Man kann es einfach nicht anders schreiben: Das "Sweden Rock
Festival" ist eines der besten der Welt. Und zwar nicht nur
vom rund 90 Bands umfassenden Line-Up her, das jedes Jahr mit
einer treffsicheren Mischung aus stadionwürdigen Headlinern
(Def Leppard, Judas Priest, Mötley Crüe), unterschiedlichsten
Szene-Helden (von Fish bis Meshuggah und wieder zurück), fast
vergessenen Perlen (Rock Goddess, Lucifer's Friend) und neuen
Platzhirschen (Ghost, H.E.A.T.) glänzt. Auch in Sachen
Organisation, Infrastruktur und dem ganzen Drumherum von den
Fressständen (der Blick danach auf die Waage war kein schöner)
her bis zum relaxten Security-Personal ist kaum zu toppen.
So liess es sich Metal Factory auch dieses Jahr nicht
nehmen und reiste wie immer mehr andere auch von der Schweiz
nach Südschweden, um an der Nordmeer-Küste vier grandiose
Festival-Tage unter (den Rock'n'Roll Göttern sei dank) meist
blauem Himmel zu feiern. Wer sich wie geschlagen hat, welche
Bands abräumten und welche man lieber abgeräumt gehabt hätte,
das könnt ihr im Folgenden lesen, beziehungsweise in Form der
besten Schnappschüsse anschauen. Und falls ihr Euch danach
überlegt, ebenfalls einmal ins gelobte Land der verzerrten
Riffs zu reisen, können wir mit gutem Gewissen raten: Tut es!
(kis)
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Mittwoch, 03.06.2015
Rockklassiker Stage Neu im Zelt (was uns unseren
Presse-Camping-Platz kostete, aber darüber wollen wir nicht
maulen) stellten kleinere, beziehungsweise abseitigere Bands
auf der
Rockklassiker Stage ihr Können unter Beweis.
Morbus Chron verwandelten als
erste den grauen Tag zu tiefschwarzer Nacht und liessen alle
Fans von fiesem oldschool Teufelssound à la Venom oder frühen
Bathory nostalgisch den Kopf schütteln. Nicht minder schattig,
wobei man die Sonne an diesem Tag gerne mehr gesehen hätte,
gingen es The Order Of Israfel
an. Die norwegischen Doom-Shooting Stars überzeugten mit
erhabenen Melodien, die dank tightem Spiel und charismatischer
Ausstrahlung auch bei 10-minütiger Dauer noch fesselten.
Jon English hingegen
verstrahlte Lebensfreude pur. Wie schon letztes Jahr (damals
unter nachmittäglichem Sonnenschein) mochte man sich als
Nicht-Schwede fragen, warum man von einem Australier, der mit
zweifellos superber Band nicht mehr als ordentlicher Melodic
Rock spielt, so begeistert sein kann. Dank ein paar Bieren
wurden wir es am Ende aber ebenso, denn sympathischer als Mr.
English kann man gar nicht sein. (kis)
Sweden Stage
Die erste Band auf der so zu sagen heimischen Bühne war eine
AC/DC-Coverband mit dem fast sinnfreien Namen
Hazy/Dizzy. Das erzeugte
schon zu Beginn gemischte Gefühle, die sich nachher nicht ganz
bestätigten. Der Sänger klang immerhin sehr ähnlich wie Brian
Johnson und der etwas angejahrte wie beleibte Angus spielte
zwar gut, bewegte sich sonst aber eher hemdsärmlig. Die Setliste
enthielt einige Klassiker und erstaunlicherweise auch Songs
vom aktuellen Album. Insgesamt unterhaltend für ein Festival,
mehr aber auch nicht. Die zweite Band
Lillasyster genoss Heimbonus
und das hörte man gleich von Anfang an. Das wurde noch dadurch
verstärkt, dass die Gruppe auf schwedisch und nicht englisch
sang. Frontmann Martin Westerstrand trug eine Art Kilt,
getrimmt auf Militär-Look und ergänzt mit einer Art
Fliegerkappe. Das Ganze sah ziemlich schräg aus und so kam
auch die Musik rüber. Etwas in der Art von Lordi meets
Disturbed oder so. Zwischendurch bratete es zwar ordentlich
und einmal gab es zur Abwechslung auch akustische Klänge. Den
Landsleuten von Lillasyster gefiel es auf jeden Fall und die
spendeten schon fast frenetischen Applaus. In meinen Ohren
klang es eher bierselig und schon bald austauschbar. Mit den
Quireboys kam dann etwas
Hochkarätigeres auf die Sweden Stage. Die Briten sind stets
Garant für gute Konzerte, deren Gelingen jedoch davon abhängt,
ob Frontmann Spike nicht zu angetrunken auf die Bühne steigt.
Das Publikum hatte Glück und so durfte man ein entspanntes
Konzert mit vielen Highlights geniessen, das sich
wirklich
gewaschen hatte. Die Band spielte tight wie fluffig zugleich
auf und bot ihrem tänzelnden Chef den Rückhalt, den er
brauchte. Der Hügel der Sweden Stage war gefüllt und
bestätigte, wie angesagt The Quireboys in Schweden sind. Den
Abschluss stellte D-A-D, die
aber ohne ihren quirligen Bassisten Stig Pedersen auskommen mussten, der
sich ein paar Tage zuvor den Arm brach. Sein Ersatz (mit vier
Saiten) liess aber nichts anbrennen und so konnte der Rest der
Band einen soliden Set runter reissen, der kaum was vermissen
liess, was D-A-D ausmacht. Umrahmt von eigenwillig
konstruierten Lichtinstallationen spielte der Headliner gute
neunzig Minuten. Danach ging es wegen dem eisigen Wind schnell
in Richtung Camper, um Energie für den zweiten Festivaltag zu
tanken. (rsl)
4Sound Stage Die Ehre, das
diesjährige Sweden Rock zu eröffnen, hatten die einheimischen
Kee Man Hawk. Mit einem
warmen Gitarrenklang und ihrer Mischung aus Hard Rock und
Southern Rock repräsentierten sie genau die Mischung, welche
das Sweden Rock in den kommenden vier Tagen dominieren sollte.
