden die neuen Songs von Lillie F-65 genauso
abgefeiert wie die alten Dröhn-Nummern und zwar von einem
frenetischen Publikum, welches sich am zu leisen Gesang
Winos ebenso wenig störte wie an der gewohnt statischen
Performance von Bandana-Klampfer Dave Chandler und Bassist
Mark Adams. Beschwingter auf der Bühne ging es danach bei
den Rival Sons zu und
her. Die retro-rockenden Senkrechtstarter aus L.A.
Verdienten sich ihre Vorschusslorbeeren mit einer
energiegeladenen und zeitweise virtuos ausufernden Show à la
Led
Zeppelin.
Performance-technisch konnten das die Retro-Lokalhelden
Graveyard danach nicht
toppen. Zu statisch standen die Schnauz-träger auf der
Bühne, während davor gut 6000 Leute bei Sonnenschein
trotzdem jede noch so kauzige 70's-Nummer abfeierten. Als
dann die Nacht hereingebrochen war donnerten
Dark Funeral noch ihr
Kontrastprogramm zum gleichzeitig spielenden Headliner
Soundgarden von den Brettern. Black Metal, wie er
traditioneller und puristischer nicht sein kann. (kis)
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Sweden Stage
Mit einer Überraschung startete das Programm auf der Sweden
Stage. Zumindest für mich, hatte ich
Exciter das letzte Mal doch 2005 am Bang Your
Head in einer eher schlechten als rechten Verfassung erlebt.
Heute jedoch lieferten die kanadischen Speed-Metaller um
Gitarrist und einziges verbliebenes Gründungsmitglied John
Ricci eine energiegeladene Show, nicht zuletzt durch den
sich verausgabenden und treffsicheren
Kenny Winter (u.a. Alchemy, Covenant) am Mikro. Wieder
Kanadier und wieder eine souveräne Leistung:
Danko Jones rockte wie
gewohnt nach allen Regeln der Kunst, schüttelte scharfe
Riffs genauso aus den Ärmeln wie schwindelerregende
Grimassen und Zungen-akrobatik und zwar vor einem dicht an
dicht und gut gelaunten Publikum. Auch souverän, bei weitem
aber mit weniger Party-Faktor, gingen danach
Sepultura auf die Bühne.
Die Zeiten, in welchen reihum nur von „Abklatsch“ die Rede
war, sind zwar definitiv vorbei. Ungebrochene Euphorie
vermögen die Brasilianer aber trotzdem immer noch nicht zu
verursachen, zu erpicht sind viele ihrer Fans auch nach
Jahrzehnten noch auf eine mögliche Reunion mit
Fronter-Dschunglejunge Max Cavalera. Die entfachten,
insofern das bei Black Metal überhaupt möglich ist,
Dimmu Borgir. Offiziell
nur noch als Trio unterwegs, zockt man live immer noch im
Sextett und zwar so bitterböse frostig (inkl. imposanter
Grusel-Bühne mit H.R.Gyger-Flair) und tight, da übersah man
auch grosszügig die meterlangen Fransen à la Rob Halford an
Fronter Shagrats Lederjacke. (kis)
Festival Stage
Die grosse Festival Stage wurde von der legendären Rockband
10CC eröffnet. Eher
gemächliche leichte Kost mit einem Schuss Blues und
Schunkel-Atmposhäre wurde serviert. Alles Songs die jeder
kennt, in Schweden genauso wie in der Schweiz
(DRS1), kaum jedoch auf Platte hat. Solide und gut.
Nightranger boten dann
etwas mehr Unterhaltung. So gabs nicht nur Songs von
Nightranger, sondern auch von anderen Projekten der
80er-Rocker wie etwa „High Enough“ der Ex-Supergroup von
Fronter und Basser Jack Blades oder Ozzy's „Crazy Train“,
bei welchem Brad Gillis auch schon mal die Gitarre bediente.
Vor allem Blades zeigte sich dabei als hervorragender Sänger
und Entertainer und liess sich die Show auch nicht von Dee
Snider die Show stehlen, der zu „(You Can still) Rock in
America“ ein weiteres Mal die Bühne enterte. Während
Graveyard auf der Zeppelin Stage rockten, donnerten auf der
Festival Stage Mastodon
von der
Bühne,
eine Überschneidung, welche viele der Besucher die
schwierigste Entscheidung des Wochenendes bescherte. Vor
engen Reihen jedenfalls wuchteten die Amis ihren
Stoner-Sludge aus den Boxen und zwar ohne technische
Probleme, wie vor kurzem am Schweizer Sonisphere. Zu guter
letzt und als Abschluss des Tages, wurde das Sweden Rock
Publikum mit einem fulminanten Comeback-Auftritt beschenkt.
Soundgarden liessen sich
das erste Mal in diesem Jahrtausend wieder in Schweden
blicken und zogen alle Register. Wenn auch die mächtige
Bühnenshow mit grossen Lichtern am hinteren Bühnenrand und
Visuals die Kälte nicht ganz vergessen liess, so tat es die
durch und durch gelungene Performance der vier Grunge-Helden.
Nicht, dass die Jungs aus Seattle noch beste Freunde zu sein
scheinen, noch dass Fronter Chris Cornell gross mit dem
Publikum plauderte; in Sachen Intensität waren die Herren
aber den meisten
Künstlern dieses Festivals weit überlegen,
Und wenn dann die jedem bekannte, melancholische Melodie von
„Black Hole Sun“ erklingt und Cornell leidend ins Mikro nöhlt, dann
kann man einfach gar nicht anderes als Gänsehaut empfinden.
Doch bewies das Quartett an diesem Abend eben auch, dass sie
mehr sind, als nur ein One-Hit-Wonder und rupften
Grunge-Perlen wie „Spoonman“, „Rusty Cage“ oder „Jesus
Christ Pose“ so trocken und brachial herunter, liess die
Instrumente krachen was das Zeug hält, dass man sich fragte,
wie es Basser Benn Shepherd gelang, dass seine Zigarette zum
dröhnenden Rausschmeisser „Slaves & Bulldozers“ nicht von
seiner eigenen Verstärkerwand ausgeblasen wurde. (rxx)
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Rock Stage
Wegen diversen organisatorischen Unmöglichkeiten vor Ort,
war es uns leider nicht vergönnt das komplette Konzert von
Imperial State Electric
zu schauen. Allzu tragisch schien das aber nicht zu sein,
denn die Truppe um Ex-Hellacopter Nicke Andersson schien
selbst am meisten Spass zu haben. Ununterbrochen wechselte
man
Musiker
und Instrumente und konnte damit und mit seinem 70's Stadion
Rock das morgenmüde Publikum nur mässig begeistern. Das sah
dann bei Exodus ganz
anders aus. Die Trash-Legende ballerte Riff nach Riff in die
Leute und damit die Sandkörner aus den Augen. Dauergrinser
Gary Holt, momentan als Ersatz von Jeff Hannemann mit Slayer
auf Tour, vermisste man trotz der souveränen und kultigen
Performance von Holts Langzeit-Klampfen-Partner Rick Hunolt
aber schon
ein bisschen. Schon eine Weile vor der Show von
Steel
Panther, füllten sich die Reihen vor der Bühne.