Zuerst etwas langsam, gewann die Band immer mehr an Fahrt.
Diesen Schwung übernahmen die Stoner Rocker
Abramis Brama. Vor bereits
mehr Publikum zelebrierten sie einen süffigen Rock, der
innerhalb der selbst gesetzten Stilgrenzen mit ziemlich viel
Abwechslung glänzte. Eine ganz andere Baustelle fuhren die
Kult-Metaller Hell auf. Die
Engländer zelebrierten gemeinsam eine Messe, bei welcher
Sänger David Bower im Mittelpunkt stand. Mit grossen Gesten
schlug er sich das Böse aus dem Leib. Seine Stimme, zusammen
mit überaus headbangbaren Rhythmen, liess die gefühlten
Temperaturen zum Nullpunkt sinken. Wer sich dagegen wehrte,
konnte dies mit ekstatischem Wippen zur Musik tun. Dies
funktionierte auch bei Evergrey
ausgezeichnet. Ähnlich verzweifelt wie Hell, dafür aber
progressiver, setzten die Schweden zu einem deprimierten
Triumphzug an - und gewannen. "We should leave this behind us"
wurde jedenfalls für Evergrey in ihrem eigenen Land nicht zum
Motto.(kis)
Donnerstag, 04.06.2015
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4Sound Stage An diesem
Donnerstag eröffneten die einheimischen
Yardstones
den Reigen. Sie spielten coolen klassischen Rock mit
diversen
Anleihen, unter anderem auch Guns n' Roses. Die Spielfreude
war gross und die schon recht grosse Meute vor der Bühne
feierte sie ab. Eindeutig mehr Leute fanden sich danach bei
Steve 'N' Seagulls ein. Bekannt sind die
Finnen vor allem aus Youtube, wo sie mit einer Banjo-lastigen
Version von «Thunderstruck» auf sich aufmerksam machten. So
coverten sie alte und neue Hard Rock wie Metalklassiker bis
hin zu «Ich will» von Rammstein. Grossartige
Show und viel
Spass wurde auf eigenwillige Art und Weise vermittelt. Danach war Zeit für eine Legende. Kein
Geringerer als Steve Grimmet, beziehungsweise
Steve Grimmet's Grim Reaper
stand auf der Bühne und überzeugte mit seinen Mitmusikern auf
der ganzen Linie. Neben dem Mikroständer stand auch ein iPad,
welches er offenbar als Teleprompter benutzte. Er machte
daraus auch kein Geheimnis und gestand, dass manche Songs seit
über dreissig Jahren nicht mehr gespielt wurden. Es sei ihm
verziehen, denn wer immer noch so zu überzeugen vermag, darf
eigentlich fast alles. Eine Woche zuvor noch bei der
CD-Release Party von Crystal Ball in Luzern auf der Bühne,
konnte man nun
Noora Louhimo mit
Battle Beast hier am "Sweden Rock" bestaunen. Es war
ein regelrechter Triumphmarsch. Die Schweden scheinen diese
finnische Band zu mögen. Sie frassen Nora praktisch aus der
Hand. Den Abschluss des Tages auf der 4Sound Stage bestritten
die einheimischen Bloodbath,
die gleichzeitig mit Def Leppard spielten und deswegen halt
nicht ganz so viele Leute anzogen. Trotzdem gaben sie ihr
Bestes. (kis)
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Sweden Stage
Mit modern angehauchtem Melodic Metal und einer für diese Zeit
beneidenswerten Energie, moshten
Delain den Besuchern
vor der Sweden Stage den Schlaf
aus den Augen. Unter der Ägide von Frontfrau Charlotte Wessels
und Merel Bechtold an der zweiten Gitarre weiblich verstärkt,
liessen die Holländer das Publikum hüpfen, klatschen und
jubeln. Gemächlichere, um nicht zu sagen gesetztere Töne
schlug nachher Fish an. Der
Ex-Marillion Fronter und somit Prog-Lichtgestalt sagte
"Farewell To Childhood" und euphorisierte damit seine Fans,
während der Rest die britische Präzisionsarbeit als Melodie
fürs Mittagsschläfchen missbrauchte (der Autor inklusive).
Wegdämmern ging beim darauf folgenden Carl Palmer und seinem
ELP-Legacy schlechter. Zwar ebenfalls 70ies-Prog, aber von der
griffbrett-akrobatischen Seite rasten die Finger der beiden
von Palmer zur Verstärkung geholten Musikstudenten über die
Saiten, während das "P" in Emerson
Lake & Palmer den Takt zu den instrumentalen
Frickel-Orgien schlug. Das mochte Shred-Fetischisten und
Hardcore-Palmerianer beglücken, den Rest jedoch kaum, nicht
zuletzt, da die Versionen von «21st Century Schizod Man» (King
Crimson) oder "The Barbarian" aus dem eigenen ELP-Fundus dann
doch nicht umwerfend sauber daher kamen. Letzteres, also diese
Sauberkeit, konnte und wollte man von
Exodus nicht erwarten.
Die momentane Besetzung mit Steve Souza am Mikro und dem
mittlerweile als Dauerersatz für Gary Holt zu bezeich-nenden
Kragen Lum (Heathen), lenkte von der Bühne her jeden Moshpit und so
auch einen der wenigen überhaupt am Sweden Rock. Weniger
aggressiv als sein Vorgänger Rob Dukes, dafür stimmlich in
einer anderen Liga, liess Souza die abstrus genialen
Gesangsmelodien von Klassikern wie «A Lesson In Violence» und
natürlich «Bonded By Blood» aus der Versenkung direkt in die
bangenden Gehörgänge knallen. Wer sicherlich auch einen Knall
hatte, beziehungsweise sich wohl was geknallt haben musste, war
Michael Monroe. Der drahtige
Ex-Hanoi Rocker konnte schlicht nicht still stehen, kletterte
auf Bühnenverstrebungen, sprang in den Fotograben, tanzte,
"saxophonte" und turnte (der Mann kann den Spagat immer
noch!). Musikalisch machte er auch mehr als eine gute Falle,
denn letztlich kann man mit einer stürmischen Mischung aus
Glam, Sleaze, Punk und Garage zu später Feierstunde eigentlich
auch nichts falsch machen. (rxx)
Festival Stage
Es ist eher selten, dass Musiker am Sweden Rock offiziell
zweimal zum Handkuss kommen. Nachdem The
Quireboys bereits am ersten
Festival-Tag aufspielen konnten, bekam deren Frontmann Spike,
zusammen mit Musikern von unter anderem Thunder und Magnum,
die Gelegenheit auf der grossen Festival-Stage zu performen.