Die Show wie gehabt. Nix neues aber immer wieder lustig und
natürlich schlüpfrig. Die vier Comedy, äh, Sleaze Rocker
liessen ein frenetisches Publikum unter blauem Himmel
Mitsingen und -lachen. Der darauf folgende
Sebastian Bach mit
seiner Allstar Band, bestehend u.a. aus Klampfer Nick
Sterling (Aerosmith, Kid Rock, Cheap Trick) und Bobby
Jarzombek (u.a. Halford, Fates Warning, Iced Earth),
erfreute dann die Fans von alten Skid Row Platten. „Slave to
the Grind“, „18 and Life“ oder „Monkey Business“, das
Row-Zeug kennt einfach kein Verbrauchsdatum, im Gegensatz zu
Herrn Bachs Stimme, die auch schon frischer kreischte. Nur
gut, rannte dann noch Dee Snider auf die Bühne, um beim
Twisted-Sister-Cover „We're not Gonna Take it“ und beim
Refrain von „Youth Gone Wild“ auszuhelfen. (rxx)
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Freitag 08.06.2010
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Zeppelin Stage
Bandcontest, davon gibt es heute beinahe so viele wie Bands.
Auch das Sweden Rock bedient sich mittlerweile dieser (Werbe-)Methode.
Wie man auch dazu stehen mag, die diesjährigen Gewinner
Skyforger aus Lettland
machte mit ihrem Pagan Metal die Trinkhörner-Fraktion. Eher
Strassenköter- denn Wikingermentalität versprühten danach
die Briten Black Spiders.
„Fuck You Black Spiders!“, das wollte Fronter Pete Spiby vom
eher bescheidenen, dafür umso enthusiastischeren Publikum
hören, während der Fünfer derweil den musikalischen
Mittelfinger zückte und eine der bewegungsfreudigsten
Performances des Festivals hinlegte. Da ging es bei
Axe schon gesitteter zu
und her. Die Florida-Rocker angelten sich unter der Ägide
des Bandkopfs und virtuosen Gitarristen Bobby Barth
(Blackfoot) gekonnt aber nur für Fans wirklich spannenden
AOR-Set. Mit seinen Tygers Of Pan
Tang zeigte Klampfer Robb Weir danach, dass man
auch fit altern konnte. Wie schon am Bang Your Head vor
einem Jahr überzeugten dabei nicht nur NwoBHM-Rocker wie
„Gangland“, „Rock'n'Roll Man“ oder „Spellbound“, sondern
allen voran auch Goldkehle Jacope Meille, der
Originalfronter Jess Cox vergessen machte. Auch ein Fronter,
den man so schnell nicht vergisst: Bobby Liebling. Gestern
noch beim Gig von Saint Vitus in der ersten Zuschauerreihe,
zelebrierte der kauzige Fronter mit seiner Truppe Pentagram
heute selbst seine Doom-Messe. Und was für eine! Wie
Rumpelstilzchen stampfte und gestikulierte, fuchtelte und
krahkehlte er, was nicht nur von Mark Adams und Dave
Chandler (inkl. tänzelndem Groupie vor ihm) von Saint Vitus
goutiert wurde. Wohl nicht nur für mich eines der
Festival-Highlights überhaupt. Im Gegensatz dazu wirkten
Katatonia später am Abend etwas gar von der eigenen
Melancholie ergriffen (vielleicht im Kontrast zu den
partywütigen Twisted Sister?). Wer seinen Abend aber mit
schwarzgetünchten, elegischen Melodien ausklingen lassen
wollte, den machten die Schweden schwermütig glücklich. (kis)
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Sweden Stage
Seit Jahren surfen Amorphis
auf einer Erfolgsweise, die sich trotz früher Spielzeit auch
auf dem Sweden Rock deutlich machte. Mehr als ordentlich
Leute vor der Bühne, denen die Finnen frühe, gegrowlte Songs
ebenso darboten wie neues, melodischeres Material, etwa vom
aktuellen „The Beginning Of Times“. Danach wurde es Zeit für
German Power Metal. Kai Hansen und seine
Gamma Ray'ler gaben wie
gewohnt alles, ganz nach dem Motto „To The Metal!“ (2010).
Zum Schluss noch der eine oder andere Helloween Klassiker („Ride
the Sky“, „I Want Out“) und alle waren glücklich. Gefühlte
100 und tatsächliche 15 Jahre (zumindest für Schweden) ist
es her, dass sich die Amis von Ugly
Kid Joe wieder einmal auf einer Bühne blicken
liessen. Nicht erstaunlich also der rappelvolle Platz vor
der Sweden Stage, als das Fun-Quintett loslegte. Neben
überall rauf und runter gespielten „Cats in the cradle“ und
„Everything about you“ überzeugte dabei vor allem Fronter
Whitfield Crane mit flotten Sprücken und guter Laune, welche
vom Publikum euphorisch aufgesogen und nach etwas kurzen Gig
noch minutenlang in Zugabe-Rufe umgewandelt wurde. Ganz so
frenetisch und auch nicht so vielzählig ging es danach bei
den Flower Kings zu und
her. Die ungeschlagenen schwedischen Prog-Rocker entführten
in filigrane und keyboardgeschwängerte Klangwelten, die nur
wenige dem Eierrock von Motörhead vorzuziehen schienen. Oder
ob es wohl eher an den im wahrsten Sinne des Wortes
quietschfidelen Fiddler's Green lag, die noch dazu auf der
Rockklassiker Stage für Party-Laune sorgten? (rxx)
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Rock Stage
Das Wetter hielt noch, als
Adrenaline Mob die Rock Stage aus dem Schlaf
rockten. Die neue Allstar-Band um Russel Allen (Symphony X)
und Mike Portnoy (Dream Theater) schlägt zur Zeit hohe
Wellen und auch mit straighterem, rifforientierterem Sound
können die beiden Prog-Spezies überzeugen. Ebenfalls
überzeugen konnte Mr. Michael
Schenker mit seinem Temple Of Rock. Mit Doogie
White (Ex-Rainbow) am Gesang und von den wenn auch etwas
gealterten, aber immer noch zustechenden Herman Rarebell (drums)
und Francis Buchholz (Bass) war das auch gar nicht anders zu
erwarten, genauso wenig wie die hohe Anzahl an gezockten
Scorpions-Klassikern, etwa „Another Piece of Meat“,
„Lovedrive“ oder natürlich „Rock You like a
Hurricane“.
Gross war dann, umso mehr natürlich bei uns Mitbürgern, die
Spannung wegen Gotthard,
die in Kombination mit dem nachlassenden Regen ein
beachtliches Publikum vor die Sweden Stage zogen. Nicht von
Anfang an, sondern während dem ersten Song wurde auch gleich
symbolisch das riesige Backdrop mit den Phoenix hochgezogen.
Mehr als gut hielten sich unsere Südschweizer, auch
Neuzugang Nick Maeder, welcher sang, als ob er schon immer
bei Gotthard wäre. Der zu früh verstorbene Steve Lee wurde
selbstverständlich auch erwähnt und mit einer einfühlsamen
Version von „One Life One Soul“ geehrt. Ansonsten gabs
härtere Kost aus der ganzen Karriere, wobei vor allem
Klassiker wie „Hush“ oder „Mountain Mama“ den schwedischen
Geschmack traf. Ein rundum solider Einstand auf
skandinavischem Boden. Den ganzen Tag hing schon der grosse
Bomber hoch oben auf der Bühne. Dann gegen 21:45 Uhr hiess
es einmal mehr: "We are Motörhead,
and we play rock'n'roll". Tja, was soll man da noch sagen?
Immer wieder gut die legendären Songs zu hören und wenn dann
eben noch der Bomber über den gut gelaunten Herren Kilmister,
Campell und Dee hängt, dann gibt es schlicht nichts zu
Nörgeln. (rxx)
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Festival Stage
Will man eine sichere Bank, dann engagiert man
Axel Rudi Pell. Der
deutsche Gitarrist liefert, was man von ihm erwartet:
soliden Melodic Metal. Mit gewohnter Virtuosität und mit
Ausnahmemusiker wie Trommel-Tausendsassa Mike Terrana und
Stimmwunder Johnny Gioeli an seiner Seite trotzte er dem
Regen. Wer sich die folgende Show wegen des feuchten Wetters
entgehen liess, der ist, jedenfalls in meinen Augen, ein
Rockbanause. Viel zu selten nämlich kriegt man die
legendären New Yorker Prog-Rocker
Blue Öyster Cult in Europa nämlich zu Gesicht.