Dabei widmete sich man dem Liedgut von Frankie Miller, Free
und mitunter Thunder. Nachdem die Gesangsstimme gestern noch
ziemlich ok war, klang sie heute eher heiser. Dafür leuchtete
eine frische rote Nelke im Revers. Musikalisch sicher
hochstehend spielte sich die Allstar-Truppe durch einige Hits
hindurch. Dabei durfte natürlich auch "Allright Now" nicht
fehlen, also gerade richtig für den frühen Nachmittag. Etwas
später, genauer um vier Uhr, kam dann mit
Slash, wieder begleitet von
Alter Bridge Shouter Myles Kennedy, ein anderes Kaliber. Der
Platz vor der Festival Stage war proppenvoll und bot dem
ehemaligen Lead-Gitarristen der Gunners das gewohnte Bild.
Die bisherigen zwei Studio-Alben brachten tolle Songs hervor,
die ebenso stadiontauglich wie die alten Schoten von Guns n'
Roses sind. Mit dieser optimalen Mischung ging die Truppe
beherzt ans Werk und liess nichts anbrennen. Dass
aber nach
wie vor die alten Songs von Axl & Co. die grössere Resonanz
erzeugen, lässt die Hoffnung nicht aufgeben, dass die Reunion
des Jahrzehnts vielleicht doch noch irgendwann geschehen wird. Mit
Toto folgte danach eine der
besten, wenn nicht die beste Live-Band der Welt. Mainman und
Gitarrist Steve Lukather entfachte einmal mehr ein Spektakel
der Extra-Klasse. Es war einfach krass, wie gut diese Musiker
zusammen harmonieren und jedes noch so kleine Detail
sattelfest sitzt. Nebst ein paar neuen Songs des aktuellen
Albums warteten die begeisteren und zahlrich aufmarschierten
Fans natürlich auf die grossen Hits wie "Hold The Line",
"Rosanna" und natürlich "Africa". Der Spagat zwischen diesen
Klassikern und deutlich härteren Songs gelang mühelos und
unterstrich die gute Wahl für das "Sweden Rock Festival". Der
unbetrittene Headliner und Kracher waren dann zum Abschluss
jedoch unbestritten Def Leppard,
die insgesamt eine grandiose Vorstellung ablieferten.
Angefangen bei Sänger Joe Elliot, der stimmlich absolut auf
der Höhe war und Gitarrist Phil Collen, der vor Energie nur
so strotzte. Ebenso erfreulich war die Tatsache, dass Vivian
Campbell, der zweite Mann an der Klampfe, offenbar wieder
soweit "gesund" ist und seine Kollegen tatkräftig
unterstützte. Umrahmt von einer fetten Lightshow liessen es
die tauben Leoparden ordentlich krachen und markierten so das
bisherige Highlight des Festivals. (rsl)
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Rock Stage
All That Remains bewiesen
gleich zu Beginn ihres Auftritts Professionalität. Als gleich
beim zweiten Lied der ganze Publikumssound verschwand, spielte
die Band seelenruhig fertig und erntete dafür nicht nur viele
Sympathien, sondern
auch grossen Applaus. Die Amerikaner
hatten also bereits gewonnen und nutzten dies auch für den
Rest des Konzertes aus. Dabei suchten vorallem Frontmann
Philip Labonte und Gitarrist Oli Herbert ständig den Kontankt
zum Publikum. Children Of Bodom-Konzerte
waren für ihre Fans in letzter Zeit eine Zitterpartie. Die
bange Frage lautete: Wie gut fühlt sich Frontmann Alexi Laiho?
Gut war die Antwort am Sweden Rock. Aber auch der neue
Gitarrist machte eine äusserst gute Figur, so dass das mit
vielen alten Liedern gespickte Programm alle Fans
mehr als
zufrieden stellte. Nie sorgen um leere Batterien müssen sich
Airbourne-Fans machen. Und
tatsächlich räumten die Australier mit ihrem Power Hard Rock
alles ab, was möglich war. Das übliche "Bier mit dem Kopf
öffnen" und das Bühnenaufbauten-Besteigen gehörten ebenso
dazu, wie ein massives «Running Wild» zum Schluss des Sets.
HammerFall in ihrem
Heimatland Schweden zu sehen - ach wie cool ist das?! Sehr
cool! Auch wenn die Setliste sehr derjenigen glich, welche sie
bereits auf der Frühlingstour gespielt hatten. Einziger
Unterschied: Ihr ehemaliger Bassist Fredrik Larsson ist
zurück. Im Vergleich zur Tour fühlte ich zwar weniger
Spielfreude, das schwedische Publikum frass der Band aber bis
zum obligatorischen «Hearts On Fire» locker aus den Händen.
Ach was haben sich unser Rockslave und unser Kissi auf
Ghost gefreut. Und
tatsächlich verhielten sie sich während dem Auftritt wie
kleine Kinder, welche in einem Süssigkeitsladen eingesperrt
sind. Nahm man die rosafarbene Brille ab, blieb auf jeden Fall ein
gewaltiger Sound mit einer spannenden Mischung aus Pop, 70ies
Prog Rock und Industrial Metal. Dazu kam eine an Okkultismus
grenzende Inszenierung, bei der sämtliche Beteiligte bis zur
Unkenntlichkeit maskiert waren. Mit neuem, bisher
unveröffentlichen Material wie «Absolution», machten sie zudem
Lust aufs nächste Album. (rog)
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Rockklassiker Stage
Auch 2015 wurde die kleinste Bühne, wie jedes Jahr am zweiten
Festivaltag, zur NEMIS Stage. Für «New Music in Sweden» steht
das Kürzel, ein Ausbildungsprogramm für junge Musikerinnen und
Musiker, und demzufolge Neues gab es zu entdecken, so etwa
schon vor Mittag Maida Vale.