Spielfreudig und auf technisch hohem Niveau, dafür ziemlich
brav, zockte die Mannschaft um Buck Dharma und Eric Bloom
Hits wie „Don't Fear the Reaper“ oder „Godzilla“, während
andere frühe Klassiker wie „Veteran of Psychic Wars“ oder
„Joan Crawford“ leider zugunsten neuerer
Songs aussen vor
blieben. Zumindest dieses Problem haben
The Darkness noch nicht.
Gerade mal zwei Alben haben die Briten seit ihrer Gründung
vor 12 Jahren veröffentlicht, bevor man sich 2006 von
Fronter und Showman Justin Hawkins trennte, um 2011 schon
wieder mit ihm (jetzt mit Schnäuzer) zusammen zu finden. So
sorgten die britischen Glam Rocker mit sämtlichen Hits, von
„Growing on me“ und „Love is only a Feeling“ über „I Believe
in a Thing Called Love“ bis „One Way Ticket“ für
ausgelassene Party-Stimmung, begünstigt von der sich wieder
blicken lassenden Sonne, und kredenzten dazu gleich noch
vier neue Songs, die sich perfekt ins alte Material
einfügten und eine abgefahren rockende Version der
Radio-Head-Nummer „Street Spirit (Fade Out)“. Der Headliner
Twisted Sister erschien
da nur wie die logische Konsequenz. Mit Dee Snider als
nimmermüden Animator zog die Truppe, um ein weiteres Mal zu
beweisen, dass es kaum eine bessere Party-Truppe als die
verdrehten Schwestern gibt. Dabei startete man mit „What You
Don't Know (Sure Can Hurt You)“ und „The Kids Are Back“ eher
unerwartet ins Set, um danach vor allem Klassiker wie „Stay
Hungry“, „You Can't Stop Rock'n'Roll“ oder „The Price“ zum
Besten zu geben, wobei die obligatorische Mitgröhl-Nummer „We're
not Gonna Take it“ überraschend früh an die Reihe kam.
Während Snider dem Regen den Mittelfinger zeigte, Mark
Mendoza seinen Bass verprügelte und Eddie Ojeda seine
Klampfe im Zeug herumschwang, war es Jay Jay French, der
ganz unaufgeregt auf der musikalischen Seite brillierte.
Auch wenn es stimmen mag, dass es „nur“ Rock'n'Roll ist („It's
only Rock'n'Roll“), so stand nach dieser vor allem durch
Snider energiegeladenen Show für so ziemlich jeden „S.M.F.“
fest: „I Wanna Rock“! (kis)
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Samstag 09.06.2010
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Zeppelin Stage
Nach Kälte, Wind und Regen kam sie dann also doch noch, die
Sonne. Passend dazu eröffneten die schwedischen
Glam-Entdeckung The Gloria Story
mit fröhlichen Party-Tönen à la Kiss und Thin Lizzy, die
trotz riesigem Kabelsalat auf der Bühne überzeugten, wenn
auch nicht vor allzu vielen Leuten. Da konnten sich die
Lokalmatadore von Bonafide
schon über mehr Interesse freuen. Der klassische Hard Rock
begeisterte das Publikum und wenn man zur Hymne „Fill your
Head with Rock“ ein paar Dutzend Leute als
Verstärkung auf
die Bühne holt kommt das sowieso immer gut an. Unterstützt
werden, das mussten Orange Goblin
danach nicht im Geringsten. Reumütig entschuldigte sich
Röhrviech Ben Ward dafür, schon so lange nicht mehr in
Schweden gewesen zu sein. Dementsprechend euphorisch wurde
der biergetränkte Brachial-Stoner der Briten goutiert,