Die all-female Retro-Truppe überzeugte dabei nicht nur
optisch, sondern auch mit makellos vorgetragenem
Schlaghosen-Rock zwischen Jefferson Airplane, Blues Pills und
Shocking Blue. Von solidem Thrash (Deception,
Wasted Shells) über Metalcore
(Safemode) ging es mit dem Heavy Blues von
Royal Ruckus dann wieder
zurück in den 70ern, bevor Egonaut
in rot-schwarzen Roben und mit einer schweisstreibenden
Performance Modernes mit Altem, heisst Hard Rock, Stoner und
Industrial-Anleihen vermischten. Komplett alle Genre-Grenzen
rissen danach Seventribe ein.
Mit unbändiger Energie hoppste und moshte die achtköpfige
Chaostruppe über die Bühne und bewies, dass ihr Weirdo Metal
zu später Stunde definitiv besser funktioniert als wenn sie -
so geschehen am Sweden Rock vor ein, zwei Jahren - mittags
eröffnen müssen. Neue Bands braucht die Welt und Schweden
zeigte ein weiteres Mal, wie es geht. (kis)
Freitag, 05.06.2014
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4Sound Stage
Eher gemächlich begang der dritte Festivaltag auf der 4Sound
Stage. 80er Hard Rock mit einem Schuss Dio-Doom, ordentlich
vorgetragen aber ohne wirkliche Hooks, damit weckten
M.O.B. die Besucher. Dass die
Schweden dabei schon seit 25 Jahren aktiv sind und es
währenddessen nicht über einen Opener-Slot hinaus geschafft
haben, spricht für sich selber. Um Spielfreude statt
Talent
ging es danach auch beim Playalong Guitar Battle. Zuerst
füllte sich die Bühne mit circa vierzig Gibson-Fans, die allesamt
AC/DC-like schrummelten, dann kamen ähnlich viele Fender-Freunde
zum Zug. Dafür gab es danach Kult in Reinkultur:
Rock Goddess waren in den
80ern, neben Girlschool, die zweite furiose all-female-Band der
NWoBHM und seit eben dieser Zeit kaum mehr live zu sehen.
Frontfrau Jody Turner musste ihrer Erinnerung zwar etwas
nachhelfen und sich die ausgedruckten Texte auf den
Notenständer pappen, ansonsten hatten die drei Ladies dem
Alter überraschend gut getrotzt (von ein paar Falten natürlich
abgesehen). So keifte und shreddete sich Jody kratzbürstig
durchs Set, während ihre Schwester Julie an den Drums und Tracy
Lamb am Bass ordentlich aufs Gaspedal drückten und Klassikern
von "Satisfied Than Crucified" bis "Heavy Metal Rock'n'Roll"
den nötigen Kick gaben. Etwas weniger selten, aber nicht
weniger energetisch, beackerten Wolf
die Bühne. Dass es die Schweden in ihrer mittlerweile auch
schon 20-jährigen Karriere nie über die Support-Stufe hinaus
geschafft haben, ist eine der grossen Ungerechtigkeiten
des Heavy Metal und das machte das Quartett auch bei dieser
Show mit tightem Spiel und ordentlich
Wumms klar. Ähnlich
tragisch liest sich auch die Geschichte von
Lucifer's Friend, dem
Freitags-Headliner auf der 4Sound Stage. Lange vergessen, wird
die bis auf Fronter John Lawton (u.a. Ex-Uriah Heep) deutsche
Truppe heute aber endlich wieder als das gefeiert, was sie
sind: hervorragende Musiker, deren selbstbetiteltes Debüt von
1970 zurecht als Meilenstein der harten Gitarrenmusik gilt.
Nicht nur, aber vor allem das Material dieser verzerrten
Pionierleistung liess einen bei der ohne Schnickschnack, dabei
umso mehr Feeling absolvierten Geschichtsstunde des Rock die
unabwendbare Gänsehaut streicheln. Kult! (kis)
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Sweden Stage
An Legenden mangelte an diesem "Sweden Rock" definitiv nicht,
und so kamen bereits Frühaufsteher in den Genuss von Ex-Thin
Lizzy Keyboarder Darren Wharton. Bei seiner eigenen Band
Dare singt der Gute schönen
schmerzlosen, teilweise auch etwas belanglosen AOR. Dem
Publikum gefiel es und auch meine Wenigtkeit hatte zumindest
dann Freude, wenn die 1985 gegründete Gruppe mal etwas die
Handbremse lockerte. Ganz anders war es bei den schottischen
Piraten-Metallern Alestorm.
Hier regierte Spass und Geschwindkeit, was sehr viele Fans
abfeierten. Mit dem wohl unpassendsten (wenn nicht gar
peinlichsten) Backdrop uberhaupt, dirigierte Käptn Christopher
Bowes seine Mannschaft durch Lieder wie «Keelhould», «Captn'
Morgans Revenge» oder dem estnischen Eurovision-Lied «Wolves
Of The Sea». Als Duetpartner hatte Bowes eine
Affenhandpuppe
dabei, welche den Spassfaktor des Auftritts ins Unendliche
trieb. Nicht zurück zu Piratenzeiten, sondern in diejenige der
Hippies führten anschliessend
Blackberry Smoke das Publikum. Ihr gemütlicher 70ies
Southern Rock passte, zusammen mit ihren Bärten und
Jeanshosen, hervorragend zum vorabendlichen sonnigen Wetter.