dessen Anfang blöderweise mit dem sphärischen Gig der Occult
Rocker Year Of The Goat auf der Rockklassiker Stage
zusammenfiel, welche sich meine Wenigkeit natürlich nicht
hatte entgehen lassen können. All dies jedoch war nichts
weiter als Pipifatz, verglichen mit dem, was sich bei
Nationalteatern
abspielte. Kein Schwein kennt diese 70er-Prog-Gruppe
ausserhalb von Schweden. Innerhalb jedoch scheinen die
angegrauten Herren einen grösseren Kult-Status zu geniessen
als Polo Hofer mit seinen Rumpelstilz. An ein Durchkommen
war rund um die Zeppelin Stage nicht mehr zu denken, so weit
das Auge sah nur Schweden, die im glückseligen Chor die
schwedischen Texte mitsangen, während alle internationalen
Gäste nur verständnislos die Stirn runzelten und darauf
warteten, endlich von Sacred Reich
die lange überfällige Portion Thrash um die Ohren gehauen zu
bekommen. Und die gab es dann auch, inklusive dem
Alltime-Smasher „Surf Nicaragua“ versteht sich. Wem das noch
nicht hart genug war, der blieb danach noch zu
Cannibal Corpse, welche
ein souveränes Best-Of-Set runterkrachten und dank dem
verfrühten Schluss bei Mötley Crüe sogar noch als letzte
Band auf den Brettern des Sweden Rocks standen. (kis)
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Sweden Stage
Grosses Kino zur frühen Stunde boten
Hell auf der Sweden Stage. Die Briten sind
momentan in aller Munde und schnell wurde auch klar warum.
Das Quintett zockt nämlich nicht nur astreinen 80's Metal,
sondern fesselt auch mit einer dramatischen Bühnenshow. In
deren Zentrum, der stimm- und schauspielgewandte David Bower,
der sich mit Dornenkrone und blutverkrustetem Oberkörper für
den Heavy Metal kasteite und folterte. Nicht ganz so
tragisch, aber ebenso unterhaltsam: die
Electric Boys. Vom
einleitenden „Psychedelic Eyes“ bis zu den Hits „All Lips n'
Hips“ und „Captain of my Soul“ groovten und rockten die
Schweden über die Bühne und zwar in bester 70er-Manier,
nicht nur soundtechnisch, sondern auch in Sachen bunter
Bühnenoutfits. Ganz so locker waren danach
Symphony X anzu-sehen.
Unbestritten gehören die Amis zur Speerspitze des Prog
Metals und auch heute machten die Flitzefinger ihrem Ruf als
geniale Musiker alle Ehre. Nach der druckvollen und
direkteren Darbietung von Adrenaline Mob am Vortag machte
Fronter Russel Allen zumindest für mich einen etwas
statischeren Eindruck. Dafür herrschte danach
Rock'n'Roll-Gaudi pur, als Slade
die Bühne betraten. Ein Unikum in der Rockgeschichte sind
die britischen 70's-Helden und wenn auch nicht mehr in
Top-Verfassung, so sassen die Glitzerhosen noch immer
genauso wie unvergessliche Hits der Sorte „Cum on Feel the
Noize“, das schmalzige „My oh my“ oder die Fidel-Folk-Nummer
„Run Runaway“, bei welchem die Schweden mitgröhlten als gäbe
es kein Morgen mehr. (kis)
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Rock Stage
Als Auftakt der Rock Stage, gab es die legendeären und nicht
mehr ganz so jungen Damen von
Girlschool, die alles in allem zwar überzeugten,