Die ersten Reihen sangen dabei jedes Wort lautstark mit,
während hinten fröhliches Fusswippen zur aktuellen Mode
erklärt wurde. Etwas enttäuscht über den Zuspruch des
Publikums dürfte Pat Travers mit seiner
Pat Travers Band gewesen
sein. Dass es nicht an den gleichzeitig auftretenden Backyard
Babies gelegen hat, machte ein Augenschein vor Ort schnell
klar. Zu harmlos war der Sound, zu zurückhaltend die
Bühnenpräsenz der Musiker. Dazu kam das ewige Problem der
AOR-Bands: Zwischen tollem druckvollem Hard Rock und schönem
Blues verpackte Pat Travers einfach zu viel Standard-Gesülze.
Ganz anders präsentierten sich die jungen schwedischen Hard
Rocker H.E.A.T. -
Vor vollen
Rängen zelebrierten sie neunzig Minuten Vollgas Hard Rock mit
allen Klischees. Erstaunlich ist dabei nicht nur, wie gut die
Lieder sind, obwohl sie eigentlich gar nichts Neues bieten.
Auch Sänger Erik Grönwall sorgte für offene Münder, denn er
schien nur ein einziges Ziel zu haben: Sich so zu verausgaben,
dass er von der Bühne getragen werden muss! Diesen Zustand
erreichte er aber zum Glück nicht. Wer die Schweden noch nie
gesehen hat, hat bisher definitiv was verpasst. Hoffen wir,
dass es mit ihnen nicht so wie mit Mötley Crüe geht, welche
kurz vor den Lokalmatadoren die traurige Realität zur Schau
stellten. Als zu spät Geborener kann ich dank H.E.A.T. nun
wenigstens erahnen, wie die Auftritte vieler meiner
80er-Helden in ihrer Blütezeit waren! (rog)
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Rock Stage
Den Freitag durften die Melo-Deather von
Dark Tranquillity eröffnen.
Ein Heimspiel für die Jungs um Mikeal Stanne. Die anwesende
Meute feierte sie kräftig
ab. Danach war Zeit für die Hardcore
Legende Hatebreed. Mit viel
Groove und einer Prise Thrash überzeugten die Amis. Ganz
besonders der Gitarrensound der Gibson Les Paul war wunderbar
anzuhören. Sänger Jamey Jasta beteuerte noch, wie dankbar er
sei, zusammen an einem Festival mit Bands wie Mötley Crüe oder
Molly Hatchet spielen zu dürfen. Tja, sowas gibt es
wirklich nur am Sweden Rock. Ganz andere Töne folgten danach
bei Dokken. Lange ist es her,
seit der gute Don unsere Breitengrade besucht hat. Zwar etwas
in die Jahre gekommen, aber immer noch ganz ordentlich mit
Songs wie «The Hunter» oder «Kiss Of Death». Die spassige
Kommunikation mit
Drummer Mick Brown sorgte dabei immer wieder
für Lacher. Bei der nächsten Band wurde es dann ziemlich voll
vor der Rock Stage. Es war ja schliesslich der erste Auftritt
von Backyard Babies nach fünf
Jahren Abstinenz, und es war beinahe so, als wären Nicke Borg
und Dregen nie getrennt gewesen. Geiler Dirty Rock'n'Roll
der besten schwedischen Güteklasse wurde da gezockt! Bleibt zu
hoffen, dass es nun so bleibt. Danach ging es mit einer weiteren
schwedischen Legende weiter, jedoch der etwas anderen Sorte.
Mit einer trotz der Vertracktheit alles niedermalmenden Riffwand
gaben Meshuggah dem langsam
ausgelaugten Publikum den Gnadenstoss. Die Präzision und
Intensität die die Jungs an den Tag legten, kombiniert mit
einer laserartigen Lichtshow, verliehen den Extreme Metal
Helden einen beinahe schon ausserirdischen Anstrich, und so
headbangten sich einige dazu wohl endgültig ins Mosh-Nirvana.
(rxx & kis)
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Festival Stage
Am dritten Festival-Tag eröffneten die Südstaaten-Rocker
Molly Hatchet den Reigen auf
der grössten Bühne des "Sweden Rock Festivals". Als Erstes
fiel auf, dass Bobby Ingram der einzige Gitarrist war. Der
schlechte Gesundheitszustand von Dave Llubek lässt es nicht
mehr zu, dass dieser noch reisen, respektive auftreten kann.
Das ist natürlich sehr schade, denn einst hatte man ja gar
drei Klampfer am Start. Das Selbstbewusstsein litt jedoch
nicht darunter und obwohl die grosse Bühne klar zu
überdimensioniert war, lieferte die Band eine soweit solide
Performance ab. Dies gefiel offenbar aber nicht allen gleich
gut. Ich fands soweit ok, auch wenn da einiges an Power
fehlte. Die ausgedehnten Soli von Bobby waren allerdings erste
Sahne, hell yeah! Weil mich der Auftritt von Rock Goddess
weitaus mehr interessierte als die 70er Ikone
Manfred Mann's Earth Band,
sah ich von dessen Auftritt nur noch den Schluss. Die
obligaten Lieder an dieser Stelle waren natürlich «Davy's On
The
Road Again» und «Mighty Quinn». Die britische Kult-Band
hatte kein Backdrop dabei und so wirkte es optisch kaum bis
gar nicht. Den nicht so zahlreichen Fans gefiel es trotzdem.
Opeth wirkten da schon
bereits um einiges mächtiger, aber warm wurde ich dabei nicht.
Der Düster-Prog eignet sich nur bedingt zum Abfeiern an so
einem Festival, aber das kann man natürlich auch anders sehen.
Die Schweden profitierten auf jeden Fall vom Heimbonus, wie
das zahlreich aufmarschierte Publikum bewies. Meins wars indes
nicht. Der Headliner des Freitags eher, aber die Gefühle waren
gemischt, was mich erwarten würde. Fakt war, dass ich dafür
die erste Live-Performance von Lucifer's Friend (mit Ex-Uriah
Heep Fronter John Lawton) seit 28 Jahren so zu sagen opferte.
Ich hätte es gescheiter nicht getan, denn schon bald sah man,
warum Mötley Crüe keine
Fotographen zuliessen. Frontkrächzer Vince Neil hat nämlich
einige Pfunde zugelegt und sah wirklich aufgedunsen aus.