mit ihrem rotzigen Hard Rock in dunklen Clubs aber nach wie
vor besser aufgehoben sind als am Samstag Mittag unter
blauem Himmel. Putziger Gig! Danach kam Ex-Marillion Sänger
Fish und verzauberte die
überraschend vielen Leute mit eher nachdenklichen und
sanfteren Tönen, natürlich auch aus dem Fundus seiner alten
Hauptkapelle,
zum Beispiel mit der ewigen Prog-Oper „Fugazi“
als grosses Finale. Dann kam eines der Highlights des
Festivals. Die legendären Slaughter
aus Las Vegas putzten alles weg. Musikprominenz wie Mikkey
Dee und Dee Snider schauten von der Seite aus zu, während
der Platz vor der Rock Stage nicht ganz gefüllt wurde. Mark
Slaughter, etwas fülliger als auch schon, sang wie eh und je
und Bassist Dana Sturm machte den Gummiball. Besonders
erwähnt werden muss jedoch der neue Drummer Zoltan Chaney
(Vince Neil-Band), welcher mit seinem übertrieben
enthusiastischen und dabei trotzdem treffsicheren Gehaue
alle Lacher auf seiner Seite hatte. Die zeitgleich auf der
Rockklassiker Stage vor einem fast ebenso grossen Publikum
rockenden All-Girl-Truppe Crucified Barbara liess man sich
da gerne entgehen. Als Kult muss der Slaughter-Gig
bezeichnet werden, doch was danach folgte, dass sprang jede
Skala in Sachen „legendär“. Rar hat sich
King Diamond in den
letzten Jahren nämlich gesundheitsbedingt auf den Bühnen,
besonders den europäischen, gemacht, sodass viele Zuschauer
an diesem Abend ihr Diamond-Debüt erlebten. Und was für
eines! In einer stilechten, durch Treppen verbundenen
zweistöckigen Spukhaus-Kulisse mit leuchtenden umgedrehten
Kreuzen und Pentagramm, jede Menge Nebel und Gittern am
vorderen Bühnenrand startete der King mit „The Candle“
furios ins Set und bewies: sein unverwechselbares Falsett
hält und erzeugt noch immer schaurig schöne Gänsehaut. Und
wären die so theatralisch wie tight vorgebrachten Klassiker
wie „Welcome Home“, „Up from the Grave“ oder „Sleepless
Nights“ inkl. einiger Schauspieleinlagen nicht schon genug,
hatte der Teufelskönig auch noch gleich eine ganze Schar
Ehrengäste eingeladen. So gaben sich zum legendären
Mercyful-Fate-Reisser „Come to the Sabbath“
Mercyful-Klampfer Hank Shermann zusammen mit Michael Poulsen
von Volbeat die Ehre, während zur zweiten Zugabe „Halloween“
zwei alte Weggefährten des Kings, Michael Denner und Mikkey
Dee (natürlich unter tosendem Applaus) auf die Bühne geboten
wurden. Danach noch „Black Horsemen“ und schon war sie
fertig, die alles verdammende Horror-Metal-Revue. Zu früh,
das fanden viele der Zuschauer, doch auch die minutenlangen
Sprechchöre scheuchten den Dänen nicht mehr auf die Bretter.
Leider. (rxx)
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Festival Stage
Bei blendendem, ja fast heissem Wetter eröffneten die
Norweger Return den
letzten Tag auf der Festival Stage. Die altbekannten Songs
wurden von den Kennern abgefeiert, von allen anderen aber
eher mit desinteressiertem Höflichkeitsapplaus abgetan, was
nicht zuletzt am eher farblosen Auftritt der AOR-Truppe lag.