Stimmlich waren ja eh keine Wunder zu erwarten und von da her
gings gerade noch. Der grosse Rest wirkte allerdings reichlich
uninspiriert und markierte für mich die Enttäuschung des
ganzen Festivals. Hoffentlich wird das bei der
Hallen-Abschiedstour im November besser, zumal von
zusätzlichen Showelementen ausgegangen werden kann. (rsl)
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Rockklassiker Stage
Nach den Newcomern am Vortag war die Zeltbühne nun wieder in
der Hand etwas grösserer Namen. Der One-Man-Rocker
Scott H. Birham machte dabei
den Anfang und kredenzte zum Mittag eine räudige Mischung aus
Rock'n'Roll, Country und Blues - ein Hillbilly-Mix, der in
Schweden immer funktioniert. Was aber noch besser geht:
Metal-Hits zum Mitsingen und die bot der mittlerweile zur
Tradition gewordene Auftritt der
Rockklassiker Allstars im Dauerfeuer, namhafte
Gastmusiker und -Sänger inklusive, die wir leider nicht
wirklich zu Gesicht bekamen, da das Zelt schon von Beginn weg
bis auf den letzten Quadratmeter gefüllt war. Nicht viel
weniger Leute zogen danach Evergrey
vor die Bühne, die nach ihrem elektrifizierten Auftritt am
Mittwoch auch akustisch die Gunst des Publikums für sich
gewinnen konnten. Das gelang Kaipa
Da Capo zwar auch, doch der an Yes oder Kansas
erinnernde Prog Rock der schwedischen Veteranen beglückte eher
eine kleinere Nische. Gloryhammer
hingegen kamen, sahen und siegten mit ihrem Power Metal und da
ja mit Thomas Winkler ein Schweizer am Mikro stand, durfte man
schon etwas Nationalstolz empfinden ob dem Jubel, den die
Drachen- und Schwerter-Metaller um Alestorm-Mastermind
Christopher Bowes auslösten. Mehr Applaus gab es danach erst
wieder für Tony Carey, als
sich dieser auf seine Anfänge besann und die unsterblichen
Keyboard-Lines von Rainbow performte, etwa "Tarot Woman" mit
seinem epischen Synthie-Intro und Age Sten Nilsen von Wig Wam
am Gesang. Vom Regenbogen ging es dann am Ende noch runter in
die Hölle. Marduk
pechschwefelten wie gewohnt grantig, liessen den Black
Metal-Panzer alles niederrattern. (kis)
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Samstag, 06.06.2015
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4Sound Stage
Mittags um halb Zwölf ging es schon heftig los. Die beinahe
All-Girls Band von Frantic Amber
rief auf zum wilden Tanz. Mit ihrem Death Metal artigen Sound
und vor allem der Optik, mochten die Ladys schon zahlreiche
Leute vor die Bühne zu ziehen. Danach folgte der
Auftritt der amerikanischen
Metal-Legende Exciter! Das
kultige Trio, das im April bereits ein Highlight des "Keep It
True"-Festivals war, zog sich nun auch im hohen Norden mehr
als achtbar aus der Affäre. Drummer und Leadsänger Dan
Beehler,
mittlerweile auch über 50 Jahre alt, jappste
allerdings immer wieder nach Luft, doch seinem immer noch
energetischen Spiel tat das keinen Abbruch. Das Gleiche galt
ebenso für Gitarrist John Ricci und Bassist Allan Johnson, die
mit «Heavy Metal Maniac» und zahlreichen weiteren alten
krachern voll punkten konnten. Eigentlich hätten um 16.00 Uhr
dann "unsere" Eluveitie die 4Sound Stage zerlegen sollen.
Leider geriet bei der Anreise einiges an Material und
Instrumente etwas auf Umwege, so dass unsere Kelten ihren Gig
auf 22.30 Uhr verschieben mussten. Dies war auch nur möglich,
weil My Dying Bride ihren 22.30 Uhr Gig komplett absagen
mussten. So passierte ab 16.00 Uhr Uhr auf dieser Bühne
absolut nichts. Weiter ging es dann erst wieder drei Stunden
später mit der australischen Rocklegende
The Angels. Die Jungs spielen
schon seit den frühern 70er und ihr Auftritt hier konnte so zu sagen
als historisch betrachtet werden.
Dann endlich war es soweit
und anstelle von My Dying Bride legten
Eluveitie los. Leider
spielten zeitgleich auf der grossen Festival Stage die
legendären Judas Priest. Trotzdem konnten Elu' eine
ansehnliche Menge an Zuschauern vor die Bühne locken. Chrigel
erzählte dabei die Geschichte über die Anreise und warum der
Bassist zwischenzeitlich "verloren" ging. Anna Murphy fragte
dann die Schweden, ob sie "Call Of The Mountains" auf Englisch
oder lieber auf Schwyzerdütsch hören wollen. Das Feedback war
eindeutig und so schallte "De Ruef vo de Berge" über das
schöne Südschweden hinweg. Der Auftritt fand grossen Zuspruch
und spätestens beim Hit "Inis Mona" war klar, dass hier
verdammt viele Leute auch wegen Eluveitie gekommen waren.
(rxx)
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Sweden Stage
The Sirens, das ist das
gemeinsame Projekt dreier prominenter Metal-Ladies, genauer
Anneke van Giersbergen (Ex-The Gathering), Liv Kristine
(Leaves' Eyes) und die bei uns etwas weniger prominente Kari
Rueslatten (3rd and the Moral). Ein paar eigene Songs,
hauptsächlich aber Material von ihren (Ex-)Hauptbands
performten die drei sich gegenseitig mit Lobhudeleien
überhäufenden Damen und machten damit die Symphonic/Gothic
Metal Fraktion selig. Um Seligkeit, wenn nicht gar Heiligkeit
ging es danach auch bei Jerusalem.
Zwar war ich zugegebenermassen etwas enttäuscht, als ich
begriff, dass es sich dabei nicht um die britischen
Proto-Metaller, sondern um die schwedischen Christen-Rocker
aus den 80ern handelte, doch legte die Truppe um
Original-Sänger und Gitarrist Ulf Christiansson einen sauberen
Auftritt hin und liess sich die Spielfreude trotz
überschaubarem Publikum nicht nehmen. Deutlich dreckiger ging
es
danach bei Nuclear Assault
zu und her. Die 80's Thrasher kreissägten sich wie eh und je
durch Mosher wie "Brainwashed" oder "Rise From The Ashes"
hindurch und brachten dabei die Nackenmuskeln des Publikums an den
Anschlag, während die Sticheleien, um nicht zu sagen Pöbeleien
zwischen dem kumpelhaften Fronter John Connelly und dem wie
gewohnt angepisst wirkenden Bass-Hühnen Danny Lilker eher die
Lachmuskeln attackierten. Nicht weniger heftig, aber eine Spur
erhabener schickten sich Gojira
an, alles in Schutt und Asche zu riffen. Die Franzosen waren
an Tightness nur noch von ihrem Lichtmann zu überbieten, der
während der Dämmerung alles aus den Scheinwerfern und
Nebelmaschinen rausholte. Das kam (zumindest für mich) zwar
nicht ganz an die Mosh-Bewusstseinserweiterung von Meshugga am
Vortag heran, bewies aber eindrücklich, dass Gojira
mittlerweile zu den ganzen Grossen des modernen Metal zu
zählen sind. Wortwörtlich heiss ging es am Ende bei
Behemoth zu und her. Die
polnische Black Metal Macht verwandelte die Sweden Stage zum
Festival-Abschluss in ein perfekt inszeniertes Inferno aus
Flammenwerfern, Fackeln, Blitzlicht und finsterfiesem
Schwarzmetall, welches weit über die Subgenre-Grenze hinaus
für Begeisterungsstürme sorgte und das diesjährige Festival
furios beendete. (kis)
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Rock Stage
Pünktlich um 12.00 Uhr mittags stieg die in ihrem Heimatland
ziemlich populäre Band Mustasch
auf die Bühne und dieses Jahr gebührte ihnen das vorgängige
Zelebrieren der schwedischen Nationalhymne. Ein alljährlicher
Brauch beim "Sweden Rock", wo man jeweils sofort merkt, dass
man hier stolz auf sein Land ist. Nach dem so zu sagen
offiziellen Teil wurde dann auch noch gerockt und das nicht zu
knapp. Live kommen Mustasch noch eine Prise härter daher und
die orchestrale Begleitung (ab Band) wirkt allenthalben zwar
etwas überladen, aber genau das ist ja eines der
Markenzeichen. Die Stimmung war gut und der Zuspruch gründete
nicht nur auf dem Heimbonus. Die nächste Truppe auf
der Rock
Stage kam aus den Staaten, hiess
Riot V und geht im Kern natürlich zurück auf die
unvergessenen Riot, die in den frühen 80ern kultigen Power
Metal spielten. Nach dem Tod von Ur-Gitarrist Mark Reale
(2012) schien die Sache gelaufen, doch mit dem neuen Frontmann
Todd Michael Hall (Jack Starr's Burning Star, Reverence) wird
die Geschichte unter leicht verändertem Namen weiter geführt,
und wie! Die Performance von Riot V war gnadenlos geil und
Hall zeigte einmal mehr, mit was für einer fantastischen
Stimme er gesegnet ist. Auch die nächste Gruppe kam aus
Amerika und stellte mich vor eine ungemütliche Wahl, denn auf
der Sweden Stage spielten Nuclear Assault im genau gleichen
Zeitfenster. Meine Wahl fiel schliesslich auf
Mothers Finest und ich sollte
dies nicht bereuen. Es gibt nämlich keine andere härtere
Funk-Rock Crossover Band auf der ganzen Welt, und wer die
immer noch blendend aussehende Frontfrau Joyce Kennedy,
zusammen mit (ihrem Gemahl) Glenn „Doc“ Murdock und mitunter
den alten Weggefährten Gary „Moses Mo“ Moore (g) sowie Jerry
„Wyzard“ Seay (b) gesehen und gehört hat, weiss um die
absoluten Live-Qualitäten dieser Truppe. So kam das zahlreich
aufmarschierte Publikum in den Genuss von 75 Minuten, die
nebst neuerem Material natürlich auch mit Klassikern wie
«Mickey's Monkey» oder dem unverzichtbaren «Baby Love»
glänzten. Meine
persönliche Live-Premiere mit
Extreme brauchte hingegen
etwas mehr Anlauf. Obwohl ich nie ein grosser Fan der
Funk-Metaller aus Boston war, anerkannte ich die
unbestrittenen Fähigkeiten von Gitarrist Nuno Bettencourt. Als
dann 1991 der Chart-Erfolg mit «More Than Words» kam,
interessierte mich die Gruppe danach noch weniger. So gingen
die Jahre dahin, Sänger Gary Cherone gab seinen kurzen
Einstand bei Van Halen und Nuno war solo unterwegs. Spätestens
mit dem Album «Saudades De Rock» (2008) meldeten sich Extreme
zurück und im letzten Sommer trat die Ur-Formation erstmals
wieder in Deutschland auf. Das heutige Konzert war demnach
also schon was Besonderes und je länger es dauerte, desto
besser wurde es. Spätestens bei «Get The Funk Out» war die
Stimmung gleich wie vorher bei Mothers Finest und das Fazit am
Schluss mehr als positiv. Gleichzeitig wie Behemoth auf der
Sweden Stage, war es schliesslich an
The Darkness, als finale Band der Rock Stage die
letzten Energien frei zu setzen. Neu mit Rufus Taylor (Sohn
des Queen Drummers Roger Taylor) zogen die Briten ordentlich
vom Leder, wobei Fronter Justin Hawkins, der ein paar Stunden
später im gleichen Flugzeug nach Zürich (ab Kopenhagen) wie
wir sass, zu Beginn voll den Asi heraus hängte, aber das
gehört halt irgendwie dazu bei ihm. Im Set standen auch Songs
des brandneuen Albums «Last Of Our Kind», wo es stellenweise
bös nach The Cult klingt. Das Konzert war ok, aber der Biss
der Anfangsjahre ist weg und die Überraschungsmomente blieben
mehrheitlich aus. (rsl)
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Festival Stage
Andere Länder, andere Sitten. Es ist immer wieder erstaunlich,
wieviele Fans gewisse Bands an ausländischen Festivals vor die
Bühne ziehen. Dies gilt auch für
Hardcore Superstar. Für Sänger Joakim Berg schien es
hingegen die normalste Sache der Welt zu sein, und so nutzte
er jeden Zentimeter der grossen Bühne, animierte da und dort
und konnte am Ende des stündigen Sets als verdienter Sieger
gesehen werden. Nichts mehr zu beweisen braucht der legendäre
Ex-Kiss Gitarrist Ace Frehley.