Schade auch, dass es das erhabene „Room in your life“ nicht
ins Set geschafft hatte. Ganz ähnlich lag die Ausgangslage
bei Bad Company. Die
britische 70er-Stadion-Truppe um Ex-Free-Sirene Paul Rodgers
(in den letzten Jahren vor allem als Queen-Fronter
unterwegs) überraschte aber mit einem beherzten Auftritt,
welcher vom Publikum mit Mitsingen und -klatschen bedankt
wurde. Insbesondere Rodgers zeigte an diesem Nachmittag,
dass er immer noch in der obersten Gesangsliga
mithalten
kann. Ganz andere Kost gab es dann bei
Lynyrd Skynyrd. Die Südstaaten-Rocker feierten
einen Siegeszug sondergleichen. Mit altbekantnen Hits wie
„Simple Man“, „Call me the Breeze“ und natürlich dem
tausendmal gehörten Gassenhauer „Sweet Home Alabama“ und
perfektem Barbecue-Wetter konnte ja auch einfach nichts
schiefgehen und so gröhlte das Sweden Rock während den 90
Minuten Redneck-Riffs so laut wie sonst nie an diesem
Wochenende. Zu guter letzte war dann Zeit für den Headliner
Mötley Crüe. Tja, was
soll man sagen? Vince kietschte Anfänglich ähnlich wie King
Diamond, jedoch ungewollt, und dem Soundtechniker hätte man
aufs Maul hauen sollen. Drums und Bässe bis zum Abwinken,
als wäre man an einer Techno-Party und nicht an einer
Rockshow. Ansonsten jedoch zockten die „Saints of Los
Angeles“ einen ganz ansehnlichen Gig. Furios wurde mit der
Hit-Parade „Wild Side“, „Live Wire“ und „Too Fast for Love“
ins Set gestartet. Während zwei leicht bekleidete Damen
„Background-Sängerinnen“ auf der Bühne herumtänzelten,
beackerten die Crües ihre Rollen, Neil als überraschend
sprintaffiner Fronter, Nikki Sixx als fieses Bassmonster mit
von der Decke schwingenden Hakenmikro und Mick Mars als
schwarzweiss geschminktes Klampfengespenst. Interaktion
zwischen den einzelnen Bandmitgliedern gab es, wie zu
erwarten, dabei zwar wenig, doch sorgten kunterbunten
Beamerprojektionen und samtene Vorhänge für das nötige
Flair. Und natürlich durfte auch Tommy Lee's Solo-Einlage
nicht fehlen. An einem Achterbahngestell hatte der sein
Drumkit befestigen lassen, um sich daran im Kreis über den
Kopf drehen zu lassen. Definitiv spektakulär anzusehen,
während sein mit Electro-Beats unterlegtes Solo eher auf dem
Niveau eines Musikschülers zu verorten war. Mit „Dr.
Feelgood“ und „Girls, Girls, Girls“ gings dann zum ersten
Mal hinter die Bühne, bevor der weisse Glitzerflügel auf die
Bühne gerollt wurde, um zu „Home Sweet Home“ stilecht im
Schmalz zu baden. Danach noch schnell „Kickstart my Heart“
und schon beendeten die Sleazer das Sweden Rock, indem sie
mit ein paar Eimern Kunstblut noch die vordersten Reihen
besudelten. (rxx)
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Und dann war er da, der schlimmste
Augenblick an diesem Wochenende, dann, wenn man realisiert,
dass man wieder ein Jahr warten muss, um dieses Mekka des
Rock'n'Roll erneut zu besuchen. Wo sonst nämlich gibt es ein
ebenso hochkarätiges wie gemischtes Billing, eine ebenso
relaxte wie frenetische Stimmung? Der erste Name des
Billings verspricht jedenfalls schon Grosses für 2012:
Niemand Geringeres als die Prog-Götter Rush werden nächstes
Jahr Sölvesborg beehren und damit zum ersten Mal seit 35
Jahren eine Open-Air-Show auf europäischem Grund darbieten.
Wir jedenfalls haben uns den 5. bis 8. Juni 2013 schon ganz
rot und mit Herzchen (und süssen Totenköpfen) angestrichen,
denn wir wissen ganz genau: „It's only Rock'n'Roll... but I
like it!“
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