Traumwandlerisch sicher bot er ein Solo-Set, in welches er zur
Freude des Publikums Kiss-Klassiker à la «Love Gun» und «Shook
Me» einbaute. In alter Tradition seines ehemaligen
Arbeitgebers liess Frehley jeden seiner Musiker mindestens ein
Lied singen und selbst die rauchende Gitarre durfte nicht
fehlen. Von der Vergangenheit in die Zukunft ging es mit
Five Finger Death Punch.
Nachdem ich die Band bereits
auf dem letztjährigen Wacken Open
Air ohne Vorkenntnis dufte fand, überzeugten mich die
Amerikaner in Schweden nun vollends. Dabei wunderte ich mich
über das Teenie-Gekreische in den ersten Reihen und über
reihenweise verteilte Luftküsse der an sich krass gestylten
Musiker. Anfänglich noch als reine Lärm-Band abgetan,
offenbarten Five Finger Death Punch mit jedem neuen Lied eine
unglaubliche Musikalität und eine schier grenzenlose
Stilfreiheit mit tollen Liedern. Weitere Sympathiepunkte gab
es für das Judas Priest-T-Shirt
von Sänger Ivan Moody. Was er nicht wusste, war, dass er an
diesem Tag sogar seine Vorbilder schlagen würde. Zumindest was
die Stimmung im Publikum betraf, denn was die Priester danach
boten, war ohne Zweifel grundsolide, aber nicht mehr. Rob
Halford und seine Gefolgschaft verliessen sich auf ihre
Lieder, welche mit einigen Filmsequenzen untermalt wurden. Wer
will da schon mit Rumgehampel von dieser mächtigen Essenz
ablenken? Die Songauswahl war indes ebenso gefestigt und
entsprechend äusserst sparsam mit neuen Liedern gespickt.
Neugitarrist Richie Faulkner könnte hingegen der Band den
nötigen optischen Kick verleihen. Aber eben..., könnte. Zwar
nicht so schlecht wie Mötley Crüe, aber weit hinter Def
Leppard schafften es Judas Priest trotz Klassiker-Katalog
nicht, das Publikum in gleicher Art und Weise zu fesseln. Und
so wurden die Reihen langsam lockerer und das Gequaschte der
Leute lauter. Trotzdem: Klassiker bleibt Klassiker und Rob
Halford unser Metal-God! (rog)
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Rockklassiker Stage Zwar hielt und halte
ich In Solitude (R.I.P.) noch immer für die talentierteren
King Diamond-Jünger, doch lag es wohl eher an der Zeit denn an
Portrait, dass ihr von
Mercyful Fate inspirierter 80ies Heavy Metal nicht so recht
zünden wollte. Danach frönten die Schweden wieder ihrer
liebsten Beschäftigung neben dem Bier trinken: dem Mitsingen.
Torsson bewiesen, dass auch
Prog Rock zu Publikumschören führen kann, so lange die Lyrics
auf Schwedisch sind, und als mit Dan
Hylander einer der ganz Grossen des skandinavischen
Rocks auf der Bühne stand, gröhlte das ganze Zelt, als gäbe es
was zu gewinnen, und ich stellte mir zum besseren Verständnis
vor, Polo Hofer würde am Greenfield spielen oder so.
Grave Pleasures boten darauf
ein ziemliches Kontrastprogramm. Die aus dem Underground-Hype
Beastmilk hervor gegangene und um
Linnéa Olsson (ebenfalls aus einer
Underground-Hype-Band und zwar The Oath) an der Gitarre
ergänzte Truppe überzeugte mit düsterem Sound zwischen Joy
Division, Gothic und Occult Rock, kämpfte dabei aber leider
mit etwas plärrendem Sound. Kaum fertig, belagerten dann auch
schon Teenies die ersten Reihen. Die Schweden
Avatar scheinen
wirklich auf bestem Weg zu sein, in die Fussstapfen von
Marilyn Manson, Rob Zombie und Co. zu treten, liessen sie das
junge Publikum mit ihrem zwar nicht gerade originellen,
stampfenden Industrial Rock und einer satten Performance
ausrasten. Dagegen wirkten Refuge zumindest für mich eher
unnötig. Die reformierte Erst-Besetzung von
Rage unter neuem
Namen mit Peavy Wagner (Rage), Manni Schmidt (Ex-Grave Digger)
und Chris Efthimiadis (Ex-Running Wild) darf zwar gut und
gerne als Kult in Sachen deutschem Heavy Metal bezeichnet
werden, doch so richtig in Fahrt kam der Dreier nicht
wirklich, auch wenn frühe Rage-Nummern wie «Firestorm»,
«Enough Is Enough» oder eben «Refuge» zumindest manchen Fan
der Band eine Nostalgie-Träne wegwischen liess. Dass danach
auch Samael nicht gerade für fröhliche Party-Stimmung sorgen
würden, war anzunehmen, lag aber natürlich nicht an der
Darbietung unserer Landsmänner, die so intensiv und aufopfernd
war wie eh und je, sondern am Sound an sich. Unter viel Rot-,
Blitzlicht und Nebelmaschinen-Einsatz lieferten die Schweizer
ein heftiges Industrial-Happening ab, das manche wohl genauso
verstörte wie es andere verzückte. (kis)
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